Mr. 289.
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Vorwärts
9. Jahrg.
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senfpred- Anschlus 3mt 1, Nr. 4186.
Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
Juden
wie
Cherchez le Juif.
fucht haben und als ihnen lieb sein kann.
Freitag, den 9. Dezember 1892.
Expedition: SW. 19, Benth- Straße 3.
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ftaats. Cherchez le Juif! Sucht den Juden! Spürt ihm Militärische Geheimnisse sind durch horrenden Vernach bis in die geheimsten Winkel! Und Jude' raus! trauensmißbrauch" verrathen, das Anseben des Staats, des Das Suchet die Frau"- Cherchez la femmeber Der Antisemitismus grünte und blühte. Bismarck ist Reichs hat gelitten, das Interesse des Staats, des Reichs ist galanten" Franzosen ist jetzt für eine große Bahl von gefallen, aber sein Lieblingswerk, der Antisemitismus, ist geschädigt, die Autorität der höchsten Behörden zu unterMenschen, auf einige Zeit wenigstens, durch das Suchet den geblieben. - und der Antisemitismus, gehegt und ge- graben versucht worden, in einem Umfange, wie das -Cherchez le Juif - verdrängt. Sie suchen den pflegt, ist auch unter Bismarc's Nachfolger gewachsen, ge- niemals zuvor geschehen und das nicht durch eine Partei Juden, sie schnüffeln nach dem Juden, sie stecken die Nase wachsen, so rasch gewachsen, daß er schließlich dem Staat des Umsturzes, sondern durch eine konservative, eine reaktionäre überall hin, um den Juden zu finden und es geht ihnen, über den Kopf zu wachsen droht. Bartei par excellence, durch die lautesten und glühendsten manchem Ehemann, der den Liebhaber seiner Frau sucht Erst spät merkte die Regierung die Gefahr. Und nun Anbeter des Throns und des Altars. and mehrere findet sie finden mehr Juden als sie ge- war es zu spät. Sie wollte eindämmen, der Fluth Einhalt Wie die Franzosen triumphiren! Wie sie der deutschen gebieten, allein die modernen Staatsmänner sind teine Heuchelei, die über den Panama- Skandal höhnt, den Ob die Juden Pechvögel sind, das wissen wir nicht Herenmeister und der Zauberlehrling kennt die rettende ühlwardt Prozeß ins Gesicht stoßen. Und wie sie wohl der Schein spricht dagegen, gewiß ist, daß alle Die Formel nicht. Unsicher und ohne festen Plan ward vor- gefällig, mit grinsender Schadenfreude in dem Koth wühlen, Pechvögel sind, die mit den Juden sich zu schaffen gemacht gegangen. Mechanisch, aus alter eingewurzelter Gewohnheit den die antisemitischen Kloakenräumer da aufgethürmt haben. und nach den alten Hausmitteln Der Staatsanwalt Wer kann's den Franzosen verargen? Göttin der geschichtlichen Vergeltung, Frau Nemesis , habe sollte helfen und die Polizei. Der preußische Staat und das deutsche Reich, sie haben bas auserwählte Bolt Gottes ganz besonders dazu aus- Und nun haben wir die unvermeidliche Bescheerung. den Schaden. Und wer den Schaden hat, braucht für den erwählt, um ihr Walten den mit Blindheit geschlagenen Die Polizei hat nur Del ins Feuer gegossen, und der Spott nicht zu sorgen. Menschen greifbar und fühlbar zum Verständniß zu bringen Staatsanwalt hat die Flamme nur angefacht, so daß sie Wird Ahlwardt vor dem Berge der Korruption Halt um durch Anschauungsunterricht den sündhaft Dummen jetzt lichterloh brennt, und die Hüter des Staates den so machen, wie weiland Fusangel vor der Schienenflickerei? die Lehre einzuprägen, daß jede Abweichung von dem oft mit Unrecht erhobenen Ruf mit Recht ausstoßen könnten: Hat er Verstand genug, die Konsequenzen zu erfassen und fchlichten Wege des: Wie Du mir, so ich Dir!" in Sümpfe Der Staat ist in Gefahr. vor ihnen zu erschrecken? und Abgründe führt und sich, wenn auch Anfangs Erfolg Ja, der Staat ist in Gefahr, und der blöde Hödur, Wie dem immer sei ein Blick ist in den Abgrund winkt, doch zu guterlegt stets bitter rächt. Auch im der ihm einen Stoß ins Herz verseht hat, er heißt gethan worden, und wir Alle haben gesehen, daß die Mittelalter hieß es schon: Cherchez le Juif- Hepp! Hepp! AhIw ardt. Die Erbärmlichkeit der Person läßt die korruption, welche die Signatur der kapitalistischen GesellUnd der Rolle, zu der ihn die Göttin der Geschaft ist, auch den Staat nicht verschont, gefunden und entweder todtgeschlagen, wie tolle Hunde, oder schichte in einer bizarren Laune fich ausersehen, Kapitalismus die Stützen des Staates ebenso zu zerfressen bis auf die Haut ausgeplündert und ins Elend gejagt. um so schärfer hervortreten. Das fleinfte Steinfucht, wie die der Gesellschaft. Jeder ehrliche Erwerb wurde den Ueberlebenden verboten- tann die gewaltigste Maschine zum Stillstand Und der erzreaktionäre Antisemitismus ist es, der auf der Suche nach Juden in den Abgrund geleuchtet und die
fie burften kein Handwerk ausüben, tein Land befizenbringen.
o
Er war reaktionär und ist revolutionär geworden.
