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Anhaltsbefehl erwirkt, der aber vom Reichsgericht aufgehoben wurde. Davon wußte der Schutzmann, d. h. von dem e r st e r e n. Von der letzteren Tatsache schien er aber nichts zu wissen. Und dann ist es doch außerordentlich interessant, daß ein Schutzmann ohne irgend eine Anweisung zu einer derartigen Maßnahme greift. Der Gemeindevorstand erklärte, ihm sei nach der Be- fchlagnahme Mitteilung von dem Schutzmann gemacht worden. Es ist sofort Beschwerde bei der Amtshauptmannschaft ein- gelegt worden. Wohin sollen wir kommen, wenn schon jeder Schutzmann sich zu einem derartigen Eingriff in die Rechte des Staats- bürgers berechtigt glaubt. Da soll noch einer behaupten wollen, in Deutschland   regiere nicht der Schutzmann! Berlin   und Umgegend» .Aue um zu schreiben, bringt dieBerliner Volkszeitung" einige Phantasien über die Lage im Berliner   Baugewerbe. Die sind harmlos, die letzte ist bösartig. Dort wird von einer «Verstimmung" in Arbeiterkreisen gesprochen und behauptet: Auch die anderen beteiligten Verbände wie Zimmerer und Bauhülfsarbeiter schieben die Schuld über den resultatlos ver- laufenden Fortgang der Lohnbewegung den Maurern in die Schuhe." Wir können demgegenüber feststellen, daß die Vorstände aller drei Verbände sich über die einzuschlagende und bisher ein- geschlagene Taktik völlig einig sind. Zur Lohnbewegung der Bäcker. Den unmittelbaren Anlaß zu der gegenwärtigen Bewegung im Bäckergewerbe gab bekanntlich die Frage des paritätischen Arbeits- Nachweises. Daß»m solcher errichtet werden soll, ist im Tarif- vertrage vorgesehen. Da die Jnnungsvertreter über den Begriff der Parität eine Anschauung verwaten, welche von der allgemein herrschenden, auch von den Gesellenvertretern bekundeten Auf- fassung abweicht, so kam eS zum Konflikt. Die Forderung: Errichtung eines paritätischen Arbeitsnachweises, bildet jetzt neben den beiden anderen Forderungen: Abschaffung des Kost- und Logiswesens, Gewährung eines freien Tages in jeder Woche, das Ziel der gegenwärtigen Bewegung. Die JnnungS- berweter scheinen der Meinung zu sein, daß sie die Frage des Arbeitsnachweises, falls es demnächst zu Verhandlungen kommen sollte, umgehen können, indem sie einen Zentralarbeitsnachweis der Innungen einrichten, der ja nach Angabe der Meister mit einem paritätischen Arbeitsnachweis gleichbedeutend fein soll. Die JnnungS- vorstände haben es mit der Einrichtung ihres ZentralarbeitS- Nachweises so eilig, daß sie dabei vergessen, sich genau an die gesetz- lichen Bestiinmungen zu halten. Die JnnungSvorstände haben bereits die Statuten des Zentralarbeitsnachweises beraten und fertiggestellt ohne, wie es das Handwerkergesetz verlangt, einen Gesell«»- Vertreter hinzuzuziehen! Nun muß das Statut den Jnnungsversammlungen vorgelegt werden. Gültigkeit kann eS nur dann erlangen, wenn die Gesellenausschüsse ihre Zustimmung geben. Das wird aber sicher nicht geschehen, denn der geplante Zentralarbeitsnachweis, der angeblich schon am 1. Mai seine Tätig- keit aufnehmen sollte, gibt den berufenen Vertretern der Gesellen kein Mitbestimmungsrecht in der Verwaltung, er gibt keine Gewähr dafür, daß die Uebelstände, wrlche die Gesellen bei der bisherigen Arbeitsvermittelung der Innungen empfanden, beseitigt werden: ja, eS sind sogar einige Verschlechterungen insofern geplant, als die Gebührensätze der Germania  - Innung, nämlich 60 Pf., 75 Pf. und 1 M., wrlche die Arbeitnehmer zu zahlen haben. allgemein eingeführt werden sollen, während bis jetzt in mancher der hier in Frage kommenden Innungen entweder gar keine Gebühr oder nur eine solche von 2S Pf. erhoben wurde. Aus