fernften Augenblick zu beweisen, daß es ihm mit dem sozial-politischen Verständnis, das er bei den letzten Wahlen so laut be-tonte, auch wirklich ernst istlEine Zentralableugnungsstelle.Der.Vorwärts" hat den Zorn der»Märkischen Volkszeitung".der»katholischen Volkszeitung für Berlin und die Mark" erregt. Erhat nämlich aus den Papieren des Monsignore Montagnini,die jetzt in Paris von einer parlamentarischen Kommission geprüftwerden, einen Brief wiedergegeben, der diesen päpstlichen Diplomatenin einen ziemlich komplizierten.Flirt" verwickelt zeigt. Es ist unsnatürlich nicht eingefallen, über dem galanten Abbate die Schaleethischer Entrüstung auszugießen, und ebenso wenig haben wirdie Prozedur gebilligt, die das unzweifelhafte Rechtledermanns, seine persönlichen intimen Angelegenheiten nichtin die Oeffentlichkeii gezerrt zu sehen, mißachtet hat. Abergerade die Klerikalen, die sich in widerlicherSittlichkeitsheuchelei nicht genug tun können und den Ab-fall von ihrem Dogma als Quelle der schlimmsten Unmoral auS-geben, dürfen sich nicht darüber beklagen, wenn mandie offenbar gewordenen Streiche eines geistlichen Herrn, der sichfür die Leiden des Eheverbots entschädigt, nicht mit einem Schleierbedeckt. Doch mögen auch die Abenteuer des Nuntiatursekretärsschon um ihres, die klassischen Linien des Bocaccio tragenden Stilsdie Widergabe lohnen, so hat doch die erotische Episode in der AffäreMontagnini einen so geringen Platz eingenommen, daß der Ein-fall der Klerikalen, ihre ganze Entrüstung nach diesem einenPunkt zu dirigieren, erst ihre ganzeRatlosigkeit zeigt. Die»Mär-tische Volkszeitung" hat allerdings noch ein übriges getan. Sie bezeichnetnämlich den vom.Vorwärts" zitierten Brief eines italienischenGeistlichen an Montagnini als„eine böswilligeErfindungoder gemeine Fälschung, die in die Papiere Montagniniseingeschmuggelt worden sei". Sie fordert von uns, daß wir unserenLesern mitteilen, daß es sich»um unerhörte Fälschungen" bandele.Diese-Zumutung können wir allerdings nicht erfüllen, und zwardarum, weil die Behauptung, daß der Brief gefälscht sei, durchausder Wahrheit widerspricht. Wir machen der.Märkischen Volks-zeitung" nicht den Vorwurf, daß sie diese Unwahrheit bewußtproduziert habe. Sie beruft sich darauf, daß.der angebliche Ab-scnder des Briefes Monsignore Montagnini und den kurialenKreifen ganzunbekannt" sei. Dies werde der Zentralauskunftsstelle für diePresseinKoblenzauS zuverlässig st erOuelle mit-geteilt. Die dreiste Ablcugnung wird also wohl in Koblenz beider„Zentralauskunftsstelle" erfunden worden sein, wofern sichdiese selbst nicht bei ihrer Nachforschung an der«zuverlässigstenQuelle" hat mit mehr oder minder gutem Glauben anlügenlassen. Für die Unechtheit der Briefe spricht nichts als die Behaup-tung der berüchtigten Koblenzer Berichtigungsfabrik, die den Eni-rüstungSrummel für die Einfalt der vertrauensseligen deutschen Ultra-montanen, die die Presse des Auslandes und der„ungläubigen"Parteien des Inlandes nicht lesen, in Szene gesetzt hat.Einein frommen ZentrumSmann, der sich vor den für Leser anti-klerikaler Blätter augedrohten Höllenstrafen fürchtet, kann dieZenwumS-presse ja ungestraft erzählen, waS sie mag. Sie kann es sich darumauch ersparen, von dem weitaus interessantesten Teilder Montagninipapiere Notiz zu nehmen, von den Dokumenten,die den„Nachfolger Christi" in geschäftlicher und gesell-schastlicher Intimität mit dem Hause Rothschild zeigen, von der sichin Bestcchungsplänen ergehenden Staatskunst dcS Kardinal-Staatssekretärs