mit so Ivohlgezielt«! Ohrfeigen abstrafte, bielleicht erwidern, daß erdamals noch jung, einfältig und unerfahren war, und daß diewissenschaftliche Welt ihn und seine wissenschaftlichen und kolonisatorischen Leistungen, zumal die späteren, heute hoher bewerte. Daßdem nicht so ist, wollen wir nach neueren Veröffentlichungenvon zwei anderen Forschern zeigen:Professor v. L u s ch a n, der Direktor des Berliner kgl. Museumsfür Völkerkunde, hielt am 17. Februar 1900 einen Vortrag überfeine fiebenwöchige Reise in Südafrika fNugust-September löOS).Dieser Vortrag ist abgedruckt in der„Zeitschrift für Ethnologie",Heft 6, 1806 und auch als Sonderabdruck erschienen. Luschan kommtda u. a. auch auf die Altertümer von Rhodesia zu sprechen und kannes sich nicht versagen, bei dieser Gelegenheit Peters' Annahme,Salomos Goldland Ophir sei nach— Rhodesia zu verlegen, alsvöllig haltlos zu charakterisieren. Viel interessanter sind die all«gemeinen Bemerkungen, die Luschan hier im Abschnitt„DieEin geborenen Politik der britischen Regierungund die Zukunft des farbigen Südafrikas" macht:.... Was ich selbst seit Jahren schon immer und immerwieder von neuem hervorhebe, daS wurde mir im persönlichenVerkehr von mehreren sehr hochgestellten britischen Kolonialbeamtenals das Hauptergebnis ihrer vieljährigen Erfahrungen bezeichnet:Daß alle europäischen Beamten in den Schutzgebieten früher oderspäter scheitern oder zu Fall kommen, wenn sie die Eingeborenenschlecht, da« heißt roh, geringschätzig, grausam oder ungerecht bc-handeln, während andererseits wirkliche Erfolge ans kolonialemGebiet immer nur von denjenigen Europäern erzielt würden, diesich persönlich für den Eingeborenen interessieren, d. h. sich mehroder weniger praktisch mit Völkerkunde beschäftigen... nochimmer gibt cS da und dort Europäer, die den„Wilden" unter-schätzen und ihn deshalb, wie traurige Erfahrungen immerwieder von neuem zeigen, in der denkbar brutalsten Weise miß-handeln..."Zum Schluß zitiert Luschan eine Stelle aus dem Vortrage, dener selber im Jahre 1899 aus dem siebenten internationalenGeographenkongreß in Berlin gehalten hat. Aus dieser Rede sindfolgende Sätze bemerkenswert:„... Ich... bin vollkommen davon überzeugt, daß auchunser letzter Krieg in Südafrika leicht zu vermeiden gewesen wäreund daß er einfach nur eine Folge der Geringschätzung ist, welchein den damals leitenden Kreisen den Lehren der Völkerkundegegenüber herrschte.Durch bittere Erfahnmgen gewitzigt, wird man jetzt gezwungensein, auch in unseren Schutzgebieten zunächst den Eingeborenenzi» studieren, einfach schon deshalb, weil er ja dort das ivichtigsteLandeSprodukt ist, das niemals und in keiner Weise durch eingleichwertiges Surrogat ersetzt werden kann und daher alsvöllig»nentdchrlich gelten muß.Der prinntive Mensch ist leicht zu lenken und wie ein kleinesKind„»m den Finger zu wickeln", soweit man nur gelernt hatund sich bemüht,„seinen Gedankengang nachzudenken". Aberes hat bei uns eine Zeit gegeben,>vo die Beschäftigung mitVölkerkunde einen Mann von vornherein als minderwertig oderungeeignet im Kolonialdienst hat erscheinen lassen...."Dasselbe Heft, das Luschans Bericht als Sonderabdruck bringt,rnthält auch einen Artikel von Professor Heinrich Schäfer, demältesten Assistenten an der ägyptischen Abteilung des Berliner kgl.Museums. Der Artikel ist betitelt„Die angeblich ägyptischeFigur a u S R h o d e s i a". Schäfer vernichtet— wie Moritz—den„Wissenschaftler" Peters bezw. dessen Buch„Im Goldlanddes Altertums' sMünchen 1902). Der lebhaften Phantasiedes Dr. Peters wird ein gutes, seinen wissenschaftlichen Qualitätendas allerschlechteste Zeugnis ausgestellt und seine Studienmethodeals fahrlässig und im höchsten Grade oberflächlich und skrupelloscharakterisiert. Schäfer beweist, daß die Figur, aus deren Auf-findung Peters eine wissenschaftliche Sensation machen zu könnenvermeinte, nichts ist als„eine nur mäßig gelungeneFälschung".