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IfltjfefHtRp bei LevkKi 05rhRlN6n ist, besseir«an ein Urteil in diesen Dmgea zutrauen kann. Ich habe insbesondere auf eine Acußerung des Generalmajors von Franeois hingewiesen, der im »Tag" diesen Beschlutz des Reichstages als denWeg zur Gründung einer Kolonialarmee" bezeichnet hat. (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Es ist mir mittlerweile eine neue Mitteilung in der Presse vor Augen gekommen, die auch sehr charakteristisch ist. weil Persönlichkeiten dabei in Frage kom- men, von denen man annehmen mutz, datz sie einigermaßen von den Intentionen unterrichtet sind, die in gewissen höheren Kreisen herrschen. Es handelt sich um einen Bericht, der in der Deutschen Kolonialgesellschaft   erstattet worden ist. Der Bericht datiert aller- dings aus dem Sommer 1905, aber die Gesichtspunkte, die in ihm zum Ausdruck kommen,� sind für diese Frage von so autzcrordent- lichcr Wichtigkeit, datz ich sie hier in aller Kürze vortragen will. Es heißt da: Die deutschen   Interessen in Aftika sind insofern von höhcrem Werte als die in den anderen deutschen Kolonien, als sie nicht bloß nationalwirtschaftliche, sondern auch weltpoli- tische Bedeutung besitzen.(Hört! hört! bei den Sozialdemo- traten.) Wenn auch nur einige hunderttausend Deutsche darin ernährt werden können, so bilden sie doch ein überseeisches beut- schcS Neuland, eine für unsere Weltstellung nützliche Station, einen weltpolitischen Stützpunkt des Deutschtums. Daraus er- gibt sich als Hauptaufgabe für Deutschland  , Südwcstafrika mög- lichst schnell und möglichst stark mit deutscher Bevölkerung zu be- siedeln. Der jetzige Aufstand bedeutet eine bedeutende Verbesse- rung der deutschen   Machtstellung. Die starke Artillerie und die starken Munitionsvorräte beseitigen die bisherige Wehrlosigkcit der Kolonie und der geplante Bahnbau wird die militärische Stärke der Kolonie auf das Doppelte erhöhen." Ich gebe zu. das steht im direkten Gegensatz zu den Aus- führungen des Herrn Kolonialdirektors, aber diese Auslassungen stammen von Persönlichkeiten, die eine sehr einflußreiche Rolle spielen, und wir wissen alle, daß die letzten Entscheidungen in derartigen Fragen nicht bei Ministern und Staatsscktctären, sondern an einer ganz anderen Stelle fallen(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Das dürfte sich auch in diesem Falle be- merkbar machen. Vorläufig haben wir die Aussicht, daß der Etat für Südwestafrika durch die neuen Forderungen um jährlich 2b 30 Millionen erhöht wird, eine Ausgabe, die angesichts der durchaus nicht günstigen Finanzlage wohl ins Gewicht fällt. Was bei der ganzen Kolonialdcbatte das Beachtenswerteste war, ist die Rolle, welche in allen diesen Fragen die Herren von der freisinnigen Partei gespielt haben.(Lachen bei den Freisinnigen.) Sie haben eine Haltung eingenommen, die im direkten Gegensatz zu derjenigen steht, die früher Ihre Partei in diesen Fragen eingenommen hat. Wenn heute Eugen Richter   lebte, wäre z. B. die Zustimmung der Freisinnigen zu der sogenannten Kolonialarmee, zu dem neuen Staatssekretär des Kolonialamtes nicht möglich gewesen.(Lachen bei den Freisinnigen. Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Es wäre auch nicht möglich gewesen Ihre Zustimmung zu der Hohkönigsburg-Forderung, die Sie früher konsequent abgelehnt babcn, zu der Sie aber jetzt, seitdem Sie die Ehre haben, zum Block zu gehören, eine ganz andere Stellung einnehmen.