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die stets das Böse will
daß der
- das
und stets das Gute schafft." Ob der Herostrat von Friedrichsruhe sich des Unheils freuen wird, das seine Leute" hier angeftiftet? Ob er vielleicht die Hände in der Pastete gehabt?
furz, teine ehrliche Arbeit treiben. Jedoch leben wollten fie, Der Antisemitismus ist durch die Logik der Thatsachen Fäulniß erhellt hat. ie thaten, was sie mußten fie trieben, was man damals beim Wort genommen und weit über sein eigenes Das Dichterwort hat sich wieder bewahrheitet nannte, unehrliche Arbeit: fie schacherten, sie wucherten, Biel hinausgetrieben worden in staatsfeind Wort von„ der Kraft, lie fammelten Schäße und wurden die Bahnbrecher und lichstes Katilinarierthum. Borläufer der modernen Bourgeoisie. Und siehe da, die Unterdrückten find Weltherrscher geworden, ein gewichtiger Gegründet von Reaktionären, zu Zwecken der Reaktion verTheil Cherchez le Juif! Sucht den Juden, sucht die KorGeschichte hat die Dinge umgedreht, aus der Strafe eine ruption! Der Antisemitismus hat den Juden gesucht, und Belohnung, aus den Verfolgern die Knechte, aus den Ver- er hat mehr gefunden- neben und hinter dem Juden folgten die Herren gemacht.
Und was nun? Was werden die Konsuln" thun, um das Vaterland zu retten? Wir warten es ruhig ab.
Andere, und immer wieder Andere. Er hat die Jeht wiederholt sich die tragikomische Prozedur, freilich Korruption gesucht, und er hat sie gefunden, mehr als ihm mit veränderter Form, und wohl mit schlimmeren Wir lieb war er hat die jüdische Korruption gesucht, und er tungen für die Verfolger. Wieber hallt es in allen Ecken hat die allgemeine fapitalistische Storruption und Enden Hepp! Hepp! Sucht den Juden! Der Jude gefunden bis in den innerften Kern der Gesellschaft. ist schuld an allem! Berschließen wir nicht pharisäisch die Augen! Was jetzt Fürst Bismard, als Oberbemagog der agrarisch schutz- in Frankreich sich, abrollt biefer unerhörte Bands Polifische Leberlicht. söllnerischen Sippe, als Organisator und Generalfeld- Skandal, der unserer mordspatriotischen Tugend so erPanamamarschall des Raubzugs gegen das Eigenthum des kleinen wünschtes Futter gab, er ist um kein Haar breit
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NO
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er gab das Signal. Dem ausgebeuteten, aus- skandalöser als dieser Ahlwardt Prozeß geplünderten kleinen Manne mußte ein Opfer hingeworfen der viel, viel Korruption enthüllt, und die Aussicht auf werden, an dem er seinen Born ausließ, so daß der Schuldige endlose Korruption eröffnet hat. frei ausgehen konnte. Der Jude ward hingeworfen! Der Antisemitismus sollte eine Stüße sein der kapitalistischen die Anfangs an die Judenflinten" nicht glaubte, ist durch Gesellschaft und des Junkers, Pfaffen, Polizei- und Soldaten- den Prozeß erschüttert worden.
Feuilleton.
Macbrua verboten.)
des Glücks.
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Roman von Guy de Maupassant . In vollen Zügen athmete Duroy die reine Luft ein, und plöglich fühlte er sich von froher Hoffnung erfüllt bug feine Brust weitete sich vor dem brausenden Nahen Er wandte sich um.„ Schöpfen Sie doch auch ein wenig frische Luft," sagte er. draußen." " Es ist so wunderschön Sie tam ruhig heran und stützte sich neben ihm auf
Man täusche fich nicht! Das Urtheil der Volksseele,
in
seinem nichtamtlichen Theil: Zur Ahlwardt - Wahl. Der„ Reichs- Anzeiger" meldet
Der Minister des Innern hat dem Landrath des Friedeberger Kreises wegen der Unterzeichnung eines Wahlaufrufs für den Rektor Ahlwardt seine ernste Mißbilli. gung zu erkennen gegeben."
Wir würden dieses Verhalten des Ministers besser
Ein plötzliches Geräusch ließ ihn auffahren. Die Wärterin trat ins Zimmer. Es war heller Tag. Die junge Frau im Lehnstuhl ihm gegenüber schien aber so überrascht wie er. Sie sah ein wenig blaß, aber doch so hübsch, so frisch, so grazios wie immer aus, trotz der im Lehnstuhl verbrachten Nacht.
