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Ich kenne aber den Man». (Große Bewegimg.) Ich kenne die Leute, die den Tuckerbrief am 12. März 18W in einem Berliner Cass zufanimen geschrieben. Ich kenne die beiden Leute, die am nächsten Morgen gingen und ihm das Material brachten. Bebel hatte zwar bereits das Material, das der Abgeordnete v. Volimar 1895 veröffentlicht hatte, aber der Tuckerbrief sollte den Schlußstein bilden, um den Kram mit Effekt in die Welt zu schleudern. So kam der alte ergraute Ehrenmann zu seinem Material. Mir ist das alles unter Diskretion mitgeteilt worden. Ich kann die Namen in der Tat nicht nennen. Zufällig ist es aber dahin gekommen, daß einer der beiden seine Kenntnis von der Sache und seinen Komplizen um bare 19 009 M. verkaufen wollte.(Bewegung.) Ich sagte, daß ich ntir erst das Zeug ansehen müsse, gab ihm aber das Ver- sprechen, die Sache geheim zu halten, bis ich die 10 099 M. auf den Tisch des Hanfes niederlegen würde. Der andere Ehrenntann ging nach London und dann in die wette Welt hinaus mit genauer Personalbeschreibung hinterher. Er scheint irritiert zu sein durch seine Mithelfer, die zum Teil Leute in guter gesellschaft- licher Stellung sind.(Bewegung.) Ehe er von England weiter ging, brachte er das ganze Material in einer Broschüre unter und wollte sie ohne Bezahlung veröffentlichen. Er hatte die Broschüre einer Firma vorgelegt und diese Leute arbeiten nicht unter Dis- kretion. Ich bin jedoch durch mein Versprechen gebunden, glaube aber mit Bestimmtheit, daß wir in der nächsten Zeit etwas mehr davon zu hören bekommen werden. Ich habe das Gefühl, daß nächstens etwas mehr Aufklärung über die ganze Sache kommen wird und ich fürchte, daß sogar einer oder der andere, der heute abend noch mit größter Seelenruhe zu Bette geht, späterhin nicht mehr so gut schlafen wird. Ich nehine auch an, daß in meinem Prozeß mit der.Kölnischen Zeitung "' weitere Ausdeckung erfolgt. Dr. PeterS brachte dann ein Hoch auf die im Saale ver- vereinigten nationalen Körperschaften aus, worauf der Vorsitzende Generalleutnant v. Keller eine große Reihe von Begrüßungs- schreiben und Telegrammen zur Verlesung brachte, u. a. ein Tele- gramm der.Deutschen Nachtigallgesellschaft" in Berlin , daß sie in alter Treue und Dankbarkeit zu Dr. Peters stehe. Der Verein deutscher Studenten übersandte in einem Telegrammdem tapferen Streiter in Ostafrika " herzliche Grüße.(Beifallsgetrampel der Studenten.) Weiterhin gratulierte der Jungliberale Verein Berlin zuder vollkommenen Rehabilitierung" des Dr. Peters. .Heil zum Siege Ihrer gerechten Sache" telegraphierte Wilhelm I a h n k e , der Bruder des verstorbenen Begleiters Dr. Peters auf der Kilimandscharoexpedition. Weiterhin gratulierten Berliner Freunde vom Kilimandscharo zu der Verurteilung des Martin Gruber. Ferner waren Glück Wunschtelegramme ein- gangen aus Köln , Dresden , Frankfurt a. M., Hamburg , Hannover , Koburg , Nordhausen , Lübeck , Hildesheim , Honnef . Unter den Gratulanten befand sich auch der Stadtdirektor von Hannover Tramm und der Nationalliberale Verein Han- n o v e r. Eine humoristische Huldigung ging von einem Berliner Klub aus: .Du schufft uns einst auf Deinen kühnen Reisen Ein neues Deutsches Reich mit Blut und Eisen. Herr Eugen Wolfs reist stets nur ohne Flinte, Denn was er tat, tat er mit Maul und Tinte. Erst in später Stunde erreichte der KommerS fein