Tt««iichste Nummer des„Vorwärts" erscheint wegen W Mgifeier am Freitag, den Z. Mai. früh. Redaktion und Verlag des„Vorwärts". *_ ,r ' Die VeLeukung Set Maifeier würdigen wir in einer de- so«Ler«r Beilage unserer heutigen Nummer. -....... �..... 1-U----------- 1" i- Die bürgerliche Anti-Maidemonstrativn. Der neue Regierungsblock hat heute der Regierung»- Politik in auswärtigen Angelegenheiten carts blan od e erteilt. Er hat sich nicht nur gegen die Forderung des Zentrums an träges, ausgesprochen, dem. Reichstag periodisch Matertal zur Beurteilung der inter - nationalen Beziehungen zugehen zu lassen, sondern er hat auch dem Fürsten Bülow, den Verantwortlichen der unverantwortlichen Zick-Zack- und Beunruhigungspolttik der Regierung sein voll st es Vertrauen ausgesprochen! Es ist unerhörf, daß die deutsche Bourgeoisie im Gegen- sah zu den Volksvertretungen anderer Länder just unserer Piolitt? des persönlichen Regiments, an der doch selbst ein Vassermanu seinerzeit kein gutes Haar gelassen, gerade in kritischster, verhängnisvollster Situation das un- begrenzteste Vertrauen entgegenbringt. Welch schamlose Heuchelei, das persönliche Regiment zu bekritteln und zu verhöhnen, um ihm gerade dann, wenn es gilt, s e l b st die Zügel der auswärtigen Politik in die Hand zu nehmen, unbegrenzte st e Vollmachten auszustellen! Freilich, diese Bekrittelung ist für unsere bürgerlichen Oppo- sitionslöwen nur die Draperie, hinter der sich die schamlosesten entwürdigendsten Machenschaften mit dem feudal mili- taristischen Absolutismus vollziehet. Die Bourgeoisie hat sich ja zum SchutzjudenderMilitär- autokratie entwürdigt. Sie tut nur gelegentlich spröde, um ihre politische Prostitution nach außen hin zli beschönigen. Seit Wochen tobt der chauvinistische Kampf der halb- offiziösen Presse gegen das„perfide Albion", die Ein- kreisungspolitik Eduards VII. , die Quadrupelalliance der Mittelmeerstaaten und England. Was die Boulanger- Presse seinerzeit geleistet, wird durch das deutsche halboffiziöse Preßgelichter in den Schatten gestellt. Gerade nach bürgerlicher Logik müßte ein ernstlichster Völkerkonflikt in drohendste Nähe gerückt sein— und trotz alledem hat sich Bülow, dieser Kon- fliktsschnüffler. sofern es harmlose Auslassungen der sozial- demokratischen Presse angeht, mit seiner berühmten Rhino- ceroshaut umpanzert I Wie notwendig wäre es da für die bürgerlichen Parteien gewesen, sich einen Einblick in das politische Getriebe zu der- schaffen, der Zentrumsinterpellation mit Zu- spitzung auf die momentane Lage zuzustimmen. Aber in, Gegenteil, die ganze Blockkohorte von Winkler bis W i e m e r beteuerte der Regierung ihr blindes Vertrauen, leistete Verzicht auf jede Erörterung der außerpolitischen Lage vor dem Forum der parlamentarischen Oeffentlichkelt! Und mehr noch!.Gerade der L ib e r a,l is mu s hat stets mit der bürgerlichen Friedensidee kokettiert. Sollte man' da nicht annehmen, daß wenigstens die liberalen Friedens- phraseure die Erörterung der internationalen Abrüstung gerade zur See durch das Haager Schiedsgericht freudigst begrüßt hätten? Daß sie der obstruierenden deutschen Regierung den Standpunftjlar gemacht und sie zu zwingen versucht hätten, doch wenigstens an einer Dr s k u s s io n dieses so aktuellen Problems teilzunehmen? Aber der Liberalismus ließ das Phrasenmäntelchen mit zynischer Nonchalance fallen— gleich Herrn Basser- mann erklärte der freisinnige Herr W i e m e r. daß er von einer solchen Diskussion nichts erwarte, und daß das der- logene„Wenn Du den Frieden willst, bereits den Krieg vor", das einzige Mittel der Erhaltung des Friedens sei! Unter solchen Umständen benutzte natürlich der Reichs- kanzler die Erklärungen der bürgerlichen Parteien zum Vorspann für seine abenteuersame Politik. Er konnte das umsomehr, da selbst die augenblicklich in die Opposition ge- drängte Zentrumspartei ihren geschmeidigsten Diplomaten, Herrn v. Hertling. vorgeschickt hatte, der ebenso wie die nachfolgenden Redner des Regierungoblocks am Strange der Regierung zog und mach einer Ableierung altbekannter diplomatischer Redensarten der Regierung eine Blankovollmacht ausstellte für ihre Absicht, sich nicht an der Diskussion der Frage einer Rüswngseinschränkung aus der Haager Konferenz zu beteiligen I An diesem Bankerott der bürgerlichen Parteien änderte eS auch nichts, daß die Rede B ü l o w S, der den politischen Eunuchen des Bürgertums seinen verbindlichsten Dank aus-. sprach, äußerlich den Charakter einer Chamade trug. Cr hatte alles erreicht, was er erreichen wollte, und konnte des- halb den Wunsch des Zentrums mit um so souveränerer Nicht- achtung abtun. Fürst Bülow will so gnädig sein. Rede und Antwort im Reichstag zustehen, wenn er über auswärtige Angelegenheiten befragt wird, aber als„ein Feind vielen Redens", wie der Redselige unter schallendem Gelächter des Hauses sich selbst apostrophierte, will er nur solche Fragen er- örtern. von deren Behandlung er sich Nützliches ver- spricht) Und wenn trotz alledem der Reichstag die Resolution des Zentrums annähme, würde er sich so lange mit dieser reichskanzlerischen Sentenz bescheiden müssen, als er nicht nachdrücklichere Mittel zur Erfüllung seiner Forderungen anwenden wird. Solche Mittel sind aber bei der Flauheit aller unserer bürgerlichen Parteien völlig ausgeschlossen! Bezeichnend für die parlamentarische Nichtachtung des Reichskanzlers war es, daß Fürst Bülow sich sehr bald aus dem Staube machte, als Genosse B o l l m a r die charakteristischen Züge der Regierungspolitik in einer sehr ein- drucksvollen Rede besprach. Wollmar forderte energisch die Anteilnahme des Reichstags an auswärtigen Angelegenheiten, weil nur da- durch eine ruhigere, stetigere und sachlichere Politik garan- tiert werde. Und nun besprach Vollmar die auswärtige Lage, deren offiziöse Schwarzmalerei in den letzten Wochen ge- eignet sei. dem deutschen Uebermilitaristnus jedweden Vor- schub zu leisten. Das internationale Unbehagen, die Spam nung sei aber nur eine Folge der-.a llgvchj»! �en Rüstung, und außerdem werde das Mißtrauen im Aus- lande durch tönende Worte, nervöse Te le»- g r a m m e usw. noch g e st e i g e r t. Es erzeuge im Aus- lande keinerlei Respekt, daß man dort wisse, daß das deutsche BM hmilä EinÄ? a»t feie-zvivextige hMr. Pollnkar geißelte den ChäuvinisMlls unfahigSr Politiker aller Länder, er brandmarkte die Verdrehung und Verhetzung der deutschen bürgerlichen Presse in der Wiedergabe einzelner Reden Clemenceaus und'des Königs von Italien sowie der chauvinistisch gehässigen Deutung der Reisen des englischen Königs. Die Aktionen Eduards VII, besäßen keinerlei