fiüe das Ble Tuch auf geSisse Tiere. Herr S. Studt tzak dieNiederlassung einiger Franziskaner in Schlesien gestattet. Darobgroße Entrüstung unter den Nachkommen der Kulturkämpfer, diein jener Erlaubnis ein Entgegenkommen gegenüber dem Zentrumund den Untergang des preußischen Staates erblicken. HerrDr. Friedberg, der lauteste Rufer im Streit, tobte undwetterte gegen den Minister, der noch immer zu glauben scheine,daß ohne das Zentrum nicht regiert werden könne. Die Ursachedes Streites ist wirklich lächerlich, aber die Nationalliberalenlechzen nun einmal danach, auch in Preußen Regierungspartei zuwerden. Der Weg zur Regierung jedoch geht nur über die Leichedes Kultusministers. Daher der eMtterte Kampf, der sich wenigergegen das System Studt als gegen die Person richtet. DerMinister tat das klügste, was er tun konnte: er erklärte schließlich,Herrn Dr. Friedberg überhaupt nicht mehr antworten zu wollen.Dieser rächte sich durch eine Beleidigung, die ihm einen Ordnungs-ruf zuzog.— Beim nächsten parlamentarischen Abend, den Herrv. Studt veranstaltet, wird sich Herr Dr. Friedberg mit seinen Ge-treuen schon wieder einfinden, Allzu tragisch darf man die Sachehalt nicht nehmen.Nach diesem Zwischenfall, der mehrere Stunden in Anspruchgenommen hatte, fand das Haus endlich Zeit, sich mit Bolksschul-fragen zu befassen. Die Abgg. H o b r e ch t und Gen.(natl.) hatteneinen Antrag eingebracht: im Hinblick auf die Untersuchungen, dieder Handelsminister und der Deutsche Verband für das kauf-männische Unterrichtswesen über die Vorbildung der FortbildungS-schüler angestellt haben, in eine allgemeine Prüfung der Frage ein-zutreten, inwieweit der Volksschulunterricht den Anforderungendes Lebens genügt; worauf die etwaigen Mängel zurückzuführensind und welche Maßregeln zu ihrer Beseitigung erforderlich er-scheinen, und die Ergebnisse dieser Prüfung dem Abgeordnetenhausein einer Denkschrift mitzuteilen. Nach belangloser Debatte, in deru. a. Herr v. Studt über den zersetzenden Einfluß jammerte, dendie bösen Sozialdemokraten auf die Volksschüler ausüben, wurdediesem wichtigen Antrag das obligate Begräbnis bereitet: er wurdeder Unterrichtskommission überwiesen.— Ob und in welchem Zu-stände er wieder an die Oeffentlichkeit gelangen wird, das wissendie Götter.—Eine„musterstaatliche" Justizleistuug.Aus Mannheim wird uns geschrieben:Viel besprochen wird selbst in bürgerlichen Kreisen die HöhedeS Strafmatzes in dem(vom„Vorwärts" bereits telegraphisch mit-geteilten) Prozeß gegen den Redakteur Emil Mai er von der„V o l k s st i m m e" wegen angeblicher Beleidigung desGerichtsherrn der 2 8. Division in Karlsruhe. DerAnklage, die am Mittwoch vor dem hiesigen Schwurgerichtzur Verhandlung kam, liegt der folgende Tatbestand zugrunde:Anfang November v. I.' machte die„Volksstimme" die all-gemeines Aufsehen erregende Mitteilung, daß Tags zuvor derMannheimer Bezirksoffizier, Rittmeister a. D. v. Muschwitz,anläßlich einer Kontrollversammlung eine heftige Rede gegen diesozialistische Jugendorganisation gehalten und dabei den süd-deutschen Führer dieser Bewegung, den jetzigen Reichstags-abgeordneten Rechtsanwalt Dr. Frank- Mannheim einen„Lumpe n" genannt habe, dernichtwertsei.daßmanihnanspucke. Die Nachricht stellte sich als vollständig den Tatsachenentsprechend heraus, Dr. Frank stellte beim Kriegsgericht der28. Division in Karlsruhe gegen v. Muschwitz Strafantrag, währenddieser bald nach dem Vorkommnis