Ende. Die Kulwrhiftoriker späterer Zeiten werden diese Orgien der Selbstentwürdigung als Dokumente für Deutschlands tieffte Schmach verzeichnen! Die Mordgeschichte des Hänge-Peters selbst wirkt dagegen nur belustigend. Die Albernheit des Peters, Bebel wegen seiner Diskretion in Sachen des obendrein für die Beur- teilung des Peters absolut gleichgültigen Tuckerbriefes in demselben Atemzuge anzupöbeln, in dem er für sich selbst das Recht der Diskretion in Anspruch nimmt, ist geradezu himmelschreiend I Zudem mutz von jedem an­ständigen Menschen eine Beschiinpfung durch die Peters und Petersgenossen als Ehre empfunden werden. Riii' steine Vertuschung! DaSVerl . Tage 61." erklärt den Peters und seine kolonisatorischen Methoden durch den Münchener Prozetz fiir gerichtet, aber es setzt mit frommem Augenaufschlag hinzu, datz diese Methoden ja jetzt überwunden seien. In der Tat: während zu Peters Zeiten am Kilimandscharo das Blut der Eingeborenen in Bächen flotz, ist es in neuester Zeit in Südwest- und Ostasrika in Strömen geflossen I Wenn die Methoden des Peters überwunden sind, so nur darin, datz die individuellen und begrenzten Kolonialexzesse weitaus zurücktreten hinter einem System rücksichtsloser Eingeborenenvertilgung, das früher unbekannt war. Trotha hat keine Konkubinen hängen lassen aber er trieb durch seine Erlasse erbarmungs- los ein ganzes Volk in den Tod des Verschtnachteus. Sein Charakter weist keine Züge kleinlicher Brutalität auf: seine Strategie war von grandioser Grausamkeit, wie die eines Cäsar, als er Gallien unterwarf. Aber ist diese klassische Grausamkeit deshalb nicht weit entsetzlicher als alles, was Peters verübt hat? Und sollen wir dasVerl . Tagebl." an die Konzen- trattonslager in Südwestafrika erinnern, an das M a s s e n- st e r b e n der Herero und Hotteritotten in Swakopmund und auf der Haifischinsel? Und sind nicht während der letzten Kämpfe in Ostafrika mit Dynamit gefüllte Gewehr- Patronen ausgestreut worden, um die Eingeborenen nach Art der Raubzeugvertilgung zu vernichten? l Wer Kolonialpolitik will, bekenne sich wenigstens auch ehrlich-brutal zu den Mitteln dieser Polifik der Ein- geb'orenenvergewalfigung! Nur keine feige Vertuschung! Duz Kongoproblem und die belgliche Sozialdemokratie. Außerordentlicher Kongreß der belgischen Partei. Brüssel . 1. Juli. (Eig. Bei.) Der außerordentliche Parteitag, der am Sonntag im Brüsseler Maison du Peuple" unter dem Vorsitze de Broucköres tagte, war fast ausschließlich mit den Beratungen über das Kongo - Problem beschäftigt, sowie es sich jetzt, in seiner letzten Phase, nach der Kammerabstimmung und seiner prinzipiellen und praktischen Bedeutung für die belgische Sozialdemokratie darstellt. Die Debatte brachte eine lebhafte Auseinandersetzung über die verschiedenen Auf- sassungen innerhalb der belgischen Partei gegenüber der Kolonial- und Annexionssrage und es gab, zumal zwischen Vandervelde , Ans eele und de Broucksre ein regelrechtes Turiiktr mit den temperamentvollsten Kämpferstellungen. Vandervelde als erster Berichterstatter führte etwa aus: Der internationale Standpunkt, in dem vom Genossen Denis ver- faßten Bericht ausgesprochen, verwirst das Prinzip der kapitalistischen Kolonisation, die die Menschenrechte dem Staatsiuteresse unter- ordnet. Drei Möglichkeiten, die Kongofrage zu lösen, kommen in Betracht: Vorerst die glatte Ausgabe der Kongokolonie, ehte Lösung, die