diesem Grunde können die Gesellenausschüffe dem neuen ArbeitSnachweiSstatut natürlich nicht zustimmen._ Zum Streik der Leitergerüstbauer ist zu berichten, daß weitere zwei Firmen und zwar G u t s ch e(Friedenau  ) und Dreiling u. Sohn- Berlin  , sich mit ihren im Ausstand befindlichen Leuten geeinigt haben. Bei G u t s ch e ist die Arbeit bereits am Montag- inittag und bei Dreiling u. Sohn am Dienstag früh einmütig aufgenommen worden. An Lohn sind für Poliere 85 Pf. und für Rüster 70 Pf. pro Stunde zugestanden worden. Für Ueberstunden wird ein Zuschlag von 10 Pf. pro Stunde gezahlt. Somit arbeiten zurzeit etwa 115120 Gerüstbauer und Poliere zu den neue» Bedingungen. Bei den Firmen Machule, A. Weißenhagen, Georg Weißenhagen, Hieke, Scheider, Hartleib, Weber u. Lehmann sowie Kadermann u. Apelt ruhen die Betriebe nach wie vor noch vollständig. Die Firma A r n d t u. C o arbeitet mit einer Anzahl Arbeitsivilliger, die zum größten Teil auf Rüstungen noch nicht gearbeitet haben. Zur Lohnbewegung der Dachdecker. Zu einer unverbindlichen Aussprache traten am Montagabend die Kommissionen der Arbeit- geber und Arbeitnehmer zusammen, um eine friedliche Beilegung des gegenwärtigen Lohnkampfes zu versuchen. Wenigstens bestand diese Absicht auf feiten der Arbeitnehmer, die erwarten konnten, daß die Unternehmer den gerechten Ansprüchen der Arbeiter etwas mehr Entgegenkommen schenken würden. Die Unternehmer aber wollen nicht mehr bewilligen, als die Arbeiter im Baugewerbe nach dem Schiedsspruch des Einigungsamtes erhalten sollen, nämlich eine Lohnzulage von 3 Pf. pro Stunde in diesem Jahre, dann weitere 2 Pf. resp. 3 Pf. in den beiden folgenden Jahren. Die wichtige Frage der Verkürzung der Arbeitszeit bleibt unberührt. Die Ver- treter der Arbeiter nahmen diesen Vorschlägen gegenüber eine ab- lehnende Haltung ein; sie erklärten, daß unter solchen Umständen, besonders ohne Verkürzung der Arbeitszeit, an eine Einigung, nicht zu denken sei. Die Verhandlungen waren damit vorläufig beendet. Eine Vertrauensinännersitzung der Dachdecker beschäftigte sich am letzten Sonntag mit dem Beschluß der Versammlung vom 21. April bezüglich der Erhebung von Extrabeiträgen von den in Arbeit stehenden Kollegen. Man kmn überein, daß die Beiträge für die verflossenen zwei Wochen, vom 15. April an. zu entrichten sind. Die Hausdiener und Kutscher aus den Wäscheverleihgeschäften hielten am Donnerstag imEnglischen Garten  " eine gut besuchte Versammlung ab. Nach längerer Debatte wurde einstimmig be- schlössen, den 1. Mai durch Arbeitsruhe zu feiern. Wir bitten die organisierte Arbeiterschaft Berlins  , am 1. Mai keine Handtücher abzunehmen. I. A.: Die SektionSleiwng. Hermann Mehring, Wrangelstr. 102. Die Berliner   Emailleschildemaler sind, nachdem die von ihnen eingereichten Forderungen, welche in 8 stündiger Arbeitszeit, Ivprozentiger Lohnerhöhung und Anerkennung deS ArbeitSnach- weises bestehen, abgelehnt wurden, am Montag in den Streik ge- treten. Die in Frage kommenden Arbeitgeber sind im Schutz- verbände der deutschen Emaillicrwerke organisiert, deren Geschäfts- führer derallbekannte" Herr N a s s e ist. Da von dieser Seite alles versucht wird, andere Arbeitskräfte heranzuziehen, so wird ersucht, jedes Arbeitsangebot, welches auf Emailleschilder Bezug hat, strikte abzulehnen. Die Arbeiterpresse wird um Abdruck gebeten. Die streikenden LanbschaftSgehülfcn und Gartenarbeiter haben am Montag, den 20. April, die Arbeit wieder aufgenommen. Der Verband der Arbeitgeber hat auf das nochmalige Schreiben der Lohnkommission bezüglich Einigungsverhandlungen nicht gcant- Berantw. Siedakteur: HanS Weber, Berlin  . Inseratenteil