Minister Pichon wird ob seiner diplomatischen Klugheit, diediese Entente herbeiführen half, allgemein gelobt. Der„TempS* will wissen, daß Rußland uns England bereits denHauptzügen des Abkommens zugestimmt haben. Die BerHandlungen gehen, wie das Blatt weiter meldet, mit denjenigen Hand in Hand, welche im Januar und Februar gelegentlich der kürzlich in London und Paris aufgelegtenjapanischen Anleihe geführt wurden.Der„Figaro" schreibt:„Die französisch-japanischen VerHandlungen werden von dem außerordentlich friedlichen Grundsatz der Integrität und Unabhängigkeit Chinas geleitet.—Die Sicherheit JndochinaS ist nunmehr gewährleistet. Diedrückenden«nd gegebenenfalls sehr kostspieligen Sorgenkolonialer LerteidignugSfrageu fallen durch die Beseitigung derGefahr von selbst weg. So wird die französisch-japanischeEntente nicht nur für die äußere Politik Frankreichs eineglückliche Wirkung haben, sie wird auch für die koloniale undselbst für die innere Politik nützlich sein, da sie Frankreichziemlich schwerer finanzieller Anstrengungen enthebt."In Neu-Aork ist man gar der Ansicht, das Abkommen bedeute den ersten Schritt zu einer Quadrupelalliauz zwischenFrankreich, England, Rußland und Japan.Wie dem auch sei, so viel steht fest, daß die deutscheDiplomatie durch die friedliche Vcrtragspolitik der anderenGroßstaaten über den Haufen politisiert wird.—DaS MaßregelnugSfieber.Paris, 7. Mai. In dem heute im Elyseepalaste abgehaltenenMinisterrat teilte Kultusminister Briand mit. daß er die Entlastungdes Lehrers Negre bestätigt habe.Ter Minister der öffentlichen Arbeiten Barthou teilte mit, daßer acht junge Telegraphisten wegen Verstümmelung von Depeschenentlassen habe; gegen zwei derselben würde daS gerichtliche Verfahreneingeleitet werden.Italien.Am ersten Mai i» Rom.Man schreibt uns aus Rom:... Des Mißerfolges vom 22. Januar des vorigen JahreS eingedenk,wo die um 0 Uhr begonnene Umzingelung des Kolosseums schonmehrere Tausend Demonstranten versammelt fand, hat man d i e Smal schon um 6 Uhr früh alle Zugänge zum Kolosseum militärischabsperren lassen. Ueberall standen Truppenkordons: Lmiensoldatenmir ausgestanztem Bajonett, im Kolosseum selbst leichte Kavallerie.auf der Anhöhe, die zum Versammlungsort führt. Grenadiere.Daneben viel Carabinieri und Polizisten sowie hohe Polizeibeamtein Zivil. Jeder Versuch der gruppenweiS ankommenden Demonstranten,auf den Platz des Kolosseums zu gelangen, wurde vereitelt. Um»gehen ließen sich die Kordons nicht, da fie den ganzen ungeheurenUmkreis des Platzes umschlossen. So schien es gelungen, dieDemonstranten in Gruppen zurückzuweisen, ohne daß es zu einemZusammenstoß zwischen der Masse und dem Militär gekommen wäre.Auf ein Dutzend Seitenstraßen verteilt, erschien die Menge derDemonstranten nicht groß genug, um sich mit den zahllosen SoldatenAU messen.Um 10 Uhr änderte sich das Bild. Genoste Andrea Costaerscheint, in Begleitung der Abgeordneten Ferri, PeScetti undL o l l t n i sowie der Vertretung der LrbeitSkammer. Costa übersiehtsofort die Situation. Er gibt der Menge durch Zeichen zu verstehen, daß fiein geschlossener Kolonne durch die Via degli Annibaldi vor-rücken falle. Die in der Via Cavour und der Bia Lanza aufgestautenDemonstranten schließen sich an, und eine dichte, tausendköpfige Massemarschiert, mit den Abgeordneten an der Spitze, nach dem Platze deSKolosseums. An der Mündung der Via degli Annibaldi kommt eszum ersten Zusammenstoß. Die Truppenkordons, mit