Nr. 126. 24. Jahrgang.
Aus der Frauenbewegung.
Dienstboten und Herrschaften.
Man schreibt uns:
Eine zweite Gnädige, sehr reich, aber völlig vom Geiz besessen, tischt ihren Angestellten halb verfaulte Kartoffeln und stinkendes Fleisch auf und ist empört über die Frechheit von Personen, die das nicht essen wollen, was sie zu geben für gut findet. In ihren Kaffeegesellschaften, die sie zu arrangieren nicht umhin kann, sind die anspruchsvollen Dienstboten von heutzutage ständiges Gesprächsthema.
Sonntag, 2. Juni 1907.
sie zu verschiedenen Zeiten in die verschiedenen Schulen bringen und Mädchen arbeiten, waschen und scheuern bei karger Kost und un von dort wieder abholen muß. In der Zwischenzeit fauft sie ein, wischt liebenswürdiger Behandlung bis 1 Uhr nachts. Von ihrem Lohn Staub, stopft und bessert aus. Dann kommt das Spazieren- müssen sie ersetzen, was dabei capores geht. Zum Schlafen weist gehen, die Nachhülfe in Musik und fremden Sprachen. ihnen Frau Sauberkeit eine stidige von Wanzen start bevölkerte Abends werden die Kinder gebadet, zu Bett gebracht und ihre Bodenkammer an, denn auch dem eigenen Wigwam einige Sorgfalt Garderobe nachgesehen. Das Hausmädchen schneidert von früh bis angedeihen zu lassen, dazu fehlt den Mädchen ganz und gar die Jm" Lokalanzeiger" erschien kürzlich ein Artikel, aus dem zu spät für die Familie, die schon eine Unmenge von Kostümen besitzt. Beit. Sie haben keinen Feierabend, keinen Sonntag. Sie sehen entnehmen war, daß man, um die Herrschaft vor schlechtem Per- Alle Schränke im Hause sind damit angefüllt. Das Personal muß elend aus und in den Gliedern zwickt sie ein angehender Gelentsonal zu schüßen, die Maßregel getroffen habe, daß die Stellen- seine Sachen in den Koffern behalten, denn nicht ein Plätzchen rheumatismus. Mit Neid Blicken sie auf ihre Freundinnen aus bermittler einem Mädchen, welches seinen Dienst ohne Kündigung ist mehr für dasselbe vorhanden. Die Köchin, frühere Amme des den Fabriken, die nach getaner Arbeit im Feierkleide am Arm des verläßt, kein Engagement mehr verschaffen dürfen. Diese Ver- Jüngsten, trägt, wenn sie nicht kocht, dasselbe umher. In diesem Liebsten dahergehen." Des Liebsten? Beter! Beter!" Run ja, ordnung dürfte voraussichtlich eine Verringerung der Dienstboten Haushalt klappt nichts! Die Gnädige, verlangt, daß das des Liebsten! Darf etwa ein armes Mädchen nicht glücklich sein? und eine Vermehrung der Prostitution zur Folge haben. Und Hausmädchen fortwährend schneidert und das kleine, ver- Wenn die Mitschwester von der Haute finance, die alles hat, sich man wollte doch, wenn ich nicht irre, die Prostitution bekämpfen! wöhnte Kind fast unausgesezt getragen wird, will auch, auf Bällen und Wohltätigkeitsbazaren ausbietet um„ bersorgt" Eine Reform in bezug auf die Stellenbermittelung war schon längst daß in ihrem großen Haushalt alles spiegelblank sei.„ Drei Leute zu werden, wie muß da der armen Magd, die zur Frauenrechtelet dringend geboten nur hätte der" dienende Stand", nicht der und doch keine Ordnung. Faules Volk!" teine Zeit hat, der Mann willkommen sein, der sie aus der Ab. herrschende geschützt werden müssen. Ich bin Erzieherin, gehöre hängigkeit, die ihr die Hölle bedeutet, erlöst, sie mit Liebe umgibt, also auch dem dienenden Stande an. Für ein Engagement, dessen sie nicht als Arbeitsmaschine, sondern als gleichberechtigten KaZeitdauer im voraus niemand bestimmen kann, habe ich dem Vermeraden