Merry del Val und seine? Untergebenen,von den Beweisen dafür, daß der ehemalige Nuntius Lorenzellischamlose Simonie(Verkauf von geistlichen Aemtern)betrieben hat, von der Ausspionierung des Privat-lebenö der Geistlichen— besonders in bezug auf das nachder„MärkifchenVolkSzeitung" bei Herrn Montagnini selbst als Privat-fache geltende erotische Leben, von der Verleihung deSpäpstlichen Gräfe ntitels an den skrupellosen Herrn, derdie von einem anderen geschwängerte deutschePrinzessin geheiratet hat usw. usw. Von allen diesenDingen" erfahren die Leser der„Märkischen Volkszeitung" nicht«.Oder vielleicht werden sie einmal eine Erklärung der.Zentral-auSkunftsstelle lesen, daß in den.kurialen Kreisen" die NamenMontagnini und Lorenzelli überhaupt unbekannt und alle über sieverbreiteten Nachrichten daher»böswillige Erfindungen oder gemeineFälschungen" seien!poUtifebe GcberficbtVerlin. �dcn 10. Mai 1907.Beendigung der zweiten Lesung des Etats.Bekanntlich besteht die Dernburgsche Kolonisierungs-Methode in der künstlichen Kultivierung total unfruchtbarerGebiete, die er freilich mit seiner Phantasie allein nichtfruchtbarer machen kann. Tie Anregung zur Gründungneuer Kolonialgescllschaftcn reicht auch nicht aus, um ausWüstwcst ein Paradies mit Dattclpalmenhainen zu machen.Darum sollen reiche Beihülscn an die Farmer dazu beitragen,einige Landstriche der Bebauung zu erschließen. Zu diesemZwecke sind im Etat Millionen Mark ausgeworfen, dieBudgetkommission aber hat die Summe auf S Millionenherabgesetzt. Der Abgeordnete Arendt suchte eine, halbeMillion mehr kür die Farmer zu erschachern, und es entspannsich eine stundenlange Debatte, die mit der Annahme desAntrages der B u d g c t k o m m i s s i o n endete.Außerdem stand auf der Tagesordnung ane große Reihevon Etatsposten, die ohne wesentliche Debatte erledigt wurden.Genosse Singer brachte beim Etat des Ncichstagcsdie dürftige Salarierung der-Hülfsbcamtcn im Reichstagzur Sprache.Ter Vizepräsident Paaschs gab eine Erklärung ab,nach der das Präsidium rcfp. der Vorstand des Reichstagesbereits Verbesserungen der Stellung dieser Angestellt?!, habeeintreten lassen, in, übrigen hielt er die Wünsche Singerssür zu weitgehend.—In schneller Folge wurde die zweite Beratung des Etatsbeendet und eine Reihe von Petitionen erledigt. GenosseN o s k e befürwortete die Petition der Zivilmusiker, die sichgegen die Konkurrenz der Militärmusikcr richtet und Abhülfeverlangt. Die Petition wurde dem Reichskanzler alsMaterial überwiesen._Kultusdebattcn im Herreuhause.DaS preußische Herrenhaus hat am Freitag den Kultusetatberaten und dabei von neuem den Beweis erbracht, daß es derängstliche Hüter des mittelalterlichen Geistes ist. Diesmal war esein leibhaftiger preußischer Professor, Hcrr R e i n k e, Dozent derBotanik an der Universität Kiel und Vertreter dieser Anstalt imHerrenhauje, der den Minister gegen die Freiheit der Wissenschaftmobil zu machen suchte! Allerdings ist nach der Verfassung dieWissenschaft und ihre Lehre frei, aber dieser Satz hat ja in Preußenvou jeher nur auf dem Papier gestanden. Auch Herr Reinke will„die freie wissenschaftliche Forschung aufrecht erhalten", jedoch nurso, wie er sie versteht, d. h. nur solche Lehren sollen sich deS staatlichen Schutzes erfreuen, die nicht«die wahre(!) Wissenschaftin ein kaudinischeI Joch spannen wollen".