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Ich erinnere auch an die Be- willigung des Bauplatzes für das Reserveoffizierskorps in Berlin  . Eugen Richter   gehörte zu den entschiedensten Bekämpfern der Offizierskasinos überhaupt. Ich erinnere endlich an Ihre Haltung bei der Prüfung der Wahl des Freihcrrn v. Richthofcn.(Lachen rechts und bei den Freisinnigen.) Ich glaube nicht zu diel zu sagen, wenn ich behaupte, daß nach alledem sich diese Session für die Herren von der bürgerlichen Linken als eine Art politisches Kanossa erwiesen hat.(Lebhafter Widerspruch bei den Freisinnigen. Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Das, was sich hier als Block repräsentiert, ist ein ganz merkwürdiges Gebilde. Nach der Rede meines Freundes David am 1. Mai, in der er eine Reihe inner- politischer Fragen von erheblicher Wichtigkeit zur Sprache gebracht hat, erklärte der Herr Reichskanzler ausdrücklich, er glaube, aus den Ausführungen deS sozialdemokratischen Redners entnehmen zu dürfen, daß er erwarte, der Reichskanzler würde hier eine Reihe von Fragen erörtern, die dazu beitragen könnten, den Block zu lockern; dazu habe er keine Neigung, und er werde auf die Beantwortung der Fragen nicht eingehen.(Sehr richtig! rechts.) Der Block ist also ein so zartes Gewächs, daß der Herr Reichs- kanzler große Sorgfalt beobachten mutz, um nickt Fragen hier zu erörtern, die möglicherweise eine Störung dieses Wachstums herbeiführen könnten.(Heiterkeit und Sehr gut! bei den Sozial- demokraten.) Das ist eine ganz eigenartige Erscheinung in unserem politischen Leben, wie wir sie noch nie gehabt haben. Der Block hat die Natur einer feinen Porzcllanvase, die man nur auf das sorgfältigste anfassen kann.(Heiterkeit bei den Sozial» demokraten.) Der Herr Reichskanzler hat dann gemeint, er würde weiter so handeln, wie er 1907 bei den Wahlen gehandelt habe; seine Bekämpfung der Sozialdemokratie habe sich bewährt, und er werde bei dieser Methode bleiben. Ob das möglich sein wird, werden wir abwarten, jedenfalls ist diese Methode keine sehr ehren- volle; es ist die Methode Napoleon Bonapartes des Kleinen, die vor vier Jahrzehnten in Europa   praktiziert wurde und damals den Protest aller ehrlichen und anständigen Leute in ganz Europa  hervorgerufen hat.(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten. Unruhe rechts.) Wenn der Reichskanzler glaubt, auf diesem Wege fort- fahren zu müssen, dann wünschen wir ihm glückliche Reise; wenn er aber glaubt, aus diese Weise mit uns fertig zu werden, dann wird er sich ganz gewaltig täuschen.(Lachen rechts. Lebhafte Zu- stimmung bei den Sozialdemokraten.) Selbst innerhalb deS Blocks gibt es ja Leute, die nicht mehr bereit sind, mitzugehen. Ich er- innere an den Protest, wie er aus der Mitte des deutschen   Flotten- Vereins laut geworden ist. Freilich, ich kenne wohl den neuesten Bericht über die Berhandlungen deS deutschen   FlottenvereinS. Man hat alles Mögliche aufgeboten, nachdem man 12 Stunden hinter verschlossenen Türen in der heftigsten Weise debattiert hat. in einer Resolution einen vorläufigen Ausgleich zu schaffen, der äußerlich Einmütigkeit nach allen Richtungen hin dokumentiert. Ich glaube aber nicht zu irren, wenn ick sage, datz hinter ver- schlossenen Türen Erklärungen abgegeben sind, die es künftig nicht mehr als opportun werden erscheinen lassen, datz der Flottcnvcrein in gleicher Weise vorgeht wie bei den vorigen Wahlen. Es ist übrigens nicht bloß das g e i st i g e Band, das den Block vereinigt, sondern zugleich auch ein materielles Band.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Bekanntermaßen haben finanziell sehr hervor- ragende Leute, wie die Herren Mendelsohn, Wiegand usw., seiner- zeit einen Aufruf zu Geldsammlungen erlassen, der ein sehr schönes Resultat gehabt hat; man erzählt sich, datz 600 000 M. zusammengekommen seien.