verantw.» TN. wartet. Die Lohnkommission hatte solche nur nachgesucht auf Anraten und die bestimmte Zusicherung hin, daß, wenn die Lohn- kommission nochmals an den Verband um Einigungsverhandlungcn herantritt, solche auch zustande kommen werden. Bis Sonntag früh, obwohl das Schreiben schon am Donnerstagabend zur Kenntnis des Verbandes gelangt war, hatte die Lohnkommission keinen Bescheid erhalten. Die Situation mutzte sich infolge des vorgerückten Früh- jahres mit jedem Tage ungünstiger gestalten und so entschied sich die Lohnkommission für Abbruch des Streikes. In der Versamm- lung am Sonntagvormittag in Miethcs Festsälen unterbreitete die Lohnkommission den Vorschlag, den Streik abzubrechen, den Ver- sammelten, die sich diesem dann auch, wenn auch ungerne, ange- schloffen haben. Im ganzen haben 82 Firmen mit 441 Arbeitern anerkannt. Bei Beendigung des Streikes, also am Sonntag, waren noch 82 Gehülfen und 45 Gartenarbeiter ausständig. Die letzteren waren erst in der dritten Woche in den Streik eingetreten und sind es solche, die als wirkliche Gartenarbeiter nicht angesehen worden können. In der abschließenden Versammlung wurde ein Antrag angenommen, der für bedürftige Kollegen, welche mindestens ein Jahr Mitglied und infolge des Streikes in Not geraten sind, eine Mietscntschädigung vorsieht. (Wiederholt, weil nur in einem Teil der Auflage.) Achtung, Barockvergolder! Da sich die Kopenhagen   er Barockvergolder in einer Lohnbewegung befinden, ist der Zuzug von Dänemark   fernzuhalten. Die Zentralkommission der Vergoldcr Deutschlands  . Achtung, Friseurgehülfen! Die Generalversammlung vom 18. April beschloß, den 1. Mai durch Arbeitsruhe zu feiern. Die Parteigenossen ersuchen wir, am genannten Tage keinen Barbier in Anspruch zu nehmen. Die Gehülfen sind im Besitz von weißen mit rotem Rand versehenen Kontrollkarten als Ausweis, daß die Forderungen der Gewerkschaft erfüllt sind. Verband der Friseurgehülfen Deutschlands Zweigverein Berlin und Vororte. Achtung, Friseurgehülfen! Differenzen bestehen bei Schmoi, Ratiborstr. 16. Bewilligt haben Dahlenburg  , Schönhauser Allee   137, und Kunze, Bernauerstr  . 49. Achtet auf die Kontroll- karte. Dieselbe hat nur Gültigkeit, wenn sie die Namensunter- schrift Baumgart trägt und die laufende Woche gestempelt ist. Gleichzeitig ersuchen wir die Parteigenossen, die Barbiergeschäfte am 1. Mai möglichst zu meiden, um den Kollegen den Besuch der Versammlungen nicht zu erschweren. Verband deutscher Barbier-, Friseur- und Pcrückenmachergehülfen. Dircksenstr. 46. OeutfeKes Reich. Den Achtstundentag errungen haben die Steinmetzen Leipzigs  . In dem eben abgeschlossenen neuen Tarifverträge wurden die Arbeitszeit um eine halbe Stunde, von 8'/, auf 8 Stunden, verkürzt und der Minimallohn von 65 auf 70 Pf. erhöht. Zudem wurden sämtliche Löhne um 5 Prozent auf- gebessert. Dank der guten Organisation wurden diese Forderungen ohne Kampf durchgesetzt._ Der Busstand in den Maschinenfabriken Offenbachs ist nunmehr im vollen Umfang perfekt, nachdem es die Unternehmer nicht nur kurzerhand abgelehnt hatten, zu den Verhandlungen je einen Berater der beiderseitigen Organisationen zuzuziehen, sondern auch den weiteren Vorschlag von Arbeiterseite, die Verhandlungen unter dem Borsitz eines den beteiligten Betrieben nicht Angehörigen stattfinden zu lassen, zurückwiesen und an ihrem Vorschlag festhielten, als Ver- Handlungsleiter den beteiligten Fabrikanten Heinrich Schmaltz fun- gieren zu lassen. Wenn die Arbeiter einen solchen Borsitzenden ab- lehnten, so ist eS wohl nur zu begreiflich, noch dazu, da ja die Unternehmer vorher schon kategorisch erklärt hatten, die