ausgepflanztemBajonett, verwehren den Durchgang. Während man noch parla-menttert, tritt Costa ganz dicht an die Soldaten heran, faßt plötzlichein Bajonett, biegt eS zur Seite, schiebt sich mit der nachdrängendenMenge in die entstandene Lücke, mit schnellen energischen Bewegungenseiner mSchttgen Gestalt die Soldaten abschüttelnd. Der Kordon istgesprengt, und jubelnd drängen Hunderte und Aberhunderte in dieLücke. Das Gedränge ist so groß, die Meng« so dicht, daß daSMilitär sich kaum bewegen kann. Die mit dem Kommando be»trauten Offiziere begnügen sich, die Soldaten um die An-höhe des BersammlungsortS zusammenzuziehen, während die Mengenach links abbiegt, um das VolkShauS zu erreichen. Ferri will dortsprechen, aber die Demonstranten wollen sich nicht mit einer Wer-sammlung im geschlossenen Saale begnügen, nachdem fie schon ein-mal fiegreich vorgedrungen sind. Sie wenden sich nach demKolofieum zurück, während die Abgeordneten, außer Costa, noch imVollshause derweilen. Eine Schwadron Kavallerie rückt gegen diedichte Menschenkolonne vor, den Ausgang auf den Platz versperrend.Die Soldaten erhalten Order, in die Menge hineinzureiten. Dieaber steht wie eine Mauer, und beim Rahen der Kavalleriewerfen sich die vorder st en Reihen derDemon-stranten zu Boden! Die Pferde scheuen, bäumen, wenden sichzurück. Verwirrung verbreitend, die Kordons zerbrechend. DieMenge dringt siegreich vor, erstürmt die Anhöhe nach kurzem un-blutigen Handgemenge mit den Grenadieren und besetzt den alt«römischen Mauerrest, der als Tribüne dient.Inmitten der Truppen, unterbrochen von den Trompeten«fignale», die da» Zeichen zum Feuern sein sollen, hat sovor dem Kolofieum die Versammlung stattgefunden, dieGiolitti.nun und nimmermehr" zulafien wollte. Die GenossenCosta. Romuald!, Ferri, PeScetti, Orano undPaglierini. ferner der republikanische Abgeordnete de Andreisund der Anarchist Forbicini hielten kurze Ansprachen, woraufman friedlich auseinanderging, ohne daß eS zu einem ernsterenZwischenfall gekommen wäre. Jede unnütze Provokation ist vonfeiten der Demonstranten vermieden worden, wie auch von feitende» MlitärS mit großer Rücksicht und Mäßigung vorgegangenwurde. Die häufige Verwendung deS Militärs bei solchen Ge«legenheiten hat offenbar günstig auf die Selbstbeherrschung der Gol-daten und Offiziere eingewirkt. Roch vor zehn Jahren wäre einZusammenstoß wie dieser ohne Blutvergießen undenkbar gewesen....Lelgien.Da« Ministerium M vollkommenen WiderfMlchö.Brüssel. S. Mai.(«ig. Ver)Morgen wird sich da» Ministerium de Trooz nach einerKrisendauer von vier Wochen der Kammer präsentieren. DaS neueKabinett hat sich den klerikalen Kreisen, da ihm sonst wenig zu seinerEmpfehlung diente, als ein.Ministerium der Konzentration"empfohlen. Und eS beherbergt in der Tat Vertreter derbeiden Flügel der Rechten, sogar Herrn Helleputte, derkollegial mit denselben Herren De Trooz und S i b a e r t einzieht,die er als die Mitglieder des vorigen Kabinetts gestürzt hat lDieS ist jedoch nicht die einzig« originelle Seite der neuenRegierung, deren konzentrierter Klerilalisnms sich au« den selt-samften Rüancen oder vielmehr Gegensätzen zusammensetzt. Wiesich die.Einigkeit" des Kabinett« de Trooz offenbaren wird, daraufdarf jeder Staatsbürger neugierig sein. Es vereinigt in seinemSchöße Freihäudler und Schutzzöllner. Kongoseinde und Kongo-fennte, fimtylvicie. v?» wirft*» und ttthtas*des gesetzlichen Achtstundentages, Militaristeu und AntiMilitaristen....Und dieses