Vandervelde für die unwahrscheinlichste hält, nachdem sich die Kammer durch ihre Abstimmungen bereits vielfältig engagiert hat. Dann der Standpunkt Anseeles, der die Kolonie unter den Schutz der Großmächte gestellt wtffen will: DieJnternationa- lisierung" de? Kongo . Dies wäre das Ideal, aber derzeit aussichtslos und nach den Erfahrungen von Marokko , China und Makedonien unter den gegenwärtigen Regierungen nicht einmal zu wünschen. Der dritte Standpunkt ist: die llebernahme des Kongo mit Garantien für Belgien und die ein- geborene Bevölkerung. Vandervelde erhofft eine Verbesserung des Loses der Neger durch die parlamentarische Kontrolle, die dermaßen wertvoll gemacht werden köimte, daß er unter dieser Bedingung die Uebernahme durch Belgien lieber sähe, als den gegenwärtigen Zustand, obwohl Belgien einstweilen sein Geld für soziale Reformen im eigenen Lande nötig genug brauche. Zum Schluß empfiehlt Vandervelde folgende Haltung im Parlamente: Gibt die Regierung keine genügenden Garantien, so wäre das Projekt Schritt für Schritt zu bekämpfen. Im anderen Falle aber würde er, Bandervelde, sich der Abstimmung in der Kammer enthalten! Vor die Notwendigkeit gestellt, eine seinem Gewissen zu- widerlaufende Haltung einzunehmen, würde er sich der Partei- disziplin beugen, aber es seinem Nachfolger überlassen, die Stimme abzugeben I Der durch Krankheit am Erscheinen verhinderte Abgeordnete Genosse Louis Bertrand spricht sich w einem Briefe an den Kongreß als Gegner der Uebernahme und als Anhänger der Jnternationalisierung der Kolonie aus. Lafontaine spricht für die Jnternationalisierung in d e m Sinne, daß Belgien die.Vormundschaft" über den Kongo unter Aufsicht der Großmächte übernehme. Auch er ist also kein Anhänger der Uebernahme, aber die Partei hat, so führt Lafontaine aus, die Verpflichtung, für den Fall der Annexion, die Garantien zu diskutieren, welche die Eingeborenen zu fordern berechtigt sind. Im übrigen meint er, der Kongreß solle den Abgeordneten die Freiheit zu handeln lassen. Terwagne wünscht für die sozialistischen Deputierten das Recht, für die Uebernahme des Kongo zu stimmen. Er glaubt nicht daran, daß d i e Lösung, den Kongo zu einer inter - nationalen Kolonie zu machen, bald Aussicht auf Verwirklichung habe und betont zum Schlüsse: man solle den Abgeordneten die Freiheit lassen, für die Uebernahme zu stimmen, falls zivilisatorische und parlamentarische Garantien geboten würden. Hins greift Vandervelde heftig an: Mit der Kongo-Ueber- nähme würden auch die europäischen Schwierigkeiten für Belgien beginnen. Die Deputierten sollten gegen die Uebernahme zu stimmen verpflichtet worden. Anseele tadelt eS, daß Vandervelde die Möglichkeit seiner Demission in die Debatte geworfen hat. Er(Anseele) habe sich einem Parteivotum gebeugt und es hätte ihm nichts geschadet! Er polemisiert sodann gegen die Rede Vanderveldes: Die inter - nationalen Vereinbarungen machen auf allen Gebieten Fortschritte. Es genüge nicht, die internationale sozialistische Kolonialpolitit nur theoretisch aufzuzeigen; durch das System der Jnternationali- sierung schwände auch jede Kriegsgefahr und für die Kongobewohner Iväre der Vorteil einer derartigen Lösung der, daß sich in jedem Parlament zu ihren Gunsten Stimmen für Reformen erhöben. Wenn das auch nur Minoritäten wären, ihr Lärm würde die Greuel und Missetaten doch verringern helfen. De Broucköre erklärt sich