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Mr. 294.
Erscheint täglich außer Montags. Brets pränumerando: Vierteljährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 mt, wöchentlich 28 Bfg. frei in's Haus. Einzelne Nummer 5fg. Sonntags- Nummer mit illuftr. Sonntags- Beilage Neue Belt" 10 Pfg. Poft- Abonnement: 3,30 Mt.pro Quartal. Unter Kreuz band : Deutschland u. DesterreichUngarn a Mr., für das übrige Kusland 3 Mr.pr.Monat. Eingetr. in der Boft- Zeitungs- Preisliste für 1892 unter Nr. 6652.
Vorwärts
9. Jahrg.
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fernfpred- Anschlug 3mt 1, Nr. 4186.
Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
Gloffen
zur Rechtsprechung.
Donnerstag, den 15. Dezember 1892.
Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.
Beleidigungsprozesse zu erinnern; in den Augen vieler erkannte, daß die Annahme des Schöffengerichts, der Richter stand die Person Bismarcks fast übergöttlich da, Angeklagte habe die Verwaltung des Betrugs" beschuldigt, und ein beleidigender, oder auch nur unehrerbietiger Aus- unbegründet sei. Was mag das Gericht zu der hohen druck gegen ihn war schon ein Zeichen höchst verworfener Strafe bewogen haben? Welche Anschauungen, welche DentWas ist Recht? Nach akademischer Lehre soll das ge- Gefimmung. Uns liegt viel näher noch die Auffassung der weise, welcher Jdeengang mögen den Geist der Richter beezliche Recht der Ausdruck der im Volke zum Bewußtsein Richter in dem Verhältniß zwischen Bourgeoisie und Ar- herrschen? Es ist schwer, das ganze Erkenntniß zu getommenen Rechtsüberzeugung sein. Es ist das ein Stück beitern, die in vielen Richtersprüchen zur Erscheinung tom analyfiren; der Kern desselben ist in folgender Auseinanderthischer" Professoren- Weisheit, welche alle Willkürhand- Es wird zwar oft ausgesprochen, daß es gute und schlechte setzung zu finden: ungen der Machthaber als Ausdruck der Volksmeinung Arbeiter und gute und schlechte Fabrikanten gebe; aber hinzustellen beliebt. Wo im pofitiven Rechte noch irgend etwas solche Gemeinpläge geben keine Gewähr für die Praxis im burchblickt, was aus einer wirklichen Boltsüberzeugung zu Einzelfalle. Im allgemeinen wird da noch immer bei der erklären wäre, da sind es Ueberbleibsel aus einer Zeit, in Unternehmerklasse das höchste Wohlwollen für die Ar welcher ein wirkliches, einheitliches, nicht in Unterdrücker beiter als Prinzip angenommen, auch wo das Wohlwollen nb Unterdrückte gespaltenes Bolt vorhanden war. Go in Widerstreit mit dem mit dem eigenen Profit tritt, der laffen sich auch im deutschen Recht Spuren verfolgen, Unternehmer wird als der natürliche wormund des Arbeiters die hinweisen auf eine Zeit, in welcher das Volk aus gleich angesehen; bei jenem sind Bildung und Moral, bei diesem berechtigten Freien bestand, Fürstenthum und Adel nicht Unwissenheit und böse Neigungen vorauszusetzen. Die Verriftirte und Grund und Boden Gesammteigenthum war. bindungen der Fabrikanten haben das Gemeininteresse, also Jur Professoren- Weisheit fonnte es fertig bringen, die auch das Interesse und die Wohlfahrt der Arbeiter zur tifflichsten Rechtsverhältnisse, die einseitigste Vertretung von Voraussetzung; die Vereinigungen der Arbeiter lassen von Klaffen- und Standesinteressen aus dem Boltsbewußtsein zu vornherein den Geist der Empörung und gefährlicher Aufertlären und fortzuentwickeln. Ter jüngst verstorbene Prof. lehnung muthmaßen.