— Wir gehen auf die wissenschaftlichen Detailsnicht weiter ein, an Hand derer Schäfer des PeterS Gelehrten-gualität zertrümmert. Uns interessieren wiederum besonders die-jenigen Bemerkungen, die Peters' Art im allgemeinen zu be-leuchten geeignet sind. So beweist Schäfer z. B.:.. Mit ivelcher Leichtfertigkeit Herr PeterS beim Aufraffenseiner„Beweise" zu verfahren pflegt... so wirbeln denn beiihm die S ch a s u ans Südpalästina und die S a f u aus demSüden von Abessinien in einem tollen Durcheinander herum, dassich bei Peter« auf S. 250 ff. ansehen möge, wer Lust dazu hat.Die Schasu wären ja natürlich Herrn PercrS völlig gleichgültig.wenn sie nicht auch in einem G o I d l a n d wohnten.... Leiderverdanken sie ihre reichen Schätze nur der Phantasie oder viel-mehr der Leichtfertigkeit des Herrn Peters.... Herr PeterS istja aber blind, s» oft daS Wort Gold ihm vor Augen kommt.Seinem Verfahren setzt die Krone ans, daß er die vereinigte»Schasn-Sas» nun noch... in die nubische Wüste setzen möchte,nur weil dort nachweislich die Goldbergwerke der alten Aeghpterlagen. Ich glaube, man braucht einem solchen Verfahren kaumnoch ein Wort hinzuzufügen.... DaS PeterSsche Buch... hat nur eine Menge vonwirren Phantasien in das große Publikum geworfen, bis zu derenAuSrottimg noch lange Jahre vergehen werden, da ja stets dietollsten Irrtümer leichter angenommen werden als einfache Wahr-heiten."m*•Wir ersparen eS uns, die in der Einleitung angedeuteten Rück-schlnsse von PeterS' Leichtsinn in wissenschaftlichen Dingenans dessen allgemeines Verhalten als Mensch und Kolonisator ein-gehender zu erörtern. Da» kann bei passender Gelegenheit nach-geholt werden. Vielleicht bei Verhandlung der B r r u f u n g, die— wie unS soeben ein Privattelegramm meldet— Genosse Grubergegen daS Urteil vom 2. Juli eingelegt hat. Oder aber in dem Prozeß,den PeterS nunmehr gegen die»ationalliberale„Kölnische Zeitung"bezw. gegen den Verfasser deS PeterS„beleidigenden" Artikels,Gouverneur a. D. Rudolf von Bennigsen, durchzuführen gedenkt.UebrigenS kein kleiner Wagemut; denn hat man den wackerenPeterS in München mit Ruten gestäupt, so könnte er in fernerenVerhandlungen gar leicht mit Skorpionen gezüchtigt werden.Ale Zivilisierte Uber eingeborenen-llnspeltlcbungen denken.Dem englischen Parlament ist soeben eine Denkschrift überrine Auspcitschungsaffäre in B ritis ch- O st in d ien zu-gegangen. Ein Kapitän G r o g a u»vinde wegen einer vonihm und einigen Freunden an drei Eingeborenen voll-zogenen Auspeitschung zu einer erheblichen Geldstrafeund vier Wochen Haft verurteilt. Die Denkschrift deöKolonialministers Lord E l g i n sagt über diese Bestrafung desenglischen Peters:„Die Angeklagten hatten behauptet, die AnSpeitschung sei ge-rechtfertigt gewesen, weil die Eingeborenen sich Beleidigung weißerFrauen hatten zuschulden kommen lassen. Allein für solche Ver-gehen sind die schwersten Strafen im Gesetz vorgesehen. EineAnklage ist aber weder verhängt noch abgelehnt ivorden.Obendrein war die angebliche Beleidigung höchst nn-bedeutender und in keiner Weise die Sittlichkeit verletzenderNatur. ES handelte sich bei der AnSpeitschung um einebewußte Herausforderung jeglicher geordneter Verwaltung, unddie Angeklagten konnten froh sein, daß sie nicht