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das Vorjahr erreichte Zunahme betrug im GesamWerscmd im März 8077 Tonnen gleich 8,07 Prozent, im April 6322 Tonnen gleich 14,45 Pwz., in den ersten vier Monaten 8401 Tonnen gleich 8,S4 Proz. Die in den ersten vier Monaten des laufenden Jahres arbeitstäglich mehr versandte Menge von 2637 Tonnen Kols hat erne Kohlenmenge von 3400 Tonnen erfordert, welche dem Kohlen- Versand entzogen worden ist. Die Umlage für Kohlen wurde auf 7 Proz., für KokS auf 4 Proz. und für Briketts ebenfalls auf 4 Proz. festgesetzt. Die Automobilindustrie in verschiedeneu LSndera wird durch eine Zusammenstellung veranschaulicht, worin Angaben über die Herstellung von Automobilen für den Zeitraum von 1898 1906 gemacht werden. In den Listen find Frankreich , England. Deutsch » land, Belgien , Rußland , Italien und die Bereinigten Staaten be» rücksichtigt. In jedem dieser Länder hat dieser Zweig der Industrie verblüffende Fortschritte gemacht, doch lassen sich noch erhebliche Unterschiede erkennen, und namentlich geht aus der Tabelle hervor, daß Frankreich seine führende Stellung gegenüber den anderen genannten Ländern mehr und mehr verliert und von den Vereinigten Staaten sogar bereits überholt worden ist. Im Jahre 1898 wurden in Frankreich 1681 Automobile hergestellt, in Eng- land 632 und in Deutschland 894, während von Belgien , Italien und den Vereinigten Staaten überhaupt noch keine Angaben vor- lagen; vielmehr tritt Belgien erst mit dem Jahre 1900, Italien 1901 und die Vereinigten Staaten sogar erst 1902 in die Statistik ein. Im Jahre 1906 war die Produktion von Kraftwagen in Frankreich auf 55 000, in den Vereinigten Staaten aber auf 58 000 gestiegen. Deutschland hielt seinen Vorsprung gegenüber England nur zwei Jahre lang fest, und England hat die ziffernmäßige Ucberlegenheit seit 1900 stetig festgehalten. Im Jahre 1906 lieferte England_ 27 000, Deutschland 22 000 Automobile. Ein ähnliches Verhältnis hat zwischen Belgien und den Vereinigten Staaten stattgefunden. Belgien begann früher mit der Kraftwagenfabri- kation als Italien , und feine Produktion war bis zum Jahre 1904 erheblich größer. Im Jahre 1905 machte sich ein Wechsel geltend. und 1906 ist Belgien mit 12 000 Automobilen hinter Italien um 6000 zurückgeblieben, indem in letzterem Lande 18 000 Kraftwagen gebaut wurden. Einen ganz enormen Aufschwung beweisen die Ziffern für die Vereinigten Staaten, die im Jahre 1902 erst 314 Automobile lieferten gegen fast 24 000 in Frankreich . Im Jahre 1903 war die Zahl für die Vereinigten Staaten aus 2732 gestiegen, wuchs dann 1904 auf 11 374,. 1905 aus 23 827 und 1906 auf 58 000 wieder ein Beweis, mit welch unvergleichlicher Energie sich Amerika einer neuen Industrie bemächtigt. Soziales. Eine deutsche Sterbetafel. Seit Jahrzehnten verlangen die Fachstatistikcr und Versiche- rungstechnikcr die Herstellung einer Sterbetafel, d. h. eine Ziffern- mäßige Darstellung der Art und Weise, in welcher eine gleichzeitig geborene Masse von Personen(Bevölkerung) allmählich abstirbt, und zwar bis zum letzten Miede. Diese Sterbetafel hat aber auch weit über das wissenschaftliche und versicherungstechnische Interesse hinausgehende soziale Bedeutung. In unserer Sozialpolitik spielen ja die Sterblichkeitsverhältnisse eine große