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Nr. 126.

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Vorwärts

Berliner   Dolksblatt.

24. Jahrg.

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Telegramm Adresse: ., Sozialdemokrat Berlin  ".

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  .

Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69.

Fernsbrecher: Amt IV. Mr. 1983.

Sonntag, den 2. Juni 1907.

Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV. Nr. 1984.

Unterstützt die ftreikenden Bäckergesellen gegen den Anschlag des Hefefyndikates!

Keine ,, Sklaven"!

Ein militärischer Mitarbeiter schreibt uns:

Stlave."

eines Freien ist.

"

der§121:

11

der§ 137:

Höfliche Intrigen.

Disziplinarstrafgewalt in seiner Weise handhaben sehen. Bei| Der langen Rede kurzer Sinn lautet: Ein Untergebener jedem Kompagnieererzieren diftierte er fünf bis sechs Mann muß auch dann mindestens sechs Monate ein. je drei Tage mittleren Arrest. Glücklicherweise hatte Glücklicherweise hatte der gesperrt werden, wenn er von einem Vorgesetzten miß­Kompagniechef infolge seiner Morphiumsucht das Gedächtnis handelt und beschimpft wurde, ehe er ihn tätlich angriff. Auch nahezu vollkommen verloren, und daher bemerkte er es nicht, wenn der Vorgesetzte den Soldaten anspeit, ihn ins Gesicht Die Offiziere haben, wenigstens so lange sie nicht abgefägt daß der Feldwebel die Bestraften sehr häufig nicht in den schlägt, mit Füßen tritt, darf der Untergebene ihn nicht nieder­sind, einen ungeheuren Zorn auf die Sozialdemokratie. Der Arrest abführen ließ. schlagen. Läte er es dennoch), so würde er mit mindestens Grund dieses, den damit Beehrten allerdings sehr gleich- Aber nicht genug damit, daß die Disziplinarstrafordnung sechs Monaten Gefängnis bestraft. Am 6. April 1903 wurde gültigen Gefühls, ist bekannt: Die Sozialdemokratie schont dem Soldaten eine geradezu jämmerliche Stellung zuweist, ja vor dem Breslauer Kriegsgericht ein solcher Fall ver­auch Offiziere nicht, wenn sie Ungehörigkeiten und Fehler in das Militärstrafgesetzbuch treibt es noch handelt. Der Unteroffizier Bleul hat einen Musketier so ins der Armee entdeckt. Wie herrlich war es dagegen früher! ärger. Schon der Umstand, daß es für den Gemeinen" Gesicht geschlagen, daß er blutete. Bei der Abwehr der Da war die preußische Armee für die preußische Presse heilig den strengen Arrest( Dunkelarrest) vorsieht, ist eine Schläge hat der Mißhandelte seinen Beiniger mit der Hand und unverletzlich. Nur der selige Eugen Richter   ließ manch- Kulturwidrigkeit. Der Dunkelarrest paßt überhaupt nicht gestoßen. Dafür wurde der Musketier สิน sechs mal ein leises Oppositionsgefäusel los, das sich aber meist mehr in unsere Zeit. Das Einsperren in Gelasse, in die Monaten Gefängnis verurteilt. Es sei hier auch an die Wirtshausstreitigkeiten zwischen auch nur gegen militärische Budgetforderungen richtete. Jetzt weder Sonne noch Mond scheint, ist eine wahrhaft mittel­aber nörgeln die Zeitungen der vaterlandslosen Gesellen" alterliche Tortur, deren sich ein modern sein wollender Staat Soldaten und Unteroffizieren erinnert. Da sucht z. B. ein täglich am Heere herum; selbst der Parademarsch wird schämen sollte. Unteroffizier einem Soldaten ein Mädchen abspenstig zu von ihnen nicht respektiert! Ja sogar Offiziere, die Unter- Wie hoch das Militärstrafgesetzbuch Gesundheit und Leben machen. Zuletzt wird ein Streit daraus, an dem sich auch gebene mißhandelt haben, nennen sie frech beim Namen und der Soldaten einschätzt, ergibt sich drastisch aus§ 123. Macht andere Soldaten beteiligen. Erhält der Unteroffizier auch nur schweren machen unehrerbietige Bemerkungen dazu. Kein Wunder, daß