StftHpJUtt...Zigarettenstnier.FrachtstempelstelierFahrkartellsteucr.Automobilste««.Tantiemcsteuer.Erbschaftssteuer.Anschlag6 Millionen4.11.24.2„7.8.WirklicheEinnahme190613Vz Millionen&U,n12174.27-2..3-/,„87z Millionen27«.— 12- 74- 4'/z- 4-/.61 Millionen SÜ'/z Millionen— IO'/z MillionenDieser Rückgang, der bei der Fahrkartensteuer zu einem völligeni a S k 0 geworden ist, hat offenbar dem Reichsschatzsekretär groszeopffchmerzen gemacht; er bemüht sich krampfhaft, Gründe für denRückgang zu finden. Bei der Fahrkartensteuer muff er indessen zu-geben, daß man sich in der Schätzung schwer getäuscht habe. Es seioffenbar eine starke Abwanderung aus den obere» in die unterenWagenklassen eingetreten, die man in diesem Umfange nicht erwartethabe. Leider sei zu befürchten, dast die Tarifreform diese Abwanderungnoch steigern werde I Er gibt der Hoffnung Ausdruck, dast 1998 derRückmarsch wieder vollzogen sein werde; denn wer einmal gewohntsei, 1. oder 2. Klasse zu fahren, der bleibe nicht dauernd in der8. oder gar 4. Klasse.—In der Spezialberatung gibt A r e n d als Referent einen lieberblick über die Einfuhrverschiebungen unter dem neuen Zolltarif; erschätzt die gesamte Mehreinnahme auf 45 Millionen Mark, beantragtaber keine Erhöhung des Einnahmeanschlags.— Korreferent S p eckbeantragt dagegen, 29 Millionen mehr einzustellen. Die Regierungwendet fich dagegen, da sonst auch der Fahrkartensteuer-Voranschlagreduziert werden müsse.Die Kommission beschliestt, 29 Millionen mehr, also an Zoll-edtnahuien 633 statt 613 Millionen einzustellen. 1—Abg. Speck bringt eine Resolution ein, nach der alle fürBrauerei- und Brennereizwecke verwendete Gerste mit 4 M. proDoppelzentner verzollt wird. Der Zollsatz von 1,39 M. soll nurfür Gerste gelten, die amtlich durch Ritzen, Quetschen, Färbenusw. gekennzeichnet oder nachgewiesenermaßen zu Futterzweckenverweildet worden ist. Arend ist dafür, und Speck schildert imeinzelnen, wie leicht die Futtergerste rot zu färben sei.v. Stengel möchte es bei dem jetzigen Zustand belassen: dieBestimmungen reichten aus. Für ZiveifelSfälle würde er fürDenaturierung der Futtergerste sein, aber allgemein könneeine Denaturierungsvorschrist gar nicht erlassen werden, da diesden Handelsverträgen widersprechen würde. Die Resolution wirdmit einer kleinen Aendernng angenommen.Die Tabaksteuer weist eine Mindereinnahme auf; sie wird ohneDebatte mit 11 911 999 M. eingesetzt. Die Zigarettrnsteu« ist fürdas Jahr 1997 mit 12 Millionen eingestellt. Hierzu hat Abg. Jägerden Antrag gestellt, der Bundesrat möge Bestimmungen er-lassen, wonach sogenannte Zigarillos nicht der Zigaretten«steucr unterworfen werden. Die Regierung erklärt, daßfie Zigarillos, also Fabrikate mit Umblatt und Deckblatt, nicht alsZigarette besteuern wolle, von verschiedenen Rednern werden aberBeispiele von Besteuerung dieser Fabrikate angeführt. GenosseSinger erklärt, daß die Sozialdemokraten der Resolution zu-st i m m e n. Dieselbe wird einstimmig angenommen.Die Znckersteuer soll 143 Millionen Mark bringen. ES liegenhier mehrere Anträge vor: Staudy u. Gen. beantragen die Herab-setzung der Zuckersteuer von 14 auf 19 M. pro Doppel-zentner, und in einer Resolutton wird der Reichskanzler ersucht, dieEinnahmen aus derZuckersteuer,soweitsie149Mill. übersteigen, zu