absolutistische' Bedeutung, während die Kette der Kundgebungen der deutschen Regierung den Schlüssel zu der unerquicklichen internationalen Lage der Gegenwart böten. Als einen schweren politischen und taktischen Fehler bezeichnete es Vollmar. wenn sich die deutsche Regierung nicht an einer Diskussion der Abrüstungsfrage im Haag be- teilige..Deutschlands Nichtbeteiligung sei nur eine täppische politische Obstruktion, die etwaigen.Gegnern Deutschlands nur Wasser auf die Mühle liefere. Vollmar forderte schießlich eine ehrliche Friedens- Politik, wie sie die Masse des deutschen und dek' französischen Volkas wünscht. Diese Demonstration gegen die Abrüstung, gegen die Völkerverbrüderung, gegen die gemeinsamen Kulturinter- essen entspricht durchaus den kulturfeindlichen Interessen und Tendenzen unserer herrschenden Klaffen! Umso deutlicher wird am 1. Mai das deutsche Proletariat seine Botschaft der internationalen Volksherrschaft und der intemationalen Völkerverbrüderung verkünden!— Kriegshetze. Die schwarzen Wolken, die sich in den letzten Wochen am politischen Horizont zusammengezogen hatten, haben sich ziemlich zerstreut. Die englische Presse schlägt einen anderen Ton an und betont die Notwendigkeit einer Verständigung zwischen England und Deutschland . Einigen deutschen Blättern paßt das nicht in ihre Politik. Fast scheint es. als hätten sie es im Dienste gewisser kriegslüsterner Jnteressencliquen gar nicht ungern gesehen, wenn die Spannung der letzten Wochen zu einem„befreienden" Kriege geführt hätte. Obenan steht unter diesen Blättern die„Deutsche Tageszeitung". Während sie die Unfähigkeit der offiziellen deutschen Auslandspolitik völlig ignoriert und sogar dem Fürsten Bülow, da sie sein Verweilen im Amte vorläufig noch als nützlich für ihre agrarische Politik befindet, Ruhmeskränze um die Denkersttrne flicht, verhöhnt sie die friedlichen Versicherungen der englischen Blätter, wie z. B. der„Tribüne" und des„Daily Graphic", als Heuchelet und kluge Verdeckung der englischen Absichten. Sich in die patriotische Toga hüllend. schreibt spöttisch daS Blatt der Landjunker und ihres militärischen Anhanges: .Und wer diesen englischen Blättern noch nicht glauben wollte, daß König Eduard der gute FriedenSonkel ist, dessen Sinnen und Trachten einzig auf das Wohl der ganzen Menschheit gerichtet ist, dem sagte eine amtliche Erklärung der englischen Regierung, der dann auch eine solche der spanischen gefolgt ist, daß der angeblich gegen Deutschland und Oesterreich gerichtete vterbund England, Frankreich , Spanien , Italien gar nicht existiere. Was will man also noch mehr? Lieb Baterland, kannst ruhig sein l Die Berliner Börse , die ja die Blüte des deutschen Baterlandes und des deutschen Volkes verfolgt, hat sich denn auch von ihrer anfänglichen Bestürzung schnell wieder erholt. Nun ist doch alles in Ordnung?... Daß ste(die englisch -spanischen Dementis) den Tatbestand richtig wiedergeben, wenn ste behaupten, daß kein Mittelmeer - Bierbund abgeschlossen sei, daran zweifeln wir gar nicht. Datz «S zu einem formellen Bündnis gekommen sei, gläuven auch wir< nicht! Wer daß England im gegebenen Falle wenigsten» Spanien und Italien in seiner Hand haben wird, das erscheint uns vollkommen sicher. Brauchen wir erst auseinanderzusetzen, welchen Nutzen England davon haben