auf„Urlaub" ging. EinigeWochen darauf brachte der hiesige Amtsverkündiger die Nachricht,v. Muschwitz werde wahrscheinlich seine Ehrabschneidereien nicht zuverantworten haben, da er sich als g e i st i g nicht normal er-wiesen habe und zur Untersuchung seines Zustandes in eine Irren-anstalt gebracht worden sei; der Militärbehörde könne— hieß es in dem Amtsblatt dann weiter— der Borwurf nichterspart werden, daß sie einen offenbar kranken Mann auf einen foverantwortungsvollen Posten stellte. Die„Volksstimme" übernahmanderen Tages diese Nachricht und knüpfte eine Bemerkung daran,in der es unter anderem hieß, diegeistigeUnzurechnungS-fähigfett deS Herrn v. Muschwitz sei. also erst entdecktworden, als es galt, ihn wegen einer schweren Beleidigung einessozialistischen Führers zur Rechenschaft zu ziehen. Hätter dieserZwischenfall nicht stattgefunden, so stünde Herr v. Muschwitzvielleicht noch an der Spitze des Bezirkskommandos. Darauf stelltedaS Generalkommando des 14. Armeekorps in Karlsruhe Straf.an trag wegen Beleidigung des Kriegsgerichts der 28. Division,und der„jungliberale" Herr Staatsanwalt JunghauS in Mann-beim, derselbe Herr, der die Zeugniszwangsaktion gegen RedakteurOskar Geck unternahm, erhob pflichtschuldigst Anklage gegen denfür den in Betracht kommenden Teil.der.Volksstimme" ver-antwortlichen Redakteur Emil Maier.Obwohl Maier und sein Verteidiger, Rechtsanwalt Dr. Katz,durchaus einleuchtend dartaten, daß als die Stelle, die den Müsch-Witz„der strafgerichtlichen Verfolgung entziehen" wolle, nicht dasKriegsgericht, sondern einflußreiche Freunde, Verwandte usw. ge-meint seien, und obwohl Maier bekundete, daß er den inkriminiertenArtikel nicht selbst schrieb, sondern eingesandt erhielt, beantwortetendie G e s ch w o r e n e n die Frage nach einfacher Beleidigung(§ 185 St.-G.-B.) mit Ja, nachdem sie es doch nicht über sich ge-bracht hatten, Maier des schweren Vergehens gegen§ 18ö(übleNachrede) schuldig zu sprechen. Immerhin ist anzunehmen, daß sievoraussetzten, das Gericht werde von dem milderen Schuldspruchinsofern einen weniger strengen Gebrauch machen, als es Maier zueiner Geld- oder kurzen Haftstrafe verurteilen werde. Allgemeinwar deshalb das Erstaunen, als der Vorsitzende, Landgerichts-direktor W e n g l e r, der schon während der Verhandlung durchseine wenig sympatische Behandlung des Angeklagten Naier auf-gefallen war, eine Gefängnis st rafe von zwei Monatenverkündete, obwohl die inkriminierte Notiz zudem noch in der Hitzedes Wahlkampfes(am 8. Januar d. I.) erschienen war. Auch beidiesem Strafmaß spielten— wie der Vorsitzende in der knappenUrteilsbegründung ausdrücklich hervorhob— die VorstrafenM a i e r S eine entscheidende Rolle, obwohl sie alle auf ganzanderem Gebiet liegen, sämtlich natürlich aus Preßdeliktenresultierten, und sich unter ihnen nur eine einzige kurze Freiheits-strafe befindet.Wenn es schließlich nicht dazu kommen soll, daß sozialistischeRedakteure, die sich nun einmal der Bestrafung wegen Preß-Vergehens nichr entziehen können, für die kleinlichsten Bagatell-fachen, die einem anderen höchstens eine kleine Geldstrafe eintragenwürden» stets mit schweren Freiheitsstrafen büßen müssen, lediglichwürden, stets mit schweren Freiheitsstrafen büßen müssen,so muß mit dieser mißbräuchlichen Verwertung des Borstrafen-Verzeichnisses bei der Ausmessung von Preßstrafe» endlich einmalaufgeräumt werden. �_Gehalts« und Titel fragen in der HamburgerBürgerschaft.In