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.)! Also die Börse ist hauptsächlich am Block engagiert; die Herren von der Rechten. die sonst die schärfste Feindschaft gegen die Börse mimen, nehmen ihr Geld sehr gern.(Unruhe rechts.) Es sind in der Kommission zur Verteilung der Gelder, wie ich höre, von verschiedenen Fraktionen Vertreter zugegen gewesen, von den Freisinnigen Herr Fischbcck.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Ehe man an die Aufteikung ging, hat man 8000 M. beiseite gelegt für die Wahl in Breslau  , auf die man ganz besonderes Gewicht legte!(Hört! hörtl bei den Sozialdemokraten.) Dann haben erhalten: zwei Sechstel die Konservativen, ein Sechstel die Reichspartei» zwei Sechstel die Nationalliberalen, ein Sechstel die freisinnige Bolls- Partei.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Die Herren von der freisinnigen Bereinigung sind leer ausgegangen, die sind schon genügend mit Geld versehen.(Heiterkeit.) Bei den Stich- Vhlen jft fegno feM SMeilung xine kleine Verschiebung ein- getreten: ES hat sich heräüSgestellt, datz die Herren von der Linken überraschend viel gebraucht haben, und da sind auS dem einen Sechstel, so erzählt man sich, zwei Sechstel geworden.(Lebhaftes Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Diese Herren sind also mit goldener Kette an die Herren vom Block auf der rechten Seite gefesselt. Am Golde hängt, nach Golde drängt doch alles.(Große Unruhe bei den Freisinnigen und rechts.) Nicht bloß Herr v. Loebcll, sondern auch andere Herren aus dem Reichskanzleramt sind bei der Wahl tätig gewesen. Es ist in jenen Tagen in Wahrheit das Reichskanzleramt ein Wahlbnrea» gewesen. Fürst Bülow   hat höchst eigenhändig eine ganze Reihe von Briefen geschrieben, er hat es z. B. in erster Linie veranlaßt, daß ein königlich württembcrgischer Eiscnbahnbeamter, der gegen Herrn Storz kandidieren wollte, seine Kandidatur zurückzog, damit Herr Storz auf alle Fälle als Repräsentant des Blocks in den Reichstag einzog!(Bewegung.) Ich hielt es für richtig, auf diese Tatsachen hinzuweisen, die mir nicht bloß von einer Seite erzählt worden sind und die eine große Wahrscheinlichkeit für sich haben.(Lachen rechts.) Fürst Bülow   hat nun behauptet, ich hätte in Hamburg   in einer Rede gesagt, in der Wahl solle der bürgerliche Liberalismus zerrieben werden. Erstens habe ich das nicht gesagt, und zweitens entspricht diese Aussage nicht meinem Scklndpunkte. Ich habe gesagt: Es ist ein historischer Prozeß, der sich in der EntWickelung der Gesellschaft vollzieht, datz die Mittelparteicn mehr und mehr aufgerieben werden und die Extreme sich verschärfen. Ich habe wiederholt gesagt, ich bedaure das von meinem Standpunkte aus. Eine starke bürgerliche Linke wäre gut als Puffer zwischen den extremen Pa«eien.(Unruhe bei den Freisinnigen.) Aber selbst- verständlich haben wir kein Interesse daran, eine solche Partei auf unsere Kosten zu stärken. Wo wir bei den Stichwahlen dazu Gc- legenheit hatten, haben wir allerdings danach gehandelt.(Stürm. Widerspruch bei den Freisinnigen.) In den zwei, drei Fällen (Zuruf bei den Freisinnigen: Zehn! Widerspruch bei den Sozial- demokraten), wo meine Parteigenossen anders gehandelt hatten, haben wir vom Parteivorstand die gegenteilige Anschauung ver- treten, so z. B. in bezug auf die Wahl des Herrn Naumann, für den ich entschieden mit aller Energie eingetreten bin. Freilich, die Herren von der Linken haben mit allem Eifer es erklärt sich das auS ihrem finanziellen Verhältnis zum Block dafür ge­wirkt, daß in zirka 32 Wahlkreisen die ärgsten Reaktionäre statt eines Sozialdemokraten gewählt wurden.