Prozeh fnm, tok bekannt, zur Sprache, dah Neumann durib einen Beaniteu der Kriminalpolizei erfahren haben sollte, dah Sitten- Beamte in der Wohnung der Frau Th. in der Charlottenstr. 70 nicht korrekt Verfahren seien. Daraufhin hat der Polizeipräsident ein Disziplinarermittclnng-Zversahren gegen„Unbekannt" eingeleitet. Da Neumann sich unter Berufung auf sein gegebenes Wort weigerte, seinen Gewährsmann zu nennen, wurde zunächst eine Geldstrafe von 20 M. gegen ihn verfügt, und da diese an seinem Standpunkte Vichts änderte, die Zeugniszwangshaft über ihn verhängt. Der Haflbefchluh gegen Neumann soll in den nächsten Tagen vollstreckt werden; nötigenfalls soll die Haft auf sechs Monate ausgedehnt werden. Gegen diesen Beschluß hat Neumann zunächst das Rechts- mittel der Beschwerde eingelegt. Von den Gcsahren des Kutscherlkruses. Auf der OmnibuShalte- stelle gegenüber dem Blücherplatz 3 fiel nachmittags der 24 Fahre alte ftütscher Gustav Mattern beim plötzlichen Anziehen des P,erdeS auf das Straßenpflaster, wo er bewußtlos liegen blieb. Man brachte ihn nach der Unfallstation am Tempelhofer Ufer, wo der Arzt eine erhebliche Wunde am Hinterkopf feststellte und die Ueberftihrung des Schwerverletzten nach dem Krankenhause am Urban veranlaßte.— Infolge eines plötzlichen Rucks fiel nachmittags der 21 Jahre alte Kutscher Neinhold Klau aus Ripdorf vor dem Hause Badstraße 29 von seinem mit Lehm bcladenen Arbeitswagen und wurde von seinem eigenen Fuhrwerk überfahren. Er zog sich einen Becken- Bruch zu und wurde, nachdem man ihm auf der nahen Unfall- station einen Notverband angelegt hatte, dem Lazarus-Krankcnhause zugeführt. Gesperrt wird die Rotherstraße von der Straße am Warschauer Platz bis zum Grrmdstlick Nr. 20/23 behufs Ausführung einer Ent- wäsferungsleitung vom 23. d. M. ab bis auf weiteres. Sportpark Treptow. DaS angekündigte Match Robl-Stell- b r i n k hatte im Verein mit dem schönen Wetter der Bahn ein volles Haus beschieden.— Das Rennen sah in allen drei Läufen (IV, 15 und 20 Kilometer) Stellbrinl als Sieger und stellte der junge Fahrer in den beiden ersten Läufen für 10 Kilometer neue Rekords auf; seine beste Zeit war 7 Minuten 52� Sekunden (bisher 8 Minuten 3% Sekunden). In spielend leichter Weise fertigte Stellbrink den.Weltmeister" Robl ab, der sichtlich gleich- gültig fuhr und sich keinerlei Mühe gab, einen Kanipf aufzunehmen. Zwei Fliegerrennen vervollständigten das Programm. Das Haupt- fahren gewann Rabe vor Stabe und Hellemann, während im Handicap v. Natzmer(130 Meter Vorgabe) vor Theiß(150), W. und A. Müller(70 bezw. 60) siegte. Feurrwchrbericht. Gestern früh um 9 Uhr kam in der elektro- technischen Fabrik von R. Kniger in der Michaelkirchstr. 41 am Michaelkirchplatz Feuer aus. Die Flammen erfaßten den Dachstuhl und konnten erst gelöscht werden, nachdem mit zwei Schlauchleitungen von Dampfspritzen Wasser gegeben worden war. Gleichzeitig hatte die Wehr in der Brunnenstr. 129/130 zu tun, wo im Keller einer Bäckerei Feuer ausgekommen war. In der Elisabethstr. 12» und Alt-Moabit 10b kam gleichzeitig Feuer anS. Dort brannten in Wohnungen Portieren, Betten. Fußböden u. a. Ein Kellerbrand wurde aus der Charlottenstr. 