sich ein Vorgesezter einer Körper ein paar Büffe, so ist nach§ 106 des Militärftrafgesetzbuches auch der preußische Kriegsminister im Laufe der Zeit sehr erlegung, begangen an einem Untergebenen, schuldig, die Meuterei fertig und die armen Soldaten, die sich an erbost geworden ist und im Reichstag gegen die Sozialdemo- so kann er nach dem genannten Paragraphen in minder Seiner Majestät dem Herrn Unteroffizier vergriffen haben, fratie gräßlich wütet. Am 25. April 1907 ist er ganz be- schweren Fällen mit einem halben Jahre Festungshaft müssen zu mindestens fünf Jahren Zuchthaus wohlgemerkt sonders in Hike geraten, wozu ihn vielleicht auch das davonkommnen. Ist der Untergebene infolge der Körper Buchthaus! verurteilt werden. Bewußtsein angespornt hat, daß die jetzige Reichstagsmajorität verlegung gestorben, so kann in minderschweren Fällen Da die Disziplinarstrafordnung und das Militärstrafgeset eine Hurramehrheit vorstellt, wie sie so bald nicht mehr auf nur ein Jahr Festungshaft erkannt werden. Und wie die Stellung des deutschen Soldaten in der geschilderten Weise zusammenkommt. gemütlich es in den Festungen, die zur Aufnahme von Ge-" regelt", nimmt die Sozialdemokratie sich auch ohne hohe Besonders unangenehm empfindet cs Se. Erzellenz, daß fangenen dienen, zugeht, weiß man ja. Wir erinnern nur an friegsministerielle Erlaubnis die Freiheit, daraus die Ston die Sozialdemokratie die entwürdigende Stellung, die das die lehrreiche Momentaufnahme, die vor einigen Jahren den sequenzen zu ziehen. Und wenn der Herr Kriegsminister sich preußisch- deutsche Armeesystem dem sogen. gemeinen Soldaten Fähnrich Hüssener, der einen Einjährigfreiwilligen erstochen darüber ärgert, so bleibt ihm nichts anderes übrig, als die zuweist, ungeschminkt kennzeichnet. Mit Entrüstung warf er hatte, auf der Festung darstellte. genannten Vorschriften ändern zu lassen. der Sozialdemokratie vor, daß sie den Glauben erwecken wolle, Die Paragraphen 121 und 137 des Militärstrafgesetz- So lange sie bestehen, wird an ihnen genörgelt. Darauf tann der gemeine Soldat sei in der deutschen Armee ein buches zeigen sogar, daß der militärische Straffoder den Se. Exzellenz sich verlassen. Soldaten niedriger einschäzt als einen Dienst­Die Entrüstung ist häufig ein sehr schöner psychologischer gegenstand, z. B. ein Pferd, ein Gewehr usw. Es be­Brozeß, aber sie beweist gar nichts. Wir aber wollen auf ftinant nämlich Grund unum stößlicher Tatsachen darlegen, daß das preußisch- deutsche Militärsystem den gemeinen Soldaten tat- Wer einen Untergebenen Wer vorfäßlich oder rechtswidrig Wie alljährlich in parlamentsloser Zeit hat auch jetzt sächlich in eine Lage verfekt, von der man mit Rück- beleidigt oder einer vorschrifts- einen Dienstgegenstand wieder die anständige" Presse einige politische Raritäten ficht auf die Anschauungen, die jezt über die widrigen Behandlung beschädigt, zerstört oder preisgibt, entdeckt, mit deren Betrachtung sie ihre Leser unterhält. Der Rechte des Menschen gang und gabe sind, ge- desselben sich schuldig macht, wird wird mit Freiheitsstrafe eine dieser rechtzeitig eingetretenen Borfälle" ist der Besuch mit Freiheitsstrafe bis bis zu zwei Jahren trost behaupten kann, daß sie nicht diejenige zu zwei Jahren bestraft. Ist straft; in besonders ich we- der englischen Journaliſten und die bei dieser Gelegenheit die Beleidigung eine verleum- ren Fällen fann zugleich von Gastgebern und Gästen gehaltenen verdauungsförder­Da besteht z. B. die Vorschrift, daß der Untergebene sich berische, so tritt Gefängnis bis auf versezung in die lichen Tafelreden; der zweite besteht in dem Rücktritt des über eine disziplinär verhängte Strafe erst dann be- zu fünf