als Gegner der Kolonisation, weil sie nur die Ausbeutung einer sogenannten niedrigeren durch eine höhere Raffe ist und sein kann. Heute profitiert Leopold von den Greueln, nach der Uebernahme werden mehr oder weniger alle Belgier Nutzen daraus ziehen! Die Kolonialpolitik treibt auch zum Militarismus: Wenn der Kongo wert ist, genommen zu werden, muß er auch wert sein, verteidigt zu werden! Seit dreißig Jahren entspringen ja alle Kriege kolonialen Ursachen. De Broucksre verlangt schließlich, daß die Parteideputierten gegen die Uebernahme stimmen. Vandervelde verwahrt sich dagegen, daß er durch seine Aeußerung über eventuelle Mandatsniederlegung eine Pression auszuüben beabsichtigte; er habe sich nur seine Freiheit wahren wollen. In bezug auf die kapitalistische Kolonisation seien alle einig, eS handle sich nur darum, ob die Stimmenthaltung zulässig ist. Er wünsche die Freiheit bezüglich des endgültigen Votums in der Kammer und hoffe auf die Zustimmung des Kongreffes. De Broucköre verlangt vom Kongreß eine klare Eni- scheidung. Vandervelde hält ein Z w a n g s m a n d a t für ein noch nicht vorgelegtesGesetz nicht für zulässig. Dann kommt der Kongreß zur Abstimmung. Die prinzipiellen Fest- legungen des Berichtes Denis' finden einstimmige Annahme. Der Vorschlag Lombard, die endgültige Entscheidung über daS Regierungsprojekt an die Plenarveria ittmlttng des Generalrats oder an einen neuen Kongreß zu verweisen, wird abgelehnt. Die Tagesordnung Landervelde wird mit einem Amendement De Broucköre angenommen. Die Tagesordnung lautet in ihrem wesentlichen Teile:- In Erwägung, daß die Sozialisten an den kolonialen Unter« nehmungen bürgerlicher Regierungen nur teilnehmen könnten, indem sie einen Teil der Verantwortung über die Ausbeutung, deren Opfer unvermeidlich die Eingeborenen in den kapitalistischen Kolonien werden, übernähmen; in fernerer Erwägung, daß andererseits die Prinzipien- erklärung der Arbeiterklaffe es den Sozialisten zur Pflicht macht, die Unterdrückten ohne Unterschied der Rasse zu verteidigen, erklärt der Kongreß, datz die sozialistischen Deputierten sich in Widerspruch setzen würden mit den auf nationalen und inter - nationalen sozialistischen Kongreffen ausgesprochenen Prinzipien, wenn sie bei einer Abstimmung über das Kongo -AnnexionSprojekt nicht ein verneinendes Votum abgeben würden. Im Falle der Kongo Übernahme fordert der Kongreß die sozialistischen Deputierten auf. für die Anerkennung der p a r l a- mentarischen Rechte Belgiens , für die Ab- schaffung des Absolutismus und der Zwangs- arbeit und für einen wirksamen Schutz für die Ein- geborenen zu kämpfen." politifcbe dcberlicbt. Berlin , den 3. Juli 1907. Peters-Possen. Nachdem das blutige Schauspiel kultureller Schmach, in dem der europäische Kannibalismus Orgien feierte, vor dem Münchener Gericht sich abgerollt hat, beginnt die burleske Poffe in ihr alt­verbürgtes Daseinsrecht zu treten. Waren die Enthüllungen des Petersprozesses geeignet, bei allen, die den Ehrennamen Menschen noch verdienen und nicht im sadistischen Taumel der Brutalitäts- anbetung sich als Pseudoherrentiere aufspielen, Entsetzen und Empörung zu wecken, so kommt nunmehr unverholen das Satyr- spiel zutage. Die eigenartigen Münchener Kreise, die sich so gern als Intellektuelle gebärhen, ohne mit der Intelligenz für»iese allzu kompromittierliche Beziehungen zu unterhalten, wollen nun auch ihre