28 gemeldet. Papier u. a. brannten dort. Ferner hatte die Wehr in der Liniensw. 158 zu tun, wo das Zwischengebälk in Brand geraten war und aufgerissen werden mußte._ Vorort- JVacbncbtrn Die Schule gegen— die Kirche t Der Kirche Dienerin und Magd ist die Volksschule. Sie soll mithelfen, den Einfluß derKirche auf den Nachwuchs der minderbemittelten Bevölkerung zu sichern und zu stärken. Das Mittel, mit dem man das erreichen zu können meint, ist ein vollgerüttelt Maß von biblischen Geschichten, Bibel« sprüchen, Gesangbuchversen usw. Das wird den Kindern ein- getrichtert, nötigenfalls unter Verabreichung von Prügeln, mindestens aber mit Hülfe von Strafarbeiten, Tadeln, Nachbleibestunden usw., und diese Prozedur wird dann»Religionsunterricht" genannt. Wer solchen Brauch verwirft, der ist den Pastoren und ihrem Anhange ein schlechter Mensch, ein Feind der.Religion" und wer weiß was noch. Wer die Kinder vor solchem„ReligionS- Unterricht" schützen und bewahren will, ist jenen Leuten'ein Vcr- ächtcr der.staatlichen Ordnung", die der Kirche den ihr.ge- bührenden" Einfluß zu gewährleisten hat. Dabei gibt eS bei Lichte besehen keinen schlimmeren»Feind der Religion" als den Religions- lehrer. Und nichts wägt mehr als der Religionsunterricht dazu bei, die heranwachsende Jugend dem Einfluß der Kirche zrr entziehen. Knaben und Mädchen des vier- zehnten Lebensjahres gelten als reif genug, nun selber zu erklären, ob sie sich als Mitglied der Gemeinschaft fühlen, in die sie ungefragt hincingetauft worden sind. Aber gerade in dem Augenblick, wo sie religionsmündig werden und die Kirche sie für immer gewonnen haben müßte, wenn es mit der bloßen Erklärung getan wäre, wenden die meisten für immer der Kirche den Rücken. Wer den Religionsunterricht der Schule durchgekostet und bann etwa auch noch in der Konfirmandcnstunde vom Pastor die nötige Belehrung erhalten hat, der har in der Regel genug für sein ganze« Leben und geht so leicht in keine Kirche mehr hinein. Daß die religionSmüudig gewordene Jugend größtenteils sich innerlich sofort von der Kirche abwendet, das ist eine Wirkung, die die Schule als Dienerin und getreue Magd der Kirche zustande bringt. Ein zweites Ergebnis des Religionsunterrichtes der Schule besteht darin, daß er zahlreiche kirchenentfremdete Eltern aufrüttelt und sie dazu weibt, sich nun auch äußerlich von derKirche los» zusagen. Ein Fall dieser Art wird uns jetzt wieder aus Rix» d o r f bekannt. In der 26. Gemeindeschule für Mädchen(Elbestraße) konnte eine Schülerin R. der vierten Klasse das allzu reichliche ReligionSpensum nicht nach Vorschrift herunterschnurren. Lange genug hatte die Kleine daran gelernt, aber die Mutter hatte ihr schließlich gesagt:„Hör' auf! Lieber sollten sie Dir beibringen besser zu schreiben, zu lesen und zu rechnen". Am anderen Tage erzählte daS Kind das der Lehrerin, um sich zu entschuldigen. Die Lehrerin, ein Fräulein Aschner, berichtete hierüber eilfertig an den Rektor Herrn Müller, und dieser schrieb dann noch an demselben Tage dem Vater, das Kind müsse an irgend einem Religionsunterricht teilnehmen, auch wenn der Vater Dissident sein sollte. eS miisie für den Unterricht selbstverständlich