einemZucker st euer-Ermäßigungssonds anzusammeln, welcherden Zweck hat. bei der Ermäßigung der Steuer von 14 auf 19 M.doch einen Ertrag von 149 Mill. Mark zu sichern. Arend sprichtfür Herabsetzung der Steuer und gegen die Resolution, die dieHerabsetzung nur verschleppen könne. Abg. Speck ist gegenHerabsetzung der Zuckersteuer im gegenwärtigen Augenblick.Natürlich ist auch der Schatzsekretär gegen Herabsetzung derZuckersteuer: die Schatzverwaltung müsse darauf bedacht sein, bei denfolgenden Ausgaben jede Einnahme zu konservieren. Die Herab-setzung bedeute einen Ausfall von 39 Mill. Mark; er warne daher,solche Pläne weiter zu verfolgen. Wenn die Finanzlage besser sei,könne man der Resolution eher näher treten. Staudy und GrafSchwerin-Löwitz verteidigen sehr lebhaft die Herabsetzungder Zuckersteuer— selbstverständlich im Interesse der Zucker-fabrikanten, aber sie hüten sich, das zu sagen. Im Gegen-teil, die Herren Agrarier finden aus einmal recht viele und schöneWorte über„Verbesserung der VolkSernährung�.„ausgleichende Gerechtigkeit� usw. usw. GenosseLedebour spricht für die Herabsetzung der Steuer von 14 auf19 M. Die Sozialdemokraten sind für Aufhebung der Zuckersteuerüberhaupt; so lange das nicht zu erreichen ist. werden sie für jede E r-Mäßigung eintreten. Eine jede Preisermäßigung bringt eineKonsumsteigernng, der Ausfall wird also bald gedeckt sein. Ledebourspricht dann eingehend über die Bedeutung des Zuckers als NahrungS-mittel. Es sollte alles aufgeboten werden, den Zuckerkonsun,zu heben. Liebermann beantragt, die Resolutiondahin abzuändern, daß die Bildung des Zuckersteuer-Emäßigungs-fonds nicht schon im Jahre 1997 beginnen soll. Stengel istmit dieser Abschlvächung einverstanden; in dieser Form ließe sichdie Resolution annehmen.Die Abstimmung ergibt Annahme des Antrages aufHerabsetzung der Zucker st euer von 14 aus 19 Mark,jedoch mit der Einschränkung, daß die Herabsetzung in diesem Jahrenicht mehr erfolgen soll l— Die Resolution über Bildung einesErmäßigungssonds wird abgelehnt. Der Steneranschlag für 1997wird um 2 Millionen erhöht, also mit 145 Millionen in den Etateingesetzt._Die russische Revolution.Aufhebung der Feldgerichte.Petersburg, 1. Mai. Uebormorgen erfolgt auf Grund desArt. 87 des Staatsgrundgesetzes die Aufhebung der Feldgerichte.Der Kriegsminister erließ ein Verbot, die Namen der an Feld»gerichten beteiligten Offiziere bekannt zu geben und untersagtediesen Offizieren selbst, Schriften darüber zu veröffentlichen.Ein Herz und eine Seele.Pet«sb«rg, 2. Mai. Der.Börsenzeitung' zufolge wollteMinisterpräsident Stolypin am 39. April dem DumapräsidentenGolowin einen Besuch abstatten, fand ihn aber nicht zu Hause undhinterließ seine Karte. Bald darauf teilte Stolypin Golowin tele-phonisch mit, daß er sowohl wie der Kriegsminister vollständigbeftiedigt seien und den Zwischenfall in der Dumafitzung fürerledigt hielten. Außerdem danke er. Stolypin. ihm für seinedabei eingenommene Haltung, welche die Freunde der Reichsdumain den Stand fetze, für deren Fortbestehen erfolgreich einzutreten.Er halte die Duma für den einzigen Faktor, der Rußland auf denWeg der friedlichen Entwicklung bringen könne. Der Kriegsministerwerde in der Woche nach Ostern in der Duma Erklärungen über dieHandlungsweise des Generalgouverneurs von Moskau abgeben.