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Der Reichskanzler hat dann weiter, als ich damals dem Fürsten Bismarck ihm gegenüber ein gewisses Lob zollte, gemeint, dieses Lob käme etwas spät. Ja, man mutz doch auch Vergleiche haben, ehe man ein Urteil fällen kann. Wir konnten ja nicht wissen, von welchem Kaliber die Nachfolger des Fürsten Bismarck sein würden.(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Nachdem wir nun den Fürsten   Bülow   kennen gelernt haben, da ist allerdings der Vergleich zugunsten Bismarcks und nicht zugunsten Bülows ausgefallen.(Heiterkeit und Sehr wahr! bei den Sozialdemo- kraten.) Möge doch Fürst Bülow   dafür sorgen, daß wir ihn höher einschätzen können. Er hat ja von einem..Programm" geredet, das er verwirklichen wollte. Nun, er braucht nur danach zu streben, das zu verwirklichen, was er vor einigen Jahren bei der Eröffnung des preußischen Herrenhauses als Programm hinstellte:Deutsch- land in der Welt voran, Preußen in Deutschland   voran!" Wenn er diesen Wahlspruch verwirklichen will, so werden wir ihn ehrlich unterstützen. Bis jetzt heißt es freilich gerade umgekehrt: Preußen in der Welt hintendran!(Unruhe rechts.) Es gibt in diesem Augenblick keinen reaktionäreren Staat als Preußen.(Lärm rechts.) Ihre(nach rechts) Auffassungen und die unsrigen sind ia diametral entgegengesetzt. Ich betrachte die Existenz Ihrer Partei als das größte Unglück für Preußen und Deutschland  , und es würde eine Erlösung für Preußen und Deutschland   bedeuten, wenn Ihre Partei verschwände.(Lachen rechts, lebhaft« Zustimmung bei den Sozialdemokraten). DaS Programm deS Fürsten Bülow gipfelte ja auch in dem Versprechen, eS werde dem Reichstag   ein allgemeines Vereins- und Versammlungsrecht vorgelegt werden. Nun. wir werden abwarten, wie er dies Versprechen einlöst. Ist die Vorlage gut, ist sie was wir als selbstverständlich ansehen s o. daß in Deutschland   kein Staat ein besseres Vereins- und Versammlungs- recht hat, als diese Vorlage es darstellt, so werden wir es unter» stützen. Anderenfalls werden wir es bis aufs äußerste bekämpfen. Aber Fürst Bülow   wird auch bei anderer Gelegenheit seinen fortschrittlichen Standpunkt vertreten können. Wir haben wieder- holt gehört, datz die Finanzlage des Reiches sehr traurig ist. Gc- mätz den vorhin gefaßten Beschlüssen und überhaupt nach den Be- schlüssen des Reichstages ist es keine voreilige Prophezeiung, wenn ich sage, datz der nächste Reichstag mit der Frage zu tun bekommen wird, wie er das Defizit deckt, wo er die mindestens 100 Millionen Mark neuer Steuern es werden viel mehr sein hernimmt. Trotzdem der afrika  - nische Aufstand niedergeschlagen ist, ermäßigt sich die in diesem Etat aus Anleihemitteln zu deckende Summe nur von 264 auf 254 Millionen Mark; also 254 Millionen neuer Schulden kommen zu den 4000 Millionen Schulden die wir schon haben.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Wie traurig unsere Finanzverhältnisse liegen, ergab sich auch aus der Begebung unserer Schatzanweisungen. Wenn ein junger Staat wie das Deutsche Reich gezwungen ist, vierprozentige Schätzen- Weisungen zum Kurs von 98 auszugeben,(Zuruf rechts: 99 war der Kurs I) gewiß, das Publikum hat 99 bezahlen müssen, das Reich hat aber von den Banken nur 98 bekommen dann sind das doch Verhältnisse, die zu denken geben, und wir haben allen Grund, uns zu fragen, ob diese Mißstände in der gleichen Weise weiterbestehen können. Wenn da die Frage nach neuen Steuern auftaucht, so erwarte ich vom Fürsten Bülow, daß er seinen fortschrittlichen Standpunkt dokumentiert und die Frage nicht anders löst als auf dem Wege der direkten Reichssteuern. Als ich dies am 26. Februar hier sagte, rief mir«in Teil der Nationalliberalen zu: Dafür sind wir auch! Auch der national- liberale Kandidat bei der Nachwahl im 17. sächsischen Wahlkreise hat in allen Versammlungen erklärt, daß er mit Molkenbuhrs Steuerprogramm vollkommen einverstanden sei.