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gestumpft, wenn man sieht, wie dort mit Menschenleben gespielt wird. Wir haben hier vor dem Hängen ein Grauen. Dort hat es seine Schrecken läng st verloren. Nur so ist es erllärlich, wenn der Zeuge Wiest sich nicht daran erinnern kann, ob er zwei Menschen hingerichtet hat oder nicht. Die Verhältnisse in Afrika sind eben ganz andere, als sie vom grünen Tisch aus hier zu liegen scheinen. Man sagt, Dr. Peters sei mit Grausamkeit auf- getreten. Aber man muh bedenken, dag es ohne Grausamkeit in Afrika nicht geht. Ich bin selbst kein Freund von übergroßer Strenge und ich betrachte es als einen großen Erfolg, daß vor 10 Jahren selbst der Abg. Bebel zugeben mußte, in meinem Regiment in Frank- furt a. O. seien keine Mißhandlungen vorgekommen Ich betrach- tete es eben als meine Aufgabe, den Untergebenen nicht mit strengen Strafen, sondern mit Milde und Güte entgegenzutreten. Dieses Programm habe ich nach Afrika mitgenommen. Aber da bin ich schön angekommen. Es passierte mir eine schlimme Ge- schichte. Es wurde gegen einen aufsässigen Stamm eine Straf- expedition geschickt, und man brachte mir die drei Hauptschurken nach Dar-es-Salam . Es wurde die Verurteilung der drei zum Tode verlangt, aber ich hatte einen Abscheu davor, drei Todesurteile auf einmal vollziehen zu lassen. Ich setzte durch, daß nur einer hingerichtet wurde, die zwei anderen kamen in Kettenhaft. 14 Tage fdäier waren sie ausgebrochen und hatten den Wärter erschlagen. So wurde meine Milde belohnt. In Afrika muß ein ganz anderer Maßstab angelegt werden als bei uns und ich konnte mir solche Humanität nicht wieder erlauben. Dabei saß ich noch an der Küste, wo es ziemlich ruhig zugeht, während Dr. Peters auf einem der gefähr- lichsten Posten stand. Er konnte sich solche Experimente nicht ge- statten. Er mutzte mit der größten Strenge vorgehen, sonst konnte er die Verantwortung für die ihm anvertrauten Menschenleben nicht übernehmen. Ich weiß nicht, ob es mir mit meiner Milde geglückt wäre. Aber Dr. Peters hat den Erfolg für sich, und nach meiner Meinung hat er richtig gehandelt. Als afrikanischer Sachverständiger muß ich sagen, Peters ist zu seiner drakonischen Strenge durch politische Interessen» nicht durch persönliche Momente gekommen. Herr b. Soden spricht sich jetzt viel milder über Dr. Peters aus als früher. Herr v. Soden rst ein Mann, der mitten im Leben steht, er ist ein Schwabe und wählt feine Ausdrücke nicht wie ein Bureaukrat. Wenn er von Peters sagt,dieser Bursche", so ist das kein Schimpfwort, und wenn er von frivolen Hand­lungen" schreibt, so ist das auch nicht wörtlich zu nehmen. Der Unteroffizier Neuhaus hat seine Stellung entschieden falsch auf- gefaßt. Er trat hier auf, als ob er mit Peters auf Du und Du gestanden hätte. Er hätte dankbarer gegen Peters sein können, der ihm vielleicht das Leben gerettet hat. ES hat mich auf das schmerzlichste berührt, daß ein Unteroffizier meiner Truppe, durch Eitelkeit veranlaßt, den Brief geschrieben hat. Es wird in Afrika streng darauf ge- halten, daß Offiziere und Unteroffiziere getrennt leben. Das ge- schieht nicht aus Eitelkeit der Offiziere, sondern um die