(DieDuma hat sich am Dienstag bis zum 13. Mai vertagt.)Der.Rjetsch' zufolge hat auch der KriegsministerGolowin einen Besuch gemacht.Unruhen.Petersburg, 2. Mai.(W, T. B.) Gestern kam eS in emem imWiborger Stadtteile von Petersburg gelegenen Gefängnisse zu lln-ruhen, die zw« bald aufhörten, sich aber heute morgen in heftigererForm wiederholten. Politische Gefangene stellten Forderungen.Einige zerbrachen Fensterscheiben, sprengten die Türen und»rntten.Eine Kompagnie Soldaten sah sich veranlaßt zu schießen. Ein Ge-ff>, gener wurde getötet, mehrere wurden verwundet. Die OrdnungHuö Induftrie und Handel.Ueber die finge der Walzwerkarbeiter.Man schreibt uns:In keinem anderen Industriezweig ist die Skrupellosigkeit undSorglosigkeit gegenüber dem Arbeiterleben so arg, wie in derSchwereisenindustrie. Kurz nachdem der Reichstag unter dem Ein-druck der wuchtigen Anklagerede Hues im Februar vorigen Jahreseine Resolution beschloß, daß die Verhältnisse der Hütten- undWalzwerkarbeiter amtlich untersucht werden sollen, da erklärten dieWalzwerkkönige, sie-„sähen einer solchen Untersuchung mit Ruheentgegen". Jawohl! Weil die Unternehmer wissen, wie dem Gesetzund den Beainten ein Schnippchen zu schlagen ist.Im Reiche des Königs Thyssen mußten sich des Sonntags un-gesetzlicherwcise beschäftigte jugendliche Arbeiter in den Aschenkanalunter der Erde verstecken, als einmal— unangemeldet— derFabrikinspcktor auf dem Werke erschien. Aber der Inspektor wußte,wie eS gemacht wird, und er fand die Jungen. Später, als wir unseinmal nach dem Stande der Angelegenheit erkundigten, hörtenwir, daß den Kindern gesagt worden sei, sie möchten vor Gerichtaussagen, ohne Auftrag, lediglich aus eigenem Interesse, des Sonn-tags gearbeitet zu haben. O, die menjchcnfrcundlichen Walzwerk-Unternehmer sind unschuldige, harmlose Leute und sahen einerUntersuchung mit Ruhe entgegen! Auf einem anderen Werke unterKrupps Verwaltung sahen wir, wie die Maschinisten in wahrhaftlebensgefährlicher Art die großen Gebläsemaschinen während desBetriebes schmierten, trotzdem ein Plakat an der Wand dasSchmieren, ohne die Maschine stillezusetzen, streng verbot. Als wirden Mascbinisten Vorwürfe machten, lächelten sie(über unsere„Naivität') und meinten, der Direktor könne dabei stehen, wennwährend des Betriebes geschmiert würde, der sage nichts, drehesich vielmehr um und sehe zum Fenster hinaus. Setzten dieMaschinisten aber die Maschinen still, so müßten sie die Zeit desStillstandes in ein� Kontrollbuch anschreiben, und dauerte dieSchmierung einige Minuten, so bekamen sie vom Direktor einen„Rüffel". Büßt aber ein Arbeiter mit seinen Knochen die Profit-wut der Kapitalisten, so ist er durch„eigene Schuld" verunglückt;ein Protokoll wird fein säuberlich aufgenommen und dem Unter-nehmer kann keiner was.Wahre Fundgruben für den Sozialpolitiker bilden die Arbeits-ordnungcn der Hüttenbetriebe, die meist von Gefängnisordnungennur schwer und oft nur unvorteilhaft unterschieden werden können.Eine raffinierte Art der Kündigungs- und Lohnzahlungstermineherrscht auf vielen Werken in Westfalen. Dort sind die Kündi-gungstermine am I. und 15. des Monats, die Löhnungen erfolgenam 39. mit einer Abschlagszahlung und am 16. mit der