Ministerium, dessen einziges Bindeglied der KlerilaliSmusist, der. wie die Bildung des Kabinett« deutlich gezeigt hat, in seinergemäßigten wie in seiner radikalen Rote für politische Streber einso dankbares Gebiet ist, dieses Ministerium der Gegensätze sollFragen von so ausgesprochenem Charakter wie die Kongofrage, dieFrage der Antwerpener Festung, brennende Fragen des Arbeiterschutzes.um nur von den drei aktuellen zu sprechen, lösen! Was Wunder,daß selbst die klerikalen Blätter für diese Art von.Konzentration'wenig Begeisterung zeigen. Während die antiklerikale Presse fürdiese Spottgeburt nur Hohn und schroffste Ablehnung zeigt. Das.Programm" dieser politischen Farbenpalette, Kabinett de Trooz ge-nannt, wird ja erst verkündet werden, aber eS ist für alle Fällesicher, daß die neue Regierung alle Gegensätze der Rechten in neuenWirren zum Ausbruch bringen muß und daß es trachten wird, durchdie Taktik der Hinausschiebungen und Vertagungen sich, so lange eSgeht, durchzufressen.Aufgereizt durch den Skandal, mit dem sich die vorige Re-gierung durch die Zurückziehung des Berggesetzes belastet hat. will,von den Sozialisten abgesehen, die liberale Linke solchen Manövernmit allen Mitteln entgegentreten. Wenigstens verkündet e» derzeitihre Presse in überschwänglicher Weise.-- Vorläufig hat da»Kabinett de Trooz seinein Rufe schon insoweit vorgearbeitet, daß eSsich als ein Ministerium ohne eigenes UnterrichtSressortvorstellt I Der neue Minister DeScampS-David wird nur dasRessort für Kunst und Wissenschaft überwachen, in dem.soweit der KlerikaliSmuS es für gut befinden wird, auchdem öffentlichen Unterricht ein Plätzchen eingeräumt werdenwird. Die Pflege des öffentlichen Unterrichts Wird demnach in einer Erhöhung der Subventionen für llerikale Schulzweckeseinen Ausdruck finden! Im übrigen ist von den Persönlichkeitendes neuen Kabinetts herzlich wenig zu sagen. Dem neuen Kabinett-chef wird eine gewiffe mit Arroganz gemischte Geschicklichkeit nach-gerühmt, die er wohl gleich morgen bei seinem Debüt zu beweisenhaben wird, wenn er der Kammer als der Unterzeichner jenes be-rüchtigten Erlasse« zur Aufhebung des Minengesetzes entgegentretenwird!— Herr R e n k i n, der neue Justtzminister, ist das Urbildde« Streber« und er hat als solcher auch seine ehemaligeAnhängerschaft für da» allgemeine Wahlrecht über Bord geworfen IAußer den Strebern, zu denen auch der neue Minister für öffent-liche Arbeiten. D e l b e ck e, gehört, gibt eS auch reine Nullen, wieHerr Davignon, dem die auswärtigen Angelegenheiten, die mitder heiklen Kongofrage belastet sind, anvertraut wurden. HerrLibaert hieß als Eisenbahnminister nur„Le PareBsoux"(der Faule).Sein Finanzministerportefeuille hat er als ein den kapitalistischenInteressen Zugeneigter erhalten. Jedenfalls verliert das belgischeEisenbahnwesen seinen schlechtesten Behüter. Wie Herr Helle-putte, die immerhin intereffanteste politisch« Persönlichkeitdieses Kabinetts und eines der Häupter der Jungklerikalen, feinedemokrattsche Modernität in der Ministerschast zeigen wird, ist ab-zuwarten.— Der Kriegsminister H e l l e b a u t soll ein Anhängerde» persönlichen Militärdienste» sein, der bekanntlich eineForderung der belgischen Sozialisten und Liberalen ist. Aber wiegesagt, außer der Unterstützung de» KlerikaliSmuS ist von diesemuneinheitlichen Kabinett keine einheitliche Tat zu erwarten. Unddamit ist sein Todesurteil gesprochen.Brüssel, 7. Mai.