Einzelbild herunterladen
 
  
liberalePaarung" komplett machte. Was wird ihrem Gchoße tu der Wmtersession 1907/08 entspringen? Tie Sozialdemokratie wird im Reichstage wiederum das Panier der internationalen Völker- und Menschenrechte auf- pflanzen. Sie darf sich keinen Illusionen darüber hingeben, daß sie die Sache der Menschheit, der Menschlichkeit auf einsamer Höhe zu vertreten haben wird. Milche Spitzel an der Arbeit. A»S Paris wird uns geschrieben: Vor einiger Zeit wurde von gut informierter Seite aus Ruß- kand gemeldet, daß der Pogroinorganifawr RatfchkowSky wieder an die Spive der politischen Polizei in Petersburg   getreten ist. Er war durch Enthüllungen in der ersten Duma derartig kam promittiert worden, daß er sür 11 Monate Rußland   hatte verlassen müssen. Die verschiedenen für die russischen Revolutionäre scheinbar kompromittierenden Ereignisse in Paris  , dann in Berlin   und schließlich in Zürich  werden mir von sehr einflußreicher russischer Seite als Ergebnisse erneuter Tätigkeit Ratschkowskys bezeichnet. Der angebliche russische Revolutionär Lau, der in Paris   von einem Omnibus herab schoß, ist in der russischen Kolonie dort gänzlich unbekannt. Er wurde als Jude ausgegeben, er spricht aber weder russisch noch Jargon. Daß die Aktion in Berlin   absolut wie das Hornberger Schießen aus- gegangen ist. steht fest. Nichts blieb übrig, als daß zwei Leute mit falschen Pässen betroffen worden sind, und auch bezüglich des falsche» Passes der einen Persönlichkeit bin ich zuverlässig unterrichtet. Der junge Mann hatte seinen richtigen Patz verloren und, um llnannehnilichkeiten zu entgehen, Ivar er leicht- sinnig genug, sich eines falschen PasscS zu bedienen, aber es liegt so wenig gegen ihn vor, daß er nunmehr den legitimen Paß von neuem erhalten dürfte. Und schließlich erscheint auch das Züricher   Ereignis, der Ueberfall der Polizeiwache, der Bombcnfund höchst eigenartig; bei dem Ueberfall ist niemand verletzt, und wie konnte man hoffen. einen Gefangenen befreien zu können, wenn Man in stiller Nacht eine furchtbare Knallerei veranstaltet. Ich werde darauf aufmerksam gemacht, daß russische Spitzel zurzeit in ruchlosester Weise das zivilisierte Europa   heimsuchen, allerlei terroristische Akte veranstalten, um damit einen doppelten Zweck zu erreichen. Es soll den russischen - Flüchtlingen und zwar auch den harmlosen das Leben mehr und niehr erschwert werden und es soll eine Stimmung in Europa   ge- schaffen werden, die neue Pogroms in Rußland   und sie sind in Borbereitung seitens der zivilisierten Welt milder be- urteilen läßt. '.' Die Erklärung, die in dieser Pariser Zuschrift für die Ereignisse in Zürich   und Paris   gegeben wird, hat sich dem aufmerksamen Be- obachter schon längst aufgedrängt. Daß der russischen Regierung, der Organisatorin der Judenmetzeleien, derartige Praxis im Alls» lande zuzutrauen ist, darüber bedarf es keiner Auseinandersetzimg. Das Wort vomrollenden VUlbel" ist bekannt genug, und die Ge- schichte der auswärtigen russischen Politik weist viele Blätter auf, die davon erzählen, wie die Regierung des Zaren den Mord als beliebtes Mittel zur Förderung ihrer Pläne verwendet. Ein der- derbtes Regiment, wie das an der Newa  , wird unbedenklich auch die niederträchtigsten Mittel verwenden. Abgehauite Cerrorismusliigen. Zwei infame Lügen von angeblichem sozialdemokratischen Terro- riSmus, die seinerzeit die Ordnungspresse kräftig fraiktifiziert hat. sind vor Gericht unschädlich gemacht worden. Der erste Fall spielt in Chemnitz  . Im Februar wußte die Scharfmacherpresse von einem furchtbaren