lorgänisierte beschäftigt Verden . Trotzdem wurden die Arbeiter, welche doch nur von dem ihnen zustehenden Recht, nach erfolgter Kündigung die Arbeitsstelle zu verlassen. Ge- brauch machten, auf die schwarze Liste gesetzt und erhalten nun in keiner Spinnerei in Rheydt und Umgegend Beschäftigung. Bei der Firma Hasenkamp, Heerdter Eisenhütte, kündigten 7 Former, weil sie sich einen Abzug von 2 Mk. nicht gefallen lassen wollten. Vor Ablauf der Kündigungs- frist wurde den Formern mitgeteilt, daß sie die 2 Mk. retour erhalten würden, worauf die Arbeiter die Kündigung zurück- zogen. Mittlerweile hatte die Firma aber schon einen Nach- trag zur Gesamtliste des Vereins deutscher Eisen- und Stahl- Industrieller versandt. Am Kopfe der Liste ist zu lesen: „Der neuerdings bei der Eisenhütte Heerdt F. Hasenkamp U. Co. in den Ausstand getretene Arbeiter." Von einem Ausstand kann hier noch weniger als in dem ersten Fall die Rede sein. Es scheint, als ob es den Arbeitern durch die schwarzen Listen unmöglich gemacht werden soll, ihre Arbeitsplätze zu wechseln. Das Brandmarken durch schwarze Listen artet zu einer Manie aus. Jeder Konflikt mit dcni Unternehmer soll dem Arbeiter angekreidet werden. Man hofft auf diese Weise die Arbeiter zur Unterwürfigkeit zu erziehen. Vielleicht kann es auch die entgegengesetzte Wirkung haben._ Berlin und Umgegend« Achtung, Bauklempner! Die Firma Saeger, Gneisenaustraße, hat den Tarif schriftlich anerkannt. Deutscher Metallarbeiter-Verband. Ortsverwaltung Berlin . Die Bewegung in der Holzindustrie. In der Fortsetzung der Verhandlungen der beiden Zentralvor» stände des deutschen Holzarbeiterverbandes und des Arbeitgeber- Schutzver�andes der deutschen Holzindustrie wurde gestern über die Bedingungen zur Einigung in Leipzig und Dresden beraten. Beide Städte waren dabei durch je 4 resp. 6 Vertreter der dortigen Arbeit- geber und Arbeiter vertreten. In gleicher Weise sollen der Reihe nach die beiderseitigen Vertreter auch aus allen anderen an der Aussperrung beteiligten Städten nach Berlin berufen werden. Ueber die Differenzen in Berlin selbst, welche nicht Gegenstand dieser Verhandlungen der Vorstände sind, werden die Vertreter der Berliner Arbeitgeber und Arbeiter voraussichtlich am Montag noch- mals zur weiteren Beratung zusammentreten. Die auf Montag nachmittag festgesetzte Verkündigung des Schiedsspruches des EinigungsamteS ist aus diesem Anlaß verschoben worden. Die Lohnbewegung der Bäcker. Bekanntlich beschlossen die organisierten Bäckergesellen am ver- gangenen Dienstag, die Vermittelung des Oberbürger- m e i st e r s von Berlin nachzusuchen. Auf das dahingehende Gesuch der Organisationsleitung und der beteiligten Gesellen-Ausschüsse ist nun am 26. April folgende Antwort vom Oberbürgermeister eingegangen: Der Ober-Bürgermeister. Berlin C. 2, den 26. April 1907. Auf das heute früh in meinen Besitz gelangte gefällige Schreiben erkläre ich mich gern bereit, die gewünschte Vermitte- lung zu übernehmen. Ich habe mit Herrn Obermeister Schmidt telephonisch vereinbart, daß er mich künftigen Montag zu einer Rücksprache aufsuchen wird. Weitere Mitteilungen behalte ich mir vor. K i r s ch n e r. Leider scheint eS nicht, als könne durch diesen Schritt der Gesellen der Kampf vermieden werden. Wie die„Volkszeitung" berichtet, hat sich durch das Verhalten der Meister die Situation erheblich verschärst. Die Bäckerinnungen Berlins und der Vororte lehnen die Vermittelung des Oberbürger- m e i st e r s ab. In einer gemeinsamen Sitzung der Vorstände aller beteiligten Innungen, in der auch die Vorstände der Berliner Bezirksvereine vertreten waren, wurde beschlossen, die Resolution der letzten Versammlung des Verbandes der Bäcker mit folgendem Schreiben zu