(W. T. B.) Deputiertenkammer. Dereutigen ersten Sitzung der Session wohnen die neuen Ministerei. Die Sitzung ist sehr erregt und nimmt einen stürmischenCharakter an b« Besprechung der Interpellation Furnemont,in der Aufklärung verlangt wird, warum Präsident undBureau der Kammer den Berggesetzentwurf während einerganzen Sitzung haben diskutieren lassen, trotzdem derselbe dochschon tags zuvor zurückgezogen gewesen sei. Der Präsidenterklärt hierauf, daß alleL ordnungsmäßig zugegangen fei.Da eine wettere Diskussion durch wüsten Lärm unmöglichwird, sieht sich der Präsident genöttgt. die Sitzung aufzuheben.—_Brüssel,«. Mai.((Hg. Ber.) Die nachträgliche Maifeier, diewegen de« starken Regenwetters auf den gestrige» Sonntag ver-schoben werden mußte, wurde bei FrühIingSwetter unter ungeheuerstarker Beteiligung der Brüsseler Arbeiterschaft begangen. Musik,Fahnen und Standarten mit kräftigen Inschriften, die sich diesmalgegen den König und da« vergangene Ministerium richteten, geleitetenden mächtigen, farbenbunten Zug durch die Hauptadem der innerenStadt. Vor der Redattion des.Peuple", dessen neue» Heim festlich««schmückt war. gab e» eine Demonstration mit Ansprachen. Auchiandervelde, der noch immer leidend ist, etivriff, stürmischbegrüßt, daS Wort. Camille HuhSmanS sprach über den Acht-stundentag. Die mächtige Demonstratton vollzog sich mit dem üblichenTemperament der hiesigen Arbeiterschaft, aber unter musterhafterDisziplin.__Die russische Revolution.Bo» Land z» Land.Kopenhagen, 6. Mai. Die russischen Sozialdemokraten sind heuteabend wieder von Malmö hier angekommen. Sie beabsichtigten, vonhier über Esbjerg nach England weiterzureisen; da aber die Dampf-schtffahrtSgesellschaft die Beförderung von ESbjerg nach Englandverweigerte, wurde die Abreise aufgegeben. Die Russe» haben Ber-Handlungen eingeleitet, um einen Dampfer zu chartern, der fie direktnach England bringen soll.Christiania, 6. Mai Die in Malmö fich aufhaltenden russischenSozialisten suchten heute die Erlaubnis nach hier einen Kongreß ab-zuhalten. Die norwegische Regierung hat abschlöglich geantwortet.Kopenhagen, 7. Mai Die russischen Sozialdemokraten sind heutemittag über Korsör, ESbjerg nach England abgereisi„Nirgends Unruhen"—Petersburg, 7. Mai. Nach den bisher aus dem Reiche ein»getroffenen Meldungen ist e» anläßlich der Feiertage nirgend» zuUnruhen gekommen.Petersburg» 7. Mai Anläßlich einer gestern in der StadtChwalenSk im Gouvernement Garatow abgehaltenen Volksversammlung. die von sovv Personen besucht war. kam eS zwischen«in-greifendem Militär und Besuchern der Versammlung zu blutigenjusainmenstößen. Die Soldaten machten von der Feuerwaffe Ge-rauch. E« wurden zwei Personen erschossen und zahlreiche andereschwer verletzt, darunter der revolutionäre Abgeordnete Kirnosow.Ueberwachung der Dumamitglieder.Seit Sonnabend, den 4. d. M.. weilen die meisten Reichsduma-Mitglieder in ihren Heimatsorten, im Kreise ihrer Angehörigen undder sie mit begreiflicher Spannung erwartenden Wähler. Die russischeAdministrativbehörde hat nun eine rührende Fürsorge um die vonPetersburg abwesenden Reichsdumamitglieder an den Tag gelegt,was insbesondere auf dem flachen Lande kraß zum Ausdruckkommt. Den Ortsbehörden ist nämlich dnrch streng vertraulicheZirlulare aufgetragen worden, den Herren Bollsvertretemernen. zweckentsprechenden Empfang" zubereiten, fie miteiner.Ehrenwache" zu umgeben, fie vor dem sich herandrängendenVolk zu„bewahren", fie bi» zu ihrer Abfahrt nach Petersburg nichtau« dem Auge zu lassen und über jede Kleinigkeit nach Petersburgausjührlich zu berichten! Die Fürsorge EwlvvmS ist sogar soweittzßft a ia Itbut Kgraschaft tei jtzscra cwAnzahl besonders geschulter Ministerialbeamten speziell damtt be«traut hat, die von den Provinzbehörden einlaufenden Berichte überdie Petersburger Gäste entsprechend zu systematisieren, um zu sehen.ob die russischen Administrativorgane die Weisungen ihres Chefsrichtig befolgt haben.