auf Grirnb derviel schwereren Anklage des Aufruhrs und des Angriffes gegenden protestierenden Beamten abgeurteilt wurden. Für die Be-fürchtung eines Eingeborenenauf st andeS ist nicht diegeringste Begründung zutage getreten. Ichinuß vielmehr bemerken, daß die Vollbringungsolch' flagranter Akte der Gesetzlosigkeit undUngerechtigkeit der sicherste Weg ist, den Ausbruch einesAusstandcs hervorznrnfen."In der„Köln. Z t g." äußert sich ferner ein ehe-maliger Expedition Sleiter Dr. Nachtigals inKamerun zu der durch den PctcrS-Prozeß von neuem an-geregten Frage über die Behandlung der Eingeborenen unsererKolonien. Der Verfasser, dem auch die Gefolgschaft desDr. PeterS Sachkenntnis nicht wird absprechen wollen, sagtdarüber:„In einem Teil der deutschen Presse war während der letzten Tagedie Behauptung zu lesen, daß afrikanische Verhältnissevon europäischen grundverschieden, daß vonEuropäern in Afrika begangene Handlungenmit ganz anderem Maß st ab als in Europa zumessen seien und daß die barbarischen Instinkte der Neger bloßdurch schroffe Gcwaltmaßrcgcln im Zaunie gehalten werdenkönnten. Wie mögen unsere englischen Mitbewerber über diesesso mancherlei Angriffspunkte darbietende Karikaturbild ge-staunt haben I Gewiß besteht zwischen Krieg«- und Friedenszeitenin Afrika genau ebenso gut ein Unterschied wie in Europa. Aberim Krieg und im Frieden gelten für den in Afrika wirkendenEuropäer genau dieselben Gesetze des AnstandeS undder Menschlichkeit wie in Europa. An« einemGrunde wird allerdings, wer nie in Afrika war, über afrikanischeDinge schwieriger urteilen können, als landeskundige Asri-lauer. Aus dem Grunde nämlich, weil ihm die angeblicheWildheit deS Landes und seiner Bevölkerung über Gebührimponieren und weil ihm gewöhnlich auS wahren oderübertriebenen Schilderungen Phantasiebilderi in K o p f e stecken. Die Schilderimg, die als SachverständigerGeneral v. Liebert in München von der Negerrasse gegeben hat,mußte allerdings den Eindruck erwecken, als ob wir es mit wider-borstigen Wilden zu tun hätten. ES ist betrübend, daßein Mann, der viep Jahre Gouverneur von Ost-afrika gewesen ist, bloß in endloser Reihen-folge angebliche Fehler und La st er, aber keineeinzige Tugend des seiner Verwaltung unterstelltfewesenen Volkes aufzuzählen wußte. Es ergibtich daraus der Schluß, daß General v. Liebertentweder sein Gutachten einseitig abgefaßt, oder aber, daß erwegen einer hinsichtlich der Beurteilung von Naturvölkern mangcl-hasten Begabung nicht der richtige Mann für dnS GouvcrncnrSamteiner deutschen Kolonie gewesen ist. Denn daß dem Neger außerzahlreichen Fehler» weit größere Tugenden innewohnen, die ihnals Arbeiter und als Soldaten zu einem der nützlichsten Mit-glieder der menschlichen Gesamtgescllschast machen, steht außerZweifel. Vollkommen zutreffend äußerte in München PaterAcker, daß der Neger da» sei, waS man aus ihmmache...Die Liste" derjenigen Deutschen, die ruhmreich an der Er-forschung Afrikas und an der Besitzergreifung unserer Kolonienmitgewirkt haben, ist erfreulich groß, und in den Schriften weit-aus der meisten wird sich keineswegs, wie fälschlich behauptetworden ist, die Behauptung finden, daß der Neger nur mit derPeitsche gelenkt werden könne. Man denke bloß an den vielleichtgrößten aller deutschen Afrikaforscher, an den hochherzigen Menschen-freund Dr. Gustav Nachtig al, dem die Besitzergreifungder drei w est a fri k an i s ch en Kolonien Deutschlandsz u v e r d a n k e n i st. Es ist ja richtig, daß Nachtigal bei seinenberühmten Durchquerunge» de« Erdteils bloß friedlich wissen-schaftliche Zwecke verfolgte. Aber Kamerum traf Nachtigal inkriegerischen Verwickelungen und hatte auch gegendie zähe Entschlossenheit zu kämpfen. womit sichdie um ihr Handelsmonopol besorgten Ein-geborenen dem Vordringen ins Innere widersetzen. Aber der Verfasser dieser Zeilen, der als Expedition?