sich in all den schriftlichen«eußemngen um oft VBertriebene,fanatische Ausdrücke deS tief verletzten nationalen Gefühls. Abervon Konspirationen gegen die Sicherheit des preußischen Staateskann nirgendwo die Rede sein. Auf die Beschuldigung, verboteneLieder in den Vereinsversammlungen gesungen und sich damit derAufreizung zu Gewalttätigkeiten schuldig gemacht zu haben, konntendie Angeklagten geltend machen, daß sie selbst das Vereinsliederbuchdem Amtsvorsteher vorgelegt hatten, daß dieser die ver-botenen Lieder angestrichen und damit die Angeklagten inden Glauben versetzt hatte, die nicht angestrichenen Lieder seien frei,weshalb dann diese gesungen wurden. Diese Darstellungmußte von dem Hauptzeu�en, PolizeiwachtmeisterGohla, auSdrücklich als richtig bezeichnet werden.Fünf Jahre lang haben die Berichte des überwachenden Beamtenseinem Vorgesetzten vorgelegen, ohne daß diese gegen die Rednerund den Berein einschritten. Natürlich können die einfachen Arbeiternicht beweisen, daß fie vor langen Jahre diese und jene jetzt alsverbrecherisch angesehene Aeußerung nicht getan haben. Der über-wachende Beamte aber vermag auszusagen, daß er seine vor Jahrenniedergeschriebenen Berichte für zutreffend hält, obwohl er zu«geben muß, daß er das Hochpolnische nicht be°herrscht, sondern nur einen polnischen Dialekt.Trotz des kläglichen und dürstigen Ergebnisses der Beweisauf-nähme hielt der Staatsanwalt die Anklage voll aufrecht. Nachihm wollte der RoSdziner Turnverein den Artikel 2 der preußischenVerfassung, der von der Unverletzlichkeit der LandeSgrenzen handelt,in seiner Wirksamkeit entkräften, indem er eS unterließ, der Polizeiden wahren Zweck des Vereins mitzuteilen, politische Versammlungenim Auslande abhielt und mit auslandischen politischen Vereinen inVerbindung trat, schließlich auch zu Gewalttätigkeiten aufteizte. Unddieser Vervrechen wegen beantragte der Staatsanwalt, sämtlicheAngeklagte schuldig zu sprechen und sie zu Strafenvon zwei Monaten bis zu ein Jahr drei Monatenzu verurteilen, den Verein aber zu schließen.Nach längerer Beratung fällt das Gericht das Urteil dahin:Die Angeklagten werden zu Gefängnis st rafen von einemMonat bis einemJahr drei Monaten verurteilt,der am schwersten verurteilte Plewnia, der Ausländer ist, wirdsofort verhaftet. Der Sokolverein„Falke" zu Rosdzin wirdgeschlossen. Die Begründung des Urteils schließt sich fast wörtlichden Behauptungen der Anklage an.*•"Der Prozeß ist für die preußisch-deutsche Rechtspflege überausbezeichnend. Unter dem politischen Druck, unter dem Mangel anwirklicher Schulbildung, unter der Verpfaffung, unter der Wirt-schaftlich elenden Lage stehen diese harmlosen polnischen Arbeiter.Sie eröffnen ihre Vereinigungen mit einem Hoch auf Kaiser undPapst, fingen nur die Lieder, die polizeilich als unverdächtig bezeichnetsind, sehen— in den Sozialdemokraten infolge der Hepredender Ordnungsbrüder einen Feind, der mit Waffen bekämpftwerden muß. Und diese politisch und religiös naiven Leute werdendennoch— wegen angeblich an Hochverrat grenzender Geheimbündeleiverurteilt. Und das fast ausschließlich aus Grund von Sentimentsund Ansichten unterer Polizeibeamten, die nicht einmal der Sprachevöllig mächtig sind, durch deren Anwendung gefrevelt sein soll lGegenüber einem so hervorragenden Mangel von Garantien für dieUnterlagen einer gerechten Rechtspflege erscheint das rein ad-ministrative Verfahren dem gesunden Rechtsbewußtsein fastnoch eher als diese Art deutscher Jusfiz Gerechtigkeit üben zu können.Diese Kritik unserer Justiz trifft nicht minder auf nichtpolnische Strafsachen, insbesondere auf die gegen Sozialdemo-kraten und gegen Arbeiter auf Grund gewerkschaftlicher Kämpfeeingeleiteten Verfahren zu. Deutschlands Justiz steht auf der tiefstenStufe der Rechtspflege aller modernen Völker. Eine solche Justizunterwühlt stärker, als es die schwungvollsten Reden und eiudriiig-lichsten Artikel tun könnten, die Autoritätsduselei uud die innere Kraftdes Landes. Insofern leiden die Opfer preußisch-deutscher Justiznicht umsonst._liiMche ßeamtcnuntreueIn lilecMeninirg.