würde? Der liegt doch auf der Hand. Zunächst ist England die Sorge um die Gefährdung Gibraltars los, das vom spanischen Lllgecira» aus schwer be- droht werden könnte. Im Bunde mit Spanien aber fällt nicht nur diese Befürchtung weg, sondern England beherrscht auch, da Eeuta ihm nunmehr gleichfalls im Kriegsfalle zur Berfügung steht, die Straße von Gibraltar, eS kann die Einfahrt in das mittelländische Meer in jedem beliebigen Augenblick sperren. Da» bedeutet im Verein mit dem englisch -italienischen Bündnis dt» englische Herrschaft über daS Mittelmeer . Davon wird Deutschland direkt zwar weniger berühtt. um so mehr aber indirekt. Denn bei dem wachsenden Gegensatz der orientalischen Politik Italiens und Oesterreich-UngarnS kann«S um so leichter zu einem Zusammenstoß zwischen diesen beiden Mächten kommen. je sicherer Italien sich der maritimen BundeSgenossenschast England» fühlt. Und dieser Zusammenstoß könnte evenwell gerade in dem Moment stattfinden, wo zwischen Deutschland und Oesterreich der oaouo foederis einträte. Oesterreich wäre dann nach anderer Seite beschäftigt und fiel« als Faftor in unserer Rechnung aus. Je größer der Kreis der englischen Bundes- genossen wird, desto sicherer glaubt England in der Lagezu sein, den Zeitpunkt zu bestimmen, wo daS große Kesseltreiben gegen Deutschland losgehen so«.... Doch damit begnügt sich die britische Politik noch nicht. Sie ist mit allen Kräften bemüht, auch Rußland vor ihren Wagen zu spannen. Emstweilen kann ja daS Zarenreich nicht aktiv gegen Deutschland auftreten, selbst wenn es dazu Lust hätte, die aber in den Petersburger Regierungskreisen keineswegs vorhanden ist. Aber für Zentral- und Westasien, da» heißt, zur Wahr- nehmung der rusfischen Interessen gegen England, reichen die Kräfte Rußland » im Notfalle immer noch. Eine englische Polttik, die gegen Deutschland arbeiten will, muß flch daher in Asten den Rücken gegen Rußland sichern. Daher die Bemühungen, mit dem Zaren zu einer Verständigung über die asiatischen Interessen beider Reiche zu gelangen. Bemühungen, die bereits so gut wie zum Ziel« gefühtt haben. Was fehtt England nun noch zur Einkreisung Deutsch « lands?...' Das Blatt spricht eS nicht offen aus: aber aus seinem Geschreibsel ergibt sich deutlich genug, daß ihm ein frisch. fröhlicher Krieg ganz gelegen käme— nur durste Deutschland nicht als der direkt angreifende Teil erscheinen. Wenn es aber auf den Krieg verzichten muß. dann_ möchte es wenigstens die jetzige Lage benutzen,. Deutschland als schwer bedroht durch die englisch - französisch- spanische Entente hinzustellen, wird doch dadurch den kommenden großen Flotten- und Heeresvergrößerungsplänen prächtig vorgearbeitet Der gleichzeitige Appell an die Furcht und die„nattonale Ehre" bezw. die„Liebe zum Vaterlande" übt aus empfindsame Seelen noch immer seine Wirkung. Die Magdeburger Terrorismus -- Legende. Magdeburg , 29. Spril 1907. Bor dem hiesigen Schwurgericht begann heute der große Land- stiedtttbkuchprozeß gegx» Bremer und U Genojjeu, über teffeu Eni« stehung wir gestern berichteten. Die Verhandlungen werden geleitet durch den Landgerichtsrat Dr. S ch l o t t e r; die Verteidigung führen die Rechtsanwälte Landsberg . Strousberg, Merzbach- Magdburg und Ruhm-Berlin . Es'find 67 Zeugen und ein Sach- verständiger geladen. Nach