beantworten: „Bezugnehmend auf die uns zugesandte Resolution teilen wir Ihnen mit, daß wir eine solche, die nur von einer Mitglied- schaft des Verbandes angenommen ist, nicht als im Namen der Berliner Bäckergefellcnschaft gestellt anerkennen. Wir haben wiederholt erklärt, daß wir eine Organisation wie die Ihre, die noch nicht einmal ein Drittel der Bäckergesellenschaft Berlins und der Vororte umfaßt, und deren innere Schwäche so groß ist. daß ihre gesamte Mitgliedschaft im vergangenen Jahre gewechselt hat, nicht als alleinige Vertreterin der Berliner Gesellenschaft ansehen können. Außerdem ist die Resolution in ihrer Begrün- dung so beschimpfend für die Innungen gehalten, daß es schon aus diesem Grunde nicht möglich ist, dieser näherzutreten." Das Schriftstück an den Oberbürgermeister ist bekanntlich nicht nur von der Verbandsleitung, sondern auch von den Alt- gesellen der beiden größten Innungen unter. schrieben. Es steht also die große Mehrheit der Gesellenschaft auch formal hinter den Verbandsforderungen. Im übrigen spotten die Herren ihrer selbst und wissen es nicht. Der starke Wechsel im Verband, der allerdings glücklicherweise denn doch nicht die Gesamtmitgliedschaft umfaßt, ist eine Folge der innungsmeister- lichen Lehrlingszüchterei. Diese nötigt die Gesellen, die im er- lernten Beruf keine Unterkunft finden können, sich andere Erwerbs- gelegenheit zu suchen und stellt so den Verband immer neu vor die Organisationsarbeit. Im übrigen arbeiten die Meister ganz zielbewußt auf einen Krieg hin; dürfen sich dann aber später auch nicht über die Schläge beklagen, die dieser ihnen bringen wird. Täglich werden der Ver- bandsleitung von den Gesellen die schlimmsten Matzregelungen gemeldet. Ueberall suchen die Scharfmacher die Mitglieder des Verbandes auszuschnüffeln, um sie aufs Pflaster zu setzen, und durch Arbeitswillige ersetzen zu können. Sehr häufig passiert es dabei diesem oder jenem maßrcgelungswütigen Bäckermeister, daß er dabei anstatt des Verbandsgesellen, einen waschechten Gelben hinausbugsiert und an seiner Stelle ein Roter in die Bäckerei kommt. Oft genug aber erreichen diese Scharfmacher doch ihren Zweck, wenn auch nur für den Augenblick. Die Meister haben bereits die Boykott-Abwehrkommission etabliert, die von Bäckerei zu Bäckerei geht und die einzelnen Meister zu bearbeiten sucht. Ganz besonders haben sie eS auf die Großbäckereien abgesehen, von denen sie sich zum Glück fast überall die nötige Abfuhr holen. Fast alle Großbetriebe haben den steien Tag in ihrem Betriebe entweder schon längst eingeführt oder sie sind im Begriff, dies jetzt zu tun. So hat in verflossener Woche wieder eine der größten Bäckereien des Westens die Einrichtung getroffen, daß jeder darin beschäftigte Geselle wöchentlich einen steien Tag erhält. Desgleichen ist dies durch Eingreifen der Organisationsleitung in mehreren Großbäckereien in den Vororten geschehen- Diese Inhaber von Großbäckereien haben für die krampfhaften Bemühungen der „Boykottabwehrkommissionen" nur ein mitleidiges Lächeln oder Achselzucken. An die organisierte Arbeiterschaft Berlin und der Vororte aber richtet die Organisationsleitung das dringende Ersuchen, auf die Bäckermeister von denen sie ihre Ware beziehen, ein wachsames Auge zu haben und es etwaigen maßregelungslustigen Meistern klarzumachen, daß die Arbeiterschaft ihr tägliches Brot nicht von Gelben oder Streikbrechern hergestellt wissen will. Die Marmorarbeiter stehen in einer Bewegung, die den Ab- schlutz eines neuen Tarifs zum Zweck hat. Eine am Freitag ab- gehaltene Mitgliederversammlung beschäftigte sich mit der Frage, welche Forderungen an die Unternehmer gestellt werden sollen. vrisattv. Redakteur: Ha«» Weber. Berlin , Inseratenteil verant».: Insbesondere handelte es sich darum, ob wieder ein Akkordtarif aufgestellt oder grundsätzlich Lohnarbeit verlangt werden solle. Es wurde bemerkt, daß hie mehr und mehr um sich greifende Maschinen- arbeit das ausschließliche Arbeiten im Lohn begründe. Nach längerer Debatte beschloß die Versammlung, von der Aufstellung eines Akkordtarifs abzusehen und die Einführung des Achtstundentages sowie die Gewährung eines Stundenlohnes von 85 Pf. für Stein- metzen und 70 Pf. für Schleifer zu fordern. Die streikenden Leitergcrüstbauer versammelten sich am Sonnabend- nachmittag im„Englischen Garten ". H a n n e in a n n, der über die Situation referierte, wünschte ausdrücklich festzustellen, daß der Streik noch nicht beendet ist, wie von feiten mancher Unternehmer durch Plakate vor den Betrieben bekannt gemacht worden ist. Der Wunsch der Unternehmer ist sehnlichst darauf gerichtet, daß der Streik beendet werde, aber sie wollen den Vertrag mit der Organisation nicht unter- schreiben. Eine Strafe von 1000 M. droht dem Abtrünnigen in der Vereinigung der Arbeitgeber.(Diese Strafe ist nicht gesetzlich einklagbar, wie schon öfter festgestellt wurde.) Am Freitag hatten auch die Unternehmer Sitzung und machten ihren gepreßten Herzen Luft. Die Beschlüsse werden nicht so respektiert, wie es im Uuternehmerinteresse wünschenswert wäre. Altmann und Arndt u. Co. rüsten munter, wo sich Gelegenheit findet. Der Beschluß, daß vom 25. bis 27. April keine neuen Rüstungen aufgeschlagen werden sollten, wurden nicht gehalten, wie ein Streikender unter Beweis stellte. Die Firma Stade mann u. Appel verpflichtete sich diesem Manne gegenüber schriftlich. ihm 10 M. zu zahlen, wenn er seine Behauptung beweisen könne. Er machte sich auf den Weg und fand bald eine Rüstung in der Kaiserallee, die im Auftrage von Arndt u. Co. hergestellt lvurde; es gelang ihm sogar, eine Unterschrist zur Erhärtung des Beweises zu erhalten. Jetzt wird er sich die 10 M. holen. Einige Unternehmer haben bei ihren Kollegen, wo gearbeitet wird, vertraulich angefragt. wie sie sich mit ihren Leuten am besten einigen könnten. Verschiedene Angebote wurden schon gemacht. 5 Pf. und auch 10 Pf. zuzulegen, aber die Streikenden lassen sich auf keine Sonderabmachnngen ein. Der Unternehmer G u t s ch e suchte die Streikposten zu verblüffen, indem er an sie herantrat und meinte:„Nanu, Ihr steht immer noch Pröppken, und janz Berlin arbeef schon I" _J0 u s ch hat 18 Arbeitswillige gefunden, ist aber gar nicht zu- frieden mit ihnen. Arndt in der Elbingerstraße hat sich mit seinen Leuten geeinigt und die Arbeit ist dort am Sonnabend wieder auf- genommen worden. Werner und Hannemann ermahnten die Streikenden, fest auszuharren und damit riefen sie die lebhafte Zustimmung aller Anwesenden hervor. Der e r st e Mai wird von den Gerüstbauern durch Arbeits- ruhe gefeiert, woran die arbeitenden Kollegen erinnert wurden. Die Anerkennung des 1. Mai ist im Vertrag mit festgelegt. Achtung, Sattler und Portefeuiller! In der Gürtelfabrik von I. Wollenberg, Dresden , haben sämtliche Kollegen inkl. des Werkführers wegen Lohndifferenzen die Arbeit eingestellt. Betreffende Firma sucht im„Lokal-Anzeiger" Ersatz für die streikenden Kollegen, und zwar solle» sich die Betreffenden im Hotel Britannia, Friedrich- straße 50/51, melden. Wir ersuchen die Kollegen, dieses Arbeits- angebot auf jeden Fall abzulehnen. Die Ortsverwaltung Berlin des Verbandes der Sattler. Achtung, Kupferschmiede! In Guben , Züllichau und Crossen sind die Kollegen in eins Lohnbewegung eingetreten. Wir bitten daher, den Zuzug nach genannten Orten streng fernzuhalten. Verband der Kupferschmiede. Der Vertrauensmann für die Provinz Brandenburg . Deutkcheo Reich. Kein zweites Crimmitschau . Vor