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feit einigen Tagen begonnen worden. Das Dach ist bereits vollständig abgedect. Ferner ist man damit beschäftigt, zwischen Potsdam und der alten Kiewittbrücke seitwärts der neuen Betriebsgleise Boden zur Anhöhung des alten Bahnförpers heranzuschaffen. Die Montage des eisernen Ueberbaues der Unterführung der Alten Luisenstraße schreitet rüstig vorwärts. Die Arbeiten werden von der Maschinenfabrik Christoph in Niesky D.-L. ausgeführt.
Gerichts- Zeitung.
Zur Plackerei von Vereinen.
Der Vorfiende des sozialdemokratischen Wahlvereins in Rottbus, Genosse Lehmann, wurde von der dortigen Polizeiverwaltung mittels Verfügung vom 14. Nobember 1906 bei Androhung einer Geldstrafe von 20 M. aufgefordert, ein vollständiges Mitgliederverzeichnis einzureichen, obwohl bei Begründung des Vereins ein Verzeichnis der damaligen Mitglieder und später eine Mitteilung jeder Aenderung der Vereinsmitglieder eingereicht worden war.
Selbstverständlich kam Genosse Lehmann diesem gesetzwidrigen Berlangen der Bolizei nicht nach. Er wandte sich beschwerdeführend an den Regierungspräsidenten in Frankfurt a. Oder. Dieser wies die Beschwerde mit der Begründung zurüd, daß bei der äußerst schnellen und großen Steigerung der Mitglieder zahl des im Jahre 1903 gegründeten Ortsvereins das ersteingereichte Verzeichnis umfaßte nur 6 Mitglieder, während der Verein gegenwärtig etwa 700 zählt das Vorhandensein eines den gegenwärtigen Stand nachweisenden Mitgliederberzeichnisses nötig ist, um der Polizeibehörde den für ihre 3wede erforderlichen Ueberblick über den Werein zu verschaffen."
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Diese Verfügung eines preußischen höheren Beamten ist ein Brachtdekorationsstüd aus unserem Rechtsstaat". Genosse Lehmann hat sichs aufbewahrt, selbstverständlich aber die polizeiliche Aufforderung trotz der Polizeizwede" nicht befolgt.
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einen anderen Beamten ausgeführt werden. Unrichtig ist ferner,[ erbliden. Ein unglücklicher Krüppel, der Invalide Besede, daß Hartmann 9 Weichen zu bedienen hatte. Eine Weichen- dem beide Beine unter den Knien abgenommen der Mann geht tatsächlich ohne bedienung lag ihm überhaupt nicht ob. Wenn, wie der Artikel worden sind, schleppte sich die steinernen Treppen des Gerichtsbehauptet, Hartmann so häufig in das Stationszimmer eintreten Etelzen auf den Knien mußte, daß er, um Zeit zu sparen, die geöffnete Tür mit Bind- gebäudes hinauf, um sich in dem in der ersten Etage gelegenen Ges Der Aermste, faden angebunden hatte, so hat Hartmann dies nicht not richtssaal wegen BetteIns zu verantworten. wendiger Zeitersparnis halber getan, da bei durchschnittlich bei dessen Anblick jeder Mensch von Mitleid gepackt werden muß, 9 Zügen in der Stunde zwischen je 2 Zügen ein Zeitraum von hatte eines Tages auf der Straße gebettelt, war dann von einent eine kühne Tat, denn ausreißen etwa 6 Minuten lag. Es fehlte ihm daher auch nicht, wie be- Polizisten festgenommen" und in die Haftzelle gebracht worden. Richtern hauptet wird, an Zeit zur Verrichtung der Notdurft oder zum konnte der Mann Ginnehmen einer Erfrischung. und Publikum fonnte man es an den Gesichtern ablesen, wie man Unrichtig ist ferner, daß das Stationspersonal in Porz- über die Polizeihandlung dachte, zumal der Mensch, der nicht anders Urbach ein halbes Jahr lang keinen freien Sonntag gehabt habe. als nach dem Bibelwort:„ Klopfet an, so wird Euch aufgetan", ge= Hartmann insbesondere hat in den dem Unfall voraufgegangenen handelt hat, nicht weniger als 13 Tage in der Haftzelle zugebracht fünf Monaten an neun Sonntagen Ruhe und zwei Wochen hatte. Was sollte der Unglückliche, der sich, soweit es ihm möglich Urlaub gehabt, in welche noch zwei weitere Sonntage fielen. ist, von Kerbschnitzerei nährt, tun? Ein als Zeuge geladener Daß nach dem Unfall der Dienst verkürzt worden sei, ist Bureau- Polizeibeamter meinte, man habe hier noch solch ein gleichfalls im allgemeinen unzutreffend. In dem Dienstbezirt, Schmerzenskind", das auch schon mehrfach polizeis welcher dem Hartmann überwiesen war, ist überhaupt keine Ver- lichen Argwohn erregt habe. Das beste wäre, solche fürzung des Dienstes eingetreten, eine solche erstreckte sich auf Leute in ihre Heimat abzuschieben. Das Trauerspiel endete mit einen anderen Dienstbezirk und war bereits vor dem Unfall der Verurteilung des Krüppels zu fünf Tagen Haft. Diese Strafe wurde durch die erlittene Haft als verbüßt erklärt. angeordnet. da wundert sich der Erste Bürgermeister noch, wenn die auswärtige Presse nichts Gutes über den Halleschen Polizeikörper berichtet.