(Hört! hört! rechts.) Auch das Zentrum hat ja durch seinen Einfluß bewirkt. datz im ß 6 des Flottengesetzes aufgenommen wurde, datz künftig neue Lasten nicht den breiten Massen der Bevölkerung auferlegt werden sollen. Nun. weit besser als ein Abrüstungsantrag auf der Haager Konferenz würde es wirken, wenn ein Gesetz zustande käme: datz künstig alle Mehrforderungen durch eine Rrichseinkommen- (teuer und Vermögenssteuer aufgebracht würden. DaS würde mehr dazu beitragen, den Eifer für Rüstungen zu dämpfen als etwa eine Resolution auf der Haager Konferenz. Darum werden wir uns auf das Allerenergifchste dagegen wenden, datz auch nur entfernt eine weitere Verteuerung der Lebensmittel in Frage ge- ?ogen werden kann.(Lebhaste Zustimmung bei den Sozialdemo- raten.) Die Konsequenzen der Einführung des neuen Zolltarifs liegen heute vor aller Augen. Ein großer Teil der Mehrausgaben, die notwendig geworden sind, beruht auf den Mehrkosten der Lebensmittel infolge deS Zolltarifs.(Widerspruch rechts. Zustim- mung bei den Sozialdemokraten.) Die Mehrkosten, die hierdurch dem Reiche, den Einzelstaaten, den Kommunen erlvachsen sind, be- laufen sich auf Hunderte von Millionen. Wenn jetzt neue Steuern kommen sollen, so sollen auch d i t Kreise herangezogen werden, welche den Vorteil davon hatten. Also kann nur eine Ver- mögens-, Einkommen- und Erbschaftssteuer in Frage kommen. Die Verteuerung der Lebensmittel al» Folge des Zolltarifs hat man uns früher bestritten. Heute wagt das wohl kein Mensch mehr zu bestreiten.(Zurufjrechts: Olle Kamellen!) Dieser Ge- danke muß immer und immer wieder ausgesprochen und wieder- holt werden.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Seit 1887 kommt der Zoll voll in der Höhe der Preise zum Aus- druck. JetzestfM jtehey Uir jetzt vor HungerSnotpreiftn: W;- hafie« Preisck, die höher sind«lS der Marimalpreis, den Graf Könitz   seinerzeit festsetzen wollte. Die Frage ist, wie lange der gegenwärtige Zoll noch bestehen kann. Wenn die Preise noch weiter steigen, so stehen wir vor der Frage, die Zölle aufzuheben. (Lachen rechts.) Sie würden dann noch den Weltmarkts- preis von 140 M. für eine Tonne Roggen Haben, und das ist auch ein ganz anständiger Preis.(Zustimmung bei den Sozial- demokraten.) Wenn gar das Unglück einträte, daß die diesjährige Getreideernte, wie es den Anschein hat, eine ungünstige wird, so müssen die Preise notwendig noch bedeutend höher steigen; dann läßt sich der gegenwärtige Zoll nicht aufrecht erhalten; denn dann werden wir etwas erleben!(Oho! rechts.) Wenn dann noch eine industrielle Krise mit ihrer Arbeitslosigkeit und ihrem Elend für Hunderttausende hereinbricht, so werden die Verhältnisse noch schlimmer. Wir haben also allen Grund und alle Ursache, uns mit der Frage zu beschäftigen, ob der gegenwärtige Zustand der Ver- zollung des Brotgetreides aufrecht erhalten bleiben kann, und ich erwarte ganz sicher, daß, wenn die Verhältnisse noch schlimmer werden, die Regierung den Reichstag noch im Laufe des Sommers zu einer außerordentlichen Session einberufen wird. Herr v. Oldenburg   hat meine Frciburger Rede angeführt. Ich habe in