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Den Grund für Veranstaltung von Bergfesten wird in der gegenwärtigen Zeit des sozialen Unfriedens jeder Unparteiische vor allem mit darin finden müssen, daß sie dazu dienen sollen, das Selbstbewußtsein einer Belegschaft zu heben, insofern sich die lettere, gestützt auf eine jahr. hundertlange bergmännische Ueberlieferung und Sitte, als ein geschlossenes und eigenartiges Korps fühlen und daher den fozialdemokratischen Irrlehren weniger zugänglich sich erweisen soll.
,, Erwägt man dies, so springt ohne Weiteres ins Auge, daß der Angeklagte als Vertreter der sozialdemokratischen Presse die gegründetste Veranlassung hatte, gegen solche Feste anzufämpfen; denn jedes Selbstbewußtsein ber Arbeiter muß der Sozialdemokratie ein Dorn im Auge sein, weil sie von einem falschen Begriffe der allgemeinen Gleichheit ausgehend, bestrebt ist, alle Arbeiter auf ein und dasselbe Niveau her abzudrücken, und zu verhindern, daß in wirthschaftlicher oder gesellschaftlicher Hinsicht der eine eine höhere Stufe einnehme als der andere.
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Wenn nun aber der Angeklagte, anstatt diese seine wahren Ziele offen und ehrlich zu bekennen, den Kampf in der Weise führt, daß er eine Grubenverwaltung verdächtigt, indem er ihr unlautere und selbstfüchtige Beeggründe unterstellt, und auf unerwiesene Gerüchte hin die schwersten Vorwürfe der Habund Gewinnsucht gegen sie schleudert, so wird man nicht fehlgehen, wenn man diese Handlungsweise als aus gemeiner Bosheit entspringende bezeichnet."
Jhering hat das Verdienst, diese Hirngespinste in ihr Nichts Wie selten kommt es vor, daß aus den Kreisen der Geaufzulösen; er stellt das Recht als Ausfluß der Gewalt hin; bildeten jemand wegen Beleidigung eines Arbeiters zu Gemit den' Machtverhältnissen ändern sich die Rechtsfängniß verurtheilt wird, und doch fehlt es an derartigen Fällen verhältnisse. Im Klassenstaat kann es fein Boltsrecht, gewiß nicht. Selbst Beleidigungen unterer Beamten, jondern nur ein Klaffenrecht geben. Der Klaffenstaat tann die mit dem Publikum im regsten Verkehr stehen, ein Boltsrecht nicht dulden, denn dieses würde ihn über werken bort selten schwer gerügt, obwohl sie nicht selten Ja, würde das materielle Recht selbst vorkommen. Besonders die Vorkehrsbeamten wissen davon alle Klassenunterschiede für aufgehoben erklären, so würde ein Liebthen zu singen. Die persönliche äußere Stellung bie Rechtspflege sie wieder einführen. Der Klassenstaat des Beleidigten kommt sehr in Betracht in der Abwägung braucht auch eine Klassenjustiz. seiner„ Ehre". Am deutlichsten tritt dies zu Tage bei. Beleidigungs - Der Ahlwardt- Prozeß fordert zu Vergleichungen heraus. Hagen . Das Gefeß selbst definirt nicht einmal den Begriff der Wir haben an dem Erkenntniß nichts auszusehen. Wir wissen nicht, denn aus dem Erkenntniß ist es nicht an ersichtlich, ob der Kläger ein Konfeffionsgenosse des Herrn Mark oder mit Haft oder mit Gefängniß bis zu einem gestellten Beleidigungsprozessen. Sie sind kein Zeugniß der Löwe ist. Aber ein Jahr Gefängniß ist nicht zu viel Jahre. Wegen Beleidigung wird ferner mit der gleichen Gesundheit eines Staatswesens. Bor uns liegt das Er für die bloße Verdächtigung seiner edlen Gesinnung. Strafe bedroht, wer eine nicht erweisliche Thatsache in Be- tenntniß in einer anderen Sache, einer Privattlagefache Welche Strafe hätte der Richter wohl für genügend geziehung auf einen Andern behauptet, die geeignet wäre, den- wegen Beleidigung. Im