eine schwere Entscheidung war am Freitagabend die Langenbielaucr Arbeiterschaft gestellt; es galt angesichts der von dem Unternehmertum immer mehr durchgeführten Aussperrung die von der Situation gebotene Entschließung zu fassen. Wohl hatte der Zentralvorstand der Textilarbeiter die Genehmigung zum Streik der Liehrschen und auch der Suckertschcn Färbereiarbeiter gegeben, aber durch die Aussperrung war die Situation eine ganz andere geworden. Die Weber und Spuler waren, obgleich für sie auch nicht der zehnte Teil eines Pfennigs herausgekommen wäre, bereit, den Kampf durchzuführen. Aber die Leitung der Organisation mußte sich sagen, daß jetzt nicht die geeignete Zeit sei. um den Ent- scheidungskampf mit den Unternehmern zu führen und deshalb hatte sie den Liehrschen Färbereiarbeitern geraten, die Kündigung zurück- zunehmen. Es handelte sich nicht mehr um die Liehrschen und eventuell Suckertschcn Arbeiter, sondern um die organisierte Textilarbeiterschaft ganz Schlesiens, denn schon hatten die Unternehmer Matznahmen getroffen, um neben den organisierten Arbeitern und Arbeiterinnen des Reichcnbacher Bezirks auch die Organisierten der übrigen schlesischen Textilbezirke auszusperren. Durch Verhandlungen mit dem Gewerbcrat T ö p e r t war festgestellt worden, daß mit der Zurücknahme der von den Liehrschen Arbeitern eingereichten Kündigung die Aussperrung gegenstandslos werde und ferner hatte der Gewerbcrat auf Ehren- wort versichert, daß Maßregelungen nicht vorgenommen würden. Der Vertreter des Zentralvorstandes, Jäkel- Berlin , sagte der Langenbielaucr Arbeiterschaft, daß der von der Liehrschen Arbeiter- schaft in einer besonderen Besprechung gefaßte Beschluß auf Zurück- nähme der Kündigung nicht nur im Interesse der Liehrschen Arbeiter, sondern auch im Interesse der deutschen Arbeiterschaft liege. Seit dem 25. Januar gehe ein Sehnen durch die Unternehmer- schaft Deutschlands , die organisierten Arbeiter niederzureiten. Eine gute Organisation müsse eine Niederlage ertragen können, aber sie müsse auch verstehen, einer solchen aus dem Wege zu gehen und im gegebenen Moment abzubrechen. Diese Ausführungen verfehlten ihre Wirkung nicht und ein- stimmig nahm die Langenbielaucr Arbeiterschaft in ganz kolossal be- suchten Versammlungen die nachstehende Resolution an: Die Langenbielaucr Arbeiterschaft bedauert lebhaft das Scheitern aller Verhandlungsversuche in der Lohnstreitfrage der schlecht bezahlten 122 Färbereiarbeiter mit dem Bctriebsinhaber, Herrn Liehr; sie erblickt in der aus Anlaß dieser Differenzen zum Zwecke der Zertrümmerung der Arbeiterorganisation vor- genommenen Massenkündigung der Textilarbeiterschaft durch die Mitglieder des ArbeitgeberverbandeS einen brutalen Gewaltakt und einen Versuch, die ausgemergelte Arbeiterschaft Schlesiens dauernd unfähig zu macheu. in gemeinsamem Streben und Kämpfen eine Hebung der jämmerlichen Lebenshaltung, Ver- kürzung der Arbeitszeit und Erhöhung der Löhne, herbeizuführen. Die versammelten Arbeiter betonen demgegenüber erneut vor der Oeffentlichkeit die Notwendigkeit gemeinsamen Ringens des Prole- tariats um bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen und erklären speziell die Bewilligung der Lohnforderung der hungernden Liehr- scheu Färbereiarbeiter als einfachste Menschen- und Christen- Pflicht. Trotz alledem begrüßt die Langenbielaucr Tcxtilarbeiterschaft den auf Anraten der Organisation von den Liehrschen Arbeitern gefaßten Beschluß, die Kündigung bedingungslos zurückzunehmen, als einen AktderKlugheit und eine durch die augenblicklich vorhandene allgemeine Situation in Deutschland , die schamlose, in den letzten Monaten auf die Spitze getriebene, auf dauernde Schädigung der Arbeiterbewegung hinzielende