auch daS ausgegebene Pensum lernen, und so weiter. Rektor Müller glaubte den Vater noch ein bißchen von oben herab belehren zu sollen:.Die Schule mischt sich ja auch weder in Ihren Beruf, noch in Ihre häuslichen Verhältnisie ein, und ebenso dürfen Sie unseren Betrieb nicht stören. WaS sollte das werden, wenn sämtliche Väter dasselbe tun würden? Vielleicht etwas Aehn- lichcs als in Posen." Der Vater, der längst Dissident ist, ließ den Rektor reden und gab ihm keine Antwort. Die Mutter aber, die zwar gleichfalls läng st nichtmehr zur Kirche hielt, aber den ormellen Kirchenaustritt als überflüssig angesehen hatte. ging jetzt aufs Gericht und erklärte dort, sie scheide nun aus der Kirchengemeinschaft auS. Und damit zwischen Eltern und Kindern kein Unterschied sei, gaben die Eltern für ihre samt- sichen Kinder dieselbe Erklärung ab. Man sieht, wie erfolgreich die Schule gegen die Kirche gearbeitet hatte. Der Familienvater, den die bisherige Gleichgültigkeit seiner Frau so manche« Mal verdrossen hatte, preist jetzt den Eifer de» Rektors, der sie aufgerüttelt hat. Zwar besteht für die Kinder auch so noch die Pflicht, irgend einen„Religionsunterricht zu„genießen", aber die Eltern können sich jetzt die Konfession aussuchen.— In letzter Zeit ist eS mehr und mehr üblich geworden, solche Kinder am jüdischen Religionsunterricht teilnehmen zu lassen. Sie brauchen da ihr Gedächtnis sehr viel weniger mit Lernstoff zu beladen; im übrigen aber sind solche Muß-Teilnehmer sicher vor der Gefahr, daß ein jüdischer Religionslehrer sie zu wirllichen Inden macht, und auch amtlich werden sie nicht etwa als Juden gebucht. Höchstens dem jüdischen Religionsunterricht seine Kinder zuführen zu lassen. das ist jetzt auch die Absicht des oben erwähnten Vaters, dem die Schule wider ihren Willen so kräftig gegen die Kirche geholfen hat._ Rixdorf. Bei einem verhängnisvollen NnglLckSfall hat Dienstag abend der 21jährige Kutscher Reinhard Klau aus der Knesebeckstr. 117 sein junges Leben eingebüßt. K. war nnt seinem Fuhrwerk die Prinzen» Allee entlang gefahren. Als er in die Bellermannstraße einbiegen wollte, geriet er mit seinem Wagen an eine Droschke heran, und um einen schweren Zusammenstoß zu vermeiden, fuhr er ganz dicht an die Bordschwelle. Durch den heftigen Stoß wurde K. vom Bock herabgeschleudcrt und unglücklicherweise fiel er unter die Pferde. Die Tiere wurden dadurch scheu und gingen durch. Die Räder des schweren Lastwagens gingen dem ungliiGlichcn jungen Menschen über die Brust hinweg und richteten diese furchtbar zu. Der Ver- nnglückte wurde sofort nach dem LazarnS-Krankenhause gebracht, doch konnte bei seiner Einlieferung nur noch der Tod festgestellt werden. Charlottenvurg. Eine traurige Auftlärung hat jetzt daS Verschwinden des 22jährigen Dienstmädchens Anna Sagler, das am Kurfürstendamm 34 in Stellung war, gefunden. An der Charlottenburger Brücke ist gestern eine Leiche aus dem Wasser gelandet worden, und in der Toten wurde die vermißte S. ermittelt. Es liegt zweifellos Selbst- mord vor, doch ist es sowohl den Angehörigen als auch der Dienst» Herrschaft der S. unerklärlich, aus welchem Grunde das junge Mädchen in den Tod gegangen