langersehnte Gaudi haben. Der Fasching ist für sie angebrochen. Kleine Schichten in München hatten all die blamablen Massenpsychosen der letzten Jahre: die Barfuß! änzerei, den Madeleineschwindel und wie die in regelmäßigen Perioden wieder- kehrenden Verrücktheiten der Leute von Welt und ohne Intellekt sonst heißen mögen, nicht mitgemacht. Sie erhofsten Bedeutenderes. Nietzschenaturen Gemäßeres. Ihre Sehnsüchte sind endlich erfüllt und sie sind die Leithammel für die allzuvielen geworden, die jeden Humbug von gesellschaftlichen Qualitäten mitmachen. Die erlesene Petersschutztruppe, die das Auftreten des wilden Mannes in einem für rein künstlerische Zwecke gegründeten Vereine und noch dazu als Düpierte der Bülowschen Wahlmache veranlaßten, hat die Nervenpeitsche, die sie so heiß begehrte. Ob sich mmtcher von ihnen jetzt schämt? Das Verhalten der jungen Akademiker vor Gericht, die Sympathiebeweise von Dichtern, die in Peters den Helden entdeckt zu haben glauben, den sie in ihren kläglichen Theaterstücken vergeblich zu bilden versucht hatten, und manches andere spricht freilich nicht dafür. Die Nervenkrise will sich bis zu ihrem schalen Aschermittwoch austoben. Und Held Peters wird gefeiert. Die berufsmäßigen Kolonialenthusiasten, alles, wasDeutsch " sich nennt: derAll- deutsche" Verband, der sich politischer Neutralität rühmende allgemeine deutsche Sprachverein, natürlich auch der hurrahpatriotische Verein deutscher Studenten haben ihren Festrummel begangen. Und. mit den Deppen und Simpeln der nationalen Phrase machten sich die Geister gemein, die dem Untermenschen Peters vor Gericht die bedeutende Persönlichkeit attestierten, die dem gänzlich gleichgültigen Krupp in ihrer schnellen Bekehrung zum Nationalkultus ihre Verehrung aussprachen und die in Bausch und Bogen anbeteten, was sie ohne den furor afrtcanus sonst weit von sich gewiesen hätten. Die Münchener Intellektuellen feierten Peters, das war ihre Rache dafür, daß sie das mutige Eintreten der Pariser Intellektuellen für die Freiheit und gegen die nationalistische Vergiftungsepidemie in der Affäre Trehfus einst begrüßt hatten. Sie wollten auch ihre Affäre haben und erhielten mit Freuden die Affäre Peters. Es wurde getrampelt, getoastet, gesoffen. Wo immer ein Stammtisch kleiner Möchtegern-Peters sich alkoholisch enthusias- mierte, war ein Begrüßungstelegrantm an dengroßen" Mann abgegangen, der die Neger wie Spatzen schoß. Deutsche Kultur...! Aber die Münchener müßten nicht Münchener sein, wenn sie nicht auch den landesüblichen Humor mitreden ließen. Die Allotria" datz ich nicht lach' trat auf die Böhne und dekretierte, daß ihr bisheriges Mitglied Eugen Wolf nicht mehr in den heiligen Hallen, allwo tarockt und Bier getrunken wird. mittun dürfte. Heilige Einfalt, was ist in die harmlose Svietzer- Künstlergesellschaft gefahren, die zu kommandieren Lenbachs Privatvergnügen war? Herr Wolf mag sich beruhigen, das Bier war nicht besonders gut bei den Allotrialen, und tarockt wird anderswo ebensogut. Auch Herr Rosenthal, der kleine lebendige Petersanwalt, wollte sein in den pathetischen Posen vor Gericht so lange unterdrücktes Recht auf Witz wieder beleben. Er hat die Münchener Post" u. a. auch verklagt, weil sie ihm vorgeworfen habe, er hätte mit Händen und Füßen plädiert. Ja, wo«ut hat Herr Rosenthal denn nicht plädiert? Alle Münchener Karnevale nehmen ein Ende, auch da» PeterS- festspiel mit seinem Possengefolge wird vorübergehen. Zurück- bleiben wird nur eine stattliche Reihe unsterblich blamiert« Europäer I_ Der unzüchtige Rubens und van Dyck." Zu welchen hochkomischen Folgen der von manchen Polizei- behörden und Staatsanwälten betriebene Kampf gegen die.Un- sittlichkeit in Wort und Bild" führt, zeigt folgender von der.Franks. Zeitung' berichtete Vorfall. Im Mai erhob der Erste Staatsanwalt in vreSlau folgende Anklage: Der Kaufmann Emmo Delahon zu Breslau , Tascheustr. 