eigent-lichen Abrechnung. In der ArbeitSpraxis verhält sich die Sachenun folgendermaßen: In der Regel fangen in der Hüttenindustriedie Arbeiter ihre Arbeit an, ohne vorher den Lohn zu vereinbaren.Teils, weil das letztere schon als Anmaßung, als Unbotmätzigkeitvon den Unternehmern empfunden würde, teils auch, weil die Ar-beiter der Ansicht sind, der Unternehmer müsse sich doch erst überdie Leistungsfähigkeit des Arbeiters unterrichten können. Fängtnun ein Arbeiter zum Ersten des Monats an, so bekommt er amDreißigsten eine Abschlagszahlung und erst nach weiteren 14 Tagenam 16. des folgenden MonatS, sieht der Arbeiter bei der Abrechnung,was er verdient hat. Kündigungstermin war aber der Tag vorher,der 15. des Monats. Hat nun der Arbeiter einen zu geringen 9erhalten, so kann er erst am 1. des wieder folgenden Monatskündigen und dann am 15. aufhören, so daß er also volle 19 Wochenfür einen viel zu niedrigen Lohn hat schuften müssen. Nach derGewerbeordnung müssen die Kündigungstermine für beide Teilegleich sein, aber die Unternehmer erreichen auf die angegebene Art,daß sie gegen den Willen der Arbeiter diese durch 19 volle Wochenmit Löhnen abspeisen können, die tief unter der Durchschnittsguotestehen.und daß der Arbeiter ohnmächtig ist, sich dagegen zu wehren.Auch die sonstigen Bestimmungen der Arbeitsordnung sind meistskandalöser Art. So ist dem Arbeiter verboten, neben seiner Werk-arbeit zu Hause ein Geschäft zu betreiben, auch, es von anderenbetreiben zu lassen. So ist der Arbeiter der ganzen Reihe der Be-amten gegenüber zu„unbedingtem Gehorsam" verpflichtet, wiebeim Militär.Wie naiv-brutal die Hüttenindustriellen und ihre Handlangerdas Arbeitsverhältnis auffassen, geht daraus hervor, daß. als un-längst ein Arbeiter die Zustände auf einem Hüttenwerk in derPresse zur Sprache brachte und daraufhin gemaßregelt wurde, einIngenieur sogar einen in der Nähe beschäftigten Arbeiter scharfabkanzelte, weil er die Existenz eines so gefährlichen Menschen nichtbemerkt und dem Unternehmer behufs Strangulation Pflicht-schuldigst denunziert habe.Die Hüttenkönige kennen keine Ueberzeugung, die doch nachGutzkow„des Mannes Ehre' sein soll, keine Religion, als die desGottes Baal.„Die einzige Religion', sagt Paul Lafargue mitbeißendem Spott in seinem Schriftchen„Die Religion des Kapi-tals".„die den Bedürfnissen der Jetztzeit entspricht, ist die Religiondes Kapitals. Das Kapital ist der wirkliche, allmächtige Gott, dersich in jeder Gestalt offenbart: es ist glänzendes Gold und stinken-der Guano, Hammelheerden und Kaffeeladungen, Lager heiligerSchriften und Ballen pornographischer Bilder, gigantische Maschinenaus härtestem Stahl und elegante Päckchen„Gummiartikel".Absatzgelcgcnheit für GlaS- und Porzellanwaren. Das Sekretariatdes Handclsvertragsvereins ist im Besitz von zuverlässigen Berichtenüber den Absatz von GlaS- und Porzellanwaren insämtlichen Ländern Mittel- und Südamerikas.Die Berichte umfassen nicht weniger als 189 Seiten und enthaltenausführliche Angaben nicht nur über Abfatzgelcgenheiten für be-stimmte Artikel der keramischen Branche, sondern auch über Zoll-Verhältnisse. Transportverhältnisse, Verpackung, Konsularfakturen,Agenten. Verkaufshäuser usw. Die Berichte liegen im Bureaudes Handelsvertragsvereins(Berlin