betrachtet. mittler, nebst einer entsprechenden Anzahlung für seine etwaigen Madame N. N. war schon von jeher sehr schlagfertig und sehr schriftlichen Bemühungen, am Tage des Antritts 4 bis 5 Proz. kinderlieb. In aufgeräumtem Zustande erhält jedermann im Hause bom Jahresgehalt zu entrichten. Eine lange Zeit hindurch von ihr Prügel, der Mann, die Dienstboten nur die Kinder nicht. habe ich Gelegenheit gehabt, das Verhältnis zwischen Herrschaft Diese hänseln und ärgern Jette und Auguste wo und wie sie nur und Hauspersonal ad oculos zu beobachten und ich muß sagen, Ein Herr, Witwer, von ehrbaren Allüren, der eine 15jährige können, machen ihnen alles schmutzig, beehren sie mit Rosenen daß es viel angebrachter gewesen wäre, den Stellenvermittlern, die Tochter und einen großen Sohn hat, sucht per Annonce aus zoologischem Gebiet und spucken in die Kochtöpfe. Am Schla aus schnöder Selbstsucht immer wieder Mädchen auf Blähe schicken, eine gebildete Dame zur Leitung des Haushalts, Beauf- fittchen genommen und aus der Küche hinausgeworfen, erheben wo es nicht auszuhalten ist, eine namhafte Geldstrafe für solche sichtigung der Tochter und Führung der Geschäftskorrespondenz. sie ein mordsmäßiges Gebrüll vor Mutters Richterstuhl und die skrupellose Handlungsweise in Aussicht zu stellen, als die Prin- Ein Fräulein aus guter Familie tritt den Posten an und freut sich Ohrfeige, welche beim fleinen Hans gewiß nicht übel angebracht zipalität zu schüßen, die doch hier von zwei Parteien den stärkeren der ihr nun wirkenden Selbständigkeit. Aber kaum ist sie drei gewesen wäre, erhält nun die Köchin und verläßt sofort den Dienst. Teil repräsentiert. Ueberhaupt möchte ich den Kollektivbegriff Tage im Hause, so belästigt der ehrwürdig aussehende, schon er= Daß die Dienstboten in allen Ländern selten werden und auch Herrschaft" hier ein wenig näher erörtern. Wer ist denn eigentlich graute Herr sie mit zweideutigen Erzählungen und Redensarten. für vieles Geld kaum noch zu haben sind, ist ein Umstand, der eine Herrschaft? Ein jeder, der auf irgend eine redliche oder unredliche Er wird schließlich handgreifth und sagt ihr geradeheraus, was Sprache redet, die nicht mißverstanden werden kann. Zur Organis Manier zu Geld gekommen ist! Ich will nicht gerade hervorheben, beim Engagement ſein Hauptzwed war. Was bleibt dem Fräulein sation freilich haben die Aermsten keine Zeit, aber sie streifen daß einige Leute sagen:„ Ein ehrlicher Mensch kommt im ganzen übrig? Sie verläßt augenblicklich den Dienst. einzeln, eins nach dem anderen. In den Vermittelungsbureaus Leben zu nichts!" aber ich muß doch betonen, daß die Bereitläßt die Hausfrau umsonst ihren Lockruf erschallen: Wer wagt willigkeit, mit welcher man Leuten, die das Portemonnaie im es?!!". Haben Sie Kinder?" fragt die geohrfeigte Köchin. Ich Wappen führen, Ronzessionen macht, in unserer heutigen aufhabe meine Erfahrungen gemacht."" Wie ist die Kost bei Ihnen" geklärten Zeit nicht mehr am Blaze ist. Leider betrachtet die Auerlaubt sich die aus dem Hause der Geizigen zu fragen.