Rolle. Um einen Ein- blick in dieselben zu erhalten werden gewöhnlich die Zahlen der Gestorbenen auf die ganze Bevölkerung bezogen, z. B. in Prozent- anteilen ausgedrückt. Damit ist aber sehr wenig gewonnen; denn wenn z. B. gesagt wird, aus lOOO Einwohner des Deutschen Reiches kamen im Jahre 1894 20,7 Gestorbene, im Vorjahre dagegen 21,1, die Sterblichkeit habe sich infolgedessen verringert, so ist da» nicht richtig, zum mindesten aber unvollständig. Es wird ja der dabei untergelaufene Fehler nicht allzu groß sein, sofern die Ein- und Auswanderungen sich fast die Wage halten. Wo aber große Fluk- tuationen der Bevölkerung durch Weg- und Zuzug eintreten oder immer vorhanden find, da trifft die genannte BezeichnungSweis« Sar nicht zu. Gerade in solchen Fällen aber ist es von größtem Interesse, die Sterblichkeitsverhältnisse der Bevölkerung zu vcr- folgen, weil dort die aufreibendsten und gesundheitsschädlichsten Verhältnisse vorzuliegen pflegen. Wenn die Sterblichkeitsverhältnisse einwandsfrei verfolgt werden sollen, so ist es unbedingt nötig, die Altersgliederung der Bevölkerung zu beachten. Diese ist, wie man aus den Ergebnissen der Volkszählung ersehen kann, in den verschiedenen Landesteilen sehr verschieden und wechselt auch mit der Zeit sehr. Betrachtet man nun die Bevölkerung eines gewissen Gebietes, so kann diese wegen der vielleicht vorherrschenden Zuwanderungen ein« besonders groß« Menge Leute in den kräftigsten Lebensaltern enthalten, die wegen des Erwerbe? dorthin gezogen find, ihre Familie aber zu Hause gelassen haben. Das ist z. B. in den großen Industriegebieten der Fall. Obwohl diese Leute wegen der schweren Arbeit und der ungeregelteren Lebensweise viel größere Sterblichkeit aufweisen, als sonst die Bevölkerung, so erscheint diese doch nicht so groß. weil in der Bevölkerung eben viel mehr junge und kräftige Leute vorhanden sind, als ihr unter normalen Verhaltnissen zukämen, als sie selbst infolge des natürlichen Bevölkerungswechsels hervor- bringen könnte. In der Heimat dagegen bleiben die Angehörigen, darunter die nicht mehr erwerbsfähigen alten Leute zurück, die schon wegen ihres hohen Alters viel leichter sterben und tragen zur schein- baren Erhöhung der Sterblichkeit bei. Bekanntlich sind auch die Kinder in den ersten Lebensmonaten besonders stark von der Sterb- lichkeit bedroht. Diese bleiben ebenfalls zurück und erhöhen die Sterbeziffer, während in den Industriegebieten bie_ alten Leute und die kleinen Kinder im Verhältnis zur Gesamtbevölkeruna nicht so zahlreich find, und infolgedessen zur Erhöhung der Sterblichkeit nicht so beitragen können. Die Industriegebiete haben daher in Wirklichkeit eine viel höhere Sterblichkeit» als es nach den rahen Ziffern den Anschein hat. Wenn nun gar die AlterSzusammen- setzung wegen der wechselnden Wanderbewegung selbst wechselt, so ist ein Vergleich der Zahlen so gut wie ausgeschlossen, wenn man nicht Verbesserungen anbringt, die alle diese Verhältnisse berück- fichtigen. In derselben Weise wie die Wanderungen können natürlich auch noch die wechselnden Zahlen der Geburten auf die Sterbe- Ziffern ändernd einwirken. Werden z. B. viele Kinder geboren, o erhöht die Zahl der Kinder die Bevölkerungszahl und drückt die Sterblichkeit herab, wenn erst nach dem ersten Jahre die erhöhte