Im übrigen ist auch durch das gerichtliche Urteil ausdrücklich festgestellt worden, daß von einer Dienstüberlastung des Hartmann nicht die Rede sein könne.
Hartmann hat den Unfall dadurch verschuldet, daß er sich nicht, wie es seine Pflicht war, und was er unzweifelhaft zu tun imstande war, davon überzeugt hatte, ob die Fahrstraße für einen einfahrenden Güterzug frei war. Diese Ueberzeugung brauchte er sich nicht durch persönlichen Augenschein, der, wie behauptet wird, 14 Minuten in Anspruch genommen haben würde, zu verschaffen, er konnte sich hierüber vielmehr durch telephonische Anfrage bei dem Fahrdienstleiter im Nachbarbezirk vergewissern.
Die Verurteilung des Hartmann hat daher mit der Sparfamkeit des Fiskus nicht den geringsten Zusammenhang, sie ist vielmehr erfolgt lediglich wegen der von Hartmann bewiesenen Fahrlässigkeit."
Die vorstehende Darlegung der Eisenbahndirektion vermag nicht zu beseitigen, daß die Schilderung, welche unser Gerichts Später forderte die Polizeiverwaltung von Rott- bericht enthielt, in der Verhandlung von den Prozeßbeteiligten gebus von neuem die Einreichung eines vollständigen Mitglieder- macht ist. Selbst wenn aber nicht das im Prozeß, sondern das bon der Eisenbahndirektion entworfene Bild den Tatsachen ent verzeichnisses bei abermaliger Androhung einer Geld- spräche, vermögen wir das Urteil der Eisenbahndirektion und des Gerichts nicht zu teilen, daß eine Dienstüberlastung nicht vorliege oder daß solche mit dem Unfall in keiner Beziehung stehe.
strafe von 20 M.
werden?
Ein netter Trichinenbeschauer.
An=
Gegen diese Verfügung legte Genosse Lehmann, ver treten durch Rechtsanwalt Kurt Rosenfeld , Beschwerde ein. Er verwies darauf, daß nach§ 3 des Vereinsgesetzes nur binnen drei Tagen nach Stiftung des Vereins" ein MitEine Anklage wegen wissentlich falscher gliederverzeichnis eingereicht werden muß, im übrigen aber nur schuldigung führte gestern den Schlächtermeister Ernst jede Aenderung der Vereinsmitglieder" der Ortspolizeibehörde an- unert und den Trichinenbeschauer Friedrich Knorr aus zuzeigen ist. Es sei Sache der Polizei, auf Grund der An- Moßen vor die dritte Straftammer des Landgerichts II. In zeigen von Veränderungen selbst die Liste zu vervollständigen, wenn Moßen fungiert der Barbier Gersdorf als Fleischbeschauer und fie das Bedürfnis habe, ein vollständiges Mitgliederverzeichnis au batte in dieser seiner amtlichen Tätigkeit verschiedene Male Veranlassung, Teile der von dem Schlächtermeister Kunert geschlachteten besitzen. Tiere zu beanstanden bezw. zu konfiszieren. Kunert wandte sich Und dennoch wurde die Beschwerde von dem Regierungs - dann an den Mitangeklagten Knorr , um diesen zu ersuchen, präsidenten zurüdgewiesen. Erst als der Verteidiger weitere in einer Beschwerde an das Landratsamt einige angebliche PflichtBeschwerde bei dem Oberpräsidenten einreichte, wurden widrigkeiten des Gersdorf bei der Vornahme der Fleischunter endlich die gesehwidrigen Verfügungen der Rott- suchung zur Sprache zu bringen. Knorr kam diesem Ansuchen nach buser Polizeiberwaltung aufgehoben. Es war also und schickte unter dem Namen des Kunert eine solche Beschwerde erst in der dritten Instanz möglich, die Beachtung flarer Gesetzes- an das Landratsamt. Er fügte den beiden von Kunert behaupteten Verfehlungen noch aus eigenem Antriebe einen dritten Fall hinzu, bestimmungen durch die Polizei zu erzwingen. Wird nun gegen in welchem der Fleischbeschauer angeblich vorschriftswidrig gedie Polizei wegen ihrer gesetzwidriaen Drohung vorgegangen handelt haben sollte. Die Anklage nahm an, daß es sich bei der ganzen Anzeige, die sich als unzutreffend herausgestellt hat, um einen Racheaft des Kunert und um