— Zu den Forschern.die samt ihren Schriften den Flammentod sterben müßten, gehörtnach Ansicht des botanischen Professors kein geringerer als Haeckel,dessen„Welträtsel" die Jugend verderben und der sich an dieSpitze des Monistenbundes gestellt hat, eines Bundes, welcher—ähnlich wie auf wirtschaftlichem Gebiete die Sozialdemo-kratie— auf g e i st i g e m Gebiete alles umstürzen will!— Strafverschärfend fällt für Haeckel ins Gewicht, daß er das preußischeHerrenhaus ironisch als eine„höchst intelligente Körperschaft" be-zeichnet hat. Daß er damit den Nagel auf den Kopf getroffen,das hat die Rede des Herrn Reinke recht deutlich gezeigt.Auf die Anzapfung des Professors Reinke einzugehen lohntnicht der Mühe. Haeckel steht so turmhoch, sein Name hat in derwirklichen Welt der Wissenschaft einen so guten Klang, daß vonder Tribüne des preußischen Herrenhauses herab sein Ruhm nichtgeschmälert werden kann.Wie Professor Reinke die freie Forschung in der Naturwissen-schaft, so griff Frhr. v. D u r a n t die freie theologische For-schung an. Seit Jahren schwingt der edle Baron die Fahne derDunkelmänner, alljährlich vernichtet er mindestens einmal die sog.liberalen Theologieprofessoren. Und obwohl unter dem RegimeStudt schon längst die Orthodoxie Orgien feiert, legt Frhr.v. Durant doch noch nicht die Hände in den Schoß, er scheint nichteher Ruhe geben zu wollen, bis der letzte liberale Theologe ausAmt und Würden gejagt ist.Tie weitere Debatte zum Kultusetat drehte sich um diePolcnpolitik der Regierung. Interessant war neben derRede des Herrn v. K o s c i e l s k i, der dem Minister den Rat er-teilte, endlich von der Bildfläche zu verschwinden, das Eingreifendes früheren Reichstagspräsidenten Grafen Ballestrem, derseinem Aerger darüber, daß er vor den Polen die Flinte ins Kornwerfen mußte, in scharfen Angriffen gegen die polnischenAgitatoren Ausdruck gab, welche die guten preußischen Staats-bürgcr in Oberschlesien verhetzen. Im übrigen wurden die gleichenReden gehalten, mit denen schon Wochen hindurch die Mitgliederdes Abgeordnetenhauses die Zeitungsleser gclangweilt haben.—Abgeordnetenhaus.Das Abgeordnetenhaus nahm am Freitag einstimmig indritter Lesung das Wanderarbeitsstättengesetz an undberiet sodann in zweiter Lesung das Gesetz betr. die Verunstaltungvon Ortschaften. Der Rest der Sitzung wurde durch die Beratungvon Petitionen ohne allgemeines Interesse ausgefüllt.Wie der Präsident v. Kröcher mitteilte, will das Haus sicham IS. Mai über Pfingsten hinaus so lange vertagen, bis dasHerrenhaus alles Material aufgearbeitet hat. Die Session dürftealso Mitte Juni ihr Ende erreichen.—Das deutsch-amerikanische Handelsabkomme»wurde Freitag nachmittag 5 Uhr in der zur Lorberatung ein-gesetzten Koiiimission durchberatcn. Es waren dazu drei Reso-lutionen eingebracht worden und zlvar von Graf Carmer, Fuhr»mann und Böhme. Die Resolutionen gingen alle von einem demAbkommen wenig freundlichen Standpunkt auS. Posadowskysprach sich sehr eingehend zu dem Abkommen aus. und die Debattewar sehr lebhaft. Da die Kommission beschloß, über die AuSfilh-rungen der Redner keine speziellen Berichte zu geben, kann nurnoch mitgeteilt werden, daß das Abkommen, unter Zurückziehungaller Reiolutioncn, in der Kommissionsfassung mit 16gegen 3 Stimmen angenommen wurde. Dagegen stimmten dieAntisemiten und Gras Kunitz. Tie zwei nationallibcralen Vertreterenthielten sich der Stimme. Es wurde vereinbart, daß im Plenumnur kurze Erklärungen zu dem Abkommen abgegeben werden sollen.Die Geistlichkeit im Wahlkampfe.Die„Rheinische Volksstimme" macht für die Niederlage desGrafen Spee bei der Reichstagöersatzwahl in Malmedh-Montjoie-Schleiden die Geistlichkeit