Auslosung der Geschworenen und Erledigung der üblichen Formalitäten beginnt die Vernehmung der Angeklagten, die den ersten Berhandlungstag nahezu aus- füllt. Acht der Angeklagten find wegen zweier Vorfälle, am 4. und am 6. Februar angeklagt. ■ Am 4. Februar mittags soll eine größere Anzahl Arbeiter sich in die Walzendreherei des Krupp-Grusonwerkes, in der der„reichstreue' Arbeiter Haäse beschäftigt war, begebennnddortdenHaasebeschimpstund verhöhnt haben, bis sie hinausgewiesen wurden. Am Abend desselben Tages sollen bann zahlreiche Arbeiter vor dem Fabriktor auf Haase gewartet und ihn dann unter Pfeifen, Lärmen und Singen begleitet haben. Dabei soll Haase auch mit Schnee beworfen worden sein. Der Vorfall am 6. Februar soll sich ähnlich zugetragen haben, jedoch sollen dabei noch mehr„Gewalttätigkeiten" vorgekommen sein. Der erste Angeklagte. Eisendreher Bremer hat mittags von seiner Werkstatt, der Mühlenbauabteilung, aus gesehen, daß zahlreiche Arbeiter au» der Walzendreherei herausgekommen seien. Abends hat er, wie immer, vor dem Tor auf einen Freund gewartet. Vor dem Tor seien allabendlich nach Feierabend viele Arbeiter versammelt, denn diese verließen nicht einzeln, sondern scharen- weise die Fabrik. Er sei sowohl ans 4., als am 6. Februar allein nach Hause gegangen. Der Weg, den die Menge gegangen sei, sei sein Heimweg. Daß jemand mit Schnee, Eis- stücken oder gefrorenem Kot auf Haase geworfen habe, hat Angeklagter nicht gesehen; er hat auch selber nicht geworfen. DaS Interesse der Arbeiter für Haase sei wohl hauptsächlich darauf zurückzuführen, daß er m einer Versammlung behauptet habe, die Mädchen aus der Fabrik von Pölte würden auf dem Hermersleberweg— einem Verbindungsweg zwischen Buckau und Sudenburg , den viele Arbeiter des Grusou- Werkes benutzen and auf dem sich auch die zur Anklage stehenden Borfälle ereignet haben— auf dem Weg von und zur Arbeit von den Arbeitern in roher Weise belästigt. Der Angeklagte Brandt bekundet, daß dem Haase in der Walzendreherei nichts passiert ist; doch habe wegen seiner Aeußerung Erbitterung über ihn geherrscht. In dem Menschenhaufen habe er, Brandt, sich nicht befunden. Auch die übrigen Angeklagten, die den Hermersleberweg al» Heimweg benutzten, find entweder eine Strecke abseits von der Menge gewesen oder haben sie umgangen. An« geklagter Lehmann hat gehört, daß unter Anspielung auf Haase �Leierlastenmann' gerufen und„Edelweiß" und„Fischerin. du kleine' gesungen worden ist. Er. Lehmann, habe fich durch die Menge hindurchgedrängt, um vorbeizukommen, wobei ihm selber Schnee in« Geficht geworfen worden sei. Ein Angeklagter bekunde, daß sich die Menge größtenteils aus Kindern zu- sammengesetzt habe. Der Angeklagte Schulz gibt zu. gesagt zu haben, daß er Haase mit Schnee geworfen habe. DaS sei aber nicht wahr. Er habe da» nur gesagt, um einen Zuhörer dieses Gesprächs auf die Probe zu stellen. Der Angeklagte Beneke will gehört haben, daß gesagt worden sei im Betriebe, abends sei»Hasen« besichtigung". I« der Menge sei gerufen worden:„Haut ihn!'