„ Wie gemeinheit jede berechtigte Klage der Unbemittelten, die ein hartes viel Arbeit fordern Sie?" erkundigt sich die von der Firma SauberSchicksal in ein Dienstverhältnis zwingt, furzweg als Dienstteit. Und die Hausmonarchinnen schlagen die Hände zusammen botentlatsch", während das Lamento und Gezeter der Herrschaft und wünschen Pech und Schwefel herab auf die Rotte Korah im als legitim und berechtigt gilt. So wie man die Prostitution Mietsbureau. Ja, Ja, die Mädchen von heute!! niemals durch die gegen sie geschleuderten Anathemas ausrotten wird; denn ihre Ursache muß entfernt werden, so wird man dem Dienstbotenmangel nicht durch bloßen Spektakel abhelfen, sondern dadurch, daß man die bevorzugten lassen zwingt, den Mitmenschen, die ihnen ihre Dienste widmen, mit Achtung zu begegnen, ihnen ihren Sonntag und nach getaner Arbeit ihren Feiertag zu gönnen, sie anständig zu beköstigen und zu behandeln, kurzweg sie nicht als weiße Sklaven anzusehen, die jeder Willkür preisgegeben sind. Hiermit bitte ich Notiz von einigen meiner selbst ge= sammelten Erfahrungen zu nehmen:
Eine kinderreiche Familie bewohnt 8 Zimmer, der kleinste Junge, ein strammer Einjähriger, der Tag und Nacht Radau schlägt und auf den Armen herumgetragen wird, hat ein Kinderfräulein, ein Hausmädchen und eine Köchin in ihren Diensten. Das Fräulein ist vollauf durch die schulpflichtigen Kinder beschäftigt, die
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Ein anderes Bild! Eine Dame aus der guten Gesellschaft ist von unfreundlichem, cholerischem Temperament. Wenn sie zur Visite geht oder selbst Besuch empfängt, muß sie sich zusammen nehmen, ja sie bringt es sogar fertig zu fichern und zu lachen, aber dafüu hält sie sich privatim, wo das Noblesse oblige nicht herrscht, für den sich auferlegten Zwang schadlos. Sie schimpft und zankt, sie wirft mit den Türen, schneidet schreckliche Gesichter und ist mit nichts zufrieden. Je nun, das ist so die Art der Dame, ihre wahre Natur. Aber welchen Eindruck muß das auf ein arbeitswilliges junges Dienstmädchen machen, das da läuft und Ueber moderne Frauen sprach Julia Word Howe, Amerikas ge= springt, die Herrschaft zu befriedigen und doch nie eine freundliche feierte Schriftstellerin, an ihrem 88. Geburtstage in Boston ( am Miene sieht. Der Tag wird der Armen zur Ewigkeit. Alle Arbeits- 27. Mai). Sie gedachte der Frauenwelt aus ihrer Jugendzeit, die freudigkeit schwindet. Sie hat ein liebewarmes Elternhaus ver- von häuslichen Sorgen niedergedrückt war, und deren Sinnen und lassen müssen. Es ist ihr erster Dienst. Ob sie den Heldenmut be- Trachten von Nichtigkeiten ausgefüllt wurde. Damit vergleicht sißen wird, bis zum Kündigungstermin, der Dank der Vorsicht der sie das große Streben nach Bildung und höheren Genüssen und Hausfrau Xantippe noch ziemlich weit hinaus liegt, auszuhalten? Anerkennung ihrer Rechte, wie es die Frauenwelt der Gegenwart Wieder eine andere Hausmonarchin ist vom Reinemacheteufel auszeichnet. Zugleich spricht sie aber die Ansicht aus, daß die besessen. Bei ihr ist alle Tage Großreinemachefest. Mit der Modedamen von heute, vergleichen mit ihren Vorgängerinnen an Zahnbürste werden alle Rizen ausgescheuert. Sie selbst kriecht am Würde, an Charakter und innerem Gehalt Ginbuße erlitten haben. Fußboden hin und wischt mit der Hand nach jedem Stäubchen um- Es sei sonderbar, daß gerade diese Klasse, die kulturell zurückher, das ein von draußen Kommender vielleicht soeben herein- gegangen sei, sich anmaßt, den übrigen Klassen Vorschriften zu getragen hat und wehe den armen Dienstboten, wenn sie eins findet. machen und sie zu beeinflussen suchen in allen Dingen, welche die Ihr Mann ist im Begriff, sich von ihr scheiden zu lassen! Die Frauenwelt interessieren.
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