eine Art Brotneid seitens des Knorr handelte. Der Fleischbeschauer, Gersdorf beftritt im gestrigen Termin entschieden, irgendwie sich einer Pflichtwidrigkeit schuldig gemacht zu haben. Die Beweisaufnahme ergab auch nach dieser Richtung hin fein einziges belastendes Moment. Da aber nach Ansicht des Gerichts der Angeklagte Kunert möglicherweise subRichtig ist, daß der Eisenbahnassistent Th. Hartmann wegen jeftib überzeugt war, daß in den beiden von ihm zur Sprache gedes von ihm verschuldeten Unfalles am 9. Dezember vor. J. in brachten Fällen Verfehlungen des Herrn Gersdorf vorlagen Porz- Urbach zu 75 M. Geldstrafe verurteilt worden ist. Un- wiewohl das keineswegs der Fall war richtig dagegen ist die Behauptung, daß er vor dem Unfall eine frei. Anders lag die Sache bei Knorr , der den dritten Fall überaus anstrengende Dienstzeit hinter sich gehabt habe und noch aus eigenem Antriebe eingeflochten hatte. Er hatte den dienstlich überlastet gewesen sei. Hartmann hatte nach vorauf- Fleischbeschauer beschuldigt, ein mit Rotlauf behaftetes Schwein gegangener 15stündiger Ruhe den Dienst abends um 9 Uhr über- freigegeben zu haben. Die Beweisaufnahme ergab jedoch, daß das nommen, der planmäßig 8 Stunden dauern sollte. Bis zur Zeit fragliche Schwein nicht krank gewesen war und Knorr selbst dem des Unfalles( 3 Uhr morgens) berühren die Station Porz- Besitzer des Schweines seinerzeit die Versicherung abgegeben hatte, Urbach 53 Züge( stündlich also etwa 9), von denen sogar ein Teil daß es vollständig gesund fei. Das Gericht erachtete daher den die Station ohne Aufenthalt durchfährt. Die dienstliche Tätigkeit Angeklagten Knorr der wissentlich falschen Anschuldigung für überbei dieser Anzahl Züge stellt daher keine anstrengende Leistung führt und verurteilte ihn zu einem Monat Gefängnis. dar. Unrichtig ist ferner, daß Hartmann genötigt gewesen sei, die Fahrkarten zu sortieren. Das Sortieren der Fahrkarten Ein Bild des Jammers und Elends, so berichtet man uns war überhaupt nicht dringlich, konnte vielmehr in beliebigen Pausen und selbst noch am anderen Tage und, falls nötig, durch aus Halle a. S., konnte man in der letzten Schöffengerichtssitung
Sparpolitik des Eisenbahnfiskus.
Am 19. Mai hatten wir über eine Gerichtsverhandlung bor der Kölner Straffammer berichtet. Inter Bezugnahme auf diesen Bericht ersucht uns die Königliche Eisenbahndirektion Köln um Aufnahme ihre Erklärung:
so sprach ihn das Gericht
Barmherziger Staat.
Aus der frauenbewegung.
Franen, Genoffinnen, Proletarierinnen!
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Und
Die proletarischen Frauen greifen aktiv in den offenen Kampf im Bäckergewerbe ein.
Die zünstlerischen und scharfmacherischen Meister in Verbindung mit dem Hefesyndikat, welche glauben, durch ihren fein ausgeflügelten Streich die Gesellen überwinden, Arbeitern und Konsumenten ihren Willen aufzwingen zu können, müssen erfahren, daß sie gegen den Einfluß und die Kampffähigkeit der Frauen aber auch mit ihrem Sperrebeschluß nichts auszurichten vermögen. Für die proletarischen Frauen, für die Genossinnen ist es Ehrensache, den Sieg der Gesellen durchführen zu helfen.
Darum, Ihr Frauen des Voltes, beachtet strikte den Boykottbeschluß; duldet nicht, daß eines scharfmacherischen Meisters heimliches, hämisches Lächeln Euch begleitet, weil Ihr vielleicht nur aus Gleichgültigkeit gegen den Boykottbeschluß verstoßt. Wahret Eure Ehre und Eure Interessen, der Gesellen Gegner sind unser aller Gegner. In welcher Weise die Frauen am wirksamsten arbeiten, das erfahren sie in den heute abend stattfindenden Versammlungen. Keine Genoffin, teine Proletarierin darf heute abend fehlen!!!
Versammlungen- Veranstaltungen.