(Telegraphischer Bericht.)Schwerin, den b. Juni,Dritter Tag.Die Verhandlungen über die Riesenunterschleife auf demSachsenberg wurden heute mit der Erörterung derSeifenlieferunge«begonnen. Der Kaufmann Bärwald hatte o,e Seifenlieferungennach dem Sachsenberg. Bärwald hat die Seifenfabrik seinesVaters 1901 übernommen. Doch hatte dieser schon jahrelang dieLieferung nach dem Sachsenberg fast allein. Der Ankauf seitensder Irrenanstalt erfolgte ursprünglich freihändig, später wurdeer im Sulimissionswegr vergeben. Der Gesamtbetrag der Jahres-lieserung betrug etwa 4000 M. Der Angekl. Schultze gibt an, daßer von Bärwald ursprünglich bei der Bezahlung der Vierteljahrs»rechnungen sich 30 bis 40 M. geben ließ. Schließlich habe erdem Bärwald gesagt, er wünscfje eine bestimmte Summe» Bärwaldhabe ihm nur 5 Proz. bewilligt, die vom Gewicht der geliefertenSeife abgezogen wurden. Im übrigen habe er die LieferungendxS Bärwald öfter nachgewogen. Das Gewicht war richtig an-gegeben und die Lieferung genau nach Probe.— Vors.: Ist Ihnendenn klar, daß Sie das Geld nicht annehmen durften? Sie habendoch wahrscheinlich auch Bärwald bei der Vergebung der-Lieferungenbevorzugt?— Angekl. Schulde: GeWitz war es Unrecht. Bärwaldhat auch durch mich immer die Lieferungen' bekommen, trotzdemseine Preise nicht niedrig waren. Die anderen Bewerber bei denSubmissionen, insbesondere der Fabrikant Horngräber, bekamenhöchstens ganz kleine Anteile. Ich habe auch vorher immer demBärwald die Angebote seiner Konkurrenten und ihre Preisfest-fetzungen mitgeteilt,� damit er sie unterbieten konnte. Er hattemich darum gebeten und ich dachte mir nichts Schlimmes dabei.— Vors.: Das ist ja eine lange Kette von Pflichtvorletzungen,die Frage aber, die noch aufzuklären ist, ist die,vann diese Durchstechereien angefange»haben. Das Konto Schultze ist bei Bärwald erst seit dem Jahre1304 vorhanden. Es ist doch aber im hohen Maße wahrscheinlich,daß auch schon vorher Schultze feste Bezüge hatte.— Angekl.Schultze gibt das als möglich zu.— Bert. Cassow: Schultze hatmir gesagt, daß er sich nur deshalb von den Lieferanten Prozentehabe geben lassen, weilauch die anderen Beamtensich Prozente geben ließen und er nicht zurückbleiben wollteBors.: Glauben Sie wirklich an eine sostarke Korruption in unserer Beamtenschaft?Bert.: Der Angeklagte will gehört haben, daß dasgesamte Personal der Hofküchestch ebenfalls„schmieren" lieh.— Angekl. Bärwald gibt an, daßer dem Schultze ursprünglich stillschweigend bei jeder Lieferungund Zahlung zwei Goldstücke in die Hand gedrückt hätte. Dashabe im Januar oder Februar 1001 angefangen, vorher habeer ihm nur freie Seife für seinen Haushalt geliefert. Späterhabe er ihm dann auf Schultzes eigenen Wunsch und Vorschlagein Konto für 4 bis 5 Proz. des Warenwertes eingerichtet, weiler ihm die Lieferungen ja zu verdanken gehabt hätte und nichtkleinlich hätte sein wollen. Er habe es als persönliches Wohlwollenvon Schultze aufgefaßt, wenn dieser ihm die Offertesi der Kon-kurrentcn rechtzeitig mitgeteilt hätte, damit er immer mit seinenPreisen herunter gehen konnte. Er habe vierteljährlich mit Schultzeabgerechnet und ihm pro Jahr 110 bis 180 M. gezahlt. Schultzehabe ihm gesagt, er sei unterstützungsbedürftig, weil er mit seinemGehalt nicht auskommen könne. Die Anstalt sei ledenfalls nichtgeschädigt worden, Das gehe schon daraus hervor, daß er mitbM anderen Submittenten Horngttlber die Preise gemSF PenFeststellungen deS Seifenshndikats vereinbart und gleich normierthätte.