Haupt- forderung der Arbeiter, die neunstündige Arbeitszeit sowie die Gewährung gewisser Minimallöhne nicht bewilligen zu wollen. Die von feiten der Arbeiter angeregte Vernuttelung des Vorsitzenden des Gewerbegerichts, Beigeordneten Zopfs, wurde durch die oben erwähnte Haltung der Arbeitgeber gegenstandslos. Geradezu unverständlich ist das Sträuben der Offcnbacher Metall- industriellen. Vertreter der Organisationen zu Einigungsverhand- lungen zuzulassen, da doch lautArbeitgeberzeitung" die eigenen Kollegen dieser Herren im Arbeitgeberverband sich endlich dazu bequemten, ihren früheren Scharfmacherstandpunkt etwas zu korri- gieren. In Offenbach   sitzt man noch auf hohem Rosse und glaubt ein Verhandeln mit Vertretern der Arbeitgeberorganisation nicht nötig zu haben. Statt dessen glaubt man eher zum Ziele zu kommen, wenn man Absplitterungsversuche unter den Arbeitern in die Wege zu leiten sucht, wie dies am Sonnabend durch Gründung einer Arbeitswilligenorganisation versucht wurde. Wenn bei dieser Gründung, die laut EinladungSzirkular das Bestreben hat u. a. der sozialdemokratischen Hochflut einen Damm entgegenzusetzen, und im übrigen die Interessen der Arbeiter nicht durch Streik, sondern durch ein gütliches Einvernehmen mit den Fabri- kanten wahren will, ein Fabrikant seinen Segen zu diesem löblichen Tun gab, so sagt dies wohl genug. Aber die Fabrikanten werden wohl selbst im Ernst nicht glaube», daß sich durch diese gelbe Garde die 1700 Ausständigen ins Bockshorn jagen lassen. Die Fabrikanten würden gut tun, von ihrem eigensinnigen Standpuntt abzukommen, sie würden dabei sehr schnell erfahren, daß die Arbeiter ganz gern in Frieden mit ihnen verhandeln können. Ein weiterer Ausstand droht in Kürze in der Metallbranche in Offenbach  , weil die Klempner und Installateure ebenfalls durch die Verwaltung des Metallarbeiterverbandes Forderungen an ihre Meister stellen ließen, die wenig Gehör fanden. Auch hierbei wollen die Meister mit der Organisation nichts zu tun haben. Kommt es in Kürze nicht zu einer Einigung, so dürften noch weitere 70 bis 80 Arbeiter in den Streik treten. Deutsche   Streikbrecheragenten in Holland  . Der Sekretär Ketting deS Niederländischen Schiffs- und Boots- arbeiterverbandeS berichtet inHet Volk" über die Erlebnisse nieder- ländischer Arbeiter, die unter falschen Vorspiegelungen für Streik- brecherarbeit nach Hamburg   angeworben wurden. Am Mittwoch voriger Woche kamen zwei Arbeiter auf das Bureau deS Verbandes, die den Weg von Duisburg   nach Amsterdam   zu Fuß zurückgelegt hatten. Hier erzählten sie ihre Leidensgeschichte. Bor einigen Wochen waren sie von ihren Wohnorten Utrecht   und Apel- doorn nach Amsterdam   gekommen, weil sie in den Zeitungen gelesen hatten, daß hier auf der genttalen Arbeitsbörse Arbeiter verlangt wurden. Sie mußten acht Tage warten; dann aber wurden fie mit 46 anderen von einem Deutschen   engagiert. Sie sollten freie F«hrt. Kost und Logis und dazu 3,50 bis 4 M. Lohn erhalten. Auf die Frage, ob Streik vorliege, antwortete der Deutsche   mit Hülfe seines Dolmetschers verneinend. Sie wurden angeblich für eine Eisen- gießerei von Balken u. To. in Hilden  , Regierungsbezirk Düsseldorf  , angenommen. AIS   sie aber in Hilden   ankamen, war bei der Firma überhaupt keine Arbeit zu haben. Man sagte, eS sei ein Mißgriff und fie müßten nach Ruhrort  . Hier angekommen, wurden fie in einem. Kontor der Hamburg-Amerika-Linie  empfangen und nun sagte man ihnen endlich, daß sie nach Ham- bürg sollten, wo viel Arbeit sei und wo drei- bis vierhundert Mann gebraucht würden. Auf ihre wiederholte Frage, ob Streik vorliege, wurde wieder verneinend geantwortet. Zehn Herren, die allerlei mit einander flüsterten, brachten dann die ganze Kolonne nach Duisburg  . In dieser Stadt wurden fie von den Hafenarbeitern darüber aufgeklärt, daß fie zu Stteikbrecherdiensten angelvorben worden waren, bei welcher Gelegenheit die Polizei denn auch von ihren Säbeln Gebrauch machte. Die Holländer v locke. Berlin  . Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdr. u. LerwgSanstalt Baut< fuhren nicht nach Hainburg  ; aber am selben Tage ging ein Extra- zug mit ein paar hundert Italienern ab. Die beiden GewährS- männer, die infolge der Schwindeleien der deutschen Streikbrecher- agenten ihr bißchen Geld eingebüßt hatten, traten dann ihre Wände- rung nach Amsterdam   an. Ausland. Die nnzuverlössigegelbe" Gewerkschaft. In der Schuhfabrik von B a l l y in Schönenwerd  (Kanton Solothurn   in der Schweiz  ), die mit ihren 6 Filialen in ebensovielen Gemeinden und 4000 Arbeitern wohl die größte Schuhfabrik der Welt ist, streiken feit voriger Woche 260 Arbeiter, Zwicker, von deren Arbeit der größte Teil des Riesenbetriebes abhängt. Der Streit ist darum für die schweizerische Arbeiterbewegung ein Er- eignis, weil der vielleicht 30fache Millionär B a l l y während eines halben Jahrhunderts es raffiniert verstanden hat, durch aus« schließliche Ausbeutung bäuerlicher Arbeitskräfte und Fernhaltung fremder Elemente das Aufkommen einer Arbeiterbewegung zu ver- hindern und sich eine gefügige Arbeiterschaft, die zugleich sein politisches Stimmvieh war, zu sichern. Im vorigen Jahre schuf er eine Arbeiterkommission und eine gelbe Gewerkschaft, um das trotz alledem in den Arbeitern erwachte Organisations- bedürfnis durch eine Karrikatur zu befriedigen und unschädlich zu machen. Die Maßregelung eines Kommissicmsmitgliedes wogen seines Eintretens für andere Arbeiter führte zum Streik bec 260 Zwicker, und nun hat B a l l h sämtlichen Kommissions- und Vorstandsmitgliedern der gelben Gewerkschaft gekündigt. Jetzt dürfte die Umwandlung der gelben Gewerkschaft in eine Sektion des Schweizerischen Schuhmacher. Verbandes erfolgen. Am Sonntag fand eine riesige Demon« strationsversammsung mit einem sozialdemokratischen Referenten statt, an die sich eine Demonstration von Tausenden Ballhscher Arbeiter vor dem fürstlichen Palais des Schusterkönigs schloß. Die Vorgänge bedeuten den völligen Zusammenbruch einer Halbhundert. jährigen raffinierten kapitalistischen   Demagogie und den Sieg deS proletarischen Klasseninsttnkts, der plötzlich erwachten proletamschev Klassensolidarität._ Letzte JVacbncbtcn und Depefeben» Achtung! Maifeier! Die Einberufer resp. Referenten der Vormittagsversauun. lungen von Groß-Berlin werden gebeten, einen kurzen Bericht über Besuch und Verlauf der Versammlungen an die Redaktion gelangen zu lassen._ Die Wahlrechtsreform in Heften. Darmstadt  , 30. April.  (W. T. B.) Die.Darmstädter Zeitung' veröffentlicht den Wortlaut des Gesetzentwurses betreffend Revision des landständischen Wahlgesetzes� In der Zusammensetzung der ersten Kammer soll insofern eine Aenderung eintreten, als außer den vom Grohherzog zu ernennenden Mitgliedern in der Höchstzahl von zwölf noch zwei Vertreter des Handels und der Industrie, zwei Vertreter der Landwirtschaft und ein Vertreter des Handwerks auf Borschlag der gesetzlich eingerichteten Brrufskörperschaften berufen werden solle«. Die Zweite Kammer soll gebildet werden aus fünfzehn Abge. ordneten derjenigen Städte, denen ein besonderes Wahlrecht zusteht. und auS dreiundvicrzig Abgeordneten, die von den übrigen Ge- mcinden gewählt werden. Die Zweite Kammer geht aus uu- mittelbaren Wahlen mit geheimer Abstimmung hervor. Der Stimmzettel