Kommando- gewalt zu erhalten. Bei uns in Afrika kommen sonst leicht Ver- traulichkeiten vor, die die Disziplin stören. Schmerzlich berührt haben mich auch die Urteile der Disziplinargerichte. Beide Urteile halte ich nicht nur für Justizmorde, sondern die Art der Urteils- fällung betrachte ich als einen Schandfleck für ba8 deutsche Volk. Vors.: Ich nehme an, daß der Sachverständige nicht die Richter persönlich hier gemeint hat. Lieber i: Nein, das liegt mir fern. Aber merkwürdig ist verfahren worden. Das Urteil ist gefällt worden von Richtern, von denen keiner in Afrika war. Der An- kläger war ein Mann, dem wir weiter auf der Spur sind. Da heißt eS im Urteil, der Beamte müsse in Afrika genau so denken wie in Europa . Also keine Berücksichtigung oer afrikanischen Ver­hältnissei Der ganze Abschnitt von der falschen Berichterstattung Dr. PeterS ist eine wenig schöne juristische Kniffelei. Das Urteil sagt, wenn ein Menschenleben auf dem Spiel steht, müssen erst genaue Ueberlegungen angestellt werden. Ja, es ver- hall sich eben mit dem Menschenleben in Afrika anders als bei uns. Aber man hat Sachverständige vor den Disziplinargerichten nicht gehört. Weiter heißt es, die Züchtigung sei unmenschlich, die Auspeitschung grausam gewesen. Das gilt aber nur für uns, nicht für Afrika . Die Prügelstrafe ist landesüblich, so wie bei uns die Gefängnisstrafe. Das Entlaufen der Weiber hatte eine innere Bedeutung. Man hat solche Weiber nicht vor dem Feind in der Steppe und im Lager bei sich. Wenn dieWeiber ent- weichen, dann i st es nach afrikanischer Anschau- ung ein sicheres Zeichen dafür, daß es Krieg gibt; deshalb mußte Peters die Weiber zurückholen. Ich gehöre zu den jüngeren Parlamentariern und ich habe leider noch nicht die Ehre gehabt, für Dr. PeterS und für die Förderung seiner Rehabilitierung bisher tätig sein zu können. Gerade ich hätte dazu Ursache gehabt, denn wir beide sind von demselben Boden verdrängt worden, ich als Gouverneur, er als Reichskommissar. PeterS hat eine große nationale Tat getan, die noch lange nicht genug gewürdigt ist. Als Gouverneur von Ostafrika kann ich das genau beurteilen, und ich werde die Taten Dr. PeterS nie vergessen. Sachverst. v. Pechmann: Ich habe den Ausführungen des Herrn v. Liebert nicht« hinzuzufügen und kann ihnen nur beitreten. Sachverst. Afrikaforscher Eugen Wolf: Ich bin kein Parlamentarier wie Herr v. Liebert und kann daher nicht einen solchen Vortrag halten wie er. Ich will mich auf die Tatsachen beschränken. Ich bin durch dieselbe Provinz wie Dr. PeterS gezogen, habe keinen Schuß abgefeuert und auch keinen erhalten. Wir waren einmal bei Herrn v. Witz. m a n n zu Gast. Herr Kuhnert war dabei, der ein Werk Wißmanns illustrieren sollte. Nun gab es keine feinfühligere Natur als die des Herrn v. Wißmann. Als Gastgeber konnte daher Herr v. Witz- mann dem Herrn Kuhnert nicht seine wahren Ansichten über Dr. PeterS mitteilen, wenn er sich nicht zugleich auch gegen seinen eigenen Gast wenden wollte. So kommt eS, daß Herr Kuhnert vor- gestern sagte, er habe von Herrn v. Wißmann nichts Nachteiliges über Herrn Dr. PeterS gehört. Herr Kuhnert kann überhaupt nicht als afrikanischer Sachverständiger