Kr. 186. 24. Jahrgang. L Stiliiie ks.Awiirls" Knlimr ilolliolilnlt. Zonntllg, 11. Allgllst 1907. Reahtlonäre Orgien in IRatnänien. Aus Rumänien wird uns unter dieser Ueberschrift ge- schrieben: Kein anderes Wort ist geeignet, das zu charakterisieren, was in Rumänien seit dem Monat März vorgeht. Tatsächlich handelt es sich nicht um ein vereinzeltes Ereignis, nicht um den Uebereifer irgend eines Beamten oder tollen Polizisten, sondern um eine systematische Verfolgung der rumä- nischen Arbeiterbewegung. Die rumänischen Sozialisten sind wörtlich genommen ausserhalb der Gesetze gestellt; keine einzige Garantie der Verfassung wird von den Behörden mehr respektiert. Das Recht der Vereinigung, das Versammlungsrecht, die Freiheit der Presse: all das ist im rumänischen Staatsgrundgesetz feierlich gewährleistet, aber es existiert nicht mehr, sobald ein Sozialist davon Gebrauch machen will. Das Hausrecht wird in unerhörter Weise verletzt, die an uns gerichteten Briefe gelangen nicht in unsere Hände, unser Geld wird mit Beschlag belegt und von der Polizei geraubt, und gegen unsere Personen wagt man in den Gefäng- nissen und auf den Polizeikommissariaten mit roher Gewalt vor- zugehen. Man erklärt uns für Ausländer— uns, die wir wahrlich bessere Rumänen sind als die Totschläger unseres Volkes; man er- klärt uns für Landstreicher— uns, die wir ehrlich durch unsere Arbeit leben» und man sucht uns einen Zwangswohnsitz aufzuer- legen, indem man die in der Bewegung wirkenden Arbeiter aus den Städten in ihre Heimatsdörfer verbannt. Das Signal für dieses höllische Regiment der rumänischen Reaktion wurde Ende März dieses Jahres gegeben. Es ist hier nicht der Ort, uns über die Bauernunruhen in Rumänien eingehend auszulassen; es genügt festzustellen, dah unser Land das einzige in Europa ist, daS in bezug auf die Erhaltung der Leibeigenschaft noch hinter Ruhland marschiert. Unser alter und neuer Adel ist heute noch der Herr der Bauernarbeit, er ver- fügt noch über die Frauen und Kinder der Bauern. Hieraus er- klärt sich ihr ungeheures Elend und schreckliche Unwissenheit; bloß 7— g Proz. unserer Landbevölkerung kennen die Anfangsgründe des Lesens und Schreibens. Hier liegen die Ursachen der Bauern- Unruhen. Dazu kam die antisemitische Propaganda der Liberalen, die gegenwärtig am Ruder sind; diese Propaganda hat unzweifelhaft den Ausbruch der Bauernbewegung erleichtert. Freilich hat man vorher nicht geahnt, daß sie solch ungeheuren Umfang gewinnen werde und daß sich die Bauern nicht nur gegen die jüdischen, sondern auch gegen die rumänischen Grundeigentümer wenden würden. Was haben nun die Liberalen getan, um die auf ihnen lastende Verantwortlichkeit von sich abzuwälzen? Sie haben einen der größten Massenmorde organisiert, die die Geschichte der Bürger- kriege kennt. Mit Kanonen und Gewehren haben sie neuntausend Bauern niedergemetzelt, die keine anderen Waffen als Stöcke und Dreschflegel hatten. Ganze Dörfer wurden dem Boden gleich- gemacht. Hunderte von Bauern wurden von Kriegsgerichten zum Tod verurteilt, bevor noch der Belagerungszustand verhängt war. In den Dörfern, wo der Aufstand ausgebrochen war, wurden einige verdächtige Bauern ausgewählt, um das Dorf wegen der Teil- nähme an den Unruhen zu bestrafen. In anderen Dörfern, die ruhig geblieben waren, tötete man Bauern, um— Unruhen zu verhüten! Die liberale Partei zeigte, kaum ans Ruder gekommen, einen an Wahnsinn erinnernden Rachedurst. So wollte sie ihr böses Gewissen betäuben, denn sie, die 30 unter den 4l) Regierungsjahren «s Königs Karl am Ruder gewesen war, trägt auch in letzter Linie die Scbuld an diesen Katastrophen, weil