2, geboren am 14. März 1877 zu Breslau , evangelisch, verheiratet, Wehrmann, unbestraft, wird angeklagt, im April 1907 in Breslau unzüchtige Abbildungen an Orten, welche dem Publikum zu- gänglich waren, ausgestellt zu haben.(Vergehen gegen K8 184 Nr. 1, 40 des Strafgesetzbuchs.) ErmittelungSergebniS. Der Angeschuldigte hat in einem Schaukasten seiner Papier - Handlung die Blatt 2 der Akten befindlichen vier Ansichtspostkarten öffentlich ausgestellt und dieselben ain 25. April 1907 an einen Polizeibeamten verkaust. Die Postkarten find Reproduktionen von Gemälden, und zwar: 1.Das Urteil des Paris" von Peter Paul Rubens . Die eine der Göttinnen ist ganz nackt dargestellt: ihr schwellender Busen und ihr Geschlechtsteil find deutlich sichtbar. Die beiden anderen Göttinnen drehen dem Beschauer die Seite beziehungsweise den Rücken zu. Auch fie find zum größten Teil nackt. 2.Ruhende VenuS" von Palma V e ch i o. Auf diesem Bilde zeigt sich Venus ganz nackt. Brust und Geschlechts- teil sind deutlich zu sehen. 3.Marchand d'Eselave'von Girand zeigt im Vordergrunde ein nacktes Mädchen, im Hintergründe wenig be- kleidete Mädchen. Bei allen treten die Brüste deutlich hervor. 4.Danae" von von(!) D y ck ist die Darstellung einer ausgestreckten nackten Frauengefialt, bei der nur das eine Bein und der Geschlechtsteil verhüllt sind. Zwar find diese Karten Reproduktionen berühmter Künstler. aber die Art und Weise, wie die Karten öffentlich aus- gestellt worden sind, ist zweifellos lediglich darauf berechnet, durch die Darstellung nackter weiblicher Körper die Sinnlichkeit der Beschauer zu erregen. Beweismittel: 1. Zeugnis des Kriminalkommissars Geßwein, hier; 2. die bei den Akten befindlichen Karten. Es wird beantragt, das Hattptverfahren zu eröffnen und die Verhandlung und Entscheidung der Sache vor der Strafkammer des hiesigen königlichen Laudgerickts stattfinden zu lasse«. I. Ä.: gez. Müller. Beglaubigt. Breslau , de» 17. Mai 1907. Ludwig, Gerichtsschreiber des Königlichen Landgerichts. Zugleich wurde die Dresdener Staatsanwalts chaft von der Breslauer aufgefordert, gegen die Firma vorzugehen, die jene und ähnliche Ansichtskarten herstellt. Die Dresdener Staatsmtivaltschaft war mit dieser Einschätzung der Werke trotz des Zeugnisses des Herrn Kriminalkommissars Geßwein nicht einverstanden. Sie faßte vielmehr folgenden Beschlutz: Es wird abgelehnt, gegen die Beschuldigten wegen Ver« breitung unzüchtiger Abbildungen,§ 134, Ziffer 1 des Strafgesetz- buches, strafrechtlich einzuschreiten, denn die bei ihnen von der Polizei beschlagnahmten Ansichtspostkarten können als unzüchtig im Siime des angezogenen Strafgesetzes n i ch-t angesehen werden. Diese Ansichtskarten enthalten verkleinerte Reprodttkttotvul>L» Gemälde: Das Urteil des Paris von P. P. Rubens de Bachus von Rouvier und das Urteil des Paris von H. mit'ixi Werff. Die Originale dieser Nachbildungen sind bekannt�' AHM