gelten, denn er war nur kurze Zeit dort. Ebensowenig Exzellenz v. Liebert. der zwar zwei Jahre Gouverneur war... v. Liebert: Vier Jahre war ich Gouverneur. Vors.: Ich bitte die Sachverständigen, sich nicht gegenseitig zu qualisi- zieren. Eugen Wolf(fortfahrend): Wißmann hat dem Leutnant Bronsart v. Schellendorf wiederholt herausgeholfen. Wäre er damit fortgefahren, so wäre Herr v. Schellendorf vielleicht ein nützliches Glied der Gesellschaft geworden. Als die Mitteilung von der Niedermetzelung der Kwileckischen Truppe kam, war ich gerade in Dar-eS-Salam bei Herrn v. Soden. Ich telegraphierte sofort nach Berlin , aber Herr v. Soden schickte an den Reichskanzler ein Telegramm, eS sei alles ruhig, ausgenommen ein kleines Ge» fecht. So schlimm kann eS also nicht gewesen sein, wie es Dr. PeterS dargestellt hat. Dr. PeterS sagt, er habe einer Uebermacht von 120000 Eingeborenen gegenübergestanden. ES waren höchstens 5000 Eingeborene. Gouverneur v. L i e b e r t: Es waren 120 000. E u g e n W o l f: Dr. Peters will 1891 am Kilimandscharo die Gebiete durch seine Expedition für Deutschland gewonnen haben. Aber der Sansibarvertrag, der auch die Kfiimandscharofrage regelte, war schon im Januar 1890 abgeschlossen worden. Dr. Peters: Aus Grund des Vertrages bin ich ja nach dem Kilimandscharo gegangen. Eugen Wolf: Wenn«in Europäer von einem Sultan Madchen geschenkt bekommt, so sind sie in dem Augenblick, wo sie zum Europäer kommen, frei, und er muß ihnen einen Freibrief ausstellen, namentlich wenn er ein Beamter ist. Dr. Peters hat ge- sagt, auch Herr v. Wißmann habe die Prügelstrafe verhängt. Ich kann mich dessen nicht erinnern. Aber sicher hat Wißmann niemals so schwere Prügelstrafen wie Dr. Peters verhängt, so daß die Delinquenten wochenlang krank lagen. Dann wurde gesagt, die Weiber hätten Konspirationen und Landesverrat getrieben. Das ist unmöglich. So eine Station ist ganz einfach hergerichtet. Von oben herab, vom Gebirge, kann man alles sehen, was in ihr vorgeht. Ich habe nie bestritten, daß Dr. Petcrs sich große Verdienste erworben hat. Aber er selber hat auch als Kaufmann durch seine Beteiligung an der Gründung der Deutsch -Ostafrikagesellschaft kein schlechtes Geschäft dabei gemacht. Dr. P e t e r s: Ich protestiere gegen diese Unterstellung. Eugen Wolf: Ich wollte Herrn PeterS nicht damit be- leidigen. Ich halte das für vollkommen normal. Wenn Dr. Peters sich vor Spionage oder Landesverrat durch die Weiber schützen wollte, dann brauchte er die Weiber ja nur nicht herumlaufen zu lassen, oder hätte sie fortschicken können. Ich kenne keinen Usus, daß in Afrika die Untreue mit dem Tode bestraft wird. Ich bin nie ein persönlicher Feind von Peters gewesen. Als Peters be- hauptet hatte, daß er große Salpeterlager am Kilimandscharo ent- deckt habe, habe ich gesagt: Ter Petcrsfche Salpeter ist kein Salpeter. Peters telegraphierte dann weiter, er hätte Kohlen entdeckt. Es stellte sich heraus, daß keine Kohlen da waren. Auch mit der Ent- deckung des Goldlandcs Ophir war es nichts. Solche Sachen tele- graphierte Peters offenbar, um nicht vergessen zu werden. Er hatte das Bedürfnis, daß von ihm geredet wurde. Dieser sehr lobens- werte Ehrgeiz