ist. Dienstuiädcheneldorado. Gegenwärtig führen die Dienstherr« schaften wieder einmal lebhafte Klage über die geringe Neigung der Mädchen, in den Dienst zu gehen. Die Abneigung, sich zu verdingen, ist, das haben wir wiederholt dargelegt, meist zu finden in der un- erträglichen Behandlung, welche die Dienstherrschaft den Dienst- mädchen zu teil werden läßt. Die mittelalterliche Gesindeordnung gibt der Herrschaft das Recht zu einer Behandlung, die im schreiendsten Widerspruch zur modernen Zeit steht. ES ist deshalb auch kein Wunder, wenn es die Dienstboten mit der Zeit vorziehen, der Folter mittelalterlicher Gestndesklaverei zu entgehen mid andere Beschüfuguug zu suchen. Nur allzu oft nützt die„gnädige Frau" ihre„gottbegnadete" Stellung dazu aus, ein ihr zu Diensten stehendes Menschenkind zu beschimpfen und seine Ehre in Zweifel zu ziehen. So wird uns berichtet, daß eine Frau Herzfcld, Holtzeudorssstr. 18, sich ganz be- sonders durch„liebenswürdige" Behandlung ihrer Dienstmädchen aus- zeichnet. Kein Wunder, daß ein ständiger Wechsel der Dienstmädchen stattfindet. Wenn nun ein solches Mädchen den Dienst verläßt, so kostet es, wie uns Hausbeioohner mitteilen, in der Regel einen Kanipf, um in den Besitz des Dienstbuches usw. zu gelangen. Frau H. soll sich stets weigern, ihren Dienstboten dies auszuhändigen. Deshalb kommt es denn auch oft vor, daß die Polizei erst helfend eingreifen muß. Es erscheint geradezu als ein Wunder, daß bei all dieser Be- Handlung Frau H. überhaupt noch immer Dienstpersonal bekommt. Wenn sich deshalb eine immer größere Abneigung, in den Dienst zu gehen, bei den Mädchen bemerkbar macht, so ist das ein Zeicken, daß sie sich immer mehr ihrer Menschenwürde bewußt Iverden. Eine Erscheinung, für die ein großer Teil der»Dienstherrschaft" auch nicht das geringste Verständnis hat. Wilmersdorf . Die alte Unsitte» während der Fahrt vom Straßenbahnwagen herunterzuspringen, hat der technische Zeichner Eduard Kurowski, Mainzerstr. 14, gestern schwer büßen müssen. K. hatte den Straßen- bahnwagen Nr. 773 der Linie 2 benutzt und kurz vor der Haltestelle am Kaiser Wilhelmplatz sprang er von der Hinterplattform herunter. Er kam zu Fall und zog sich bei dem Aufschlagen auf das Straßen- Pflaster einen schweren Oberschenkelbruch und Quetschungen zu. K. fand im Schöneberger Krankenhaus Aufnahme. Mariendorf -Südende. Achtung! Gcmeindevcrtrcterwahl! Nur noch kurze Zeit trennt uns von der Wahl eines Gemeinde- Vertreters. Deshalb richten wir nochmals die Aufforderung an die Arbeiterschaft, alles aufzubieten, um die Wahl des sozialdemokratischen Kandidaten Gastwirt Hermann Reichardt zu sichern. Ein Gemeindeparlament ohne sozialdemokratische Vertreter gehört in den Berliner Vororten bereits zu den Seltenheiten. Und namentlich Mariendorf -Südende ist so von Arbeiterbevölkerung durchsetzt, daß es bei etwas Mühe und Anstrengung ein leichtes ist, den Arbeiter- kandidaten durchzubringen. Die Bürgerlichen am Orte lasten— wenn auch diesmal nicht öffentlich— kein Mittel unverschont, um den Sieg unseres Kandidaten zu vereiteln. Diese Tatsache mutz auch die Arbeiterschaft anspomen, voll und ganz ihre Schuldigkeit zu tun, will sie sich