verantwortlich. InPreußen, so meint das Blatt, sei es nicht wie in Bayern, wo nachdem Worte:„Geistlichkeit und Landvolk gehören zusammen".Politik getrieben werde. Zumal bei der jetzigen Wahl im Eifcllrcisehabe sich das gezeigt:„Die Geistlichkeit legte sich gegen den Kandidaten der Bauernins Zeug und versuchte sogar unter direktem Mißbrauchihrer Stellung und des dadurch bedingten Einflusses dieBauern gleich einer Herde Stimmvieh nach ihremBelieben zu kommandieren. Ließen sich die Bauern nichtals willenlose Werkzeuge gebrauchen, dann waren eS„unklare,verwirrte und unreife Köpfe"; folgten sie aber ohnejede Ueberlegung und gegen ihr eigenes Wohl dem Kommando,dann waren es„intelligenie, politisch geschulte und disziplinierteMänner"... Gerade sür den Klerus lag hier gar kein Fall vor,in dein eS geboten erschien, mit solchem Fanatismus gegendie berechtigten Wünsche der Bauern zu kämpfen..., Die Herrenbätten besser getan, durch kluge Zurückhaltung oder doch mindestensdurch Unterlassung von Beleidigungen und Ent-stellungcn im Kampfe der Meinungen zn verhüten, daßnicht der Spruch in Erfüllung gehe: Wer Wind sät, wird Sturmernten."Die Klage des zentrumsagrarischen Blattes über das Verhaltender Geistlichen ist nicht aufrichtig insofern, als die Zentrums-dauern die politische Tätigkeit dcS Klerus sehr zu schätzen wissen undgegen den Mißbrauch der geistlichen Stellung nichts einzuwendenhaben, wenn es einen genehmen Kandidaten durchzuhclsen gilt.Immerhin ist die Kennzeichnung der geistlichen Wahlmache deshalbvon besonderem Wert, als sie von.'gutkalholischer und zcntrumstreuerSeite kommt.—_Herr Dhissen und sein Arbeitcrnusschust.Als Genosie Hengsbach im Reichstage ftine Rede über die»stände im Königreiche Thissen gehalten hatte, da beeilte sich derrbetterausschutz der Gewerkschaft„DeutscherKaiser" durch eine lange Erklärung die Welt wissen zu lassen,daß die Schilderung des Abgeordneten Hengsbach unwahr und inden Kolonien des genannten Unternehmens alles in bester Ordnungsei. Diese Erklärung ging auch dein„Bergknappen", demOrgan des christlichen BergarbeiterverbandcS. zu. Die Redaktiondes„Bergknappen" hat dun übereifrigen ArbeiterauSschuß jedochnicht den Gefallen getan, die Erklärung zu veröffentlichen, siegibt statt dessen einer Zuschrift Raum, die ihr als Antwort ausdie Erklärung zugeht. Diese Zuschrift verwahrt sich in der Ein-leitung dagegen, ocn Abgeordneten Hengsbach in Schutz zu nehmen,sie will es ihm überlassen, sich gegen den Vorwurf der Ueber-treibung und Entstellung zu verteidigen. Dann heißt eS weiter:.Wogegen wir m>s wenden, ist, daß der Arbeiter-ausschuß sich hat mißbrauchen lassen, nicht beiden Tatsachen geblieben und in einzelnen Fällen weitüber die Tatiachen hinausgegangen ist. Soschreiben— oder besser: so lassen die elf ArbeiterauSschuß-Mitglieder schreiben, der Ausschuß erfreue sich des Vertrauensaller ordnungsliebenden Bergleute. Das ist nicht nur Eigenlob,sondern auch eine Ueber Hebung der Elfe.�wofür sieden Beweis schuldig bleiben dürsten."Weiter hieß eS in der Erklärung, daß der Ausschuß stets Ge«lcgcnheit habe, Klagen über Mißstände anzubringen, hierbei finde erstets Gehör und Entgegenkommen, und bei Beschwerden habe er bisjetzt eingehende Prüfung und bei deren Berechtigung baldige Abhülfegefunden. Demgegenüber führt die Zuschrift an den»Bergknappen"zwei bestimmte Fälle an, wo der ArbeiterauSschuß im Auftrage derBelegschaften bei der Betriebsleitung wegen bescheidener und be-rechtiater Forderungen vorstellig geworden ist, beide Male aberabschlägig beschieden wurde.