Säuglingssterblichkeit ihren Einfluß nach der entgegengesetzten Richtung geltend gemacht hat. Wie man sieht kommt man beim genaueren Eingehen auf die Sterblichkeitsverhältnisse zu recht komplizierten und verwickelten Sachlagen. Dies und noch vieles andere muß man daher beim Benutzen von Sterblichkeitsziffern wohl bedenken. EinwandSfreie Nachweise über die Sterblichkeit kann man da- her nur durch sorgfältige statistische Untersuchungen erlangen, wie sie zur Ausstellung von Sterbetafeln fuhren. Es ist daher eine berechtigte Forderung, von den dazu vorhandenen Behörden solche Aufstellungen zu verlangen. Für das Deutsche Reich ist da» kaiser- liche Etatistische Amt die berufene Instanz, eine allgemeine deutsche Sterbetafel zu liefern. In der Tat hat diese« Amt schon einmal eine solche Tafel geliefert, und zwar unter der sachverständigen Leitung seines ersten Direktors Karl Becker. Diese Tafel galt für die Jahre 18711881. Nach Beckers Ausscheiden aus dem Reich«. dienst hat das kaiserliche Statistische Amt keinen sachverständigen böheren Beamten gehabt, dem eS hätte die Leitung der Ausarbei- tung einer Sterbetafel übertrage« können, weil nur noch Juristen als Mitglieder berufen wurden. Dem Drangen von allen Seiten und dem wirklichen vom Amt anerkannten Bedürfnis konnte es also nicht genügen. Nun hat sich das Amt in dem Professor Dr. Rahts, dem bisherigen Direktor des Charlottenburger Statistischen Amts, einen wirklichen Fachmann verschrieben, tum dem man wohl er- warten kann, daß er die Arbeit vollfuhren wird, wenn er nicht Widerstände nicht sachgemäßer Natur finden sollte. Solche scheinen aber schon vorzuliegen, denn wir haben in den Etats vergeblich nach eiilsin besonderen Fonds für eint derartige leider nur»ein« malige' Arbeit gesucht, und ein solcher dürfte sich bej dM Umfang der Arbeit doch wohl als notwendig erweisen. ßericbtö- Zeitung. Beihülfe zur Beleidigung! Der die Rechtsprechung über angebliche Beleidigungen von Streikbrechern sich vergegenwärtigt, muß zu der Anficht gelangen, daß diese Leute, die wegen Unverstand oder moralischer Deselte ihren Klassengenossen in den Stücken fallen, von der bürgerlichen Gesellschaft genau fo hoch geschätzt werden, wie das Lumpen- Proletariat, das in Frankreich am 18. Brumaire für das»große' Kaiserreich die Kastanien aus dem Feuer holte. oder wie die»echt russischen Leute', die zu jeder Schandtat im Interesse des Zarismus bereit find. Die Richtigkeit dieser Auf- fassung dämmert diesen»nützlichen Elementen der Gesellschaft', die durch ihr Verhalten vorübergehender oder gar nur schein- barer Lorteile halber sich selbst schädigen, allmählich auf. Die StrafantragSlust dieser Elemente gegen diejenigen, die ihr Gewerbe mit richtigem Namen bezeichnen. scheint wenigstens ein Beweis hierfür zu fein. Würde ein Streikender wegen Beleidigung klagen, weil er Streikender genannt wird, so würde seiner Klage die Abweisung gewiß und die Gefahr einer Unter- suchung seines Oberstübchens naheliegend sein. Ander? beim Streik- brechen Wird ihm zugerufen, daß er ist, was er ist, so fühlt er sich beleidigt. Und bekanntlich gibt eS Gerichte, die da durch Urteil bekräftigt haben: Der Mann hat nicht unrecht, er ist ein Streik- brecher, aber: Wer die Wahrheit kennet und saget sie frei, der kommt in Deutschland in die