Jahren ein. zweite Klasse des Sol Grafen Kuno v. Moltke   von seinem Posten als Kommandant schweren darf, wenn er sie berbüßt hat. Hier ist zu batenstandes erkannt von Berlin  : einem welterschütternden Ereignis, dessen Ur­bedenken, daß der Gemeine auf disziplinarem Wege bis zu werden. fachen auf allerlei Intrigen der Eulenburgischen Tafel­drei Wochen in den mittleren Arrest und bis zu 14 Tagen in Man sieht, daß für die Beleidigung und die vorschrifts- runde" zurückgeführt werden. Der nicht nur durch seine den strengen Arrest gesperrt werden kann. widrige Behandlung eines Untergebenen die gleiche Freiheits- eigenartige politische Geschicklichkeit, sondern noch mehr durch Im mittleren Arrest erhält er als Nahrung Wasser und strafe festgesetzt ist, wie für die Beschädigung usw. eines seine poetische Begabung bekannte ehemalige Wiener Bot­Brot und eine sogen. Holzpritsche als Lager. Nur Dienstgegenstandes. Für das letzte Reat ist außerdem schafter Fürst Philipp Eulenburg   und der ihn umgebende am 4., 8., 12. und von da ab jeden 3. Tag werden ihm Bett eine Ehrenstrafe vorgesehen, für das erste, bei dem Kreis gleichgestimmter schöner Seelen, zu denen auch der und warme Koft gewährt. Im strengen Arrest wird er ebenso es sich nur um Menschen" handelt, nicht. Wir können Graf Kuno v. Moltke   gehören soll, haben, wie gemeldet wird, behandelt wie im mittleren Arrest. Als Verschärfung nicht umhin, hier an ein feinerzeit vielgenanntes Urteil zu den Staiser zu beeinflussen und für allerlei seltsame, zum tritt die Verdunkelung der Belle hinzu. Auf erinnern. Ein Mann des preußischen Husarenregiments Nr. 10 Wohl des deutschen Vaterlandes ersonnene Projekte zu ge­Bett und warme Kost hat er am 4., 8. und von da an stieß ein Pferd, das sich gewohnheitsmäßig abhalfterte, mit winnen versucht. So habe man z. B. daran gearbeitet, den jeden 3. Tag Anspruch. Und solche mittelalterlichen Strafen der Lanze in die Seite. Das Tier wurde wieder dienst- iezigen Reichskanzler zu Fall zu bringen und an seine Stelle fönnen am deutschen Soldaten kurzer Hand vollstreckt werden, brauchbar. Der Husar wurde in erster Instanz zu einen anderen zu sehen, der sich vornehmlich auf die innere ohne daß er die Entscheidung einer höheren einem Jahr Gefängnis und Verseyung in die Bolitik beschränken und sich speziell dem Kampf gegen die Instanz, ob die Strafe gerechtfertigt war, zweite Klasse des Soldatenstandes verurteilt. Sozialdemokratie widmen sollte, während die auswärtige anrufen darf! Er muß einfach ins Loch, auch wenn das In zweiter Instanz wurde auf 6 Monate Gefängnis erkannt. Politik dem Kaiſer als Spezialreffort verbleiben sollte, Unrecht, das ihm geschieht, auf flacher Hand liegt! Erst wenn Wenn ein Soldatenschinder mit 6 Monaten Gefängnis bestraft unter dem sachkundigen Beistand der Herren Tschirschky und er Tage, ja Wochen unschuldig eingesperrt war und dabei wird, muß er es sehr arg getrieben haben. des Fürsten Philipp. Durch irgend einen Zufall aber hungern mußte, daß ihm die Rippen krachten, kann er sich be- Was nun den Schutz anbelangt, den das Militärstrafgesetz- sei dem Kaiser der Plan verraten worden und die Folge sei scheinigen lassen, daß er eine solche Behandlung nicht verdient buch den Vorgesetzten gegen Zätlichkeiten von Unter- nicht die Entlassung des Fürsten Bülow, sondern der böllige hat. Einen Menschen unter allen Umständen bestrafen zu gebenen gewährt, so fann ein Slaven vogt   auch nicht abbruch der alten Beziehungen zwischen dem Kaiser und dem Fürsten Eulenburg sowie der Rücktritt des Grhfen laffen, auch wenn die Ungerechtigkeit der Strafe mit Leichtig- biel schärfer behütet werden. Im Felde steht auf tätliches dem Fürsten Eulenburg