-fübrer den Reichskommissar auf allen diesen Zügen im Kamerun-gebiet und in den Sümpfen am Niger begleitet hat, der gegen dieIntrigen der Engländer die Schutzverträge mit den kriegerischenkleinen Königreichen deS KamerungebirgeS abschloß, kann be-zeugen, daß bei alledem niemaiS gepeitscht, niemals gehängt,außer in loyalem Kampfe niemals geschossenund daß durch Nachtigals gewinnende, menschenkundige Persönlichkeit mancher Kampf vermieden worden ist, derfür rücksichtslosere Naturen unvermeidlich ge-Wesen sein würde."Ob Herr Liebert nun auch seinen Hymnus auf denHänge-PeterS und die Nilpfcrdpeitsche„bedauern" wird?Cliquenwirtschaft.In der bürgerlichen Presse wird noch immer über die Ver-abschiedung deS Grafen PosadowSky, ihre Motive und ihre äußer-liche Form philosophiert. Wer von dem Kamarillatreiben am Hofeund in den Ministerien nichts weiß, wird vielleicht diese Beschästt«gung der Blätter mit dem„Grafen im Bart" daraus zurückführen,daß eS augenblicklich, in der Zeit der sauren Gurten, der Presse aninteressantcrem politischen Stoff fehlte und deshalb diese mit HSiß-Hunger nach den Nachrichten greift, die über die näheren Umständeder Entlassung Posadowskys aus den Regierungskreisen durch-sickern. Diese Ansicht ist jedoch nicht viel richfiger als dieandere, daß die stille Besorgnis um den Fortgang der Sozialreformdie freisinnigen, nationalliberalen und konservativen Blätter zu ihrerErörterung des„Falls PosadowSky" treibt. Tatsächlich liegt dieSache etwas anders. Der Streit um die Motive und die Bedeutungder Entlassung PosadowSky» ist gewissermaßen zu einem der Mittelgeworden, durch welche die zurzeit gegen einander intrigierendenbureaukratischen Cliquen in den RegierungSkreisen ihren Straußausfechten. Deshalb auch die bemerkenswerte Tatsache. daßpolitisch»ahvcrwandte Blätter, wie z. B. die„Köln. Zeitung".die„Rhein.-Westf. Zeitung" und der„Hann. Courier", zuder Verabschiedung PosadowSky? ganz verschiedene Stellungeneinnehmen. DaS eine Blatt wird nämlich von der Bülow-Sippe, daS andere Blatt von der Bureaukratencliqne, die imFreiherrn v. Rheinbaben ihr vorläufiges Ideal erblickt, das dritteBlatt vom bureaukratischen Gegner dieser Clique inspiriert— oderrichtiger die Berliner Vertreter dieser Blätter erhalten auS diesenKreisen ihre Jnformattonen. Selbst wenn man sich aber über diesenUrsprung der PosadowSky-Notizen klar ist, die einzelne Blätter sichvon ihren Berliner Mitarbeitern oder von sogenannten„besonderenSeiten" schreiben lassen, verdienen manche dieser Notizen Beachtung, da siegetreu die Anschauungen der Kreise widerspiegeln, auS denen sie stammen.Recht interessant ist z. B. folgende, in vielen Punkten das Richtigetreffende Leußerung de» nationalliberalen(anti-rheinbabenschen)„Hannov. Courier»":Die„Franks. Ztg." die unter dem Vorgeben, der oommunisoxinia Ausdruck zu leihen, bislang getreulich zusammengetragenhat. WaS man im Preßdezernat d e S AuswärtigenAmtes über die Entlassung des Grafen PosadowSky zu lesenwünscht, meint in einer nenerlichen, doch wesentlich ge-rechteren Darstellung: Der Kaiser und der Kanzlerhätten„bei aller Anerkennung stir deS Grafen PosadowSkysozialpolitische Verdienste" mindestens von Februar andie Ueberzeugung gehabt, daß er für die neue Situation nichtmehr der richtige Mann sei. Das ist in dieser Form wohl nichtganz zutreffend. Beim