— Mehrere Zeugen bestätigen im wesentlichen die Angabender Angeklagten.— Zeuge Seifcnfabrikant Horngräber erkennt an,daß Bärwald und er sich auf die Preise des Seifenringes bei derSubmission geeinigt hätten. Oberköchin Schmidt bestätigt, daßdie Bärwaldsche Seife immer guter Qualität gewesen sei.Zeuge Konrad war seit vielen Jahren im Geschäft des Angekl.Bärwald tätig. Er bekundet, daß er auf Anweisung Bärwaldsnur erstklassige Ware nach Sachsenberg geliefert habe. Der Bedarfin der Anstalt Sachscnberg sei auch in den letzten 10 Jahrendurchaus konstant geblieben und in keiner Weise gewachsen. Wenneinmal vorübergehend ein Mehrverbrauch eintrat, so hatte erganz natürliche Gründe.— Die weitere Beweisaufnahme überden Fall Bärwald bot wenig Bemerkenswertes.Die Verhandlung wurde, da morgen die Sitzung ausfällt, aufFreitag früh vertagt. Es wird dann der interessanteste Fall zurErörterung kommen, die Anklage gegen den HofschlächtermeisterWilck. Der Angekl. Wilck bestreitet jede Schuld, er will auch keineVerbindung mit dem angeklagten Betriebsinspektor Schultze gehabthaben. Wilck schiebt die Durchstechereien, soweit sie vorgekommensind, auf das Konto seines Mitangeklagten Buchhalters Müller,der bei ihm lange Jahre tätig war und sein uneingeschränktesVertrauen genoß. Auch von der Lieseruna minderwertigenFleisches will Wilck nichts wissen.*Ein Ifiallenproteft der Straßenbahner.Die ebenso ungeschickte wie vom Standpunkt einer vernünftigenWirtschaftsweise verwerfliche Aeußerung des Direktors Mcke, daß dieMitarbeit der Straßenbahnerftauen zur Erhaltung der Familie keinUnglück sei und den Frauen selbst eine gewisse Genugtuung ge-währe, hat tn den Reihen der Straßenbahner wie ihrer Frauenstarke Entrüstung hervorgerufen, die äußerst lebhaft in einer Ver-sammlung hervortrat, welche am Dienstag in den Musikerfälen statt-fand. Der große Saal war samt den Galerien gedrängt voll vonStraßenbahnangestellten und deren Frauen. Der Referent S ch u I tz k iund andere Vertreter des TranSportarbeiterverbandeS hatten Mühe,die Erregung soweit zu dämpfen, daß nicht der Gedankean einen plötzlichen allgemeinen Lohnkampf die Ober-Hand gewann, denn hie meisten Diskussionsredner meinten,daß man der Großen Berliner den Krieg erklären müsse.Ihre Frauen sollten sich ungestört dem Hauswesen und der Er-ziehung ihrer Kinder widmen können, eS sei wahrhastig kein erträg-licher Zustand, wenn fie noch mitverdienen müssen oder wenn dieAngestellten selbst Nebenverdienst suchen müssen, um fich selbst undihre Familien vor Hunger zu schützen. Eine Frau, die Gattin desFahrmeisters Schulz, hielt es für ihre Aufgabe, in ganz pro-dozierender Weise für die Direttion Partei zu ergreifen. EineStraßenbahnerftau, meinte fie, brauche nicht zu hungern, wenns i e m i t a r b e i t e. Sie selbst habe 16 Jahre gearbeitet und seidabei gesund geblieben. Diese und ähnliche Redensarten trug sie inso herausfordernder Form vor, daß man den Eindruck gewinnenmußte, fie sei abgesandt, um die Versammlung zur Auflösung zubringen. DieS gelang ihr allerdings nicht. Die Entrüstung derVersammlung erreichte ihren Höhepunkt, als jene Rednerin nochobendrein erklärte, fie werde eS denen.anstreichen", die gegen sieoder die Direktion austraten, und sie sich dann tatsächlich auch dieNamen verschiedener Diskussionsredner