ihres— wenn auch minimalen— Einflusses auf die Gestaltung der kommunalen Dinge nicht vollständig begeben. Manendorf wählt am morgigen Freitag von 12—6 Uhr nachmittags und Südende am Sonnabend von 3—6 Uhr nachmittags. Suche eS jeder Wahlberechtigte trotz der un- günstigen Wahlzeit möglich zu machen, fein Wahlrecht auszuüben. ES sei noch darauf aufmerksam gemacht, daß, wer am Freitag in Mariendorf nicht gewählt hat, dieS am Sonnabend in Südende nicht mehr nachholen kann. Nieder-Schönhaufen. Aus der Gemeindevertretung. Der KreisauSschuß hat die beantragte Anleihe von 650 000 M. nicht genehmigt, sondern nur 623 450 M. Er hatte beim hiesigen Gemeindevorjtand angefragt. wie hoch sich die Kosten de; Bürgerstcigpflasterung belaufen und wie hoch die Anliegerbeiträge sind. Der Landrat hat angenommen. daß die Hälfte der Kosten für die Mosaikpflasterung von den An- liegern einkommt, daher ist die Anleihe um 21650 M. niedriger festgesetzt worden. Dem Verschönerungsverein wurde die Ge» nchmigung zur Aufftellung von Papierkörben erteilt. Da der Architekt Hoppe das Straßenland in der Kaiser Wilhelm -, Blanken- burger» und Buchholzerstraße aufgelassen hat, wird die Erteilung einer Auflassungsvollmacht an den Schöffen Sörger beschlossen. Nach einem früheren Beschluß sollte das nebenanliegende Armen- hauSgrundstück zum Friedhofe htnzugenommen werden. Der KreisphysikuS hat nun in seinem Gutachten ausgesprochen, dah vom hygienischen Standpunkte aus Bedenken vorliegen. Es soll nun zum nächsten Jahre in der Nieder-Schönhausener Forst ein neuer Friedhof eingerichtet werden. Die Anstellung eines Land. messergehülfen mit einem Gehalt von 120 bis 150 M. wird be- schloffen. Ferner werden für die Einrohrung deS Grabens am Siegfriedsteg 200 M. bewilligt. Der Bürgermeister Abraham machte noch die Mitteilung, daß er beabsichtige, eine bessere Be- leuchtung des Ortes durch hängendes GaSglühttcht einzuführen.— Die Postbehörde hat den Wünschen der anliegenden Bewohner Rechnung getragen, indem sie in der Kaiser Wilhelmstraße. Ecke der Beuthstraße, einen Briefkasten anbringen wird. Des weiteren teilt sie mit, daß an Sonn- und Feiertagen nachmittags von 6 bis 7, Uhr mit die Annahmt von Telegrammen und der Perlani von Briefmarken in kleineren Mengen bis zu 1 M. zugelassen ist, daß aber auch gegen eine besondere Einlieferungsgebühr von 20 Pf. Einschreibebriefe und gewöhnliche Pakete angenommen werden. Em der frauenbevyegung. Plättlehrlinge. Wegen unseres Artikels„Billige Arbeitskrast" in der Nummer vom 4. Mai erhielten wir eine Zuschrift von einem Waschanstalts- besitzer, der sich gegen unsere AuSlasslingcn wendet. Bekanntlich übten wir Kritik an einem Artikel des„Waschereibcsitzer", in welchem gefordert wurde, anstatt der jetzt üblichen zwei- bis dreimonatlichen Lehrzeit für Plätterinnen eine solche von einem Jahre einzuführen. Wir nannten das Ausbeutung von Arbeitskräften. In der Zuschrift wird das bestritten unter Hinweis darauf, daß in der verlängerten Lehrzeit Kostgeld gezahlt werden soll. Das ändert die Sache aller» dings etwas. Von der Notwendigkeit der einjährigen Lehrzeit sind wir trotzdem noch nicht überzeugt. Folgendes Recheuexernpel wird