den beiden letzten Sitzungen beschäftigte sich daS Ham-burger Landesparlament mit der neuen Gehaltsordnung, die auchwiedor neue Titel vooschlägt. Erst seit den SOer Jahren kenntman in Hamburg Ratstitel, während bis dahin da- Staatswesen«ich Ohat f«Icht auszukommen vuvwchte. indrm vm dl« Beamte».schaft einteilte in OberbsaWe mit sehr hohen GehaltSbezugen, umdie sie mancher preußische Kollegs mit stolz klingenden Titeln be.neidete, und Beamte mrt ziemlich karg bemessenen Gehältern. Jetztist daS anders geworden. Dem Hinweis mancher Titelfatzkes aufPreußen haben die maßgebenden Faktoren nicht zu widersteh, u ver»mocht. Allmählich hat man Räte bei der Polizei und den anderenBehörden geschaffen; vor kurzem sind auS Bauinspeftoren Baurätegeworden, während die Land- und Ambsrichter sowie die Staats-anwälte sich vorläufig noch ohne RatStitel behelfen müssen. Dagegenhat in ihrer Dauersitzung vom Mittwochabend die Bürgerschaft ausden Öauptlehrern„Rektoren" und aus den Gerichtsfchreibern„Ge-richtssekretäre" gemacht, zugleich wurden„nachts uni zwölfe" dieGehaltsvorschläge der Kommission angenommen, wodurch dasStaatsbudget um 4 Millionen Mark belastet wird. Wie das imKlaffenstaat nicht anders zu erwarten ist. auch wenn er die Firma„Republik" trägt, hat man die Oberbeamten reichlich, dagegen diemittleren und unteren Beamten mit homöopathischen Zulagen bk-dacht. Ter von unseren Genossen vorgeschlagene„Ausgleich" fandkeine Gegenliebe. Die Volksschullehrer, Gerichtssekretäre undPolizeikommissare kommen im Endgehalt auf 4600 M., die hier sehrzahlreiche Kategorie der Zollauffeher auf 2400 M. und die Schutz-leute auf 2350 M. Einige höhere Beamtenyruppen erhalten dagegenZulagen bis zu 2000 M. Ein Hamburger Brandmeister beziehtein doppelt so hohes Gehalt als sein Berliner Kollege. Aehnlichso sieht eS in anderen Beamtenklassen aus. Ein Land- oder Amts-richter bezieht im Endgehalt etwa 2000 M. mehr als ein preußischerObsrlandeSaerichtSrat oder LandoSgerichtsdiektor.Die gefaßten Beschlüsse bedürfen noch der Zustimmung deSSenats,_Zentrum und Dreiklassenwahlrecht.Bekanntlich hat die Zentrumsfraktion deS preußischen Abgeordnetenhauses den Antrag auf Einbrin.gung eines Gesetzentwurfes gestellt, durch den für die L a n d t a g S.w a h l e n in Preußen das allgemeine, gleiche, geheimeund direkte Wahlrecht eingeführt werde. Eine Anzahlvon Zentrumsabgeordneten hat den Antrag nicht unterschrieben.Als sozialdemokratische Blätter auf diesen Mangel hinwiesen, hatdie Zentrumspresse das auf Zufall zurückzuführen versucht. Jetzterfahren wir von einem Zentrumsabgeordneten, daß hier nicht derZufall, sondern wohlerwogene Absicht vorlag. Zu den ultra-montanen Dreiklassenhausmännern, die den Antrag nicht unter-schrieben haben, gehört nämlich auch der Graf Spee, den jetztdie Eifelbauern im Wahlkreise Malmedy-Montjoie-Schleiden alsNachfolger des Prinzen Arenberg in den Reichstag haben möchten.Von den Anhängern der Ferversschen Kandidatur ist dem Grafenseine Haltung in der Wahlrechtsfrage borgehalten worden, deshalberlätzt er in der„Rheinischen Volksstimme" eine Erklärung, worines heißt:„Man hat mir vorgeworfen, daß ich den Antrag derZentrumsfraktion auf Abänderung des Landtagswahlrechtes nichtmit unterzeichnet habe. Ich stelle fest, daß mit mir eineAnzahl Zentrumsabgeordnete denselbeniStandpunkt in dieser Frage einnehmen undden Antrag nicht mit unterzeichnet haben, wie Graf Ballestrem,Geheimrat König, Graf Praschma, Prinz