—Die Zusammensetzung der sozialdemokratischenDumafraktion.Zur sozialdemokratischen Fraktion gehören jetzt 6S Abgeordnete,von denen 54 stimmberechtigt sind, während 11 nur über be»ratende Stimme verfügen.— 58 Abgeordnete sind als Kandidatender Partei gewählt worden, 7 Abgeordnete als Parteilose, die derSozialdemokratie nahe stehen.Ihrer sozialen Stellung nach sind:Arbeiter....... 25 Abg. oder 38,5 ProzentBauern....... 5,» 7,7 mGutsbesitzer...... 1»» 1.5»Literaten und Journalisten 10.» 15,4»Lehrer........ 6„.9,2»Rechtsanwalt..... 1,» 1,5.Techniker....... 1.„ 1,5,Kontoristen und Buchhalter(3„„ 9,2.Semstwo-Angestellte... 4„« 6,2.Vizegouverneur a. D... 1„ 1,6»Das Fazit der Feldjustiz.Am 3. Mai ist das Feldgerichtsgesetz außer Kraft getreten. Bkckönnen jetzt das Fazit des blutigen Taumels ziehen.(Wir«tt-nehmen die untenstehenden Zahlen der Zeitung„Towattschtssch".)Wähxegd der achtmonatigen Existenz der Feldkriegsgerichte findfolgende in die Presse gedrungene Urteile gefällt worden:1. Zum Tode verurteilt und hingerichtet worden sind 1144 Personendarunter von Feldkriegsgertchten verurteilt.. 1102 m„ Marinefeldkriegsgerichten verurteilt 42.Zu sonstigen Strafen sind von Feldkriegsgertchten verurteiltworden:2. zu Zivangsarbeit(Katorga)... 26V Personen auf 927 Jahre, lebenslänglicher Zwangsarbeit 78.—8.„ lebenslänglicher Verbannung. 7„—4.„ Gefängnisstrafen..... 454„. 88„Außerdem sind 72 Personen dem Feldgericht übergeben worden,doch sind die Urteile nicht in die Presse gedrungen.Freigesprochen sind iin ganzen 71 Personen.Es wäre natürlich ein Irrtum, wollte man annehmen, daß derZarismus nach Aufhebung der Feldgerichte etwa nicht mehr- dieMöglichleit hat, seine Feinde scharenweise abzuschlachten.Der außerordentliche Kriegszustand, der Belagerungszustand� undsonstige außerordentliche„Zustände" geben den örtlichen Satrapendas Recht, beliebige Personen dem Kreismilitärgerichte zu überNebenund laut Art. 279 des Strafgesetzbuches anzuklagen, der auf kürzestemWege zur Todesstrafe führt.Der blutige Alp, der auf Rußland lastet, ist noch lange nichtzertrümmert._Huö der parte!»Parteiliteratur.Sozialistische Literatur, zwei Vorträge von PaulLensch, istder Titel der neuesten Broschüre, die soeben im Verlage der„Leipziger Bollszeitung" erschienen ist. Die Broschüre enthältkeineswegs etwa eine trockene Aufzählung von Namen und Bücher-ttteln, sondern sie stellt in ihrem kurzen Rahmen ein Stück Partei-geschichte dar: das Herauswachsen des theoretischen Sozialismus au«der bürgerlichen Philosophie auf der einen Seite und da« deSpraktischen Sozialismus au« der bürgerlichen Politik auf der anderenSeite. An der Hand dieser historischen EntWickelung gibt dannDr. Lensch die einschlägige Parteiliteratur an, deren Studium fürda» Verständnis der sozialistischen Weltanschauung und des sozial-demokrattschen Klassenkampfes notwendig ist.Die Broschüre kostet 15 Pf. Sie kann allen Parteigenossen aufrichtig empfohlen werden.„Der Kamps der Arbeiter" betitelt sich eine soeben im Verlageder Leipziger Buchdruckerei A.