provokatorische Taktik der U n t e rn eh m e r 1 la ss e gebotene Notwendigkeit. Die Versammlung spricht den vorläufigenAbbruchderBewegungauS und fordert die schlesischen Textilarbeiter und-Arbeiterinnen auf, in intensivster Weise künftig die Organisationsarbeit zu betreiben, den letzten Mann und die letzte Frau dem Verband zuzuführen, um so zu gelegener Zeit aufs neue die Forderungen stellen und durchführen zu können._ n-Blfde, Utaiin. Druck u. Verlag: vorwärts Luchdr. u. Verlag Songca Durch die Annahme dieser Resolution hat die Langenbielauev Arbeiterschaft den Beweis geliefert, daß sie verständiger als das Unternehmertum ist, das aus geringfügigster Ursache Tausende von fleißigen Arbeitsbienen aufs Stratzenpslaster werfen und so ein zweites Crimmitschau heraufbeschwören wollte. Zum Streik bei der Firma Seidel u. Naumann. Die Dresdener Firma läßt es sich waS kosten, um die Oeffent- lichkeit irrezuführen und zu düpieren. Sie hat jetzt unter der Firma des Verbandes der Industriellen für die Kreishauptmann- schaft Dresden vier Seiten große Flugblätter sämtlichen hiesigen bürgerlichen Zeitungen beigelegt, in denen in teils lächerlichen, teils gehässigen Ttraden dem Publikum das tollste Zeug aufgetischt wird. Es ist im Grunde weiter nichts als eine Zusammenfassung oller Unwahrheiten, die bisher im einzelnen von der Firma und den Metallindustriellen in die Oeffentlichkeit gebracht worden sind. Es ist in diesem damit genügend gekennzeichneten Machwerk nur von der„roten Gewerkschaft" die Rede, von„sozialdemokratischen Hetzereien", von„Brüskierung der Direktion durch die mißleiteten Arbeiter". Angeblich hat der Metallindustriellen-Verband die Verhältnisse bei der Firma Seidel u. Naumann geprüft und sei zu einem doppelten(I) Resullat gekommen: 1. Ein sachlicher Grund zum Streik lag nicht vor; 2. der Streit ist ein charakteristischer Fall gewissenloser Handlungsweise der roten Organisation. Als neuen Grund für die Arbeitsniederlegung haben die In- dustricllen jetzt entdeckt, daß die„Roten " die„Gelben" vernichten wollen; aus Haß gegen diese„braven Leute" sollen sie den Kampf inszeniert haben. Ihre Forderungen seien nur Scheinforderungen, sie seien„rein sozialistischer Natur". Man verlange„konstitutionelles Fabrikrcgiment".„Diä Löhne sollten sich nach den Geschäfts- ergebnissen richten!".. Wenn die Forderung: höhere Löhne, Abstellung samtarer Miß- stände, keine frivolen Maßregelungen von Arbeitern, die die Jnter- essen im Arbcitcrausschutz und in dem Vorstand der Betriebs- krankenkasse vertreten, sozialistische Forderungen sein sollen, dann sieht man eben, daß das Unternehmertum niemals Forderungen als berechtigt anerkennen wird. Allerdings wollen die Arbeiter „konstitutionelles Fabrikregimcnt", sie wollen keine_ rechtlosen Heloten sein. Das fordern aber auch alle nicht ganz scharfmacherisch- krankhaften Leute aus dem Bürgertum. Interessant ist der Versuch der Metallindustriellen, d,e auf- fallende Tatsache zu bemänteln, daß, trotzdem öffentlich den Arbeitern Unrecht gegeben wird, doch nicht zu dem dann satzungsgemaßen Mittel der Aussperrung gegriffen wird. Es heißt in dem Flugblatt: „Mit Rücksicht auf diese Sachlage hat die Firma Seidel u. Naumann dem Verband der Metallindustriellen anheimgegeben, der weiteren Entwickelung der Dinge vorläufig zuzusehen und die Aussperrung noch zu vertagen....„ Demgegenüber hat der Verband der Metalllndnstrlcllen seinen Aussperrungsbeschluß ausrrchterhalten, aber den Tag der Aus- sperrung noch hinausgeschoben; er will das namenlose Unglück» das eine Aussperrung erzeugen würde, bis auf den äußersten Notfall vermieden wissen; er will der Firma zunächst noch in anderer Weise so ausreichende Hülse gewähren, daß es ihr möglichst leicht gemacht wird, das angestrebte Ziel sobald wie möglich zu erreichen."