Staatsbastei. Denn die Form steht höher als die Wahrheit. Die Rechtsprechung ist nun noch einen Schritt weiter gegangen. Am Mittwoch hat das Rixdorfer Schöffengericht zur Rechtsnorm erhoben: Wer die über einen Streikbrecher von Dritten verbreitete Wahrheit nicht rücksichts- los veniichtet, ist wegen.Beihülfe zur Belridigung' zu Verlnurren. Diesen neuesten Rechtssatz entnehmen wir der nachstehenden Ber- Handlung: Der Schankwirt Karl Schröder , Rixdorf, Rogatstraße 34, stand unter Anklage wegen Beleidigung der Tischlergesellen Oberländer und Kleinstäuber. Die Beleidigung soll darin liegen, daß der Schank- wirt Schröder in seinem Lokal einen Zeitungsausschnitt aus dem .Vorwärts' vom 7. Febr. 1907 über einen Gerichtsfall gegen Linde- mann und Echwenfow(die wegen Beleidigung vom Schöffengericht Berlin-Tempelhof zu 30 HR. Geldstrafe verurteilt wurden) anbrachte, in welchem Prozesse die Obengenannten als Zeugen gegen»Streik« brecher' fungierten. Ueber diesem Zeitungsausschnitt waren die Worte auf einem Zettel angebracht: Streikbrecher der Firma Sawatzki: Oberländer und Kleinstäuber. Der Werkführer Kammrath der Firma Sawatzki sah am 24. März 1907 den inkriminierten Zettel und benachrichtigte die in derselben Fabrik trotz de« Streike » arbeitswilligen Oberländer und Klein st äuber. Letztere stellten am 26. März Strafantrag gegen den Gastwirt Schröder. Der Angeklagte behauptet, nicht er. sondern die bei ihm verkehrenden ausgesperrten Tischlergesellen hätten vor einer Versammlung den Zettel angeklebt, wovon er zuvor nichts gewußt habe. Erst durch Erscheinen des Kriminalbeamten SoculuS in seinem Lokal am 26. März habe er von dem Borhanden- sein des Zettel» etwa» erfahren. Oberländer behauptet, daß der Zettel schon seit 7. Februar im genannten Lokal ausgehängt wäre. Auch Klein st äuber gibt ohne tatsächliche Momente anzuführen, alö seine Meinung kund, von dem.Vorwärts' sowohl als auch von den Streikposten sei er seit dem 7. Februar in gehässiger Weise angegriffen. Der AmtSaowalt beantragt die Freisprechung, da er in dem Dulden de« Zettel» etwas Strafbares nicht erblicke; die Behauptung de» Angeklagten, daß nicht er, sondern die Tischler den Zettel an- gebracht hätten, sei ihm nicht widerlegt worden. DaS Gericht war jedoch anderer Meinung und sah in der Duldung eine Beihülfe zur Beleidigung und verurteilte den Schröder z» 30 M. Geldstrafe. Da« Landgericht wird diese» eigenartige Urteil schwerlich be­stätigen können._ Versuchter Mord? Eine an versuchten Mord grenzende Tat eines jungen Mädchens lag einer Anklage zugrunde, die gestern unter Vorsitz des Land- gerichtsrat» Dr. A r i tz s ch e n vor der 4. Strafkammer des Land­ gerichts I zur Verhandlung kam. Wegen Körperverletzung mittel» gefährlichen Werlzeuges und Diebstahls unter Mitführung einer Waffe mußte fich die 19jährige Fabrikarbeiterin Emma H o l z m a n n verantworten. Die Angeklagte arbeitete zuletzt bei der Allgemeinen ElektrizitätSgesellschaft. Hier wurde sie mtt einer Arbeiterin Geilich bekannt, deren 71 jährige Mutter in der Husfiteiistraße wohnt. Durch die Arbeitskollegin wurde ihr eines Tages mitgeteilt, daß die alte Frau einen größeren Geldbetrag besitzt, den sie in der Wohnung aufbewahrte. AlS ihr die G. außerdem harmlos erzählte, ihre alte Mutter fei sehr schwach und könne kaum daS Bett verlassen, reifte in der Angeklagten ein äußerst v e r- brecherischer Plan. Am 4. Dezember v. I. blieb sie ohne Grund von ihrer Arbeit weg. An demselben Tage vormittags klingelte eS an der Wohnungstür der alten Frau Geilich in der Hussitenstraße. Die Greisin, welche eben erst aufgestanden war, öffnete und sah fich einem jungen Mädchen gegenüber, welches fich als»Berta Henschel' vorstellte und als Arbeitskollegin der Tochter der alten Frau ausgab. Frau G. ließ die Besucherin ahnungslos in ihre Wohnung und fragte nach ihrem Anliegen. Da» Mädchen erzählte, sie habe ihre Stellung verloren und wolle nur Fräulein Geilich bitten, bei dem Meister ein gutes Wort für sie einzulegen, damit sie wieder angenommen werde. Frau G. versprach die» ihrer Tochter bestellen zu wollen. Trotzdem aber hielt fich die angebliche Berta Henschel unter allerlei Ausflüchten noch länger in der Wohnung auf. Als die alte Frau ihrem Besuch den Rücken drehte, um nach der Küche zu gehen, holte da» junge Mädchen plötzlich einen in Papier eingewickelrenPlättbolzen hervor, den sie bisher unter ihrem Umschlagetuch verborgen gehalten hatte und versetzte der Greisin von hinten drei wuchtig« Echlägeaufden Kopf. Frau G. hörte noch, wie die unheimliche Besucherin sagte: »So. die hat genug l' dann schwand ihr daS BewußtseinI Als sie wieder au» der Betäubung erwachte, war die Täterin verschwunden und zugleich auch ein Portemonnaie mit 5 Mark Inhalt, welche« auf dem Tisch gelegen hatte. Auf die Anzeige der Ueberfallenen wurde schon am nächsten Tage die Täterin in der Person der jetzigen Angeklagten Holzmann ermittelt. In dem Untersuchungsgefängnis spielte die Angeschuldigte mit großem Geschick» die.verrückte', so daß sie zur Beobachtung ihre« Geisteszustände» der königl. Charitö überwiesen wurde. Die Beob- achtungen ergaben, daß eine gewisse geistige Minderwertigkeit vor­handen war, der 8 51 de» Strafgesetzbnchs jedoch keine Anwendung finden konnte. Staatsanwalt Assessor Ernst beantragte in An­betracht de» außerordentlich starken verbrecherischen Triebe», den die Angeklagte durch ihre Tat zutage gelegt habe, eine Gefängnis­strafe von einem Jahre. Die Strafkammer nahm jedoch versuchten Totschlag und Diebstahl an und erklärte fich««Irr Ber- Weisung der Sache an da« Schwurgericht für unzuständig. Schauspieler und Direktor. Sin PrivatbeleidigungSprozeß, den das frühere Mitglied des Berliner Theaters, der Schauspieler Anton Zimmerer, gegen den Direktor Ferdinand Bonn angestrengt hatte, kam gestern unter Borfitz des Amtsrichters W o l f f vor dem Schöffengericht Berlin- Mitte zur Verhandlung. Es handelte sich wieder einnial um eine jener Streitigkeiten, die ständig zwischen den Darstellern der Bonnschen Bühne und Herrn Bonn selbst im Gange sind. Der Kläger Zimmerer war mit Herrn Bonn wegen verschiedener Fragen, die auf künstlerischem und bühnen- technischem Gebiete liegen. in Zwistigkeiten geraten. Die Folge war, daß Herr Zimmerer be» jedem Anlaß wegen lieber» tretung irgend eines Paragraphen der Bonnschen»Hausordnung' in eine mehr oder minder hohe Geldstrafe genommen wurde, die von der Gage abgezogen wurde. Außerdem soll der Beklagte zu einer Schauspielerin geäußert haben, er wolle den Zimmerer nur ordentlich .zwiebeln', spielen lassen wolle er ihn überhaupt nicht mehr. Seitens