aufgemacht: Lehrgeld 20 M., Selbstbeköstigung sechs Wochen lang 45 M., zwei Monate Miete 15 M. Also 80 M. Unkosten. Gleichzeitig wird bemerkt,— was in unserem Artikel verurteilt war— daß die Plätterin nun noch nicht so viel gelernt hätte, um selbständig arbeiten zu können, sondern wieder in Dienst gehen müsse. Also keine Widerlegung, sondern nur eine Wiederholung dessen, was wir bereits schrieben I Um uns nun von den humanen Bestrebungen der Plätterei- besitzer zu überzeugen, erhalten wir gleichzeitig mit der Zuschrift einen in der Wochenschrift der Plättanstattsbcsitzer vom Zuscnder selbst verfaßten Artikel über:„Die Reform der Lehrlingsausbttdung". Da wird nuter anderem ausgeführt: Das Lehrverhältnis müßte kontraktlich festgelegt werden, unter Festsetzung einer vierzehntägigen Probezeit, binnen welcher beiden Teilen das Recht zusteht, zurückzutreten. Um zu verhindern, daß der Lehrling vor Ablauf der Lehrzeit davongeht und wo anders als Plätterin resp. Plätter arbeitet, soll zunächst grundsätzlich kein Lehrling über 20 Jahre alt eingestellt werden. Für Arbeiter und Arbeiterinnen unter 21 Jahren besteht die gesetz- liche Bestimmung, daß dieselben ein Arbeitsbuch haben müssen, in welchem der Arbeitgeber den Tag des Ein- tritts und des Austtitts und die Art und Dauer der Beschäftigung einzutragen hat: Zur wahrheitsgemäßen Ein- tragung fei der Arbeitgeber verpflichtet. Zeigen sich nun im Arbeits- buche einer fich meldenden Arbeiterin resp. eines Arbeiters: Tag des Eintritts: 1. Juli, Art der Beschäftigung: Plättlehrling; Tag des Austritts: 1. September, Art der letzten Beschäftigung: Plätt- l e h r l i n g, so wisse man, daß man es mit einem fortgelaufenen Lehrling zu tun habe und er werde nicht eingestellt. Die Aussicht auf solche Eventualitäten werde die Lehrlinge veranlassen, die Lehr« zeit innezuhalten, damit eS beim Verlassen der Lehrstelle im Arbeits« buche heißt: Art der letzten Beschäftigung: Plätterin oder Plätt« gehülfe.". Das klingt echt zünftlerisch I Schlimmer niachen es die Scharfmacher auch nicht. Wenn man Bange hat, daß ein Lehrling ausreißt, um dann in anderen Betrieben als Gehülfe arbeiten zu können, so beweist das nur, daß es doch möglich ist, in einigen Wochen die„Kunst des Plättens" zu erlernen.— Sehr schön nimmt sich der Satz aus: Lehrlinge über 20 Jahre alt dürfen nicht ein« gestellt werden! DaS klingt denn doch etwas faul. Hier fürchtet der Plättanstaltsbesitzer den Konkurrenten; denn wer so alt geworden ist, wird sicher möglichst bald selbständig werden wollen. Das ist des Pudels Kern. Merkwürdig finden wir es, daß ein Mann mit solchen An- schauungen sich auf seine Parteigenossenschaft beruft und mit folgender Abgeschmacktheit schließt:„Wenn uns der„Vorwärts" so behandelt. dann mag er sich seine Abgeordneten von den Plätterinnen wählen lassen!" Wir wollen dazu bemerken, daß unS die Stimme einer ziel- bewußten Plätterin mehr wert ist, als die eines PlättereibesitzerS mit so rückständigen Anschauungen, wie sie in der Zuschrift zutage treten._ Die JahreSkonferenz der Brbeiterinnen-Liga von England trat am Sonnabend in der Caxton-Halle in London zusammen. Frau Mac Donald sagte in ihrer Eröffnungsansprache, daß