sie die Zeit für die not- wendigsten Reformen verstreichen ließ. Außerdem wollte sie auch ihre Macht vor Europa zeigen und den europäischen Finanzleuten beweisen, daß eine kräftige Regierung bestehe, die fähig sei, die Ordnung aufrecht zu erhalten. Die rumänischen Bauern wurden von den Liberalen verraten, weil sie ihren Ratschlägen nicht bis zu Ende gefolgt waren. Dem Bestreben der Liberalen, sich vor der Welt von der Ver- antwortlichkeit für die Bauernunruhen reinzuwaschen, entsprang auch ihre unehrliche Behauptung, daß die Sozialisten die Schuldigen seien. Unsere Bewegung wollten sie verantwortlich machen für ihre eigene Niedertracht. Sie hatten gegen uns Leute von großer Ver- gangenheit. Die rumänischen Liberalen brüsten sich, die alte sozialistische Bewegung Rumäniens zerstört zu haben. Sie haben sie einfach ausgekauft, indem sie den Intellektuellen Aemter, Mandate und Würden verliehen; sie haben sodann das Arbeiter- element zersprengt, indem sie einen Teil dem Nationalismus, einen anderen dem Antisemitismus, einen dritten dem Jndifferentismus zutrieben. Seit weniger als zwei Jahren erschien eine neue Ar- beiterbewegung, die sich kräftig mit durchaus reinem sozialistischen Charakter entwickelte. Solange die Liberalen in der Opposition waren, versuchten sie heimliche Verbindungen mit der neuen Ve- Das lenkbare Caftfchiff. Ein ehemaliger Offizier schreibt uns: DaS lenkbare Luftschiff ist also da I Die zwei stärksten Militär- mächte der Welt, Deutschland und Frankreich , haben das Problem wenigstens in seinen Ansängen gelöst. Die mit Riesenschritten vor- wärts eilende moderne Technik wird schnell dafür sorgen, daß die Fahrzeuge bald auf eine höhere Stufe kommen werden. Soviel ist jedenfalls gewiß, daß das lenkbare Luftschiff in künstigen Kriegen eine Rolle spielen wird, sofern wenigstens eine der beiden Parteien zu den sogenannten zivilisierten Nationen gehört. Es taucht nun die Frage auf, welchen Einfluß das lenkbare Luftschiff auf die moderne Kriegführung haben wird. Bei ihrer Beantwortung müssen wir zwischen Feld- und FestungSkrieg unterscheiden. Zuerst zum Feldkriegl DaS Fahrzeug kann bekanntlich zwei Zwecken dienen: Zur Auskundschaftung des Gegners und zum Herabschleudern von Explofionskörpern auf feindliche Truppen und Objekte. WaS die Rekognoszierung anbelangt, so ist das Lustschiff, mag es nun lenkbar oder nicht lenkbar sein, von der Witterung und der Tageszeit mehr abhängig alS jedes andere Aufklärungs- mittel. In der Nacht, bei Nebel und heftigem Sturm ist es überhaupt nicht zu gebrauchen. Will man wichtige strate- gische Märsche den Beobachtungen aus dem lenkbaren Lustschiff entziehen, so braucht man sie nur bei Nacht ausführen zu lassen. Schon die jetzige mörderische Waffenwirkung hat dazu geführt, daß taktische Bewegungen, z. B. Borführung der Truppen bis an die feindliche Verteidigungsstellung, Angriffe usw.. unter dem Schutze der Nacht vorgenommen werden. Künftig wird sich eben auch der Stratege mehr in die Dunkelheit flüchten. Da gegen das lenkbare Lustschiff auch Nebel und Sturm schützen, so wird wohl auch die Frage auftauchen, ob man nicht mit dem bis- herigen Gebrauch. Kriege im Frühjahr oder im Sommer zu be- ginnen, brechen soll. Im Spätfrühling und vor allem im Sommer ist das lenkbare Luftschiff in seinem Element. Kommen aber die Herbststürme, die Herbst- und Winternebel, so ist mit dem lenkbaren Luftschiff als Rekognoszierungsmittel nicht viel zu I wegung anzuknüpfen— einige der früheren Sozialisten, die zu . den Liberalen übergegangen waren, schlugen uns regelmäßige ' Geldunterstützungen für unsere Zeitungen vor—, die ihnen erlauben