notierte, offenbar um sie zudenunzieren. Einige Frauen weinten vor Zorn über die Art wiejene Frau ihre und ihrer Männer Interessen mit Füßen trat. Allerückten von ihr ab, so daß sie schließlich mit ihrem männlichen Be-gleiter isoliert saß. Trotz aller aufregenden Zwischenfälle konnte dieVersammlung glücklich zu Ende geführt werden. Der Referentsprach sich dafür aus, daß man es vorerst noch versuchen solle, durchgütliche Vereinbarung annehmbarere Lohn- und Arbeitsverhältnissezu schaffen. Es war selbstverständlich auch nicht Zweck der Ver-sammlung, über einen Lohnkampf zu beschließen. DaS Ver-halten der Direktion und ihrer Vertreter trägt jedochdazu bei. daß die Angestellten immer mehr zu der Ansichtkommen, ein offener Kampf sei notwendig. Die dielen Maßregelungen,Entlassungen, die lediglich auf Denunziatton ohne Untersuchung, ohneVerhör der Angeschuldigten erfolgen, können sie nicht abschrecken,sich immer fester und zahlreicher einer leistungS- und kampffähigenOrganisation anzuschließen und in ihrem Geiste zu, wirken.Eine Maßregelung war auch der Versammlung vorausgegangen.Der Hofverwalter in der Kleinen Frankfurterstraße hatte von dreiAngestellten, die Einladungszettel zur Versammlung verteilten, einenerwischt. Morgens wurden die Zettel verbreitet, nachmittags 3 Uhrwar der Betreffende schon entlassen und seines Dienstes enthoben.Solche Hetze wird ihre Wirkung nicht verfehlen.ftis der parteuReichsliigenverbands-Material.Wir entnehmen der.Arbeiterzeitung" zu Dortmund:Im Reichstagshandbuch des Reichsverbandes war erzählt worden.daß vom Landgericht Essen der Vertrauensmann P a n z e l t vomalten Bergarbeiterverband wegen Unterschlagung von1000 M. zu neun Monaten Gefängnis verurteilt wurde. Wirstellten sofort fest, daß es einen Vertrauensmann Panzelt niegegeben hat. Nun kam die Schwindelkorrespondenz des Reichs-lügcnverbandes und erklärte, es handele sich nicht um einen Ver-trauensmann Panzelt, sondern I a n z e l t. Wir stellten daraufhinfest, daß eS auch einen Vertrauensmann Janzelt nie gegeben hat.In ihrer Nr. 32 reproduziert nun die genannte Korrespondenz einenBericht der„Rheinisch. Westfälischen Zeitung" vom 10. Oktober1905, nach welchem in Bochurn ein Vertrauensmann WilhelmJanzett aus Eickel wegen Unrerschlagung von Streikgeldernzu neun Monaten Gefängnis verurteilt wurde. Er habe einengewissen Hebbel damit betraut. Gelder auf Listen zu sammeln.Bei der Abrechnung behauptete Hebbel, vaß er 1000 M. ab-geliefert habe. Janzett dagegen erklärte, nur 500 M. empfangen zuhaben. Die Strafkammer in Bochum glaubte dem Hebbel und ver-urteilte Janzett zu neun Monaten Gefängnis. In gleicher Weiseschrieb auch die.Tremonia"in ihrem heißen Bemühen, demReichslügenverband Material zu liesern.Nun gibt es auch einen Vertrauensmann Janzett nicht. Nach.dem aber der Name Hebbel genannt wird, kann man erst finden,was die Reichslügenverbändler eigentlich meinten. DaS Bureau deSBergarbeiterverbandes schreibt darüber:„Es ist richtig, daß ein früherer Vertrauensmann unsere« Verbandes namens Janzyk aus Eickel seinerzeit vom Landgericht wBochum wegen angeblicher Unterschlagung von Streikgeldern ver-urteilt worden ist. Jedoch find wir, sowie alle, welche Janzyknäher kennen, heute noch felsenfest davon überzeugt, daß Janzykunschuldig verurteilt worden ist. Janzyk hat stets bestrittenund bestreitet auch heute noch, daß er von Hebbel das Geld er-halten hätte, er behauptet vielmehr, daß letzterer daS Geld unterschlagen und die Quittung gefälscht habe. Hebbel ist seit jener Zeitverduftet, möglich, daß er sich von hier weg sehnte, wo er stetsvor Augen hatte, wie durch seine Schuld