ist in einem amtlich abgestempelten mit keinem Kenn- zeichen versehenen Umschlag, der nicht verschlossen werden darf, abzugeben. Stimmberechtigt bei den Wahlen der Ab- geordneten find alle Personen männlichen Geschlechts, die zur Zeit der Wahlen das fünfundzwanzigste Lebens- jähr zurückgelegt haben, zur Zeit der Wahl wenigstens drei Jahre im Großherzogtum wohnen und wenigstens feit drei Jahren die hessische Staatsangehörigkeit besitzen und seit dem Anfang des Rech- nungsjahres, in dem die Wahl vorgenommen wird, zu einer direkten Staats- und Gemeindesteuer herangezogen find. Diejenigen Städte, die mehr als einen Abgeordneten zu wahen haben, werden für die Wahl in so viel räumlich abgetrennte Wahlkreise eingeteilt, als Abgeordnete zu wählen sind. In jedem Wahlkreise wird ein Abgeordneter gewählt. Die Wahl- kreise sollen je ein zusammenhängendes Ganz« bilden und einer annähernd gleich großen Anzahl Einwohner entsprechen. Die Ab- grenzung der Wahlkreise erfolgt im Wege der Verordnung, nach- dem die städtische Vertretung gehört ist. Als Abgeordneter gewählt ist derjenige, welcher in einem Wahlkreise mehr als die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen erhalten hat. Hat sich eine solche Mehrheit nicht ergeben, so ist ein zweiter Wahlgang anzuordnen, bei dem derjenige als gewählt gilt, auf welchen die höchste Zahl der abgegebenen gültigen Stimmen entfallen ist. Die Stichwahlen find damit abgeschafft. Die Abgeordneten zur Zweiten Kammer werden auf die Dauer von sechs Jahren gewählt; es wird jedoch die Zweite Kammer alle drei Jahre in der Weise teilweise erneuert, daß von den 58 Abgeordneten alle drei Jahre die Hälfte austritt und durch Neuwahlen ersetzt wird. Bergarbeiterstreik. Essen  (Ruhr  ), 30. April.  (B. H.  ) Auf ZecheHugo" bei Buer  sind die Schlepper und Pferdetreiber in den Ausstand getreten. Sie fordern Lohnerhöhung._ Bei einer Militärübung verunglückt. Oldenburg  , 30. April. Beim Geschützmanöver der hiesigen Ab- teilung deS ostfricsischen Feldartillerie-Regiments Nr. 62 auf der Alcxander-Heide schlug heute morgen ein Geschütz der zweiten Batterie um und verletzte vier Artilleristen schwer. Ueberschwcmmung in Ungarn  . Budapest  , 30. April.  (W. T. B.) Ueberschwemmungen der Theiß   bei Sziget im Komitat Maramaros haben große Ber- heerungen verursacht. Die Ortschaft Raho ist von den Fluten um» geben. Von Sziget bis Tisza-Lucz steht die ganze Landstraße unter Wasser. Die Theiß   ist seit gestern um zwei Meter gestiegen. Zahlreiche Holzhäuser sind fortgeschwemmt. Interpellation über die Treibereien Elemenceaus. Paris  , 30. April.  (W. T. B.) Die Partei der gecinigten Sozialisten beabsichtigt, beim Zusammentritt der Kammer über die Maßregelung der Staatsangeftellten und die Berhaftung der Führer deS Arbeitsverbandes den Ministervräfidenten zu inter  - pellieren_ Bevormundung der Organisationen. Paris  , 30. April.  (W, T. B.) Der von der Regierung vor- bereitete Gesetzentwurf betreffend den allgemeinen Arbeitsverband, welcher der Kammer bei ihrem Wiederzusammentritt vorgelegt werde« dürfte, soll diesen die Syndikate umfassenden Verband zwingen, sich ausschließlich mit den sachlichen Interessen zu be- fassen und seine politischen Treibereien einzustellen. Die Unruhe» in Montenegro. Eattaro, 30. April.  (Meldung deS Wiener k. 1 Telegr. Korresp. Bur.) Nach Mitteilungen aus Podgoritza  (Montenegro) fanden dort Ruhestörungen statt. Der Militärgouverneur und der Polizei- chef von Podgoritza   sind durch Revolverfchüsse schwer verwundet? der Täter ist getötet und die Ruhe wieder hergestellt.__ Sing« sc Co.. Berlin   SW. Hierzu Maiblatt, 4 Beilagen u. UnterhaltungSblatt