Vit. 9. Köthener-sttaße 28/29) während der Bureaustunden von 9—3 Uhr zur EmsichtanS. Ferner kann daselbst eingesehen werden eine vor kurzem er-schienene amtliche Denkschrift über die Besteuerung von Handels-reisenden in den wichtigsten Exportländer«.Der uene Stahlverband. Programmäßig, in der letzten Stunde.ist der Stahlverband auf 5 Jahre verlängert worden. Am 1. Maihielt der neue Verband seine erste Hauptversammlung ab und wurdebeschlossen, den Berlauf von Formcisrn zu den bisherigen Preisenund Bedingungen für das Inland für das dritte Vierteljahr mit derMaßgabe ftcizugeven. daß bis zur Regelung der Händlerftagehöchstens 69 Proz. der Beteiligung der einzelnen Mitglieder derTrüger-Vereinigungen an diese verkauft werden dürfen.b. e. Gnmdkap. v. 29 Mill. 1 9 M.R. 0Auf dem Wege zum StnatSbankrott.Wie die Zeitung.Rußj' mitteilt, macht fich inMonaten eine allgemeine, wie auf ein Signal erfolgtedes Grundkapitals aller großen Petersburger BankenDiese Steigerung beträgt beid. Russischen Bank für äußerenHandel......., Intern. Kommerzbank..„, Russ. Handels- u. Industrie»bank.........„ Petersburger Diskontobank(geplant)......., Azow-Don-Bank.„, Sibirischen Handelsbank..Außerdem find drei der199 Filialen in die Händeden letztenSteigerungbemerkbar.. 24.10.10.19. 41210615850%50%.100%. 50%. 150%757»größten Provinzialbanken mit fastvon Ausländern übergegangen; dasi.vv/ tu v*v~ wwt» � nitii'' 1——gleiche soll gerüchtweise bei der Petersburger Privat-Kommerzban!der Fall sein.Woher stammt nun dieser plötzliche Kapitalzufluß in die Kassender Petersburger Banken? Hat sich etwa in Handel und Industrieein plötzlicher Aufschwung bemerkbar gemacht? Ist vielleichteine Periode wirtschaftlicher Prosperität im Anzüge, welche denBanken rege Tätigkeit und hohen Profit verspricht? Dienüchternen Zahlen sprechen daS Gegenteil. Die Ausfuhr ist auf24 Proz., die Naphtaproduktion auf 26 Proz. gefallen; viele Fabrikenstellen ihre Tätigkeit ein, andere besttirmen die Regierung um Be-stellimgen, da ihnen sonst Liquidation bevorsteht. Noch vor wenigenTagen hat die Regierung sich gezwungen gesehen, den Ausfuhrtariffür Bergbauerzeugnisie unter den eigenen Kostenpreis herabzusetzen.Bei diesen Verhältnissen schränken die Banken ihre Operationennaturgemäß auf ein Minimum ein. Neue Kapitalsanlagen der-sprechen ihnen jetzt um so geringeren Gewinn, weilsie die neuen Aktien bei der allgemeinen finanziellenDepression zu äußerst niedrigen Kursen werden abgebenmüssen.— Es sei noch bemerkt, daß die neuen Bankakttennicht auf russische Börsen kommen, sondern im Auslande abgesetztwerden sollen und somit das russische Bankwesen dem Auslande aus-liefern. Die ganze„Operation" hat, wie leicht zu sehen ist, nur deneinen Ziveck, ausländisches Kapital in die russischen Banken zuziehen,um der Regierung auf diesem Wege die Möglichkeitzu geben, mit Hülfeausländischer Bankdirektoren und Akttonäre versteckte Anleihen auf-zunehmen. Als Acquivalent erhält das jederzeit.hülfsbereite' aus-ländische Kapital außer den gewöhnlichen Wucherzinsen dietatsächliche Oberherrschaft über die Banken, ja über den ganzenrussischen Geldmarkt und gewinnt somit die Möglichkeit, dieselbenFunktionen in Rußland auszuüben, welche es schon seit Jahren inder... Türkei ausübt.Eine Koalition der rückständigsten feudalen Despotte mit demeuropäischen Börsenkapital zur gemeinsamen Düpierung des russischenVolkes und des europäischen Rentenbesitzers, wie sie hinterlistigernicht gedacht werden kann— das ist der neueste Finanzplan der„konstitutionellen" Regierung Stolypin u. Co. IGerieKts-Geltung.Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz.Ein eigenartiger Grund für die Verlängerung einer Unter-suchungshaft wurde am Mittwoch vom Gericht vor der drittenStrafkammer des Landgerichts l geltend gemacht. AuS der Unter-suchungshaft wurde der 22 Jahre alte Zigarettenarbeiter Karl OttoFritz Rothemann vorgeftihrt. Er steht unter der Anklage desversuchten Verbrechens gegen das Gesetz betreffend die Her-stelluna, Aufbewahrung und den gemeingefähr.-liehen Gebrauch von Sprengstoffen. Die Vorgeschichtedieser Anklage hat sich in der Schweiz abgespielt. Wie die Anklagebehauptet, sollen in Genf und Zürich seit geraumer Zeit Sammel-statten für die Anarchisten aller Länder bestehen, inSbeiondere sollendie russischen und polnischen Terroristen daselbst ihre Haupt-quartiere haben. Im Frühjahr 1996 will man in Zürich eine ArtSchule zur Herstellung von Sprengmitteln entdeckthaben. Es wurde bei dem als Anarchisten bekannten SchneiderFranz Blazek eines Tages eine Haussuchung abgehalten unddabei in einem Koffer eine Sammlung von Chemikalien, diezur Herstellung von Explosivbomben benutzt werden, als daist Pikrinsäure, Schwefelsäure usw. borgefunden. In einemgleichfalls aufgefundenen Manuskript war eine genaue An-leitung zur Herstellung von Sprengmitteln, Höllenmaschinen,Bomben, Nitroglyzerin usw. enthalten. Zur Jllusttatton war dieZeichnung einer Bombe neuester Konstruktion beigegeben. Vorgefunden wurde außerdem eine ziemlich umfangreiche Korrespondenzmit Deckadressen, aus der sich ergeben soll, daß zwischen den An-archisten aller Länder ein reger Verkehr bestand. Man will darausersehen haben, daß in der Plazckschen Behausung öfter anarchistischeZusammenkünfte stattfanden und daß die Sprengstoffe, Höllenmaschinenund Bomben hauptsächlich für den russischen Anarchisten Schatz an-geferttgt wurden. Weiterhin soll die aufgefundene Korrespondenzauch den Beweis erbracht haben, daß auch Berliner Anarchisteneinen sehr regen Verkehr mit ihren Schweizer Gesinnungsgenossenunterhielten. Der genannte Schneider Blazek und der Zigarettenarbeiter Rothemann werden als die Hauptgehülfen des Schotz an-gesehen und zwar soll das vorgefundene Manuskript mit der An-leitung zur zweckmäßigsten Herstellung von Bomben und Höllen-Maschinen von der Hand des Rothemann herrühren. DaS Schriftstückschließt mitten Worten: Handbuch für Terroristen. AufGrund des Sprengstoffgesetzes wurde nach dieser Entdeckung vonder Züricher Staatsanwaltschaft gegen Schotz, Blarr und Rothe-mann Anklage erhoben. Die Angeklagten fanden aber Gelegenheit,rechtzeitig zu entfliehen und das Bundesgericht in Zürich verurteiltefie in contumaciam und zwar Schotz zu 2 7z Jahren Zucht-"aus, Blazeck und Rothemann zu je einem Jahr Ge-ä n g n i s und zu dauernder Landesverweisung. Rothemannwurde im Juni 1996 in Berlin gesehen und am 12. September1996 wurde er hier verhastet. Nun soll er fich hier wegen Verstoßesgegen das Sprengstoffgesetz verantworten. Der Tennin littunter dem Mißgeschick, daß der Vorsitzende der Strafkammer. Land-gerichtsdirektor L a n g n e r, der die umiangreicken Akten und Bei-alten durchstudiert hat, plötzlich erkrankt ist. Landgerichtsrat Busch,der statt seiner den Vorsitz übernehmen mußte, erklärte, daß ihmdas gesamte Aktenmaterial er st am Dienstag-nachmittag zugegangen und er unter diesenUmständen nicht in der Lage sei. in eineVerhandlung der komplizierten Sache ein-zutreten.