—„Schlagt den Hasen tot l" wobei gesungen und gepfiffen worden sei. Die Dreherlehrlinge Witt, Kolze und Bölcke, die auch mit angeklagt sind, behaupten am 0. Februar von Arbeitern auf Haase gestoßen worden zu sein i Der eine Lehrling hat vor dem Untersuchungsrichter ausgesagt, daß Haase hin- hingeworfen wordm sei. Der Vorsitzende hält ihm vor, daß Haase selbst erklärt habe, er sei nicht hingeworfen worden; worauf ded jung« Mensch seine Aussage dahin einschränkt, daß er geglaubt habe» Haase wäre hingeworfen worden, weil er auf dem Rücken Schnee gehabt habe. Es sei nur mit Schnee, nicht mit Eiöstücken und ge« ftorenem Kot geworfen worden. Ein Lehrling gibt zu, selbst geworfen zu haben; er weiß aber nicht, ob er jemanden und wen er getroffen hat. Der Lehrling Kolzö will gehört haben, daß der Mitangellagt« Oswald Beck gesagt habe:„Jetzt wird er frech; jetzt müßt ihr ihn schlagen. Dann haben wir auch einen Grund, ihn zu schlagen!" Wer sie aus Haase„geschubst" hat, wiffen die Lehrlinge nicht anzugeben. Bei ihnen wie einigen anderen Angeklagten wird festgestellt, daß sie vor der Polizei und dem Untersuchungsrichter nach den Protokollen andere Angaben gemacht haben als heute. Die Angeklagten führen das auf Mißverständnisse zurück. Der der Rädelsführerei bezichtigte Paul Beck erklärt, daß er nicht bei dem Vorfall gewesen sei. Seinen Bater. mit dem er gemeinsam die Fabrik verlassen habe, habe er gleich im Gedränge verloren. Oswald Beck bestreitet, die oben erwähnte Aeußerung getan zu haben. Von ferne her. als er ettva 150 Schritt von Haase entfernt gewesen sei. habe jemand gerufen:„Kommt her, jetzt wird er stech und will schlagen!" Der Angeklagte beschwert fich dann über den Kömmissar Bergen. Dieser habe vor ihm, Beck, bei setner Polizei» lichen Vernehmung seine Sachen. Trauring, Portemonnaie usw. hingelegt und gesagt:„N«« los. dann find Sie frei!" Als er aber doch nichts ausgesagt habe, habe der Kommissar gesagt, wenn er des Landfriedensbruches beschuldigt werde, dann müsse er in Untersuchungshast sitzen, bis die Kartoffeln blühen. Er sei sich keiner Schuld bewußt gewesen, und diese Bemerkung habe ihn so niedergedrückt, daß er sich das Leben nehmen wollte und nur durch besondere Umstände daran gehindert worden sei. Einer der Lehrlinge hat vom Polizeikommissar Bergen die Aeußerung gehört, wenn er nicht mehr Namen nenne, dann könne er»» in Haft— bleiben, bi» die Kirschen blühen. Dem Lehrling Kolze hat der Kommissar gesagt:„Den be» halten wirhier, derkann sich noch etwas besinnen.' Die Angeklagten Oswald und Paul Beck sind Mitglieder de» Metallarbeiterverbanbe» und des Sozialdemokratischen Vereins und Leser der„Volksstimme", wie sie auf Bestagen des Staats- anwalts angeben. Daraus wird in die Zeugenvernehmung eingetreten. politische Gebcrltcbt. verlin. den 30. April 1907. Sechs Stunden Klcinbahnwünsche. DaS preußische Abgeordnetenhaus führte heute mit vieler Mühe die Beratung der Sekundärbahnvorlage zu Ende und über- wies sie dann der Budgetkommission. Wieder ergoß sich eine un- endliche Flut lokaler Wünsche über den geduldigen Papierkorb des Eisenbahnminister». Diese Debatte ist typisch für das preußische Abgeordnetenhaus. Außer den wenigen kritischen Bemerkungen des Abgeordneten Macco nahm auch nicht ein einziger der„Volksver- treter" einen Anlauf dazu, etwas Allgemeingültiges über die vielen Schäden der gegenwärtigen preußischen Eisenbahnpolitik zu sagen. Nichts davon, wie wenig die Eisenbahnpolitik eines Breitenbach den W>üMÜeo teä LiÄeW UÄ HglltM g&W Sick Sgbs lkj«
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