Peters hat vielleicht zu einer Rivalität zwischen Wißmann und Peters geführt. Mit Lenbach war ich sehr be- freundet. Eines Tages sagte er zu mir:«Wissen Sie, wer bei mir war? Der Peters."Das ist ja sehr interessant!" erwiderte ich. Lenbach meinte:Rein, hat der einen grausam enBlick! Er hat mich gebeten, ihn zu malen. Ich habe aber bloß ein Pastell- bild gemalt. Der PeterS hat einen Kopf wie ein Raubvogel, ich kann den Kerl nicht leiden!" Vors.: Ich bitte doch, etwas mehr in Afrika zu bleiben. (Heiterkeit.) Eugen Wolf: Wie feinfühlig und empfindsam Wißmann war, möge folgender Vorfall zeigen: Als der Nebellenführer Muschiri gehenkt werden sollte, und Wißmann der Exekutign bei­wohnen mutzte, hat cr sich im entscheidenden Augenblick umgedreht und das Taschentuch vor die Augen gehalten. Er wollte daS nicht sehen. Wißmann hat mir, das nehme ich auf meinen Eid, das Verfahren des Dr. Peters am Kilimandscharo mehrfach als schmachvoll" bezeichnet. Wenn er auch mit dem Disziplinarverfahren gegen Dr. Peters bielleicht nicht einverstanden war, so hat er seine Ak- tionen noch weniger gebilligt. Er hätte auch nie derartiges getan. Sachverst. Oberstabsarzt a. D. Becker-Verlin: Er rechnet sich zur Wißmannpartei und gibt eine sehr aus- sührliche Tarstellung der Verhältnisse am Kilimandscharo . Witz- mann gründete die Station Muschin, Peters verlegt sie nach Maranga. DaS war vielleicht ein Fehler, aber der Nachfolger denkt ja auch in Afrika immer klüger als sein Vorgänger. Dr. Becker schildert die englischen Intrigen am Kilimandscharo . Als das Ge- ficht gegen v. Bülow geführt wurde, das mit der Vernichtung Bülows endete, sahen englische Missionare dem Kampf in der Schlucht ruhig zu. Die englischen Missionare sind nämlich nicht nur Verkünder des Wortes GotteS , sondern vor allem auch überaus eifrige unbezahlte politische Agenten ihrer Nation. Bei der B«- kämpfung der Meris haben wir eine Menge Hinterlader, Patronen und Gewehre gefunden, da«unter englische Gliedergewehre. Zeuge Wilhelm bittet erregt umS Wort und beschwert sich darüber, daß vom Sachverständigen gesagt worden sei, die Unter- osfiziere hätten die Station verlassen. Das sei nicht loahr. Vors.: Beruhigen Sie sich doch, Sie sollten sich nicht so in die Sache verbohren und sie nicht so tragisch nehmen. Sie sind eine empfindliche Natur und könnten sonst noch viele schmerzliche Stun- den haben. Dr. Becker: Ueber Mabruk und Jagodja habe ich in Afrika kein Wort gehört. Ich bin allerdings schon im April 1892 nach Hause abgereist. Herr v. Pechmann fuhr mit demselben Dampfer. Er schimpfte über Dr. Peters, hat mir aber von den angeblichen Schandtaten nichts erzählt. Erst im Sommer 1892, als ich Pech- mann zufällig in Berlin traf, machte er mir von feiner Vernehmung Mitteilung. Für Diebstahl wird im allgemeinen nicht Todesstrafe, sondern langjährige Kettenhaft oder Prügelstrafe verhängt. Aber cs können Verhältnisse eintreten, die auch aus Prügelstrafe die Ver- hängung der Todesstrafe notwendig machen. Es ist noch gar nicht So lange her, daß auch in Deutschland der Diebstahl noch mit dem "ode bestraft wurde. Wenn die Jagodja eine Verschwörerin war, dann war die Todesstrafe gerechtfertigt. Bebel