Arenberg, Albers,Becker, Decker, Euler. Ostrop, Pingen, Rintelen, Rügenberg,Strachwitz, Stromberg, Undcrberg, Wattendorf, Graf Wolf-Metternich.Ich bemerke, daß ich die Mängel des LandtagswahlrechteSunumwunden anerkenne und für eine fachgemäße Abänderungbin. Was ich jedoch nicht wünsche, ist, daß dasSystem des Reichstagswahlrechtes ohneweiteres auf das Landtagswahlrecht über-tragen werde."Graf Spee führt uns da eine recht stattliche Anzahl Namenvon Zentrumsabgeordneten und zwar solche von hohem und einfluß-reichem Klange an, die sich gegen das allgemeine, gleiche, geheimeund direkte Wahlrecht erklären. Man sieht, die Wahlrechtsfreund-lichkeit des Zentrums ist sehr zweifelhaft. Besonders auffallendist das Verhalten des Grafen Spee, der sich gegen die Einführungdes ReichStagswahlrechtS in Preußen erklärt, aber kein Bedenkenträgt, sich vermittels dieses Wahlrechts in den Reichstag wählenzu lassen.—Fürstliche Demokraten und konservative Repnblikaner.Zu einer grandiosen Posse kam eS am Donnerstag imBreslauer Stadtparlament. Die konservative Minder-heit, die mit Schmerz sieht, daß die verrückte Wahlbezirkseinteilungsie in der ersten Klasse(Höchstbesteuerte) nicht Fuß fassen und zurHerrschaft kommen läßt, beantragten eine— gerechtereWahlbezirkSieinteilung— und die Klerikalensekundierten. Die freisinnige Mehrheit wies dieses„Ansinnen" mit Entrüstung und Komödianten-Argumenten zurück!Seit die Breslauer Freisinnigen die Ehre hatten, für einen leib-haftigen Fürsten stimmen zu dürfen, treten sie nur noch alsLohale auf. Ihr Führer, Justizrat Heilberg, derselbe, der imJanuar dem Hatzfeld zu Füßen lag, brachte eS fertig, die Un-sinnigkeit der jetzigen Einteilung u. a. folgendermaßen zu r e ch t-fertigen:„Man darf nicht vergessen, daß eS etwas anderesist, ob Leute an der Wahl teilnehmen, die im Innern der Stadtansässig oder dort Gewerbetreibende sind, als wenn sie an derPeripherie wohnen und vielseitige Interessen haben. Wenn eS davorkommt, daß Wähler eines Bezirks ein dreimal so weit-gehendes Wahlrecht haben wie andere in an-deren Bezirken, so ist das noch lange keineMonstrosität."Also der freisinnige Führer, derselbe, dessen Reichstags-Wähler bei der Stichwahl in BreSlau-Land für den Junker Carmerstimmten. Die Konservativen aber legten an der Hand deramtlichen Ziffern dar. daß die jetzige Einteilung viele Kommunal.Wähler entrechte. Komme es doch vor, daß in einigen Bezirkennur 200, in anderen dagegen über 600 Wähler seien! Und dastollste: Weil im Reiche die Freisinnigen es mit den Konser-vativen nicht verderben dürfen, und weil sie in Breslau bei Stich-Wahlen aufeinander angewiesen sind, fand kein Freisinniger denMut, die Heuchelei der Konservativen zu kennzeichnen!Um so ausführlicher wurde das von sozialdemokra»tifcher Seite besorgt. Genosse Löbe erklärte sich im Prinzipmit dem konservativen Antrage einverstanden, wies aber zugleichdarauf hin, daß dieselben Konservativen, die hier so ostentativ ihrGerechtigkeitsgefühl heraushängen, in der Entrechtung derpreußischen Proletarier keine Ungerechtigkeit und inder junkerlichen Wahlkreiseinteilung im Reiche sozusagen einenJdealzustand erblicken. Es sei zum mindesten auffallend, daß dieKonservativen ihr Gerechtigkeitsgefühl immer nur dann entdeckten,wenn es ihren Sonderinteressen diente.Das Eintreten der Sozialdemokraten für den Antrag riefwiederholt den freisinnigen Oberbürgermeister auf den Plan, undtatsächlich gelang es seiner