sollte, im Geheimen die Arbeiterbewegung zu lenken, während sie sie öffentlich verdammen wollten. Es ist überflüssig, zu versichern, daß wir diese Vorschläge mit Verachtung zurückge- wiesen haben, und daß wir die notwendigen Maßnahmen getrofsen haben, damit sie sich nicht erneuern. Man begreift schon hieraus die Wut der Liberalen gegen uns. Dabei mutz man im Auge be- halten, daß in Rumänien nur zwei Parteien, die liberale und die konservative, bestanden, und daß eine neue Partei wie die unsrige das politische Leben erheblich beeinflussen kann. Kaum ans Ruder gekommen, traf die liberale Partei Maß- nahmen gegen uns. Der erste Schritt war die Konfiskation unserer Zeitung einen ganzen Monat hindurch, obgleich die rumänische Gesetzgebung die Konfiskation ohne gerichtliches Urteil verbietet. Dann folgten Verfolgungen und Verhaftungen aller im Vorder- grund stehenden Genossen. Hunderte von uns wurden in den Ge- fängnissen und Kasernen festgehalten. In Bukarest wurden 110 Mitglieoer der Eisenbahnergewertschaft einfach unter die Fahnen berufen und in der Kaserne zehn Tage hindurch festgehalten. Viele dieser Gefangenen waren gar nicht Soldaten und die anderen hatten ihre militärischen Pflichten längst erfüllt. Man glaubte mit diesem ungesetzlichen Mittel einen Streit der Eisenbahn - bediensteten zu verhindern, den man befürchtete. Es genügte, daß irgend jemand als Mitglied einer Gewerkschaft oder eines unserer politischen Vereine bekannt war, um sofort verfolgt und verhaftet zu werden. Selbst der Verleger unseres Parteiblatts wurde verhastet. Seit vier Monaten befindet sich eine Anzahl von Genossen im Gefängnis, darunter Stefan Gheorghiou aus Plejesti, der beschuldigt ist, in der Presse einen Feuerlöschoffizier beleidigt zu haben. Gheorghiou wurde vor ein Kriegsgericht gestellt, obgleich er weder Reservist, noch aktiver Soldat war, als er die angebliche Tat vollführte. Besonders aufreizend war die Arretierung von 12 Mitgliedern der Eisenbahnergewerkschaft von Pascani. Drei von ihnen wurden fürchterlich geprügelt, was zu den landes- üblichen Gewohnheiten in den rumänischen Polizeikommissariaten gehört. Um alles in der Welt sollte unsere Bewegung zerstört werden. Alb die Verhaftungen den erwarteten Schrecken nicht verbreiteten, begann man mit Ausweisungen, die ein ganz unerhörter Mißbrauch der rumänischen Staatsgewalt waren. Während ändert- halb Monaten, seit Ende Mai, hat man 8S4 Personen, zumeist Arbeiter, aus Bukarest ausgewiesen. Darunter waren auswärtige Genoffen, die den rumänischen Gewerkschaften angehörten, und zivar hauptsächlich Arbeiter aus Siebenbürgen , vielfach Leute, die seit 20 Jahren in Rumänien ansässig waren und Frauen und Kinder haben. Besonders provozierend war die Haltung der rumänischen Behörde in Galatz , wo vor dem großen politischen Massenstreik und während des Streiks in der mechanischen Sägerei von Götz die Polizei tag- täglich einige fremde Arbeiter auswies, als gerade unser zweiter Kongreß abgehalten wurde. Man suchte damit einen Druck auf die rumänischen Arbeiter auszuüben. Man ging so weit, daß man un- garische Genossen, die an dem Streik gar nicht beteiligt waren, lediglich wegen ihrer solidarischen Gesinnung auswies. Bei dieser Gelegenheit mutz man die unwürdige Haltung des österreichisch- ungarischen Konsuls von Galatz feststellen, der für die Frauen der Ausgewiesenen nichts anderes als eine glatte Abweisung hatte. So wurden zahlreiche Arbeiter des Landes verwiesen, die ihre Familien ohne alle Mittel zurücklassen mußten. Kein Streik verläuft, ohne daß Arbeiter ausgewiesen werden. Aber alles in West- und Zentral-Europa Begreifliche