— Rechtsanwalt Dr. Karl Liebknecht beantragtfür den Fall einer Vertagung die Haftentlassung des An-geklagten, der weder Terrorist noch Propagandist sei, sonderndurch sein Auftreten in Versammlungen bewiesen habe, daß er nurhumanitäre Ziele verfolge. Der Angeklagte sitze nun schon achtMonatein Untersuchungshaft, die seine Gesundheit sehrgeschädigt habe, und er denke gar nicht daran, zu fliehen.stir Flucht hätte er reichlich Gelegenheit gehabt, denn erabe schon zwei Monate vor seiner Verhaftung gewußt,daß die Staatsanwaltschaft gegen ihn vorgehen werde.— Staats-anwaltschaftsrat Lindow widersprach der Haft-e n t l a s s u n g, da es sich hier doch um ein schweres Delikt handele.dessentwegen der Angeklagte in der Schweiz in contumaciam zueinem Jahr Gefängnis verurteilt worden sei.— Der Verteidigererwiderte, daß doch wohl ein großer Teil der achtmonattgen Unter-suchungshaft auf diese Strafe angerechnet werden würde.— DerAngeklagte bestritt, Terrorist zu sein oder mit Sprengstoff-verbrechen m Verbindung zu stehen. Er bat um Haftentlagsung,da die lange Untersuchungshaft, in welcher ihm seit vielenWochen jeder Berkehr mit seiner Mutter und seinen Schwesternabgelehnt worden sei, ihn geistig und körperlich sehr herabgednickthabe. Er denke gar nicht an eine Flucht.— DaS Gericht beschloß.die Verhandlung zu vertagen und den Antrag aufHast-entlassung abzulehnen.— Wir nannten im Eingang den fürdie Verlängerung der Hast geltend gemachten Grund einen eigen»artigen. Was kann der Angeklagte dafür, daß der LandgerichtsratBusch erklärt, das ihm obliegende Amt der Verhandlungsleitung nichtführen zu können, und wie ist eS möglich, anzunehmen, daßder nach der St rafprozeßordnung zurBegründungeines HaftbeschlusseS notwendige dringende Ver-dacht der Tat besteht, wenn der Vorsitzende selbsterklären muß, er könne die Akten nicht übersehen?Rucks abermals vor Gericht.Gegen den K-im inalkomm i ff a ri u S Rucks ausSchöneberg wurde gestern vor der ersten Strafkammer des Land-aerichts III eine Anklage wegen Unterschlagung in einem und wegenBetruges in zwei Fällen verhandelt. Es handelte sich noch umeinige Episode» aus der Zeit der finanziellen Bedrängnisse, die derAngeklagte durchzumachen gehabt hat. Auf Grund der Beweisauf-nähme ließ der Staatsanwalt in dem Falle der Unterschlagung dieAnklage fallen, hielt aber den Betrug in den beiden anderen Fällenfür erwiesen. Er beantragte 399 M. Geldstrafe. Das Gericht er-kannte auf kostenlose Freisprechung des Angellagten, dadie Absicht des Betruges nicht erwiesen sei.(• J.livuv»-•vvtt.wv vjv-.-.v.,-----,--------- t.iü wiederhergestellt und eine Untersuchung emgeleltet._._..-_-.______________•- Htrantw rtlichsr Redakteur: Hau» Wibir. Berlio. Sür tz» Lvsttatenteil verc«w.; Xi, Glscke. Kkrlill. u. Verlag: N-rwärt« IMdruSeru u. vslsgtangalt gjaci Swger& So.. Lslill SW,