Frciburg den Standpunkt vertreten, den ich auch hier im Reichstag vertreten habe, zuletzt noch bei der Beratung des Zolltarifs   im Jahre 1902. Wenn Herr v. Oldenburg   ausgedruckt hat, daß Deutschland   in der Lage sein würde, im Falle eines Krieges sein Brotgetreide selbst zu erzeugen, so haben die Er» fahrungen bisher das Gegenteil erwiesen. Auch wenn unsere gegenwärtige Ausfuhr von Getreide unterbliebe, so müßte die Ein- fuhr doch stets erheblich steigen, weil wir ja Jahr für �tahr eine Bevölkerungszunahme von etwa einer Million Menschek» haben, ohne daß die Anbaufläche für Getreide steigt. Unter keinen Um. ständen können wir also darauf rechnen, daß Deutschland   in die Lage kommt, sein Brotgetreide selbst zu bauen.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Herr v. Oldenburg   erzählte uns von der Ueberfülle an Schweinen. Er hat seit zwei Jahren keine Rede gehalten, in der er nicht auch aufdas gesunde deutsche Schwein" gekommen ist, und ich möchte sagen, für seine letzte Schweinerede vom 1. Mai bin ich ihm dankbar.(Große Heiterkeit.) Er hat nämlich gesagt, die Kommunen sollten die Schweine- aufzucht in die Hand nehmen ein sehr gesunder Gedanke, den auch meine Parteifreunde in Berlin   angeregt haben, allerdings ohne besondere Gegenliebe zu finden. Nur ein kleiner Versuch wird gemacht. Zweifellos könnte bei den ungeheuren Abfällen, die täglich in Berlin   vorhanden sind, der Gedanke durchgeführt werden! Aber damit hat sich Herr v. Oldenburg   nicht begnügt. Er bat auch seinem fckwerbedrängten Herzen Luft gemacht. Er sagte: Mit Wut und Zähneknirschen muß der Sozialdemokratie zu Leibe gegangen werden. Eine neue Auflage der Zuchthausvorlage müsse eingebracht werden! Er warnt davor, zu meinen, daß der Verlust bei den Wahlen besondere Gefahren für die Sozialdemokratie hätte; wer das glaube, irre. Jetzt handle es sich darum, daß seitens des Reichstages tüchtig nachgehauen werde.(Sehr richtig! rechts.) Ich frage: Wo bleibt denn da der Block? Wie stehen denn die Herren von der Linken zu diesen Plänen? Sie sehen, daß diese Mehrheit bei jeder ernsten Frage auseinandergeht. Wir freuen uns darüber und sind die lachende» Tritten.(Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) An Herrn v. Oldenburg   freut mich die herzerfrischende Offenheit. Das sage ich ganz offen:Von Zeit zu Zeit hör' ich diesen Junker gern."(Heiterkeit.) Noch etwas deutlicher hat er auf dem Wcstpreußischen Provinzialtag des Bundes der Landwirte seiner Meinung Ausdruck gegeben. Es war das so interessant, daß ich es dem Hause mitteilen möchte. Er sagte, die Sozialdamokraten machten nicht genügend Opposition. Wenn die Kerls nur mehr opponierten,(Große Heiterkeit.) dann müßten doch die Philister sehen, wohin wir kommen, und wir könnten mit der ganzen Schweinerei ein Ende machen.(Schallende Heiterkeit.) Leider seien die Sozialdemokraten jetzt zu ruhig geworden, sie hätten eingesehen, daß Deutschland   in der Lage ist, sich seiner Haut zu wehren. Wenn man ihnen jetzt beständig nachgebe, so sei das ein Unglück, und um so mehr laufe man Gefahr, später mit Maß- regeln einsetzen zu müssen, wennwir" nicht mehr die Stärkeren sind.