Reichskanzler— den Kaiser läßt manbei diesen Erörterungen am besten aus dem Spiele— reicht solcheUeberzeugung wohl schon erheblich weiter zurück.Vielleicht hat er sie shier und da ist es ja auch angedeutet worden,freilich nur, um den Gestürzten noch mehr zu schmähen) sogar schonAnno 1900 gehabt. Aber damals galt es noch, die Handelsverttägeabzuschließen, für die Graf PosadowSky schon von langer Hand dieVorarbeiten organisiert hatte, und es gehört nun einmal zu denKardinaltugcnden unserer abendländischen Kultur, daß man denMohr erst gehen heißt, wenn er seine Schuldigkeit getan hat. Dieaber hatte er seit Jahr und Tag getan, und deshalb setzten seiteben so langer Frist auch die konzentrischen, periodisch wieder-kehrenden Angriffe ein. Wer erinnert sich nicht noch des Lärmsim Dezember 190S, als Graf PosadowSky auS Carlyleschen Ge-dankenreihen heraus den Mangel an echtem altruistischem Sinnbei unserem Bürgertum beklagt hatte. Wie dann flugsHerr v. Rheinbaben aufstund, um die übliche KriegervereinSrcdeins hohe Haus zu schmettern; wie sogar der gute Udo Stolbergvom Präsidentensitz herunterstieg, um gegen seine sonst durchaustreuherzige Weise ordentlich bissig gegen den Grafen PosadowSky zupolemisieren; wie Herr Dr. Oertel voll überlegener Weisheit ihmvorhielt: ein Staatsmann dürfe dergleichen nie öffentlich bekennen.Der Sturm beruhigte sich dann ein wenig, um von neuem entfachtzu werden, als bei Gelegenheil der Berliner HeimarbeitSauSstellungGraf PosadowSky sein Mitgefühl mit dem hier offenbarten Elendaussprach und von der Pflicht staatlichen Eingreifens redete. Da-malS meinte Herr Delbrück im Abgeordnetenhause: man dürfedie Ergebnisse der Ausstellung auch nicht ver-allgemeinern; waS ein Hieb gegen den Grafen PosadowSkysein sollte; wie denn überhaupt die Opposition gegen ihn auSder Mitte deS preußischen MinisterkollegS immer wirksanicFörderung fand. Dann kam die Ablehnung deS Reichskolonialamtsdurch das Zentrum, und nun mit einen, Male begann man zukonstatieren: der Gr af im Bart sei ein besondererGönner, Schützer und Schützling der an nochregierenden Partei bor Mitte. Damals schrieb eineoffiziöse Feder den Satz:„Kaum hatte der KanzlerBerlin den Rücken gekehrt, und schon fehlte diepolitische Führung." DaS war zwar handgreiflich unwahr,denn die Führung hatte in dieser Angelegenheit Fürst Bülowselbst gehabt, der biS zu seiner Abreise nach Norderney Tag fürTag Parlamentarier— auch solche vom Zentrum— empfangenhatte...ES ist eine Verdrehung der Tatsachen, die durch häufigeWiederholimg noch incht zur Wahrheit wird, wenn man jetzterzählt: Graf PosadowSky habe mit dem Block nicht zusammen-arbeiten wollen. AuS dem Munde des Zurückgetretenen, dendie Undankbarkeit der öffentlichen Meinung schmerzte, hörtenwir daS Wort:„Man will nicht, daß die wahren Gründebekannt werden". Die wahren Gründe, die zu zweiDritteln, wie wir vermuten, auf persönlichem Gebietlagen und zu einem Drittel trotz aller schönen Ge-lübde wohl auch auf sozialpolitischem. Denn wiewäre sonst daS Gestichel zu erklären: eS sei doch wohl keinSchade, wenn künftighin die Vexationen und die schlechte Be-Handlung der'Industrie durch den inneren Staatssekretäraufhörten?"Zu zwei Dritteln Gründe persönlicher Art, zu einem DrittelGründe sozialpolitischer Art— besser können tatsächlich Bülow» edleMotive nicht charakterisiert werden.Politische deberlicbt.Berlin, den 9. Juli 1907.Die gestohlene Peters-Kiste.Die Arendt, Peters und Konsorten erzählten in Müncheneine große Mordgeschichte von einer gestohlenen und geplündertenKiste. Diese Peterskiste sei, man denke, in einem Hause derWilhelm st raße später aufgefunden worden. Wie die„Voss.Ztg." bereits sagte, kann damit nichts anderes gemeintgewesen sein, als daß hier eine große Verschwörung nnd einamtlicher jlisten- resp. Akteudirbstahl vorliege! In Wirklichkeit istdiese ganze Darstellung ein echter und rechter PeterSschwindel. DasSchicksal der Kiste war das folgende:Die mit Eisenbandagen versehene Kiste wurde damals von derSpeditionsfirma M. L. Putzrath, Köpenickerstr. 