es ein Zweck der Liga sei, Frauen heranzubilden, die an der politischen Tätigkeit der Arbeiterpartei teilnehmen; ebenso gelte es, Frauen für die soziale Reformtätigkeit zu gewinnen. Die Frage der Verbindung der Liga mit der Arbeiterpartei wurde diskutiert und bcschloffen, der nächsten Jahreskonferenz der Partei den Anschluß vorzuschlagen. Die Arbeits- losigkeit der Frauen, die Kinderarbeit und das Frauenstimmrecht waren Gegenstand weiterer Diskussionen. Es wurde den Mitgliedern überall zur Pflicht gemacht, in ihren Gemeinden dafür zu wirken, daß Bestimmungen zum Schutze der Kinder gegen die Ausbeutung von Unternehmern erlassen werden und streng über die Erfüllung der Bestimmungen zu wachen. Energisch sprach man sich dafür aus. daß in bezug auf das Frauensttmmrecht Männern und Frauen das gleiche Recht als Bürger und Bürgerinnen gewährt werden müffe. Keir Hardie sandte der Konferenz ein Schreiben, in welchem er besten Erfolg wünscht und der Hoffnung Ausdruck gibt, daß die politische Gleichberechttgung der Frauen bald zur vollendeten Tatsache in England werde. Wo das F r a u e n st i m m r e ch t in Frage kommt, da sind sich die Vereinigungen der verschiedensten Richtungen modern denkender Frauen in England klar, daß diese Forderung von allen mit Nach- druck erhoben werden muß. Zahlreicher als je vorher fließen die Geldbeiträge für die Agitation. Viele reiche Frauen zeigen sich zur Unterstützung bereit und manches gute Beispiel wird gegeben. Elisabeth RobinS, die Verfafferin deS Theaterstücks „Votes kor Women"(Stimmen für Frauen) gibt 25 Prozent der Tantiemen des zugkräftigen Stückes für die Agitation und macht damit zugleich eine gute Reklame, die doppelten Nutzen bringt.— Daß die Frauen auch zum Leiden und Dulden für ihre Sache bereit sind, zeigt der Bericht der„Womeus Social and Political Union", der eine Liste von 163 Frauen und Mädchen auf- führt, die zusammen über sechs Jahre Gefängnis erlitten, weil sie mit Eifer für das Frauenstimmrecht einttaten und in öffentlichen Demonstrationen sich hervortaten. An den Wahlen nahmen die Frauenvereine dadurch Anteil, daß sie die Kandidaten, die für die Sache des gleichen Stimmrechts eintraten, lebhaft unterstützen und den Gegnern eine Niederlage zu bereiten versuchten. Sie haben da- mit schon einige Erfolge errungen. Wttteron«»Ld«r6<f>t vom SL. Mai 19 07, morar»» 8 Ilde. Wetter- Prognose für Donnerstag, SZ. Mai 1907. Etwas wärmer, trocken und vorwiegend heiter bei schwachen südliche» Winden. Berliner Wetterdur»«,» SterUner Marktpreise.«luS dem amtlichen Bericht der städtischen Markiballen-Dircktion.(Großhandel.) Rindfleisch l» SS— 70 pr. 100 Pid., IIa 60-65, lila 56—50, Bullcnfleisch la 61-68, IIa 54-62. Kühe, seit 52—58, do. mager 42—50, Fresser 50—62. Bullen, dän. 0,00, bo. Holl. 0,00. Kalbfleisch. Doppellender 100—125, Mastkälbcr la 88—94, IIa 76—81, IITa 0,00, Kälber ger. gen. 52—67, do. Holl. 0.00, dän. 0,00. Hammelfletsch Zliastlnrumer 68— 72, la 64—67, IIa 57—63, Schafe 51—56. Schweincfletsch 47—54. Rchbock la Per Pjund 0,60—0,75. Da 0,50-0,60. Rothirsch , Mschuß 0,53-0,62. Damwild, plomb. 0,00. Wild-
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