E�zeß in der Maschinenfabrik Kappel   zu Chemnitz  zu berichten. Und dieser Exzeß sollte die Frucht des fluchwürdigen sozialdemokratischen TerroriSmuS sein. Ein wahres Schauer- gcmälde wurde entworfen. Da sollte von den Arbeitern mit zentiicr- schweren Gußstücken nach dem Werkmeister Müller geworfen worden fern, nur weil er sich als Gegner der Sozialdemokratie bei der Wahl betätigt habe. Wahr aber ist, daß in jener Fabrik seit dem Eintritt Müllers eine gewaltige Lohndrückerei ein- gesetzt hatte, die M. in der rigorosesten Weise durch- führte. Daneben war sein ungemein schroffes Auftreten gegen die Arbeiter schuld, daß eine allgemeine Erbitterung gegen ihn Platz griff, die sich schließlich, da Beschwerden bei der Direktion keinen Erfolg hatten, am 8. Februar Luft machte. Leider ging eS dabei ohne scharfe Redensarten und einige Püffe und Schläge für Müller nicht ab; das Maß der Verbitterung hatte eben einen Grad erreicht, daß die Besonnenheit verloren ging. Am Dienstag hatten sich wegen des Vorganges sechs Arbeiter vor dem Chemnitzer   Landgericht verantworten. Die Anklage lautete auf Nötigung. Haus- friedensbruch und Körperverletzung; sie stützte sich auf die Angaben des Müller, die von den zahlreichen Zeugen nur in ganz geringem Maße bestätigt wurden. Auch die angeblichen Wurfgeschosse find von Müller gesammelt und der Polizei und der Staatsanwaltschaft übergeben worden? eS waren kleine Gutzteilchen. von denen nicht bewiesen wurde, daß sie alle als Wurfgeschosse benutzt wurden, auch wurde nicht festgestellt, wer sie geworfen hatte. Das Zeugnis de» Arztes, den M. gleich nach dem Vorfall konsultiert hatte, lautete negativ. Der Arzt konnte nur sagen, daß er einen blauen Fleck und einige unbedeutende Hautabschürfungen gefunden habe. Aber die subjektiven Beschwerden Müllers machten das Gutachten deS Arztes umfangreich, das fiel selbst dem Staatsanwalt auf. Alles, alles, was für die Angeklagten be- lastend wirkte, war nur durch die Aussagen Biiillers g e d e ck t, auf die sich ja auch die Anklage aufbaute. Aber nichts, nicht em Wort brachte Müller von sozialdemokratischem Terrorismus vor! Und er hätte sicher das geringste mit schmatzendem Behagen verwendet. Das Urteil war hart. druckeS nicht erwehren, daß die presse nicht ohne Einfluß geblieben ist. elf, sechs und zweimal je vier verurteilt, zwei wurden freigesprochen. Das Gericht hatte die Angaben MüllerS für glaubhaft befunden, hinterlistiger Ueberfall wurde nicht als erwiesen erachtet. Es handelt sich also, das hat die Gerichtsverhandlung in vollem Maße erwiesen, um einen bedauerlichen Exzeß erbitterter Arbeiter gegen einen Lohndrücker und Antreiber von sozialdemo- kratischem Terrorismus aber ist auch nicht eine Spur gefunden worden I, Kie zweite Lüge hatte bei der Reichstagswahl im Wahlkreise Brandenburg-Westhavelland eine bevorzugte Stelle im Agitations- Material unserer Gegner. In den Flugblättern und ZeitungS- Eingesandts, in denen für die Wahl deS Nationalliberalen Görcke agitiert wurde, hat die angebliche Vergewalligung eines.Arbeiters' Richter durch organisierte Sozialdemokraten eine große Rolle gespielt. Was daran ist, daS hat die Genchrsverhand- lutta erwiesen» die am Montag lior vem Brand e n- burgerEchöffengericht gegen sieben orgamfierte Weißgerber stattfand. Sie waren angeklagt, gegen den§ lu3 der Gewerbe­ordnung verstoßen zu habe»! mittelbar, so behauptete die An- klage, hatten sie den Weißgerber Richter gezwungen,, dre Arbeit be. der Brandenburger Firma Wirth einzustellen.