127(jetzigerInhaber Gustav Brode u. Co.) einem Kutscher der Firma zur Spc-dition nach dem Lehrter Bahnhof übergeben. Bei der Ankunft amBahnhof entdeckte der Kutscher, daß die Kiste verschwunden war. Dasie mit einem hohen Wer�e deklariert war, war das EntsetzendeS Kutschers kein geringes. Er machte von dem rätselhaften Ver-schwinden sofort der zuständigen Polizeiwache An-zeige. Die Firma machte den Kutscher für den Verlust haftbar.Auch suspendierte sie ihn sofort vom Dienste. Am übernächstenMorgen jedoch ging von einem Polizeirevier in der Charlotten-straße die Meldung ein, daß die Kiste Wilhelmstraße IIS aufgc-funden worden sei und dort abgeholt werden könne. Der Ver-lierer begab sich mit einem Arbeitskollegen sofort nach der angc-gebenen Stelle. Die beiden erfuhren dort von einem Droschken-k u t s ch e r. daß er die Kiste morgens 4 Uhr, als er von einerNachtfahrt zurückgekehrt sei, im Hausflur vorgefunden habe. DieKiste selbst war an der Stirnseite beschädigt. Man hattesie offenbar mit Gewalt erbrochen. Der Verlierer selbst unddie Firma freuten sich nicht wenig des wiedergefundenen Wert-objektes. ließen den Schaden reparieren und expedierten dieKiste nunmehr schleunig st abermals nach London.Die Angestellten der Firma waren damals der Auffassung, daß einKollidicb sich der besonders gekennzeichneten und als Wertobjektdeklarierten Kiste bemächtigt, sie dann aber nach der Entdeckung,daß die Wertgcgcnstände nur in Papieren bestanden, wiederschleunigst irgendwo abgeladen habe. Da sich das HauS Wilhelmstraße 115 südlich von der Anhalt st raße, also weit ent-fernt von den feudalen amtlichen Regionen der Wilhelmstraße bc-findet, ist es um so unbegreiflicher, w-e die Peters und Arendt dieDreistigkeit besitzen konnten, gewissermaßen einen amtlichen Dieb-stahl vorzutäuschen! Auch die Behauptung, daß die Kiste erst vonLondon au? hätte reklamiert werden müssen, ist absolut unzu-treffend. Ob sich wirklich Aktenstücke des Arendt in der Kiste bc-fanden und ob sie gestohlen worden sind, ist mindestens un-wahrscheinlich!Auf Grund solcher Anklagen erheben„staatserhaltende"Parlamentarier vom Schlage des Arendt die ehrenrührigsten An-schuldigungen gegen höchste Reichsbehörden!—Liebert entschuldigt sich.Liebert bittet die„Post" um die Aufnahme nachstehender Er-klärung:„Mit Staunen lese ich soeben in den„Leipz. ReuestenNachrichten" vom 8. d. M. eine Aeußerling. die mir über denMünchener PeterSprozeß in den Mund gelegt wird, unddie mit dem Satze beginnt:„Ich weiß wohl, was auf meine öffent-liche Kritik des Urteils deS Disziplinargerichtshofes folgen wird..."Ich erkläre hiermit, daß die gesamte Aeußerung freierfilnden ist nnd daß ich mit meinem Gutachtenvor Gericht keinerlei Absicht verbunden habe. Ichhabe in steier Rede meine Ansichten entwickelt und dabei ist mirder Ausdruck über„die Art der UrtcilSfindung' bei dem Disziplinar-gerichtshofe über die Lippen gegangen, dessen Schärfe Ich bedauere.Ich stand unter dem Eindruck des VerlesenS der beiden Urteile undkann nicht leugnen, daß diese verblüffend auf mich gewirkt hatten,da sie alle eigenartigen afrikanischen Verhältnisse ausschalteten."