Glückauf", dem Organ der Berg- halten, wenn der Angeklagte solche Beschuldigungen wie felben verächtlich zu machen oder ihn in der öffentlichen Meinung arbeiter, stand die Besprechung eines sogenannten" Berg - gegen Löwe und den Oberst Kühne erhoben hätte! herabzusetzen. Ist die Beleidigung öffentlich oder durch die festes", das vom Vorstand eines Grubenwerks veranstaltet Wir nageln nur die Anschauungen fest, auf Grund deren Gefängnißstrafe bis auf zwei Jahre ausgedehnt werden. von der Grubenverwaltung geliefert wurden, anzuschaffen der Richter sein Urtheil aufbaut. Die Unternehmer gehen Man beobachte nun in der richterlichen Praxis die ver- hatten, und an denen, wie verlaute, die Grubenverwaltung mit ihren Veranstaltungen für die Arbeiter von dem Geschiedenartige Auffassung der Beleidigungen, und man wird noch verdiene. Diese Art von den Unternehmern ver- danken aus, das Selbstbewußtsein der Arbeiter zu heben, wurde abfällig und nehmen wir die Sozialdemokratie dagegen will es zerstören oder es Klaffenstellung und seine gesammten sozialen An- felbft an, in beleidigender Form kritisirt und vor möglichst tief herabdrücken. Der Angeklagte ift anungen. Hier werden gröbste Beschimpfungen mit Geld- allem getadelt, daß die Arbeiter noch zu unnügen Ausgaben Sozialdemokrat, was, wie an anderer Stelle des Grtrafe gefühnt, dort wiederum einfache Beleidigungen mit für" Paradeanzüge" veranlaßt würden. Der Grubenvorstand kenntnisses gesagt wird, tein Vorwurf für ihn monatelangem Gefängniß bestraft. In beiden Fällen der Gewerkschaft," Morgenstern" zu Reinsdorf, Herr Wiede, ist, aber er soll dann auch offen und ehrlich seine Ziefe urtheilt der Richter subjektiv gerecht; er hält in fühlte sich hierdurch beleidigt und auf seine Klage ver befennen, nämlich, daß er zum Zwecke der Sozialdemokratie ins Gewicht fallend, in dem anderen Falle bem einen Falle die grobe Beschimpfung für nicht urtheilte das Schöffengericht zu Zwickau den Redakteur des die Arbeiter möglichst tief herabdrücken will. Solcher Aufaber Glückauf", den früheren Arbeiter Gustav Adolf Gladewiß fassung gegenüber, wie sie heute von den größten Gegnern die genug zu einem Jahr Gefängniß. Das Landgericht zu der Sozialdemokratie nicht mehr auszusprechen gewagt wird zu ahnden. Wir brauchen nicht an die Tausende Bismarcks Chemnitz bestätigte das Urtheil, wenn es auch an- und die nur noch in dem rückständigsten Unternehmerthum
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Feuilleton.
Rabrua verboten.]
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Roman von Guy de Maupassant . Sie dachte an ihre Mutter, von der sie nie zu einem
Sprach. Es war eine verführte Gouvernante gewefen, die in Tenis ihre Ausbildung erhalten hatte.
Vor Kummer und
Elend war fie geftorben, ats Madeleine zwölf Jahr alt
Doch nicht um diesen Vergleich ist es uns zu thun.
Sie wollte es bestreiten. Er ließ sich aber nicht irre machen: Nein, nein! Ich sah es Dir ja an. Wir können morgen schon heimreisen, wenn Du willst."
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der Vierpfennig- Bigarren füllte die Gaststube. Madeleine Nicht wahr, Du langweilft Dich schon?" fragte er, fing zu huften an und fragte: Wollen wir nicht hinaus- sobald sie draußen waren. gehen? Ich fann es hier nicht länger aushalten." Das Mahl war noch nicht beendet. Der alte Duroy zog ein unzufriedenes Gesicht. Da erhob sie sich und setzte sich draußen vor der Thür auf einen Stuhl und wartete, bis ihr Schwiegervater und ihr Mann ihren Kaffee und Liqueur getrunken hatten.
Georges suchte sie bald auf." Wollen wir zur Seine hinunterlaufen?" fagte er..
Sie ging freudig auf seinen Vorschlag ein:" Ach ja! Gehen wir hin!" Sie stiegen den Berg hinab, mietheten in Croiffet ein
war. Ein Unbekannter hatte für die Erziehung des fleinen Boot und verträumten den Rest des Nachmittags unter War es ihr Vater gewesen? Wohl dem Schatten der Weiden am Rand einer Insel. Die Sie nicht genau, süße Wärme des Frühlings umfloß sie und leise Wellen wiegten fie ein.
Mädchens gesorgt.
ficher. Aber wer war er?
wenn sie auch einen unbestimmten Verdacht hegte.
Die Mahlzeit
wollte fein Ende nehmen. Gäste kamen Bei sinkender Nacht lehrten sie heim. Die Abendmahlzeit, die beim Licht einer Rerze ein
jekt, schüttelten Vater Duroy' die Hand, brachen in Rufe
Ach ja, ich will, flüsterte sie.
Sie wandelten langsam dahin. Die Nacht war mild, und ihr tiefes, sehnsüchtiges Dunkel schien voller leifer Ges räusche, voller Säuseln und Knistern. Sie waren in einen schmalen Weg eingebogen und schritten unter hohen Bäumen, undurchdringlich schwarzes Gebüsch zu beiden Seiten, einher. Wo sind wir?" fragte sie. Im Walde," erwiderte er. " ft er groß?"
Sehr groß, einer der größten im ganzen Lande." Es roch nach Erde, Bäumen und Moos. In dem Gange schien der frischdumpfige Geruch dichter Wälder zu ruhen, der den Saft der Knospen und dem todten, schimmelnden Gras der Gebüsche entströmt.
auf die junge Frau. Ihr luftiges Augenblinzeln schien zu das Mittagbrod. Vater Duron hatte einen halben Rausch Wipfel schimmern, und obwohl kein Hauch die Zweige be des Erstaunens aus, als sie den Sohn sahen, und schielten genommen wurde, war für Madeleine noch peinlicher als lagen: Heiliger Donnerschlag! Die ist ja gar nicht übel, die und schwieg. Die Mutter bewahrte ihre unfreundliche Miene. wegte, fühlte sie doch das leise Zittern dieses Blätterozeans Frau von Georges Duron."
„ Einen Liter!- Einen Schoppen!- Zwei Bittere!
Auf der grauen Zimmerwand malte das schwache Licht um sich. leuten waren, setzten sich an die Holztische und schrien: ab. Andere Gäste, die nicht so befannt mit den Wirths. Schatten mit ungeheueren Nasen und maßlosen Bewegungen Ein sonderbarer Schaner drang in ihre Seele und lief sich etwas ihr über die Haut; unbestimmte Angst schnürte ihr das fein Profil der gelben zitternden Flamme bot, sah man in Herz zusammen. Weshalb? Sie wußte es nicht. Aber ihr Einen Rachenpuzer!" Und sie begannen Domino zu spielen einer Riesenhand eine Gabel, die einer Forte glich, zu war zu Muthe, als müsse sie ertrinken, als sei sie verloren, einem Munde führen, der sich wie der Rachen eines Un- von Gefahren umringt, von allen verlassen, allein auf der Welt unter dem zitternden Blätterdach dort oben. " Ich fürchte mich ein wenig;" flüsterte fie. Laß uns " Gut, fehren wir um."
und brehten mit großem Geräusch die Steine um. Mutter Duroy ging unaufhörlich mit ihrem fläglichen geheuers öffnete.
Kaum war das Essen hinunter, so zog Madeleine ihren Gemach zu bleiben, wo es beständig scharf nach alten Pfeifen
Empfang und wischte die Tische mit dem Zipfel ihrer Mann ins Freie, nur um nicht länger in dem düsteren umkehren!"
blauen Schürze ab.
Der Rauch des Landtabaks in den kurzen Pfeifen und und vergossenen Getränken roch.