hat, wie so viele andere, Emin Pascha auf Kosten des Dr. Peters gelobt. Man kann aber zu einer Zeit ganz friedlich mit dem Spazierstock durch die Steppe wandern, während zu einer anderen Zeit ein anderer über- falle» und totgeschlagen wird. Emin Pascha schreckte durchaus nicht vor Gewalttaten zurück. Allerdings hat er anders gehandelt als Peters. Er ging nach orientalischer Sitte vor und benutzte die Hinterlist. Er ist auch von Arabern ermordet worden. Es ist be- kannt, wie er einige türkische Sklavenhändler in sein Zelt lockte und sie dann ihren Feinden, den Negern, auslieferte. Diese warfen sie den Krokodilen zum Fraß hin. Das ist die Jdealgestalt Emin Paschas. Sachverständiger Wirft. Geh. Rat Dr. Yriebl-Martin wendet sich zunächst mit großer Schärfe gegen Rechtsanwalt Dr. Rosenthal, der ihm vorgeworfen habe, daß er wegen seine? Pro- zesses mit Dr. Peters wider besseres Wissen für diesen ungünstige Ausgaben mache. Rechtsanwalt Dr. R o f e n t h a l protestiert heftig dagegen und es kommt zu einer scharfen Auseinandersetzung zwischen den beiden, die der Borsitzende dadurch abschneidet, oaß er eine Pause ein- treten läßt, damit sich die erregten Gemüter abkühlen. Nach der Pause erklärt Dr. Friedl-Martin, daß er schon vor seinem Prozeh mit Dr. Peters sich imTag" gegen Peters aus- gesprochen habe. PeterS selbst kenne er gar nicht persönlich. Wie kann jemand sagen, ein schwarzes Frauenzimmer kon- spiriere mit dem Feinde. Wenn daS im Falle Jagodja wahr gewesen ist, so ist der Wunsch des Dr. PeterS unbegreiflich, eS wäre ihm am liebsten gewesen, die Jagodja wäre gar nicht wieder- gekommen, damit er die Todesstrafe nicht zu verhängen brauche. Weshalb riefen denn die anderen Herren ihre Mädchen nicht zurück. Außerdem ist der Maler Kuhnert sehr häufig um die Station herummarschiert, die kriegerische Gefahr kann also nicht sehr groß gewesen sein. Es kann Umstände geben, die es nötig machen, nicht nur einen, sondern hundert Neger zu erschießen. Aber wenn das geschieht ouS Eifersucht oder weil Dr. Peters mit dem schwarzen Jungen das Weib nicht teilen wollte, so ist das eine schwere Sache. Nur wenn die Sicherheit der Station es erheischt, dürfen Frauen geprügelt werden. Ich selbst habe mich entgegen der ganzen öffcnt- lichen Meinung im Falle Leist auf die Seue des Beschuldigten ge- stellt. Aber die Konspiration halte ich in diesem Falle nicht für erwiesen. Sachverständiger Peter Acker von der Mission �um heiligen Herzen Jesu bei Köln : Es wird wohl keiner hier»m Saale sein, der die Verdienste Dr. PeterS um unsere Kolonialpolitik schmälern wollte. Ich selbst habe PeterS bisher stets in Schutz genommen und bin hierher gekommen, mehr zu seinen Gunsten als zu feinen Ungunsten zu sprechen. Zu meinem Schmerze aber muß ich sagen, daß ich durch den Verlauf der Verhandlung z» einem anderen Urteile gekommen bin. Ich bin mit dem Bischof Smithy, trotzdem er ein protestantischer Bischof war, intim befreundet gewesen. Ich kann nicht glauben, daß dieser Mann, der den Peters einen Mörder genannt hat. das gesagt hätte, wenn er nicht davon Äberze** tvar. Hmithy ist nicht der Mann, der sich zum Verbreiter einer Legendenbildung hergibt. Herr von