- Diese Heuchler, die über das„namenlose Unglück imnmern. Als ob die Scharfniacber durch ihre Aussperruiigsmanie nicht in herzloser und brutaler Weise Hunderttausende von Familienvätern auf die Straß- geworfen haben, ohne mit der Wimper zu zucken. Nein die Wahrheit ist. daß die Firma im Unrecht ist, daß die Metallindustriellen satzunqsgemäß keine Aussperrung verfugen können, daß sie aber in der Oeffentlichkeit die Firma nicht bloß. stellen wollen und außerdem noch einen heilsamen Schreck von poc vorjährigen Aussperrung in den Knockien haben. Zum Schluß jammern die Scharfmacher über die mangelnde und ungenügende Streikbrechcrzuführ, über den„Terrorismus der roten Organisattcm", der weit über die Grenzen des„KoalrtionZ- rechtes" hinausgeht und zum„Koalitionsztvang" werde. Die In- dustriellen malen zum Schluß die Folgen in den düstersten Farben: „Wenn solches Treiben der roten Organisation in Deutschland noch lange fortgeht, so werden wir es erleben, daß unsere Jw» dustrie überhaupt zugrunde gerichtet wird!" Worüber soll man sich nach dem„Zitierten" mehr wundern: Ueber die uiwerfrorenc Dreistigkeit, derartiges in die Welt zu setzen oder über die Naivität derjenigen, die auf solche offenbaren Sc�viudeleien hineinfallen. Letzte IVachrichten und Dcpcfchen, Militarismus und Antimilitarismus. Leipzig , 27. April. (Privatdepesche des„Vorwärts".) Genosse Rechtsanwalt Dr. K a r l L i e b k n e ch t hielt in einer Versammlung des Sozialdemokratischen Vereins für den 12. sächsischen Reichstagswahlkreis Leipzig -Stadt einen Vor- trag über„Militarismus und Antimilitarismus". Vom über- wachenden Polizeibeamten wurde ihm das Wort entzogen. Die Versammlung ging in bester Ruhe auseinander. Ein Lump. Magdeburg . 27. April. (B. H. ) Der 58 jährige Bierkutscher Karl Wirth, welcher mit seiner schwerhörigen und leidenden Frau seit Jahren im Unfrieden lebte, bearbeitete dieselbe in der ver- gangenen Nacht mit einem Schemmelbein so unbarmherzig» das? er ihr auch den Schädel zertrümmerte. Die Frau blieb zuletzt tot in ihrem Bette liegen. Wirth ging am Morgen zur Arbeit; als die Polizei mittags den Mord entdeckte und den Mörder ver- haften wollte, schoß sich dieser eine Rcvolverkugel in den Kopf. Sein Zustand ist bedenklich. Frühlings Erwachen. Prag , 27. April. (B. H. ) Hier und in Tetschen herrscht seit den ftühesten Morgenstunden heftiges Schneetreiben. In West» böhmen liegt der Schnee% Meter hoch. Bahnräuber. Budapest , 27. April. (B. H. ) Dem Kaufmann Szamet wurde auf einer Bahnfahrt nach Budapest von einer Gesellschaft, bestehend aus drei Männer» und einer Frau, feine Barschaft bestehend auS 6600 Kronen geraubt. Die Räuber sind spurlos verschwunden. Die Pariser Köche im Ausstand. Paris , 27. April(W.. T. B.) heute sind zweitausend Köche und Küchenjungen in den Ausstand getreten. Ministerpräsident Clemenceau schämt sich. Paris , 27. April. (W. T. B.) Der Ministerpräsident Clemenceau empfing heute eine Abordnung der ausständigen Bäcker. Er machte ihnen Vorwürfe wegen der von einem Teil ihrer Genossen begangenen Ausschreitungen und erklärte, er schäme sich, gezwungen zu fein, in den Straßen soviel Soldaten zu halten, um die Ordnung zu sichern. Die Bäcker werden dem Ministerpräsidenten eine kurze Aufstellung ihrer Forderunoen übermitteln._ Völkerverhetzung. Athen , 27. April. (Meldung der„Agence HavaS'.) Bei Morl- hovon in Mazedonien hat ein blutiger Zusammenstoß zwischen türkischen Truppen und einer Bande stattgefunden. Der Anführer der letzteren und 7 Mann sind getötet, die anderen entkamen. Die Türken hatten 26 Tote._ Paul Singer& Co., Berlin S W. Hierzu 6 Beilagen.
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten