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dorhanben, der solche Urteile als etwaS ganz Natürliches ansehen läßt l Nur in Deutschland  , daZ in der Welt voran ist l Nieder mit dem Mojestätsbeleidigungsparagraphen/ predigt der Prozeß. Der Liberalismus aber entsetzt sich vor solch' revolutionärer Folgerung und verweist stolz darauf, daß er. der veriillnftigertvetse nur da? Erreichbare will, durch seine Be- scheidenheit und gute Führung die Regierung des Reiches zur Vor­lage eines ÄesetzentwurfeS zur Einschränkung der MajestätS« beleidigungSprozesse bewogen hat. Jawohl, das hat er und das Verdienst soll ihm unbenommen bleiben. Aber wenn er glauben sollte, daß, wenn dieser Entwurf Gesetz geworden ist, solche Urteile, wie dieses der Ktraflammer des Landgerichts Berlin   l unmöglich wären, so irrt er gewaltig. Auch künftig kann jeder, der beim vorbeifahren kaiserlicher Gefährte eine höhnische Grimasse macht, zu neun Monaten Gefängnis und mehr noch verurteilt werden. Dazu bedarf es nur der Feststellung, daß der An- getlagtemit Vorbedacht" undböswilliger Absicht" gehandelt hat. Und solche Feststellung ist im Handumdrehen gemacht. Namentlich, wenn der Angellagte der Zugehörigkeit zur sozialdemo- kritischen Partei oder auch nur der Sympathie für ihre Ideen hin- reichend verdächtig erscheint. Was besonders bei Proletariern stet« viel Wahrscheinlichkeit für sich hat l Die Wahlen in Oesterreich  . Die Wahle» iu Galizie». Die Wahlen in G a l t z i e n, die zum größten Tel! erst am Freitag stattfanden, haben leider einen Mißton tn die herrliche Harmonie des Wahlsieges gebracht. Nicht deswegen, weil dieZahl der eroberten Sitze in Galizten geringist. Das war bei dem fast reinagrartschen Charakter dieses Kronlandes nickt anders zu erwarten. Aber schmerzlich berührt eS, baß Genoße DaszynSki  , der verdiente Führer der polnischen Sozial- demokratie Galiziens  , der langjährige Vertreter der fünften Kurie unter dem Kurienwahlunrecht, diesmal, bei der ersten Wahl unter dem freien Wahlrecht, unterlegen ist. Inwieweit dabei der ungeheuerliche Wahlschwtnoel der den Schlachtschitzen als willfähriges Werkzeug dienenden korrupten Behörden mitgewirkt hat, wird noch festzustellen sein. Vorläufig ist jedenfalls der beredte Sprecher der polnischen Sozialdemokratie aus dem Parlament hinaus- gedrängt. Die Meldung über den Wahlausfall lautet: Wien  , 17. Mai. Nach den vorliegenden Resultaten über die am 14. d. M. und heute stattgehabten Wahlen in Galizten wurden gewählt: 5 polnische Volksparte!. 3 Konservative, 3 Demokraten, 2 polnisches Zentrum, 2 Mitglieder der ukrainisch  -ruthenifchen Partei. 2 radikale Rnthenen, 1 Altruthene. 1 Sozialdemokrat, 1 polnischer Wilder. In 9 Landgemeinden ist ein zweiter Wahl- gang und in 7 Wahlbezirken sind Stichwahlen notwendig. In Krakau   unterlag der Sozialdemokrat DaSzynSki   gegen den fort- schrittlichen Demokraten Petelenz. » viach Bülowschem Nkustcr. Nach Meldungen aus Wien   bemüht sich der Minister  - Präsident Baron Beck angelegentlichst, ein Kompromiß der bürgerlichen Parteien gegen die Sozialdemokraten für die Stich- Wahlen zustande zu bringen. Von militärischer Seite wurden bei der Krone Besorgnisse erregt, daß durch das Anwachsen der Sozialdemokraten Schwierigkeiten für die Votierung militärischer Vorlage>i im Reichsrat entstehen könnten. In einer großen Versammlung freisinniger Wiener  Wähler am Freitag wurde entschieden gegen jedes Wahl- kompromiß mit den Christltch-Sozialen protestiert. Vom heutigen Tage wird telegraphiert: Win«, 18. Mai. Die Verhandlungen zur Herbeiführung eines Wahlkompromisses der bürgerlichen deutschen   Parteien für die Stichwahlen ivurden gestern, im MinisterratSpräsidium in Anwesenheit der Führer der deutsch  -freiheitlichcu Parteien und Christlichsozialen fortgesetzt. Von der Herbeiführung eines Kompromisses i  » Wien   wurde vollständig abgesehen, dagegen ist es betreffs einer ganzen Reihe von Bezirtcn in den Krön- läutern gelungen, ein Zusammengehen aller bürgerlichen Parteien gegen die Sozialdemokraten zu sichern. Im all- gemeinen waltet der Wunsch vor, unter allen Umständen ein weiteres Durchdringe» der sozialdemokratischen Kandidaten zu verhindern. .,. Stimmenzahlen der deutschen   Sozialdemokratie. Ucber eine halbe.Million Stimmen haben die deutschen  Sozialdemokraten Oesterrcicks auf ihre Kandidaten vereinigt. Nach Kronländern geordnet, ergeben sich folgende auf hundert abgerundete Zahlen: Da noch viele Zahlenangaben aus den tschechischen Wahl- kreisen Böhmens   und Mährens, ebenso von Dalmatien   und auö den galizifchen Landbeztrken fehlen, so läßt sich die Gesamtzahl der für die Sozialdemokratie im ersten Wahlgang abgegebenen Stimmen noch nicht angeben. Die Schätzung auf ÜöOOOO bis 1000 OOO dürfte kaum zu hoch greifen, zumal wenn man die tn Galizten und Dalmatien   noch ausstehenden 77 Wahlen mit berücksichtigt. Die Sozialdemokratie würde dann ein Viertel 25 Prozent aller abgegebenen Stimmen auf sich vereinigt haben. Ein prächtiger Anfang l .« * Daö StimmenergebniS der Sozialdemokraten in Nicderösterreich. In den 33 Wiener   Wahlbezirken wurden abgegeben für die Sozialdemokraten........ 124508 In den zehn niederösterreichischen Landstädten und Jndustrieorten.........- 32 127 In den 21 Landgemeinden(davon fehlt das Resultat aus Schwechat  -Land)-- 23443 Zusammen. 180078 m»* Sozialdemokratische Abgeordnete mitWien  - Verweis"? Unter den neugewählten sozialdeniolratischen Abgeordneten befinden sich zwei, die wegensozialistischer Umtriebe" und wegen ähnlicherDelikte" auS Wien   ausgewiesen sind. ES sind die tschechischen Abgeordneten Habcrmann und M o d r a c e k, die vor Jahren, als die Sozialdemokraten statt ins Parlament in die Kerker geschickt wurden, aus Wien   aus- gewiesen wurden allerdings ohne daß damit der erstrebte Zweck, daß die Sozialdemokratie in Wien   ausgerottet werde, erreicht worden wäre. Nicht einmal mit dem Erfolg, daß die beiden Staatsverbrecher von Wien   ferngehalten werden konnten. Denn nicht nur hat Genosse Habermann im Anfang dieses Jahrhunderts einige Jahre lang als Redakteur der Delnickö Listy" unter falschem Namen in Wien   gelebt, sondern beide Genossen kehren nun als immune Abgeordnete nach Wien   zurück, wohin sie das Volk gesendet hat I Der Landarbeiterstreik in Argenta. Rom  , 17. Mai.  (Eig. Ber.) Unter den zahlreichen Landarbeiterstreils, die in Italien   im letzten Jahrzehnt ausgefochten worden sind ist der Streik von Argenta zweifellos einer der großartigsten. ES ist jetzt schon der dritte Monat des Kampfes hereingebrochen und die Streikenden wanken und weichen nicht. Die Grundbesitzer ihrerseits wollen heute weniger vom Nachgeben wissen, als vor einem Monat. Damals war es noch Zeit, die Erntearbeiten für dies Jahr zu beginnen: jetzt ist die Sommerhitze hereingebrochen und es ist zu spät zu zeder Aussaat. Außerdem ist heute fast alles Vieh auS dem Streilgebiet verschickt so versteifen sich die Besitzer immer hart- näckiger auf ihre Bedingungen, obwohl zweifellos viele der kleinen Grundbesitzer an den Folgen des heutigen Streiks zugrunde gehen werden. Die Arbeiter, die schon im März, bei Beginn des Streiks, ohne alle Refourcen waren, wie das alle Landarbeiter am Ende des Winters find, zeigen eine Ausdauer und einen Opfermut, der ihnen die tatkräftige Sympathie des ganzen italienischen Proletariats ge« sichert hat. Ohne große Opfer der organisierten Arbeiterschaft de» ganzen Landes wäre es unmöglich gewesen, KOOS Ausständige über 10 Wochen über Wasser zu halten. Man hat die Streikunterstützung in ganz eigenartiger Form gewahrt: durch Uebernahme der Kinder ber Streikenden. Ueber 1000 Kinder von Ausständigen sind für zwei Monate von Argenta abgereist und in Familien von Genossen untergebracht worden. Außerdem haben die Konsumvereine und Arbeitergenosienschaften der Romagna   viele Zentner Mehl und Kar- toffeln gesandt. BeimAvantj" sind bis heute 171500 Lire ein­gegangen, etwa der dreifache Betrag ist direkt an da» Streikkomitee von Argenta gesandt wordeil. So wird wenigstens der Hunger fern gehalteii. Gestern sind wieder die Verhandlungen zwischen den Parteien abgebrochen worden. Es ist das schon das sechste Mal während des langen Kampfes. Die Arbeiter fordern, wie erinnerlich, nicht» als die Einhaltung des Kontrakt», der den Streik vom Herbst vorigen Jahres beendete. Diesen Kontrakt haben die Grundbesitzer nicht eingehalten, denn sie haben in diesem Frühjahr 63 Pächterfamilien gekündigt, was offenbar als Maßregelung gemeint war und von den Arbeitern als solche aufgefaßt wurde. Ferner haben sie nicht die neuen Pachtverträge einer gemischten Kommission zur Beratung vorgelegt und nicht in ausbedungener Weise einen Teil des Bodens an Teilpartner zur Bestellung vergeben. Ueber einige dieser Punkte ist man einer Einigung nahegekommen. So haben oie Unternehmer die Zahl der Kündigungen von 63 auf 14 und bei den letzten Unter« Handlungen auf 7 vermindert, aber die Streikenden fordern, vorher die Namen der sieben verabschiedeten Pächterfamilien zu wissen. Hierauf antworteten die Grundbesitzer abschlägig und die Lerhand- lungen wurden von neuem abgebrochen. Auch über die Pachtverträge selbst ist noch keine Einigung erzielt. Einstweilen dauert eine Art Belagerungszustand in der Segend von Argenta fort. Alle« ist mit Militär und �Polizei überschwemmt und die Geduld und Selbstbeherrschung der Streikenden wird auf eine harte Probe gestellt. Die Situation, die heute ernst ist, kann morgen tragisch werden. Schuld der Arbeiter wird das nicht sein. politische ücbcrftcbt. Berlin  , den 18. Mai 1907. Zur Organisation der Zentrumspartei  bringt dieKölnische VolkSzeitung" einen Artikel, der be- weist, daß für daS Zentrum die Tage gemächlicher Ruhe vorbei sind, wo fein Gefolge sich mit dem Sprüchlein von Wahrheit, Frei- hett und Recht als Parteiprogramm begnügte und bei Wahlen dem Kandidaten die Stimm« gab, den der Herr Pfarre» nannte, ohne daß ihn die Wähler zu Gesicht bekommen hatten. Die letzte Reichs- tagswahl scheint dem Zentrum doch mehr Beschwerden gemacht zu haben, al« e« zugestehen will. Deshalb erhebt die Kölnische Volkszeitung' den Ruf nach einer straffen, ein» heitlichen Parteiorganisation, diedurch die gegen- wältige Beschaffenheit der Wahlkämpfe, ihre großen Kosten, das allgemeine Kesseltreiben gegen die Zentrumspartei  ' gebieterisch gefordert werde. Die Zeit sei sogar nicht mehr fern, in der ein Parteitag des Zentrum? für ein bestimmtes Land oder auch für das Reich notwendig sein werde, und zwar ein Parteitag, der berufen und befähigt sei, nicht bloß zu beraten, sondern auch Beschlüsse zu fassen, die für die Partei im Lande bindend oder wenigstens richtunggebend seien. Da» rheinische Zentrumsblatt schildert nun die Buntscheckigkeit der Organisation in den verschiedenen Ländern, Provinzen und Kreisen, wobei wir die interessante Tatsache erfahren, daß teilweise die Zentrumsorgamsation nach dem Dreiklaffenwahlrecht zusammen- gesetzt wird. Demgegenüber fordert dieKölnische BolkSzeitung', daßalle Zentrumswähler gleichberechtigt bei der Schaffung der Organisation mitwirken. Eine Vertrauensmänner- Wahl nach Klassen, etwa aus der Grundlage des preußischen Landtagswahlsystems muß absolut aus- geschlossen sein". DieWestdeutsche Volkszeitung'. das Blatt des früheren ZentrumSabgeordneten FuSangel, bemerkt zu den Vor- schlagen derKölnischen VolkSzeitung': Schon vor zehn Jahren hat FuSangel der Parteileitung de» westfälischen Zentrum« in Münster   ein Statut eingereicht. in welchem alle diese Gedanken enthalten waren. Selbst- verständlich ist sein Versuch, die Partei aus dem Volke heraus zu organisieren, auf den heftig Pen Wider- stand der Männer des DreiklasienwahlfystcmS gestoßen. Die führen auch jetzt noch in Münster   das große Wort, wie die armselige Tatsache beweist, daß man den langjährigen Abgeordneten deS SauerlandeS aus dem Provinzialwahlkomiide ausschloß, weil er sich nicht ohne weitere» den Beschlüssen eine« Komitee» fügen wollte, welches in seiner Entstehung und Zusammensetzung geradezu ein Hohn ist auf die Grundsätze, welche von der.Kölnischen VolkSzeitung" dargelegt worden sind." Auch die zentrumSagrarischeRheinische Volksstimme' geht energisch mit der Art. wie die Zentrumsorganisationcn zusammen- gesetzt werden, ins Gericht. Sie verlangt eine andere Zusammen- setzung der Kreiswahlkomitees. Das Blatt schreibt:Das Komitee soll der Dolmetsch der Wünsche der Wähler sein und nicht die Wähler als blöde Hammelherde ansehen, die mir zu dem Zwecke da ist. auch die aus- s ch weifend st en Privatgelüste des Komitees bei- fällig blökend gutzuheißen.'-. Zeugniszwang der Sredakteure. DieNordd. Allg. Ztg." vereidigt auch ein Dokument deS Entgegenkommens derliberalen" Regierungsabsichten I trotz aller Proteste bürgerlicher Journalistenvcreine die zurzeit be- stehenden Zeugniszwangsfolter gegen Redakteure. Sie weist daraus hin, daß dadurch ja in erster Linie nur sozialdemokratische Redakteure getroffen worden seien. DieBoss. Z t g.' sagt dazu: Ob in den letzten zehn Jahren dieses schlechte Gesetz be- sonder« gegen sozialdemokratische Blätter zur An- Wendung gekommen ist oder nicht, kann nicht von Belang sein. Das mag für die Beurteilung der Politik dieses Jahrzehnts, nicht für die des Z e u g n i S z w a n g e S ins Gewicht fallen. DieNorddeutsche Allgemeine Zeitung" beruft sich für ihre Statistik auf die Schrift des Redakteurs eines bürgerlich-de in akratischen BlatteS. Aber dieses Blatt hat selbst oft genug unter dem Zeugniszwang gelitten. 'Kommt die Schrift etwa zur Entschuldigung des Zeugnis- zwanges? Mit nichten, sie verlangt eine Aufhebung. lind wir denken, der Reichskanzler wird diese Aufhebung ebenso in sein konservativ-liberaleS Program in auf- nehmen wie die Reform der Behandlung der Majestätsprozesse; er wird sich dadurch den Dank der Presse aller Parteien und ein Verdienst uin daS deutsche  Volk erwerben." SS ist sehr unvorsichtig von dem freisinnigen Blatte, die Maje st ätsbeleidigungS. reform' hier heranzuziehen. Ist diese doch gerade als Ausnahmegesetz gegen die Sozial- demokratie gedacht, wie ja auch die freisinnigeVolkS-Zeitung" nachgewiesen hat. Und dieseReform' hat ja gerade die liberale Presse bejubelt! Vielleicht schlägt die Regierung, um demliberalen" Geiste Rechnung zu tragen, demnächst eine Einschränkung des redaktionellen Zeugniszwanges im Geiste der Majestätsbeleidigungsreform vor. Dann wäre auch daS liberale Gewissen beruhigt und die Sozis könnten nach wie vor tn ZeugntShaft brummen I Warum? Der nationalsozial» freisinnige Eigenbrödler v. G e r l a ch schreibt über die Frage der Neueinteilung der Reichs- tagSwahlkreis e: Darum ist eS die erste Pflicht der Liberalen, immer von neuem, in jeder Session mindestens einmal, die N e u e i n t e i l u n g der Wahlkreise durch Interpellationen oder Initiativ- antrage zur Debatte zu stellen, einerlei, ob der Block" dabei zum Kuckuck geht oder nicht. Unterstützt in diesem billigen Unternehmen sollten sie von den Interessenten werden, in erster Ltni« von den Handelskammern und den Bertretunge» der großen Städte. Der Reichstag   und der Bundesrat müssen überschwemmt werden mit Petitionen, die eine gerechte Grundlage für die Volksvertretung fordern. Warum beschäftigen sich nur die Gchöueberaer Stadt- verordneten mit dieser Frage? Warum b l e i b e u S t ä d t e« tag und HandelStag stumm? Wahrlich, hätte daS deutsche Bürgertum auch nur den zehnten Teil der Energie und des Selbstbewußtseins der preußischen Junker, die Gleich- heit des Wahlrechts wäre schon jetzt leine bloße Phrase mehr, sondern eine Tatsache. Der ehemalige Reichstagsabgeordnete Gerlach hat dann ganz recht, daß dos liberale Bürgertum, wenn auch nur noch ein Funken von Liberalismus in ihm steckte, eine Nclicinlriluug der Reichstags- Wahlkreise längst erzwungen haben müßte I Aber auch Herr v. Gerlach sollte doch wissen, baß der Libcralil» MUS da, wo er die Macht hat, in den Konmiune» nämlich, das ohnehin beschränkte Wahlrecht noch verschlechtert hat. Der Freisinn ist eben nur freisinnig in der Phrase; in der Praxis ist er genau so reaktionär wie sein neuer politischer Bettgcnosse, ber oft« elbische Junker!_ Exzellenz Koofmich" Staatssekretär. Die Ernennung des bisherigen stellvertretenden Kolonialdircktors Dernbnrg zum Staatssekretär des ucuerrichtete» Rrichs- kolonialamte« ist durch den Kaiser vollzogen worden. Gleich- zeitig ist die Ernennung de» GeheimratS   v. L o e b» l l zum Unter- staatssekretär in der Reichskanzlei erfolgt. Ueber die Besetzung der leitenden Stellen im R e i ch s l o n i a l a in t ist, nach demBerliner Tageblatt', die endgültige Entscheidung noch nicht getroffen. So viel steht indes fest, daß neben dem Posten eines Unter st aats- sekretärö noch«ine Dir«ktorstell« sowie die Stelle eines Abteilungsdirigenten geschaffen werden werde. Für die Direktorstelle komme Geheimrat Dr. C o n z e, für den Posten des Abteilung-Zdirigenten der Wirkliche LeaationZrat Schnee in Betracht. Für den Posten des Unter st aatSsekretärS würden mehrere Kandidaten genannt, indejsen dürfte«S sich hierbei lediglich um Kombinationen handeln. Englands AVrüstungSantrag zurückgezogen. Der PariserEclair" berichtet, ein römischer Diplomat habe in einem Interview über die AbrüswngSfrage erklärt, daß zurzeit mit Sicherheit versichert werden könne, daß England nicht darauf de- stehen werde, seinen Vorschlag auf der Haager Friedenskonferenz   zur Diskussion zu bringen. England sei amtlich informirt worden, daß Oesterreich und Deutschland   nicht bereit seien, an der Beratung teil- zunehmen, während Frankreich   und Rußland fich geweigert hätten. den Initiativantrag zu unterstützen. Unter diesen Umständen wolle sich England einer sicheren Niederlage nicht aussetzen. Kandidatenschmerzen im Zentrum. In der LentrumSfraktion deS Reichstages saß bekanntlich bis 1907 nur ein einziger Arbeiter: der Abgeordnete Stötzel. der 1903 durch Giesberts ersetzt wurde. Bei der letzten Reichstagslvahl hat das Zentrum dem Drängen der katho- lischen Arbeiter nachgeben und in einer Anzahl von Wahl- kreisen Arbeiterkandidaten aufstellen müssen. Diese Arbeiter- kandidaten sind innerhalb des Zentrums vielfach mit scheelen Augen angesehen worden; in mehreren Wahl- kreisen mußte in letzter Stunde der Arbeiterkandidat zurück- treten und einem Ultramontanen von Rang und Stand weichen, so in Saarbrücken   und Osnabrück  ; man weiß auch, daß mancherbessere" Zentrumsmann statt dem Kandidaten der eigenen Partei, wenn dieser ein Arbeiter war, dem gegnerischen Kandidaten die Stimme gegeben hat das Klassenintcresse wog schwerer als Partei- und Glaubens- treue. Es ist nun anzunehmen, daß die katholischen Arbeiter sich mit dem jetzigen Erfolge nicht begnügen werden. Dafür gibt es zu viel strebsame Leute unter ihnen; sie werden weitere Arbeitervertreter in die Zentrumsfraktion hineinzu- schieben versuchen. Das wird nun aber den leitenden Partei- kreisen wiederum nicht passen und so sucht man denn bei zeiten vorzubeugen, wie dieS ein Artikel derKol- nischen VolkSzeitung" tut, der es für geboten er- achtet, im Hinblick auf die nächste Wahl(1912!!)aus der letzten und aus früheren Wahlen gewisse Konsequenzen zu ziehen und sie als Material mit in die Zukunft hinüber, zu- nehmen". Bei der Politik, so heißt es da, müsse mau nicht in erster Linie an sich und seine persönlichen Wünsche denken. sondern den Blick aufS große Ganze, auf die Scuye, auf die