eine Familie ins Unglückgestürzt worden war. Wenn auch daS Gericht von derSchuld Janzyks voll überzeugt war. so ist daS noch lange keinBeweis dafür, daß Janzyk auch schuldig ist. Die Ueberzeugung desGerichts gründete sich doch lediglich aus daS Zeugnis eben diesesHebbel, und da« besagt genug. Dem Gericht soll kein Vorwurf ge-macht werden, daß es sich durch da« ungemein dreiste Auftreten desHebbel hat irreführen lassen, aber für jeden Kenner der Verhältnissesteht, wie gesagt, fest, daß Janzyk schuldlos gelitten hat."fite RelchSverbZndler hatten fortgesetzt von einem BettraaenSemann Panzelt in Essen fabuliert, kein Mensch konnte wissen, daßdainit der Fall Janzyk in Eickel bei Bochum gemeint sein könne.Wenn die Verbandsleitung überdies versichert, sie sei felsenfest davonüberzeugt, daß Janzyk unschuldig verurteilt worden ist, so darf mandem wohl ohne weiteres Glauben schenken.poliseilicbes, SericbtUcbes ufw,„Eine sehr verständige Maßregel." Die„Deutsche Tageszeitung�meldet unter dieser Ueberschrift aus Gera:„Die reußischeRegierungsbehörde hat durch das Landratsamt verfügen lassen, daßvon Gemeinden Aufträge keinerlei Art, die aus Gemeindemittelnbestritten werden, an sozialdemokratische Unternehmungenvergeben werden dürfen. Der sozialdemokratische Gemeinderats-Vorsitzende des Vororts Pforten hatte ein Bürgermeistergesuch inder sozialdemokratischen„Tribüne" veröffentlicht. Darauf hat daSLandratsamt verfügt, daß diese Bekanntmachung nicht auS Ge-meindemitteln bezahlt werden darf."So wird der Umsturz des Staates Reuß jüngerer Linieverhütet.Redakteiirfreuden. Genosse Oskar Hoffmann von„Freien Presse" zu Elberfeld hat eine Gefängnis-strafe von einem Monat angetreten, die ihm wegen an-geblicher Polizeibeleidigung auferlegt wurde.— Genosse Sauer-b e ck von der„Schwöb. Tagwacht" zu Stuttgart istauf acht Tage ins Gefängnis gegangen. Er soll die Krittlbüßen, die er an einem Pfarrer geübt, der einer 73 jährigen Frauwegen Beleidigung des Herrn Pfarrers zu drei Wochen Ge-fängnis verhalf.Die Presse vor der Revisionsinstanz. Verworfen wurde dieRevision deS Genossen Franke von der„Arbeiterzeitung"zu Dortmund gegen ein Urteil der Strafkammer Dortmund am3. Januar. Er war wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteiltworden.TZus Industrie und ftandd*Gegenwärtiger Stand der Viehpreise.So kräftig der Rückgang der Schweinepreise gegenüber demVorjahre ist, so stark ist der Vorsprung, den die jetzigen Preise vonRindvieh vor den damaligen haben. Für Berlin, an dessen Vieh«markt sich auch die Tendenz an anderen größeren Plätzen wider-spiegelt, betrug Ultimo Mai in Mark der Preis für 50 Krlo1903 1904 1907Ochsen.... 23-40 26—43 27-47Bullen.... 26-38 27—41 24-44Schweine... 40—47 42— 50 44—50Vergleicht man den Preisstand für Rinder mit dem Vorjahre, s«ergibt sich für die einzelnen Städte folgende Spannung: 50 Kil»Schlachtgewicht kosteten in Mark Ende Mai:1906 1967Breslau.... 22—37 23—3»Chemnitz.... 27— 46 29— 49Leipzig..... 23-48 28-52Dortmund... 27— 45 29— 48Frankfurt a. M.. 29— 46 31—49Köln a. Rh.... 27-43 23-46Der Kälberpreis ist dem fiir Rinder nicht ganz mtt gleicherSchnelligkeit gefolgt, so daß er sogar vereinzelt noch unter demNiveau der Jahre 1903 und 1904 steht. Mit 1906 verglichen ergibtsich aber fast durchweg ein Aufschlag, vereinzelt sogar ein recht be-deutender. In Mannheim z. B. kosten jetzt 50 Kilo Lebendgewicht57—68 M.. die 1906 zur gleichen Zeit erst 46-62 M. kosteten. Auchin Köln ist die Spannung— 7 Wl.