Wohnung schon gesagt, daß mein theuerster Traum es wäre, eine Frau wie Sie zu finden. Heute wiederhole ich Ihnen diesen Wunsch. Antworten Sie mir nicht. Lassen Sie mich fortfahren. Ich richte keine bestimmte Frage an Sie. Drt und Augenblick würden sehr wenig dazu passen. Nur das liegt mir am Herzen: Sie sollen wissen, daß Sie mich mit einem einzigen Worte beglücken können, daß Sie in mir einen brüder- Als Duroy aber auf den Leichnam blickte, rief er lichen Freund oder einen Gatten finden, wie Sie wünschen, wie zitternd:" Oh, sein Bart! Jn wenigen Stunden war dieser Sie wollen, daß ich Ihnen mit Leib und Seele gehöre. Bart aus dem sich schon zersetzenden Fleisch so mächtig Ich möchte von Ihnen jetzt nicht eine Antwort hören, hervorgeschossen, wie sonst, als er noch lebte, in Tagen nicht. ja nicht einmal hier weiter darüber sprechen. Wenn wir Sprachlos blickten sie auf dies Leben, das sich über den beide wieder in Paris find, werden Sie mir Ihren Ent- Tod hinaus fortsette. Wie ein unheilvolles Wunder, wie schluß mittheilen. Bis dahin kein Wort weiter, wenn ich die übernatürliche Drohung einer Auferstehung erschien es bitten darf." ihnen; vor einem jener fremden, ungewöhnlichen Dinge Er hatte das alles hingesprochen, ohne sie anzublicken, standen sie, die die Vernunft erschüttern. als säte er seine Worte in die Nacht vor ihm. Und es Sie verließen alle beide das Zimmer, um sich bis elf schien, als hätte sie seine Reden nicht verstanden, so un- Uhr auszuruhen. Dann legten sie Charles in den Sarg, beweglich starrte sie in die bleiche, mondbeleuchtete Land- und fanden nun Ruhe und Erleichterung wieder. Beim
schaft.
Essen saßen sie einander gegenüber und fühlten das BeLange blieben fle fo Seite an Seite, Ellenbogen an Tode abzuschließen und sich dem Leben wieder zu widmen. dürfniß, von tröstlichen, heiteren Dingen zu reden, mit dem Warme, süße Frühlingsluft drang in das weit ge„ Es wird ein wenig talt," sagte sie schließlich, wandte öffnete Fenster hinein und trug den Duft des Nelkenbeetes vor der Thür in's Zimmer.
bas Fensterbrett. Da flüsterte er mit leifer Stimme: Hören Sie und mir nicht, weil ich überhaupt in diesem Augenblick von Ellenbogen finnend und schweigend stehen. achten Sie wohl auf das, was ich sagen will. Zürnen Sie folchen Dingen rede, aber übermorgen verlasse ich Sie, und benn wir uns in Baris wiedersehen, ist es vielleicht zu
spät. Also.. Ich bin zwar nur ein armer Teufel, sich um und kehrte ans Bett zurück. Er folgte ihr.
ohne einen Pfennig Geld und soll mir eine Stellung in der Welt noch erringen. Sie schauten jetzt weniger den Todten an, sie hatten Frau Forestier schlug Duron einen Spaziergang im Das wissen Sie so sich schon an den Gedanken gewöhnt. Sie sprachen nicht Garten vor und sie wandelten behaglich um den kleinen Aber ich habe den festen Willen mehr und suchten den Schlaf von sich fernzuhalten, um, Rasenfleck und athmeten die wonnige vom Duft der Tannen
gut wie
ich.
Und plöglich begann sie zu reden, so wie er in der
und wie ich glaube auch einigen Berstand dazu. Ich wie es fich gehörte, bei der Leiche zu wachen. Gegen Mitter- und Eucalyptusbäume erfüllte Luft ein. bin auf dem Wege zum Ziel, auf dem richtigen Wege. Bei nacht aber schlief zuerst Duron ein. Als er erivachte, sah einem Manne, der eine Stellung erreicht hat, weiß man, er, daß Frau Forestier gleichfalls eingeschlafen war.
Er Nacht da oben, ohne ihr Gesicht ihm zuzuwenden. Mit
„ Hören Sie, lieber Freund, ich habe bereits über Ihren Vorschlag nachgedacht... und ich will Sie nicht
mohin er es bringen wird. Um so schlimmer oder um so die Augen und brummite: Alle Wetter auch! Im Bett was man nimmt; bei einem Anfänger aber weiß man nie, machte es sich im Lehnstuhl bequemer, schloß von Neuem leiser, ernster Stimme sprach sie langsam: besser! Eines Tages habe ich Ihnen ja auch in Ihrer ist man doch besser aufgehoben."