aus bescheidene Leute zugeschnittenenBeredsamkeit, den Antrag mit Hülfe seiner„allergetreuestenOpposition" zu Falle zu bringen. Die ungerechte Einteilung derWahlbezirke bleibt also bestehen, bis— die A r b e i t e r die dritteKlasse erobert haben.Rechter Hand— linker Hand, alles vertauscht. In Breslaubeweisen die Freisinnigen in klassischer Weise, daß die Junker-Politik kein Privilegium der Junker ist,—Die beleidigte Schutztruppe.Vor einiger Zeit berichteten wir. daß die DortmunderStaatsanwaltschaft gegen den Genossen ArbeitersekretärWilhelm ArnSwald aus Bochum Anklage erhoben hat wegenBeleidigung der Schutztruppe. Genosse Amswald soll das Staats-verbrechen begangen haben als Redner m einer Reichstags-Wählerversammlung am 13. Januar in Frohlinde. AmDonnerstag sollte vor der Dortmunder Strafkammer die Hauptverhand-lung stattfinden. Genosse Arnswald wendete gegen die Anklage ein, erhabe sich lediglich referierend verhalten und sich auf dieRede Bebelsgestützt, die dieser am 1. Dezember 1900 im Reichstage gehaltenhabe. Die wahrheitsgetreue Wiedergabe von Reichstagsreden seiaber nicht strafbar. Es erfolgte schließlich Vertagung der Sache.Der stenographische Reichstagsbericht soll daraufhin geprüftwerden, ob Bebel wirklich die Kolonialskandalein seiner Rede zur Sprache gebracht hat. Ferner sollauch der Kolonialdireltor Dernburg über die Vorgänge gehörtwerden.—_Militarismus uud Antimilitarismus.Die Haussuchungen nach der Schrift deS Genossen Karl Liebknechtüber„Militarismus und Antimilitarismus" werden fortgesetzt. Wieuns telegraphisch aus Frankfurt a. Main gemeldet wird, wurde auchdort heute in der Buchhandlung der.Volksstimme" nach derBroschüre gefahndet~ jedoch ohne positives Resultat.Zigarren-HauSarbeit.Dem Reichstage ist der Entwurf eines Gesetzes betreffend dieHerstellung von Zigarren in der Hausarbeit zugegangen. WegenRaummangel müssen wir leider den Abdruck der wesentlichsten Vor»schriften dieses durchaus unternehmerfreundlichen und lediglich denArbeiter belastenden Gesetzentwurfes. und seine Besprechung zurück«stellen._Widersetzung gegen Vorgesetzte— als solche gelten auch dieWachtposten— wird nach dem Militärstrafgesetz streng bestrast; dieMindeststrafe ist sechs Monate Gefängnis. Wie leicht ein Soldat zueiner solchen Anklage kommen kann, zeigte folgender Fall, der bordem Chemnitzer Krtegsgericht zur Verhandlung stand. Der SoldatStark aus Ellersbach bei Zwickau war am 7. April ohne Nacht-zeichen bis früh in die dritte Stunde ausgeblieben. Als er L'/z Uhreinpassieren wollte, sagte er dem ihn danach fragenden Unter-offizier, daß er ein Nachtzeichen habe, ergriff aber die Flucht,als er es vorzeigen sollte. Er lief unglücklicherweisaeinem Wachtposten in die Hände, der ihn auf die Rufedes ihn verfolgenden Unteroffiziers am Arm festhielt. Starkaber soll sich mit Gewalt losgerissen haben. Auf Grund des Er-gebnisses der Beweisaufnahme erachtete sich das Standgericht, dasWidersetzung für nachgewiesen erachtete, für unzuständig und ver-wies die Sache an das Kriegsgericht. Hier dasselbe Ergebnis deSTatbestandes. Dem Angeklagten winkte also eine sechsmonatlicheGefängnisstrafe wegen des oben geschilderten an sich harmlosenVorganges; das schxint selbst dem Gericht zu ungeheuerlich vor-gekommen zu sein, denn es erklärte, daß der Vorgang bezüglich derWidersetzung nicht genügend aufgeklärt sei und erkannte auf Frei«s p r e ch u n g. Wegen der anderen Delikte wurde St. mit fünfTagen Mittelarrest bestraft.