sowie der Rücktritt des Grhfen keit nachzuweisen wäre, entspricht tatsächlich nicht dem Vergreifen an einem Vorgesetzten im allgemeinen die Todes­v. Moltke   gewesen. modernen Freiheitsbegriff. Daran ändern die schneidigsten" strafe; in minder schweren Fällen ist eine Freiheitsstrafe von falt diesen sogen. Beeinflussungsversuch als eine in der Die bürgerlichen Blätter betrachten in erkünftelter Ein­Reden des Kriegsministers nichts. nicht unter zehn Jahren oder von lebens: preußischen Geschichte höchst seltene Erscheinung. Eine lächer­Es wäre töricht, zu leugnen, daß es auch humane Offiziere länglicher Dauer vorgesehen. Im Frieden variiert liche Fiftion! Politische Intrigen dieser Art sind eine un­gibt, die von ihrer Strafgewalt nur einen sehr mäßigen Ge- die Bestrafung des Reates zwischen Freiheitsstrafen von einem vermeidliche Konsequenz jedes persönlichen Regiments. Wo brauch machen. Aber damit wird das preußisch deutsche halben Jahre und 15 Jahren. Leider verbietet der zur Ver- der Eigenwille eines einzelnen entscheidet, wo sich also die Militärsystem nicht im geringsten entschuldigt. Wenn ein fügung stehende Raum die wörtliche Wiedergabe der ein- Aussicht bietet, durch Beeinflussung dieses Willens sich Vorteile Staat sein Heer durch die allgemeine Wehrpflicht rekrutiert, schlägigen Paragraphen, obwohl sie sehr lehrreich wäre. Aber irgend welcher Art zu verschaffen, da wird stets die höfisch wenn er also die tauglichen jungen Männer zum Militärdienst den letzten Abfat des§ 98 wollen wir genau zitieren, weil politische Intrige ihre Stätte finden. Je unabhängiger der 3 wingt, so hat er die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, er einen tiefen Einblick in die geschilderten Verhältnisse ge- Monarch in seinen Entschließungen vom Parlament und von die Ausgehobenen auch gegen inhumane Vorgesetzte zu währt. Dieser Paragraph handelt von den Fällen, in denen der öffentlichen Meinung ist, desto mehr bemühen sich die schützen. Diese Forderung erfüllt die Disziplinarstraf- der Untergebene von Vorgesetzten schwer gereizt wurde machtlüfternen Hof- und Beamtencliquen, ihn zu beein­ordnung in feiner feiner Weise; im Gegenteil liefert sie und sich daher auf der Stelle zu einer Tätlichkeit hin- fluffen. Das lehrt die Geschichte aller Despotien- viel­mit ihrer jedem Gerechtigkeitsgefühl hohn- reißen ließ. Am Schlusse ist hier zu lesen: leicht am besten die des Barenreiches. Auch Preußens Hof­sprechenden Bestimmung, daß der auf diszi-" Stellt sich die Handlungsweise des Vorgesezten als und Regierungsgeschichte liefert dafür genügende Beweise. plinarem Wege bestrafte Untergebene sich erst nach eine Mißhandlung oder sonst als herab Erinnert jei hier nur an die Namen Wartenberg und Wöllner. Abbüßung der Strafe beschweren darf, die Unter- würdigende Behandlung des Untergebenen Selbst die neueste Beit bietet manche Beispiele. Gerade jetzt gebenen rohen und mehr oder weniger geistestranten Vor- dar, so tann die Strafe, wo die Hälfte des Mindestbetrages veröffentlicht die Deutsche Revue" Auszüge aus dem Brief­gesetzten wehrlos aus. Man denke sich einmal eine solche mehr als sechs Monate beträgt, auf die Dauer von wechiel Rudolf v." Bennigjens, der die Tatsache beſtätigt, daß Disziplinarstrafgewalt in den Händen des erschossenen Ritt sechs Monaten ermäßigt werden; die Strafe darf die Berufung Bennigsens in das preußische Ministerium meisters v. Krosigk! Wir haben selbst einmal einen nicht den dritten Teil des Höchstbetrages der an- zu Anfang des Jahres 1878 nicht nur an den politischen Hauptmann, der ein hochgradiger Morphinist war, die gedrohten Strafe übersteigen." Meinungsverschiedenheiten scheiterte, die zwischen Bismarck