-ie Bewels- aufnähme ergab folgenden Sachverhalt. Der �eiggcrber Richter ist im Jahre 1S02 als«cVe.tSviNige be, der Firma Wirth eingetreten. Nachdem der Sticik üu'ubigt, Mten die meisten der früheren W.fchen Gehulfen an ihre alten Man kann sich des Ein Hetze der Scharfmacher- Die Angeklagten lvurden zu Monaten Gefängnis Plätze zurück. Oblvohl der Prinzipal den Richter mit noch einem Arbeitswilligen abgesondert von den anderen Arbeitern ließ, blieben Zwistigkeiten nicht aus. Im Jahre 1903 versuchten die Verbändler, R. für die Organisation zu gewinnen; R. lehnte jedoch ab Mehrfach ließ er sich in höhnischer Weise über die Be- strebungen des Ledcrarbeiter-Verbandes aus und rief auch sonst durch sein Betragen Aergernis und Auseinandersetzungen hervor. Die Verbändler ließen sich das provokatorische Verhalten des Richter schließlich nicht länger gefallen, sie beschäftigten sich mehrfach mit dem Verhalten R.s in ihren Versammlungen. R. muß davon Wind bekommen haben, denn eines TageS kam dieser Biedermeier zu dem Vorsitzenden der Zahl- stelle des Lederarbeiterverbandes und ersuchte um seine Aufnahme. Diesmal lehnten die Verbändler die Aufnahme Richters ab, da sie seinen Chareilter inzwischen genügend kennen gelernt hatten. Weil die Ver« Hältnisse immer unerquicklicher wurden, trat eines Tages eineKommission an Herrn Wirth, dem natürlich die Vorkommnisse nicht verschwiegen blieben, heran, und setzte ihm auseinander, daß ein Zusammen- arbeiten nicht, mehr möglich sei. Herr Wirth suchte noch zu ver- Mitteln, er machte den Vorschlag, Richter in die Organisation auf- zunehmen, vielleicht ändere er sich dann. Die Vcrbändler lehnten das aber dankend ab, sie reichten nunmehr ihre Kündigung ein, weil sie mit Richter nicht mehr zusammen tätig sein wollten. Herr Wirth überlegte sich die Sache und kam zu dem Entschluß. Richter zu entlassen. Nachdem das geschehen, nahmen die Verbändler die Kündigung zurück. Der Amtsanwalt beantragte trotz dieser negativen Beweis aufnähme Verurteilung und zwar gegen jeden der 7 Sünder 3 Tage Gefängnisstrafe. Genosse Rechtsanwalt Heine als Verteidiger aber wies nach, daß der Anklage jede Grundlage fehle. Wer habe versucht, jemand durch Drohungen oder Ehrverlctzungen zu zwingen, an Verabredungen zur Erzielung besserer Lohn- und Arbeits- bedingungcn teilzunehmen? Drohungen und Ehrverlctzungen seien überhaupt nicht nachgewiesen. Kein Zeuge, und selbst Richter nicht habe dergleichen bekunden können. Die Verbändlcr hatten Richter lediglich links liegen lassen; das war ihr gutes Recht. Richter sei nicht gezwungen worden, dem Verband beizutreten und es sei auch kein Druck auf Wirth ausgeübt, R. zu entlassen. Das Verhalten Richters habe die Verbändler veranlaßt, ihre Kündigung einzn- reichen. Herr Wirth habe dann vorgezogen, den schuldigen Richter zu entlassen. Das Gericht schloß sich diesen Ausführungen an; eS erkannt? auf Freisprechung sämtlicher Angeklagten. In der Urteils- begründung wurde anerkannt, daß das Vorgehen der organisierten Lederarbeiter durcb das Verhalten Richters diktiert gewesen sei. Es seien keinerlei Drohungen oder Ehrverketzungen erwiesen, der Z 153 der Gewerbeordnung also auch nicht übertreten. DaS Gericht erkannte ausdrücklich an, daß die Angeklagten, die organisierten Lederarbeiter, sich eines angemessenen Betragens befleißigt bntten. So hat also auch hier die gerichtliche Feststellung eine Lcrro- riSmuslüge gerichtet._ politifcbe Qeberlicbt Berlin, den 7. Juni 1907. Aufräumungsarbeiten. Das preußische Abgeordnetenhaus war heute angesichts der nahenden Ferien einigermaßen in Friedens- stimmung. Es nahm die Vorlage über den er- wetterten Grunderwerb a-m Nhein-Weser- Kanal nach den Beschlüssen seiner� Kommission und die Berggesetznovelle, die das Staatsmonopol für die Mutungen bringt, nach den Beschlüssen des Herrenhauses nach kurzer Debatte an. Der Nachtragöetat von 12 Millionen zur Gewährung von Teuerungszulagen an die unteren und mittleren Beamten fand sogar einstimmige An- nähme. Aber die Debatte hierüber lieferte doch noch manches nette Moment. Der Antisemit Werner erinnerte angesichts der Tatsache, daß man für die mittleren Beamten nur 5 Millionen statt der notwendigen 18 Millionen an- geblich aus Mangel an Geld bewilligt hat. daran, daß man bei der Erhöhung der Ministergehälter um 12000 Mark pro Mann nicht erst nach den Deckungsmitteln gefragt habe. Bei der Mehrheit herrschte, die größte Entrüstung darüber, daß solche Gedanken nichtnurimpreußischenVolke gedacht werden, sondern sogar im Dreiklassenparlament ausgesprochen werden dürfen. Dann charakterisierte der freisinnige Abg. Gytz- ling sehr nett den Vewillignngscifer der Konservativen und des Zentrums für die Beamten im Reiche durch die Darstellung ihrer Knauserigkeit tn Preußen, wo sie sich jeden Pfemng erst von den Petitionsslürmen der Staatsproletarier abzwängen lassen. Bei den Reichstagswahlen brauchen allerdings diestaatserhaltenden" Parteien die Bcamtcnsttmmen, auf die sie Unter dem Dretklassenivahlrecht pfeifen. Bei einem Gesetz beharrte das Abgeordnetenhaus auf seinem Willen. In den Jagdrechtsfragen wies es die Abänderungsbeschlüsse des Herrenhauses zurück und stellte seine frühere Fassung des Gesetzes wieder her. In dieserLebensfrage" bleiben die Junker fest. Auf der Tagesordnung der morgigen letzten Sitzung stehen Petitionen und kleinere JnitiatGanträge. Der freisinnige Wahlrechtsantrng. In einem.Krähwinkler Landsturm" Überschrievenen Artikel beschäftigt sich das.Berk. Tagebl." mit den Leistungen des preußischen Landtages, der bekannllich morgen geschlossen werden soll. DaS Blatt findet begreiflicherweise das Ergebnis allzu dürfsig und fragt mit Recht, weshalb denn eigentlich nach dem Pfingstfeste der Landtag noch zu einer Nachsession zusammengetreten wäre. Die Frage der Teuerungszulage hätte er, wenn er sich nach dem Reichstag gerichtet hätte, auch vor dem Pfingstfest erledigen können. Doch dieser Spott über die Leistungsunfähigkeit des preußischen Parlamentsfossils erscheint nebensächlich im Vergleich zu der scharfen Kritik, die das freisinnige Blatt an dem Rückzug der drei frei- sinnigen Fraktionen in der Wahlrechtsfrage übt. Der Beschluß dieser Gruppen, nicht auf die Beratung ihre? die Einführung des gleichen, direkten und geheimen Wahlrechts in Preußen fordernden Wahlrechtsantrages zu bestehen, um nicht die rechte Seite des Blocks zu reizen, geht selbst der Bescheidenheit deS Mosseschen Blattes wider den Strich. .Diese Erörterung(des Antrages)", schreibt eS..war schon deshalb nötig, weil mit Rücksicht auf den Schluß des Reichstage« vor Pfingsten der freisinnige Antrag auf eine Neueinteilung der Reichstagswahlkreise auf den Spätherbst verschoben worden war. Der Landtag kam sowieso noch einmal nach Pfingsten zusammen, diese Rücksicht auf eine schnelle Be- endigung der Geschäfte kam also nicht in Betracht.... Aber auch aus prinzipiellen Rücksichten hätte er zur Erörterung gestellt werden müssen. Denn kein Kundiger wird daran zweifeln, daß der konscrvativ-libcrale Block höchstens im Reichstage ein Scheindasein führt, während man im preußischen Abgeordnetenhause nicht einmal den Versuch gemacht hat, sich die ParungSgedanken des Fürsten   Bülow anzueignen. Die preußischen Konservativen gingen konsequent mit dem Zentrum, zunächst in Schulfragen, zuletzt auch noch in Sachen der TeuerungS- zulage für die notleidenden Beamten. Die links liberalen Parteien wurden überall geflissentlich ausgeschaltet. Da hätte es nahe gelegen, daß aus den liberalen Parteien heraus eine Klärung dieser verworrenen und für den Liberalismus sehr peinliche» Situation gefordert worden wäre. Man scheint auch in diesen Kreisen zuerst ein solches Bedürfnis sehr stark empfunden zu haben. Es wurde noch vor wenigen Tagen als selbstverständlich hin- gestellt, daß der Landtag nicht auseinandergehen werde, ehe er nicht zum liberalen Wahlantrag Stellung genommen habe. Diese Forderung hatte um so größere Berechtigung, als auch aus dem Zentrum ein von 81 Abgeordneten unterschriebener Antrag auf die Einführung des Reichstagswahlrechts in Preußen vorlag. Der Antrag mochte den reaktionären Parteien, zu denen in diesem Falle auch die Nationalliberalen gehören, noch so unbequem sein, aber er konnte nicht übers Knie gebrochen werden. Auch die Negierung hätte in irgend einer Weise dazu Stellung nehmen müssen. Die Gelegenheit war günstig; sie ist verpaßt worden. wie alle übrigen Gelegenheiten dieses Frühjahre? verpaßt worden sind, die eine Klärung der politischen Lage herbeiführe» konnten. Die liberalen Parieien haben größere Rücksicht au? das Ruhebedürfnis der konservativen Abgeordneten genommen, die schon mit einem Fuße im Coups stehen, um nach Hause zu fahren, als auf die Bedürfnisse der Wähler. Sie wollen eine gelegenere Zeit abwarten, um mit ihrer Wahlrechtsforderung vor den preußischen Landtag zu treten. Ob diese Zeil überhaupt kommt, und wann sie kommt, das weiß niemand." Es ist eben gekommen, wie es kommen mußte. Der stärkere Gefährte in dem schönen liberal-konservativeu Paarungsverhältnis, der Konservatismus, hat längst dem Freisinn die Rolle des schwächeren weiblichen Teils zugeschoben, der sich demütig den Launen und Wünschen des robusteren männlichen Lagergenossen unterordnet, nur um vor der Welt äußerlich das Paarungsverhältnis aufrechtzuerhalten und nicht vor dieser als weggeworfene feile Kon- kubine zu erscheinen._ Zweierlei Recht. Seit einer Reihe von Tagen wird in der gesamten Presse geger« hochstehende Personen der Vorwurf erhoben gegen den Z 175 des Strafgesetzes verstoßen zu haben. Der Vorwurf hat bei sehr maßgebenden" Leuten unbedingten Glauben gefunden, denn er hat zu verschiedenen Entlassungen geführt. Nur eine Person hört nichts oder glaubt nichts. Der Herr Staatsanwalt scheint nicht daran zu denken, daß eS seine Pflicht wäre, der Sache auf den Grund zu gehen. Er glaubt die Beschuldigungen nicht oder will sie nicht glauben. Für die letztere Annahme spricht der Umstand, daß auch die Erhebung der Klage des Grafen Kuno v. Moltie gegen Herrn Horden abgelehnt worden ist. Dies wäre wohl nicht der Fall gewesen, wenn man der Verurteilung Hördens sicher ge- wesen wäre. Daß die Persönlichkeiten, die in Bettacht kommen, einen hohen Rang einnehmen, kann doch im Lande der Rechtsgleich- heit und der gesicherten Rechtsgarantien keinen Grund bilden, dein Recht nicht seinen Lauf zu lassen. Ebensowenig der Umstand, daß der Prozeß anderen noch höher stehenden Personen unangenehm fein könnte. Wann hätte je in Preuße» Kabinettsjustiz gewaltet? Warum also bleibt der Staatsanwalt so untätig? Freilich es handelt sich nicht um Arbeiter, die in berechtigtem Zorn einen Streikbrecher einen Lumpen genannt haben. Aber kann dies in Deutschland   eine Aolle spielen? Wir möchten nicht mißverstanden werden. Wir haben Nieder» holt die Abschaffung des§ 175 befürwortet. Wir find dafür gerade von den Kreisen am gemeinsten angegriffen worden, die gesellschaftlich und politisch denen nahestehen, um deren vergehen eS sich jetzt handelt. Aber der Z 175 besteht heute noch zu Recht. Unsere Gegnerschaft gegen diesen Paragraphen dürste ja für die Staatsanwaltschaft kaum ins Gewicht fallen. Wir find auch Gegner des Majestätsbeleidigungsparagraphen, und trotzdem klagt die Staats» anwaUschaft fortwährend arme Teufel an, die ein« unvorfichttge Aeußerung gemacht haben. Im Ernste, es hätte an dem Bilde der deutschen   Herrlichkeit. das uns der jüngste Skandal enthüllt hat, ein wesentlicher Zug ge» fehlt, wenn auf ihm nicht zugleich die Fratze der Klassenjustiz mit ichlbar geworden wäre._ Brüsseler   Zuckerkonvention. In Brüssel   ist gestern die permanente international« Zucket!» kommission unter Borsitz des Direktor» der Handelsabtetkung im Ministerium für auswärtige Angelegenheiten zusammengetreten. Die Tagung wird. wie die Agence Hava»- Reuter meldet, be- andere Bedeutung gewinnen durch die Anttäge, die von den englischen Vertretern voraussichtlich gestellt werden, da die englische   Regierung nicht eine Auftechterhaltung der Konventton. wie sie vor vier Jahren abgeschlossen wurde, wünscht und die englischen Vertreter den Auftrag haben. Abänderungen vor- zuschlagen. Wie aus der gestrigen Ankündigung deS eng» lischen Staatssekretärs des Aeußern, Grey, im Unter- Hause hervorgeht, fordert England, daß für sein Gebiet jene Bestimmungen der Konvention außer Kraft gesetzt werden, die ver- langen, daß Prämienzucker unter Strafe gestellt wird. Wenn die Regierungen der beteiligten Staaten, erklärte Grey, der Meinung ein sollten, daß den englischen Ansichten nur durch den Rück- Witt Englands von der Konvention entsprochen werden könne, o würde die englische   Regierung bereit sein, zu dem nächsten möglichen Zeitpunkte die erforderliche Kündigung auszusprechen. Die englische   Regierung habe aber wissen lassen, daß. wenn die übrigen kontrahierenden Staaten eS vorziehen sollten, England durch ein Zusatzprotokoll von der Ver- pflichtung, die Strafbestimmungen durchzuführen, zu entbinden. eine Mndigung hierdurch für England unnötig werden würde._ Auch ein Unfehlbarkeitsdogmatiker. Einer unserer Reichstagsabgeordneten schreibt uns: Der im gestrigenVorwärts" berichtete Vorgang zwischen Windthorst und Professor v. Schulte über das Unfehlbarkeitsdogma  ruft mir einen ähnlichen Vorgang ins Gedächtnis. In den siebziger Jahren war der alte Westermeyer, Stadtpfarrer bei St. Peter. Ver- treter für München   ll im Reichstag. Westermeyer war ein alter jovialer Herr, der kein Blatt vor den Mund nahm. Eines Abends sitzt er mit mehreren Bekannten bei einem Glase Bier und kommt das Gespräch ebenfalls auf das Unfehlbarkeitsdogma und die oppositionelle Haltung� die damals Döllinger gegen dasselbe einnahm. Man stritt lebhaft hin und her. als plötzlich Westermeyer mit den Worten herausplatzte und damit dem Streit ein Ende machte: Glaubt der alte Esel(Döllinger) an so vielen Unsinn, braucht es ihm auf den einen mehr auch nicht an- zukommen.... Der Vorgang wurde damals im Reichstage viel besprochen und belacht._ Ein Nachspiel zu den Hurrawahlen. Schweidnitz  , 7. Juni.  (Privatdcpesche deSVorwärts".) Wegen angeblicher Aufreizung zu Gewalttätigkeiten die er in der Wahlbewegung verübt haben soll, wurde heute Genosse Paul Lungwitz aus Niedersalzbrunn von der hiesigen Straf- kammer zu zwei Monaten GefängniH verurteilt. Vom selben Gericht erhielt Genosse Fritsch vym Textil- arbeiterverbande wegen Beleidigung des Konunerzienrats Zwanziger 300 Mark Geldstrafe.