„Es entspricht also", sagt dieZuschrift,„nicht den Tatsachen, daß den berechtigtenWünschen stets entsprochen worden wäre. Oder sehendie Elf diese ihre beiden Anträge nicht als berechtigt an?"Die Zuschrift weist dem Ausschuß sogar tatsächliche U n-richti gleiten in seiner Erklärung nach. So soll nicht, wie esdarin heißt, auf jede Wohnung ein Abort, sondern erst für zweiFamilien ein Abort da sein. Dafür muß sich der Ausschuß folgendeZurechtweisung gefallen lassen:„Haben die Elf dieses gewußt?Wenn ja, dann ist ihre Erklärung eine Nichtsnutzigkeit. Habensie es nicht gewußt, so ist ihre öffentliche Erklärung eine straf-bare Leichtfertigkeit, aber auch eine Tölpelhaftig«k e i t. Alles in allem haben sich die Elf einen ordentlichenRein fall b ereitet."Die Zuschrift schließt:„Bei der Lohufrage im vorigen Herbst mußten sie sich mitallgemeinen Versprechungen begnügen, ihrevorhingenanntsn Wünsche, die sie im Namen der Belegschaft bor-brachten, wurden nicht erfüllt. Nachdem ein politischerGegner über vorhandene oder nicht vorhandene Mißstände imReichstage spricht, ist der Arbeiterausschuß gut genug, die Ver-waltung herauszuhauen und als Woynungsinspektor zufungieren. Will die Verwaltung von„Deutscher Kaiser" dem Arbeiter-auSschusie weitere Befugnisse überweisen, als in dem BodensteinschenKommentar stehen, so überlasse man ihnen die Mitkontrolle in denGrube», sowie die Mitberatung bei Lohnfragen. Ob wir aber die E I sierzu noch für tauglich halten, dahinter ge-ören eine Reihe Fragezeichen.Wir betonen nochmals, es fällt unS nicht ein, auch nur imgeringsten den Abgeordneten Hengsbach in Schutz zu nehmen,aber wir verwerfen es ebenso, wenn organisierte Arbeiter, diedurch das Vertrauen ihrer Kameraden als Arbeitervertreter be-rufen worden sind, Erklärungen mit ihrer Unterschrist versehen indie Welt senden, oder besser gesagt senden lassen, die dazudienen sollen, Zechen ver ivaltungen in Schutz zunehmen in Angelegenheiten, die nicht zu den Befugnissen derArbeiterausschüsse, sondern der Gesundheitspolizei ge-hören. Wir verwerfen es ferner, wenn sich die Leute selbst indieser Erklärung beweihräuchern und nebenbei noch u n»wahre Angaben au sst eilen."Man kann in diesem Falle die Preisfrage stellen, wer hier derBlamiertere ist: Herr Thissen oder sein ArbeiterauSschuß? Imübrigen ist der Vorgang ein interessanter Veitrag zur Kennzeichnungder ArbeiterauSschüsse, die sich, wenn der Unternehmer es will, selbe»dem Borwurf der Unwahrhaftigkeit preisgeben müssen.—Etatsberatung im württembcrgischen Landtage.Stuttgart, 8. Mai 1907.(Eig. Ber.)Im Laufe der weiteren Beratung über den Etat des Innernwurden am Dienstag folgende sozialdemokratischen An-träge zur genaueren Durchberatung einer Kommission über-wiesen:l. Die Regierung zu ersuchen, I. bei der reichsgesetzlichenRegelung des Apothekenwcsens im Bundesrat dafür einzutreten, daß Konzesstonen zur Errichtung von Apotheken inZukunft nur noch an Gemeinden und Kommunalverbände ver-geben, die übertragbaren Apothekenberechtigungen dagegen abgelöstwerden; 2. die königliche Verordnung betreffend Apotheken-bercchtigungcn vom 4. Januar 1843 dahin abzuändern, daß bis zudem Zustandekommen des geplanten Reichs-Apothekengesetzes dieVergebung von Konzessionen zur Errichtung von Apotheken anGemeinden und Kommunalverbände möglich wird.II. Die Regierung zu ersuchen, den Ständen einen Gesetzent-Wurf vorzulegen, auf Grund dessen die landesgesetzlicheKrankenpflegeversicherung aufgehoben wird und