—Zu de» Militärdebatten im Reichstage. Genosse Bebebschreibt uns: In den Berichten der bürgerlichen Presse über dieReichstagssitzung am 25. April heißt eS an einer Stelle deS Berichtsüber die Siede des Kriegsministers: Wenn Sie(die Sozialdemo-traten) das nicht wollen, daß das von den Redakteuren geschriebenwird,' so schmeißen Sie die Redakteure zum Fenster hinaus.(Bebelruft: Das ist auch geschehen.)Diesen mir unterstellten ganz unsinnigen Zuruf habe ich nichtgemacht, ich rief vielmehr:„Wenn das geschähe, so schrie man überuns", mit welchem Satz ich auf daS Verhalten der bürgerlichenPresse in Sachen der sechs„VorwärtS"°RedaIteure anspielte.-»Der Zweiten württcmbergischen Kammer ist der Entwurf eine»Gesetzes betreffend die Beschaffung von Geldmitteln für den Eisen-bahnbau und für außerordentliche Bedürfnisse der Verkehrsabteilungin der Finanzperiode 1907/08 zugegangen. Er fordert insgesamt35 400 000 M.llugsm.Beamten-Schurigelei.Budapest, 26. April. Finanzminister Wekerle hat allenkroatisch-slovenischen Finanzbeamten die Teilnahme an einenzur Besprechung der politischen Lage einberufenen Kongreßverboten, da er nicht zugeben könne, daß die Beamten zumUmsturz der staatsrechtlichen Verfassung die Initiative er-greifen. Gegen Zuwiderhandelnde sollen die strengsten Maß-regeln ergriffen werden.Die preußische Manier, Beamte wie kleine Kinder zubehandeln, macht Schule. Erst hat Frankreichs Premier,Herr Clemenceau, die Beamtcn-Schurigelei adoptiert, jetztfolgt Herr Wekerle nach. Er handhabt die Phrasen vom„Umsturz" usw. so virtuos, als hätte er bei Herrn von BülowPrivatstunden genommen.Spanien.Zu den Wahlen.Madrid, 26. April. Bei der Nachprüfung der Wahlhandlungim Rathause kam es heute zu heftigen Streitigkeiten zwischen denmit der Prüfung betrauten Personen und den Parlamentskandi-baten. Die Polizei mußte einschreiten, um die erregte Menge imZaume zu halten; es wurden fünf Verhaftungen vorgenommen.Unter den Kandidaten, die als gewählt verkündet wurden, befindetsich der Dichter Perez Galdos.—Snglanck.Das Loch unterm Aermelkanal wird nicht gerissen: Die Bill,betreffend die Anlage eines Tunnels unter der Meerenge vonDover, ist am Donnerstagabend von den Mitgliedern des Unter-Hauses, welche die Bill eingebracht hatten, zurückgezogen worden.—Hmerika.Roosevclts Antwort.Auf die Proteste und Vorwürfe aus den Reihen der organisiertenArbeiter gegen RooseveltS Aeußerung, daß die angeklagten Arbeiter-führer Moyer und Hahwood keine„wünschenswerten Bürger" seien,hat der Präsident jetzt geantwortet. Auf einen Protest, der ihm über«reicht wurde, entgegnete er, daß auch eine angeklagte Person derKritik unterstehe wie jeder andere, und er b e st ä t i g t e, daß erMoyer und Haywood als schädliche Agitatoren kritisierthabe.— In der Presse der Großkapitalisten wird Roosevelt seinerHaltung wegen noch gelobt, und Moyer und Haywood werdenbereits als Mörder des Gouverneurs Steunenberg von Idahobezeichnet, obgleich nicht einmal die Anklage sie mit dem Mordein unmittelbare Verbindung bringt!In llrbeiterkreisen ist die Erregung groß. und dasAuftreten des Präsidenten erfährt überall die entschiedensteMißbilligung. Hunderte von Versammlungen werden zumProteste abgehalten, und scharfe Resolutionen gegen denPräsidenten finden überall Annahme. Man fordert Ge-rechtigkeit für Moyer und Hahwood, und man zweifelt nicht daran,daß ein unparteiischer Prozeß ihre Unschuld klar zutagefördern muß.