-G. in Leipzig erschienene Broschüre,die Genossen Anton Panneloel zum Verfasser hat. GenossePannekoek, Lehrer an der sozialdemokratischen Parteischule in Berlin,befitzt zweifellos da» Talent eine» ausgezeichneten Schriftstellersunserer Partei; da» beweisen seine zahlreichen lesenswerten Artikelin der»Leipziger Volkszeitung". Wir beschränken un« darauf, nach-stehend die Kapitelüberschristen dieser allgemein verständlich ge-schriebenen Broschüre zu registrieren: Die besitzende und die besitz-lose Klasse.— Die Ausgebeuteten.— Jnteressenkampf und revo-luttonärer Kampf..— Die Umwälzung des Eigentums.— DasEndziel des Klassenkampfes, l. II.— Reform oder Umsturz.Der Preis des Büchleins ist«in ungewöhnlich niedriger. Erbeträgt 20 Pf._Genosse Bebel schreibt uns:Herr Georg Bernhard hat in der Nr. 9 der Zeitschrift„März"einen Artikel veröffentlicht, betttelt: Jgnaz Auer, der zeigt, daß esdie höchste Zeit war, daß Herr Georg Bernhard auS der sozial-demokratischen Partei ausgeschieden ist. In besagtem Artikel trägter allerlei Klatsch zusammen, um mich zu diskreditieren und zwarin einer ganz unqualifizierbaren Weise.Herr Georg Bernhard wundert fich, daß ich als GrabrednerAuers bestimmt wurde, wozu ich nach seiner Meinung der Un-berufenste war. Ich will Herrn Georg Bernhard verraten, daß ichmich zu dieser Rolle nicht drängte, nachdem aber der Parteivorstand,der über meine Beziehungen zu Auer Ivohl besser unterrichtet ist alsHerr Georg Bernhard, mich darum ersuchte, habe ich diesen Wunschbereitwillig erfüllt.Weiter erinnert Herr Georg Bernhard an bekannte Vorgängeauf dem Dresdener Parteitage, die im Protokoll desselben nach'gelesen werden können, auf Grund deren Auer«in solche« Gefühlder Abneigung gegen mich gehabt habe, daß als er ewige Zeit nachDresden bettlägerig wurde und ich ihn besuchte, er mir vom Kranken-bett auS abgewinkt habe. Herr Georg Bemhard setzt allerdina« vor-sichtig hinzu:„ob diese Geschichte wahr ist. weiß ich nicht, aber ichweiß, daß bei vielen fett jener Dresdener Szene ein bitteres Gefühlgegen Bebel nicht mehr verschwmden konnte."Ich erllär«, daß an dem geschilderten Borgana an AuersKrankenbett kew wahre» Wort ist. Diejenigen, die diese Geschichtekolportieren, haben sie sich aus den Fingern gesogen. Ob seitDresden viele gegen mich em bitteres Gefühl hegen, weiß ich nicht.Herr Georg Bernhard mag aus seinem Berkehr mit ihm näherstehenden Kreisen darüber besser unterrichtet sein. Ich würde, wewl erreckt hätte, da« nur als eine unvermeidliche Konsequenz des Parteilebensansehen, fintemalen ich au« meinem Herzen keine Mordergrube mache,sobald eS fich nach meiner Ansicht um wichtige Parteiinteressenhandelt. Sicher ist aber, daß sich zwischen Auer und mir seitDresden nichts geändert hatte, wofür am besten spricht, daß er nebstseiner Frau nach Dresden wie vor Dresden jedes Jahr mindestenseinmal einen Abend in meiner Familie verlebte. Leider den letztenam 24. Februar 1907.Gewiß, Auer und ich, wir find seit Jahren in unseren Ansichtenimmer mehr auseinander gegangen. Herr Georg Bernhard nenntselbst ihn einen Revisionisten, eme Bezeichnung, gegen die Auer,lebte er noch, protestieren würde. Indes ist allbekannt, daß Auer.augenscheinlich mit unter dem Einfluß seiner Krankheit, die ihmsckon lange im Körper steckte, fich mehr nach rechts entwickelte undselbst früher gehegte Anschaniingen ausgab.Aber dieser Wechsel i» seinen Anschauungen war ansichtig'St» Hat kch» ffiann, der vovffsch» A-lffchtoi'lAd so qäv