Liebert hat die Schattenseiten der Schwarzen geschildert. Die Schwarzen haben aber auch Tugenden, sehr erhebliche Tugenden. Gewiß, sie müssen streng behandelt werden, aber auch die Milde und die Gerechtigkeit sollte man nicht vergessen. Das ist leider nur zu oft der Fall gewesen, und das ist die Ursache der Aufstände. Auch in dem Fall des Hauptmanns v. Bülow hat man es an Gerechtigkeit und Milde fehlen lassen. Die Soldaten hatten den Schwarzen Kartoffeln geraubt, darüber waren die Eingeborenen aufgebracht. Gewiß sind die Verhältnisse in Afrika anders wie bei uns, aber Gerechtigkeit, Anstand und Sittlichkeit sollten auch dort das oberste Prinzip sein. Dr. Peters hat gesagt, die schwarzen Häuptlinge hätten sich beleidigt gesuhlt, wenn er die Annahme der geschenkten Mädchen verweigert hätte. Nun, uns Missionaren sind noch niemals Mädchen angeboten worden.(Stürm. Heiterkeit.) Ich kenne auch andere Afrikareisende, denen keine Mädchen angeboten sind. Und dann: wir gehen doch nicht Afrika , um dort afrikanische Sitten anzunehmen, sondern um den Schwarzen Anstand, Gerechtigkeit und Sittlichkeit beizubringen. Nach afrikanischen Sitten ist Diebstahl und Kettenflucht kein genügender Grund, um ein Todesurteil zu recht- fertigen. Die Konspiration ist jetzt nicht erwiesen. Ich kann er- klären, daß am Kilimandscharo damals durchaus friedliche Zustände geherrscht haben. Ohne Prügel geht es bei den Schwarzen gewiß nicht. Aber man mutz gerecht sein. Es darf nicht geprügelt werden, bis das Blut fließt und bis die Fetzen fliegen. Damit erzielt man keine Erfolge. Nach meinen afrikanischen Kenntnissen mutz ich die beiden verlesenen Urteile als durchaus zutreffend billigen. Kunstmaler Kuhnert ergänzt seine früheren Erklärungen. Er legt dar, in welcher Weise er seine Expedition ausgeführt hat. Er sei mit dem Adler- orden 4. Klasse ausgezeichnet worden und sei letzt eben zu einer anderen Ansicht gekommen.(Zu Dr. Friedl-Martin): Im großen Afiikaneraufstande habe ich es erlebt, daß eine HäuptlingSsrau oie Anführerin gespielt hat. Was sagen Sie nun dazu?(Heiterkeit.) V e r t. fragt den Zeugen, ob er 1895 an das Auswärtige Amt einen Brief geschrieben hat, in dem er voll Abscheu von der Hinrichtung des Mabruk und der Jagodja spricht, und den Wunsch ausspricht, daß die Nation vor dem Unglück be- wahrt bleiben möge, den Dr. Peters wieder in einer Stellung zu sehen. Maler Kuhnert gibt zu, einen Brief geschrieben zu haben, kennt aber den Wortlaut nicht mehr genau. v. Liebert und Dr. Becker treten dem Pater Acker ent- gegen, worauf dieser erwidert, er habe nicht nur seine Ansicht ausgesprochen, sondern die aller Paters aus dem Inneren. Er habe weder aus der Verlesung des Urteils noch aus den Zeugenaussagen heraushören können, daß irgendwie eine Konspiration von den Mädchen unternommen sei. Hierauf werden die Sachverständigen und Zeugen entlassen, und die weiteren Verhandlungen auf Montag vertagt. Das Gericht beschließt, am Montag noch den Major von Tie bemann, Frau Direktor Kayser und Frl. Brunn- stein zu vernehmen. Die übrigen beantragten Zeugenladungen hat das Gericht abgelehnt, da es die Sache für genügend aufge- klärt hält. Em Induftnc und