— sehr groß. Schafe haben sichim allgemeinen gegenüber 1906 noch verteuert, seit 1903 sind sie so-gar gewaltig im Preise gestiegen.Laurahütte. DaS 3. Quartal deS laufenden Geschäftsjahre« hattrotz der ungünstigen Verhältnisse bei den russischen Werken,wiederum eine höhere Gewinnziffer gebracht. Der Bruttogewinnnach Abzug der Zentralverwaltungskosten und ObligationSzinsen be-trägt für diese Zeit 2 004 276.43 M., somit gegen den gleichen Zeit-räum des Borjahres 70 795,56 M. mehr, sodaß sich m den ersten9 Monaten des laufenden Geschäftsjahres der Gesamtgewinn auf5 768 745,70 M.. d. i. im Vergleich mit dem Vorjahr 245 664.93 M.höher stellt.Die Ergebnisse des Berichtsvierteljahres würden noch günstigergewesen sein, wenn sie nicht außer durch Arbeitermangel durch denaußergewöhnlich langen und harten Winter mit seinen massenhaftenSchneefällen und starken Frostperioden, die die Verkehrs« und Be-triebsverhältniffe besonders beeinträchtigten, ungünstig beeinflußtworden wären._Soziales*Zur Zeugnispflicht des Arbeitgebers.Heber die Verpflichtung des Geschäftsherrn, in bezug auf seinVerhältnis zum Angestellten vor Gericht Zeugnis abzulegen, fälltedas Kammergericht eine äußerst benierkcnswerte Enrscheidung.DaS Warenhaus Jandorf hatte mit einem Einkäufer, der zur Zeitnoch in einein Konkurrenzbetriebe angestellt war, ein Engagementabgeschlossen und sich durch Festsetzung einer hohen Konventional-strafe gegen Vertragsbruch gesichert. Der Einkäufer verblieb in seineralten Stellung, wurde mithin vertragsbrüchig und suchte dervom Warenhaus I. gegen ihn angestrengten Klage auf Erfüllung derKlage durch nebensächliche Einwände zu begegnen. Der Vertreter derklagenden Firma wollte nun in diesem Prozesse unrcr Beweis stellen,daß der Beklagte nicht aus eigenem Antriebe den Vertrag gebrochen,sondern von der Konkurrenzfirma zum Vertrags-bruch unter Zusicherung eines höheren Gehaltesverleitet worden sei, und beantragte die eidliche Ver-n e h m u n g der vier Geschäftsinhaber. Diese lehnten ihreAussagen ab, da sie nach der Zivilprozeßordnung nicht ver-pflichtet seien. Aussagen über Handlungen zu machen, derenAusführung ihnen zur Unehre gereichen würde. Auch überdie Gehaltsverhältnisse der Angestellten auszusagen, seien sie nichtverpflichtet.Der achte Zivilsenat deS Kammergerichts ent-schied, daß die Geschäftsinhaber in bezug auf die Verleitung zumKonttaktbruch mit Recht ihre Zeugenaussage ver-weigern können, da die Verführung zum Kontrakt-bruch zu den unehrenhaftesten Handlungen gehöre,die ein Kaufmann in seiner Stellung als Arbeitgeber überhauptbegehen kann. Anders liege indessen die Sache bezüglich derGehaltSfrage. Hier biete sich den Inhabern nicht die geringstegesetzliche Handhabe, ihr Zeugnis zu verweigern. Die Geschäfts-mhaber seien verpflichtet, über die Höhe des früheren undjetzigen Gehalts des Angestellten ihr Zeugnis abzulegen.Im Falle weiterer Zeugnisverweigerung kann daS Zeugnis»zwangSverfahren gegen sie eingeleitet werden.Zur Rechtlosigkeit der Dienstbote».Am 16. April berichteten wir über die rohe Dienstboten-Mißhandlung, die vor dem Schöffengericht in R e i n f e l d mit derFreisprechung der rohen Dienstherrin, einer Witwe Müller, geh.Beyer au« Klein-Schenkendorf endete. Diese hatte einer altenschwächlichen Dienstmagd, die vor Schwäche hingefallen war. dieRöcke hochgehoben und hatte ihr mit einem fingerdicken, etwa einenMeter langen Wcidenstock auf das bloße Gesäß geschlagen. Dannschleifte die Dienstherrm die alte Frau ins Haus. Die Magdblieb ohne ärztliche. Hülfe in der Kammer liegen.Einige Stunden später wurde ein Arzt' zugezogen. Dieserkonnte nur den bereits eingetretenen Tod konstatieren. DasSchöffengericht war zm Freisprechung gelangt, weil derStock kein„gefährliches Werkzeug' gewesen sei. Am Sonn-