(Heiterkeit bei den Sozialdemokraten) Das ist die Phi- lvsophie des Herrn v. Oldenburg  ! Mag der Liberalismus, den neuerdings auch der Reichskanzler zeigen will, freilich haben wir noch nichts davon gemerkt und werden wohl auch nichts davon zu spüren bekommen mag er sich damit abfinden. Aber ent- schieden verwahren wir uns dagegen, datz man uns etwas unter- stellt, was wir nicht gesagt haben. Fürst Bülow   sagte, ick hätte in Amsterdam   für Deutschland   ein Srdan oder Jena  gewünscht. Wir haben damals mit den französischen   Freunden ge- wisse Meinungsverschiedenheiten über taktische Fragen gehabt, und ich habe JaureS  , der meinte, daß wir noch wenig oder nichts durch- geführt hätten, darauf hingewiesen, aus welchen inneren Gründen dies der Fall ist, und zugleich betont, daß das all- gemeine Stimnrrecht in Frankreich   zwar in der Februarrevolution von 43 gewonnen, in der Junischlacht aber wieder verloren und erst durch den Staatsstreich wiedergewonnen sei. Und ich habe hinzugefügt: Wenn Frankreich   1870 eine Republik   geworden ist, so dankt Ihr es auch nicht Eurer Macht, sondern den Niederlagen Frankreichs  . Ich fügte hinzu: Wenn unter ähnlichen Bedingungen Deutschland   einmal geschlagen würde und dann eine Republik  entstände. so wäre das noch lange nicht das schlimmste, waS geschehen könnte.(Hört! Hört! und große Unruhe rechts.) Jawohl, meine Herren, es gibt noch viel Schlimmeres. (Lebhaste Zustimmung bei den Sozialdemokr.) Und daß Niederlagen öfter schon den Nationen zum B o r t e i l gereicht haben, ist doch gar nicht zu bestreiten.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Wer weiß, ob Preußen seine Reformen von 1807 und 1808 ohne die Niederlagen von 1806 bekommen hätte! Nach der Niederlage von 1366 hat Oesterreich   die parlamentarische Regierungsform bekommen. Nach den Niederlagen von 1870 hat Frankreich   die Republik   und Rußland   hat nach seinen Niederlagen die gegenwärtige Revolution bekommen.(Unruhe rechts.) Bekannt ist ja die Taktik, der Sozialdemokratie vorzuwerfen, datz Lassalle im Gegensatz zu uns ein Patriot gewesen sei. Nun. Lassalle   sagte: Die Existenz der Deutschen   ist nicht so prekärer Nawr, daß sie durch eine Niederlage der Regieningen in Frage gestellt werden könnte. Wenn dw preußische, bayerische, sächsische Regierung geschlagen würde, so wäre das noch lange keine Niederlage für das deutsche Boll. DaS Volk würde sich wie ein Phönix aus der Asche erheben. Ja, am 19. Januar 1862 sagte er, im Falle cineS Krieges   zwischen Preußen und Frankreich   würde ein Sieg des preußischen Militärs ein Uebel sein! Wir bettachten nun aber einen Krieg unter allen Umständen, auch wenn er glücklich fiir Deutschland   ausfiele, als das größte Un« glück, das die Kulturmenschheit treffen könnte.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Das hat neulich auch mein Partei- genösse v. Vollmar ausgeführt. Ms vor ein paar Tagen die Budget- kommisfion Gelegenheit hatte, m Jüterbog   die neuen Vernichtung.;- Maschinen kennen zu lernen, die bei einem Kriege in Tätigkeit gesetzt werden sollen, ist unser Entsetzen und unser Abscheu vor dem Kriege noch gewachsen und wir werden jeden Versuch, einen Krieg hervor- zurufen, mit allen Mitteln hintanzuhalten suchen.(Lebhaste Zu- stimmung bei den Sozialdemokraten.) Fürst Bülow   hat seiner Verwunderung Ausdruck gegeben, daß in einem sozialdemokrattschen Blatte der Abrüstungsgcdanke kritisiert ist. Ich stehe nicht an. zu erklären, daß ich bis jetzt nicht einen Weg sehe, den ich fiir gangbar halte, um die sogenannte Abrüstung der verschiedenen Kulturvölker fruchtbar zu machen. Weit mehr ver­spreche ich mir davon, die Kompetenz der Schiedsgerichte zu er- weitern. vielleicht ein internationales Parlament zusammenzuberufen.(Lachen rechts I) Sie haben schon über viele» gelacht, waS später Wirklichkeit geworden ist.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Auch der Gedanke des internationalen Parlaments wird einmal Wahrheit werden und in höchstem Maße da'U beitragen die nofipnasti G-aensätze veij«*» a»