ftandel* Lohn- und Leistungssteigerung. Im letzten Geschäftsbericht des Vereins für die Interessen der Rheinischen Brannkohlen-Jndustrie wird auf die Lohnsteigerungen hingewiesen. Ganz abgesehen davon, daß die Löhne absolut sehr niedrig sind, bekommt das Bild, das der Bericht malt, noch ein ganz anderes Gesicht, wenn man die Leistungssteigerung zu den Lohn« erhöhungen in Vergleich bringt. Relativ ergibt sich dann Lohn- riickgang, der pro Mengeeinheit gezahlte Lohn ist gesunken. ES ergeben sich nämlich pro Kopf der Belegschaften der angeschlossenen Werke Jahreslohn Braunkohlen Hergestellte " 5 Ml. Förderung t Briketts t 1901 943 946 231 1903 913 1125 267 1903 017 1257 812 1904 061 1353 844 1906 099 1494 883 1000 1104 1638 891 Von 1901 auf 1902 ging der Lohn um 30 Mark zurück, die Leistung pro Kopf stieg um 179 Tonnen Förderung und 36 Tonnen Briketts. Für 1906 stellte sich der Lohn gegen 1901 um 17 Proz. höher, die Förderung ist aber in derselben Zeit um 62 Proz. pro Kopf ge- stiegen, gleichzeitig wuchs die Herstellung von Briketts um 69 Proz. Die Weltfeidenproduktio». DaS Syndikat der Seidenhändler- Vereinigung von Lyon hat eine Schätzung der letztjährigen Produktion von Rohseide in aller Welt veröffentlicht. Die Gesamtmenge wird »lit 20 160 000 Kilogramm(Kilogramm--- 2'/. Pfund) angegeben, im Vergleich mit der vorjährige» Ziffer von 18 830 000 Kilogramm bezw. einem DurchschnittSergebiiiS von 19 668 000 Kilogramm für die fünfjährige Periode von 19001905. Europa hat im letzten Jahre 5 750 000 Kilogramm Rohseide produziert, im Vergleich mit 5 495 000 in 1905! Frankreich produzierte 605 000 Kilogramm gegen 632 000 in dem vorhergehenden Jahre. Die RohseidenauSfuhr Indiens belief sich in 1906 auf 295 000 Kilogramm im Vergleich mit 280 000 in 1905. Jntcriiationale Bcrgarbcitcrstatistik. Nach einer soeben veröffent- lichten englischen Statistik sind mehr als 5 Millionen Personen im Bergbau und in den Steinbrüchen der Welt beschäftigt und zwar in Großbritannien und Irland. 932 343 In britischen Besitzungen 843 736 In Summa 1 326 079 In allen übrigen Landern.. 8 209 732 Insgesamt 5 035 861 Mehr als die Hälfte der Gesamtzahl sind allein im Kohlen» bergbau beschäftigt: Großbritannien ...... 843 000 Bereinigte Staaten..... 626 000 Deutschland ........ 648 000 Frankreich ........ 175 000 Belgien ......... 186 000 Oesterreich........ 119 000 Indien ......... 90 000 Die Totalproduktion von Kohle ans der Erde beträgt 941 Millionen Tonne» jährlich, die einen ungefähren Wert von 805 Millionen Psund Sterling repräsentieren(6 100 000 000 Mark). Die Goldausbeute beträgt 530 037 Kilogramm. An der Eisen» ausbeute ist Amerika mit 23>/z, Deutschland mit 6 und Groß- britaimieii mit 48/j Millionen Tonnen beteiligt. Die Sterbeziffer unter 1000 Personen in Kohlenbergwerken beträgt: Großbritannien ....... 1,85 Englisches Kaiserreich..... 1,84 Frankreich ......... 1.04 Deutschland ......... 2,05 Vereinigte Staaten...... 3.45 Alle übrigen Länder...... 2,40 In den Goldminen von 2.55 zu 3,53 Die jährliche GesamtauSbeute von Kohle. Kupfer, Gold, Eisen, Blei, Petroleum, Salz, Silber, Zinn und Zink beläuft sich auf mehr als 700 000 000 Pfd. Stert.(14 000 000 000 M).