Verein für die Interessen der Hausangestellten. Donnerstag, 6. Juni, abends 8 Uhr: Deffentliche Versammlung in Dräsels Festsälen, Neue Friedrichstr. 35. Vortrag und Diskussion. Referentin: Frl. Berta Schaub:" Fort mit den Gesindedienstbüchern!" Rixdorf. Mittwoch, 5. Juni, bei Thiel, Bergstr. 151/152: Vortrag. Genofsin Kadeit: Was fehlt den arbeitenden Frauen in erster Linie?" Friedenau . Dienstag, 4. Juni, 8 Uhr, bei Grube: Vortrag. Dr. Röder: Rückgratverkrümmung". Reinickendorf - Ost. Mittwoch, 5. Juni, 8%, Uhr, im Lokal von Gründer, Hoppestr. 24: Vortrag. Frau Dtto. Röpenid. Am 9. Juni Kaffeepartie. Treffpunkt: Heuplak, Bahnhofstraße. Abmarsch 1½ Uhr.
Sozialdemokratischer Agitationsverein für den Wahlkreis Kalau- Luckau. Morgen Mittwoch, den 5. Juni, abends 81%, Uhr: Monats bersammlung bei Weihnacht, Grünftr. 21. Gäste willkommen.
Briefkaften der Redaktion.
Geöffnet 7 Uhr.
Die juristische Sprechstunde findet Friedrichstr. 16, Aufgang 4, eine Treppe( Sandelsstätte Bellealliance, Durchgang auch Lindenste. 101), wochentäglich von 7 bis 9% Uhr abends statt. Buchstabe und eine Zahl als Wierkzeichen beizufügen. Briefliche Antwort Sonnabends beginnt die Sprechstunde um 6 Uhr. Jeder Anfrage ift ein wird nicht erteilt. Gilige Fragen trage man in der Sprechstunde vor.
3. 1307. Sie könnten einen Sühnetermin beim Amtsgericht beantragen und wenn derselbe erfolglos fein sollte, durch einen Anwalt die Klage auf Herstellung der ehelichen Gemeinschaft anstellen lassen. Wenn dann die Frau innerhalb eines Jahres trotzdem zu Ihnen nicht zurüdfehrt, könnten Sie erst Scheidungsflage einreichen. Zwedmäßig ist es, wenn der Sühnetermin erfolglos ablaufen sollte, sich zur Anstellung der Klage das Armenrecht bewilligen zu lassen, weil die Kosten sonst etwa 50-100 M. betragen würden. Die Kosten werden dem für schuldig Erklärten oder dem abgewiesenen Teil auferlegt.
Achtung! Bäckerstreik! Achtung!
Kundensammelstellen.
Die verehrliche Bevölkerung von Berlin und Umgegend fordern wir hierdurch auf, falls fie aus belvilligten Bäckereien Ware haben wollen, in denjenigen Stadtvierteln oder Straßenzügen, wo
keine bewilligt habenden Bäckereien vorhanden
find, an nebenstehende
Kundensammelstellen
ihre Adresse gelangen zu laffen und zugleich mitzuteilen, wie viel Backware und Brot sie täglich brauchen und um welche Zeit die Ware geliefert
werden soll.
Die Streifleitung wird dafür sorgen, daß den sich Meldenden auf dem schleunigsten Wege die Ware ins Haus geliefert wird.
Auf Wunsch der dortigen Bevölkerung haben wir vorläufig folgende Kundensammelftellen eingerichtet:
Petermann, Moabit , Birkenstraße 28, Ecke Stephanstraße. Otto Wedermann, Fichtestraße 71.
Walter Sieber, Buchbinder, Lippehnerstraße 24. Hermann Barentin, Tilsiterstraße 81.
Max Thiele, Hohen- Schönhausen, Koskestraße. Emil Witte, Pankow , Florastraße 45. Winkelmann, Steglitz , Schloßstraße 104.
August Ihrke, Weißensee , Straßburgstraße 27.
Wo das Bedürfnis vorhanden, werden wir auf Wunsch weitere Sammelstellen
einrichten. Bäckermeister, die gewillt sind, auch für weitere Touren Lieferungen zu übernehmen, bitten wir, ihre Adresse im Streitbureau niederzulegen.
Falls bei der Lieferung von Anfang nicht alles nach Wunsch gehen sollte, bitten wir die verehrliche Bevölkerung um Nachficht, aber bei der Hartnäckigkeit unserer Gegner um energische Ausdauer.
Die Streifleitung.
Streifbureau:„ Sophien- Säle ", Sophienstr. 16/17.
Achtung! Radfahrer! Arbeitslose Radfahrer, falls sie gewillt sind, uns zu unterstützen, bitten wir herzlich, im Streiflokal vorzusprechen oder ihre Adresse dort abzugeben.
I. O.