des Vertreters des Beklagten wurde dies be- stritten und behauptet, der Kläger habe das gesamte Bühnenpersonal gegen Bonn aufgewiegelt und stets dirett das Gegenteil von dem getan, was der Direktor angeordnet habe, um durch einen ab- sicbllich herbeigeführten Streit seine Entlassung zu erzwingen. Gegenstand des jetzigen Beleidigungsprozesses ist ein Brief d e s Beklagten, in welchem er wegen einer Ueber- tretung der.Hausordnung' eine Geldstrafe von 10 Mark festgesetzt. In diesem Schreiben erklärt Bonn , er habe Herrn Zimmerer bisher für einen anständigen Menschen gehalten, sehe aber jetzt zu seinem Bedauern, daß er fich geirrt habe und die Zügel in Zukunft straffer anziehen müssen. Bor Gericht erhob Rechtsanwalt Marcus« gegen den Beklagten die Widerklage, da dieser in einem Briefe an den Direktor Bonn diesem eine.ausgelegte Schikane' vorgeworfen hatte. Räch kurzer Beratung des Gerichts wurde auf beiderseitige Freisprechung erkannt, da sowohl dem Kläger B. wie auch dem Beklagten der Schutz des § 193(Wahrnehmung berechtigter Interessen) zugebilligt wurde und eine beleidigende Absicht aus der Form nicht zu erkennen war. Diese Annahme scheint uns denn doch loweit es den.Direktor' Bonn als Beklagten betrifft, weit das Richttge gefehlt zu haben. Der Schau« spieler ist zwar leider tatsächlich aber nicht rechtlich ein Kuli, dem der.Direktor' schriftlich Aeußerungen wie die oben wiedergegebenen zukommen zu lassen ein Recht hätte. Geschmacksache ist es, ob zur Zurückweisung der in dem Briefe liegenden Anmaßung Bonns der Adressat eine Klage erhob oder andere Wege einschlug. Hatte er aber den Klageweg beschritten, so durfte die offensichtlich lediglich zwecks Kränkung des Schauspielers aus- gesprochene Beleidigung nicht ungestraft bleiben. Vielleicht hebt ie Berufungsinstanz im Interesse der Schauspieler da» erwähnte Urteil auf._ Verstoß gegen da» Sprengstoffgesetz. Zu dem gestrigen der Thieleschen Korrespondenz entnommenen Bericht über die Verhandlung gegen Rothemann teilt uns der Ver­teidiger. Genosse Dr. Lieblnecht, berichtigend mit, daß er sich gegen den Ausschluß der Oeffentlichkeit, freilich ohne Erfolg, gewendet hatte. Huö der frauenbewegung* Schwarze Arbeiterinnenfreunde. ES ist eine alte Geschichte: Solange die Arbeiter zufrieden sind, sie von außen keinen Anstoß erhalten, sich gegen die lapiia- listische Unterdrückung aufzulehnen, hält es die Klerisei auch nicht für notwendig, sich um die Unterdrückten zu kümmern. Sofort wird daS anders, wenn die moderne Arbeiterbewegung den Ge» danken der Menschenwürde in die bisher indifferente Mass» hinein- trägt. Dann sind die Kapläne sofort auf dem Plane, um die bisher Vernachlässigten zu organisieren. Aber nicht gegen da» Kapiial, sondern gegen die moderne Arbeiterbewegung. Die wahr« Absicht wird nur hinter sozial gefärbten Redensarten versteckt. Dies er- bauliche Schauspiel kann man nun wieder in Koblenz schauen, nachdem dort unser den erwerbstätigen Frauen und Mädchen eine Spur freiheitlichen Strebens sich bemerkbar machte. Schnell wurde ein Verein erwerbstätiger Frauen und Mädchen gegründet. Der.Gleichheit' wird darüber geschrieben: .Die nämlichen Leute, welche mit vollen Backen erklären, daß die Schule im sozialen Kampfe der Zeit ein neutraler Boden sein soll, stellten Schule und Schüler in den Dienst ihrer Partei- bestrebungen. Die Herren Kapläne sammelten in den Sckmlen die Adressen von Arbeiterinnen und ließen dann die Einladung zu der Versammlung, in welcher die Vereinsgründung erfolgte, ebenfalls in den Schulen verteilen. Man stelle sich die Entrüstung aller.Gutgesinnten' vor, wenn etwa eine freie Gewerkschaft das Ansinnen gestellt hätte, die Schule zu AgitationSzweckcn ausnutzen zu wollen. Die Versammlung, in der die Konstituierung de» Verein» er- folgte, zeigt deutlich. weS Geistes Kind die Bcslrcbungen der frommen Herren und Damen sind, die sich mit schönen Worten um die Gunst der Arbeiterinnen bewerben. Der Vortrag des Fräulein Merzmann über das Thema:.Was bedeutet die soziale Frage für die Arbeiterinnen?' bewegte sich in dem alten Gleise der Hetze gegen die Sozialdemokratie. Besonders festnageln müssen wir eine Behauptung der Vortragenden, weil sie deren voll- ständige Verständnislosigkeit für die Lage der Arbeiterinnen be- weist. Daß!Te Arbeiterinnen meist schlechter bezahlt würden als die Männer, so meinte sie. geschehe meist mit Recht. Die Frauen hätten oft nichts gelernt, darum müßten sie niedrige Arbeit der- richten und würden schlecht entlohnt. Merkt Euch das, Ihr Ar- bciterinnen! Weil Ihr nichts gelernt habt, nichts leistet, verdient Ihr Hungerlöhne und nicht, weil Euer Mühen und Plagen Eure Arbeitgeber reich macht. Natürlich verlautete in dem Vortrag nicht ein Sterbenswörtchen davon, daß die heutige kapitalistische Wirtschaftsordnung die Ursache des Elends der arbeitenden Be- völkerung ist. Wie hätte auch nur an diese Wahrheit gerührt werden dürfen, da doch die fromme Gesellschaft der Zentrums, gaitde diese Wirtschaftsordnung der Ausbeutung und Unter» drückung des Menschen durch den Menschen verteidigt und stützt..., Wie wenig die Koblenzer Arbeiterinnen von dem neu» gegründeten Verein hoffen dürfen, zeigt das Beispiel de» von den nämlichen Leuten gegründeten und geleiteten Dienstbotenvereins. Kaffeekränzchen bei kalholischen Ordensschwestern und Wallfahrten, da» sind bis jetzt wohl die Hauptleiftungen dieser Organisation Seblieben. Von einer Verbesserung der Lag« der Dienstmädchen at man nichts gehört.'_ Versammlungen Veranstaltungen. Schöneberg und Umgegend. Am zweite» Pfingstfelertaa Ausflug nach Schmargendorf . Warnemünderstr. 6. Abmarsch 9 Uhr vormittags von Obst. Meiningerftraße. Für Nachzügler nachmittag» 8 Uhr im Lokal. Tharlottenburg. Mittwoch, den 22, Mai. 8'/, Uhr. im Lollshau«. Rofinenstr. 8: Vortrag Herr Dr. Friedländer:.Nervenleiden. besonders beim weiblichen Geschlecht.' Spandau . Dienstag, den 21, Mai. Ausflug nach V ,b-l»w«rd«r. Restaurant Freund. Treffpuntt: PichelSdorserstraße bei Köpenick 10 Uhr. Die Maiversammlung fällt auS. Sozialdemokratischer Lese, und Diskutierklub.Johau» Jaroby'. Heute abend 8'/. Uhr bei Bugge, Kastanien-Alle« SS: Sitzung. Tozialdemokratlscher Lese-»nd DiSkutterklud �paseuelever«. Heute abend bei Karff. Elisabeth kirchstr, 18: Sitzung,. AgitationSverei» für LandSderg.Soldi«. Hmte abend 8>yt Uhr im Gewerkschastshaufe: Sitzung. Gäste willkommen. «gast erstand am. Mal vorm. Elbe bei Ansstg Meier, bei Dresden 28 dp, Elbe bei Magdeburg 2.25 Meter, Oder bei Ralibor 2,02 Meter. Oder bei Breslau 0,34 Meter. Ode' bei Brieg 8.72 Meter. Reißemüudung 2,18 Meter.