dieihr seither unterstehenden Personenkreise(Dienstboten, landwirt-schaftliche Arheiter, Lehrlinge, Heimarbeiter usw.) der reichsgesctz-lichen Krankenversicherung unterstellt werden.Beide Anträge sind in den voraufgegangenen Debatten vonden sozialdemokratischen Abgg. Dr. Lindemann, Mattutatund H e y m a n n eingehend begründet worden. Einen Erfolg derSozialdemokratie stellt es auch dar, daß Minister v. Pischek auf dieAnregung Lindemanns,"einen LandeswohnungS-Inspektor anzustellen, und dieses Amt dann allmählich zu einerZentralstelle für das Wohnungswesen auszubauen, eine zusagendeAntwort gab und die Einsetzung dieses Postens bereits in dennächsten Etat in Aussicht stellte.Am Mittwoch kam es zu einer eingehenden Debatte über dieWanderarbeitsstätten, deren Einführung»lach West»fälischem Muster die Regierung erstrebt. Durch diese Einricktungsoll unter den Wanderburschen eine„reinliche Scheidung" zwischenArbeitswilligen und Arbeitsscheuen(„Stromern") herbeigeführtwerden. Die erstercn sollen Arbeit zugewiesen erhalten, dieletzteren sollen den Arbeitshäusern zugeführt werden. Für dieSoMzldemokratie sprach Abg. Dietrich, der die vom Min.steriumfür die geplante Einrichtung erlassenen Vorschriften einer scharfenKritik unterzog. Dieselben seien von kleinlichem Polizeigeist er-füllt, ohne auf die persönlichen oder beruflichen Eigenarten derWanderburschen Rücksicht zu nehmen. Die Kontrollvorschriftenseien geradezu rigoros. Er sprach sich gegen die sofortigeBewilligung drr verlangten Summe auS und verlangte Zurück-Verweisung der Position am die Kommission, welchem Antrage nacheingehender Debatte stattgegeben wurde.—Doch noch eine Main-Linie!Nach den neuesten Taten der Mannheimer Polizei und Justizgegen die Genossen Dr. Friedeberg und Oskar Geck mußteman annehmen, die Zeit, da sich Baden vorteilhaft vom PolizeistaatPreußen unterschied, sei vorüber. So weit die Annäherung indesauch schon gediehen ist. die völlige Auslöschung der Main-Linie istnoch nicht erfolgt. Das ergibt sich auS der folgenden Antwort desbadischen Ministeriums des Innern auf die BeschwerdedeS Genossen Dr. Friedeberg über die ihm von der Mann-heimer Polizei widerfahrene schmähliche Behandlung. Dem VertreterFricdebergs, dem Genossen Rechtsanwalt Dr. Frank- Mannheimist folgender Bescheid zugegangen:Großherzogl. BadischesBezirksamt Mannheim.Polizeidircktion.Nr. 47 281 II. Den Anarchistenkongreß 1007 betr.Ihre, namens des prakt. Arztes Dr. Rafacl Friedeberg auSBerlin, gegen die photographische Aufnahme des letzteren ge-richtete Beschwerde ist mit Erlaß des Grobherzoglichen Mmisterlum»deS Innern vom 30. v. M., Nr. 21027, für begründet erklärt unddas Bezirksamt beauftragt worden, die Abdrücke der Photographiesowie die Platte selbst zu vernichten.Dieser Auftrag ist bereits vollzogen.Korn.Alle preußischen Perücken werden sich sträuben bei dem Ge-danken, daß eine ähnliche Entscheidung von Herrn Bethmcmn-Hollweg ergchen könnte. Dergleichen ist bei uns nördlich deS Mainsdenn doch ausgeschlossen!-_Die„gut Unterrichteten".Die Ordnilngspresse liebt es. wenn sie sich mit der Sozial«demolratie beschäsiigt, die Dürftigkeit ihrer sachlichen Ausführungendurch allerlei persönlichen Klatsch für ihre Leser interessanterzu machen. Auf der Suche nach solcher Würze ist sie nichtsehr wählerisch— eS kommt ihr weniger auf die Richtigkeit.als auf die interessante Aufmachung an. So hat sie dennauch ohne Bedenken irgend einem obskuren Zeilcnreißer dieBehauptung nachgesprochen, unser Genosse Reichstagsabgeordneter