wird über- troffen durch die Tatsache, daß rumänische Bürger aus ihrem Vater- lande ausgewiesen werden. Das gilt vor allem für die rumänischen Juden. Es ist allgemein bekannt, daß diese von den polittschen Rechten ausgeschlossen sind, aber es ist ebenso sicher, daß sie rumänische Untertanen sind, da sie keine andere Staatsangehörigkeit besitzen. Die rumänische Regierung behandelt sie auch als Unter- tanen, indem sie ihnen alle Pflichten rumänischer Bürger und in erster Linie die Militärpflicht auferlegt. Trotzdem werden alltäglich diese Rumänen von ihrer eigenen Regierung aus- gewiesen. Was geschieht aber, wenn das Land, wohin die Ausgewiesenen getrieben werden, ihre Aufnahme verweigert? Die rumänische Regierung sucht dann einen kleinen Zollbeamten zu bestechen oder jagt die Ausgewiesenen zur Nachtzeit über die Grenze. So geschah es mit unserem Genossen Lupou Grünberg, dem Sekretär des Verbandes der Handlungs- angestellten von Galatz , der nicht nur selbst, dessen Vater auch in Rumänien geboren ist. Der Genosse L a s l o wurde zur Nachtzeit an die Grenze gebracht und mit Flintenschüssen von den Gendarmen bedroht, wenn er dem Befehle, die Grenze zu über- schreiten, nicht Folge leistete. Die Brüder Gebhard weigerten sich, man brachte sie nach Bukarest , prügelte sie graüsam, legte sie in Ketten und sandte sie an die bulgarische Grenze. Dort zurück- gewiesen, wollte man sie auf einem Donauschiffe an die ungarische oder serbische Grenze bringen. Als der Kapitän ihre Aufnahme erreichen. In dieser Zeit sind auch die Nächte lang und dunkel und bieten daher eine größere Sicherheit gegen die Entdeckung kriege- rischer Operationen als die kurzen und hellen Sommernächte. So ergibt sich, daß man im europäischen Klima die NekognoSzierungS- tätigkeit der lenkbaren Luftschiffe durch Verlegung des Anfanges eines Krieges etwa in den Oktober sehr erschweren kann. Was nun das Herabwerfen von Explofivkörpern, sogenannten Torpedos, anbelangt, so wird eS allein keine entscheidenden Erfolge erringen, aber eS kann unter gewissen Umständen viel zu einem ent- scheidenden Erfolge beitragen. Wenn z. B. der Kampf um den Schlüssel zu einer Stellung entbrannt ist, so können einige feindliche Luftschiffe, die auf die betreffende Position Torpedos herabschleudern, den Verteidigern das Leben sehr sauer machen. Von viel größerer Bedeutung als im Feldkriege wird daS lenk- bare Luftschiff im Festungskriege sein. Eine belagerte Festung wird vor ihm weder durch Nacht, noch durch Nebel, noch durch Stürme geschützt. Auf die Nacht folgt der Tag. ein Nebel hält höchstens ein paar Tage an, auch ein heftiger Stunn währt höchstens zwei Tage. Auf diese Weise finden die lenkbaren Luftschiffe des Angreifers auch in der rauhen Jahreszeit reichliche Gelegenheit, die feindliche Festung auszukundschaften. Sie gestatten dem Angreifer zum Beispiel einen genauen Einblick, wie die Beschießung eines Forts gewirkt hat, ob es reif ist zum Swrm. Sie setzen ihn auch sonst in den Stand, sehr viel von den Verhältnissen in der Festung zu erfahren, zum Beispiel ob Volksaufläufe stattfinden, ob Handel und Wandel in der Stadt vollkommen stillstehen. Selbstverständlich werden die Festungen auch unter dem Herab- schleudem von Torpedos aus den lenkbaren Luftschiffen schwer leiden. Besonders trifft dies auf die Zivilbevölkerung und hier wieder in erster Linie auf jene der G r e n z f e st u n g e n zu. Man denke sich einmal in die Lage der Zivilbevölkerung der Festung Metz im Kriegsfalle. Da Metz von der ftanzösischen Grenze nur 13 Kilo- meter entfernt ist. so werden ftanzösische Luftschiffe der Stadt sehr bald Besuche abstatten, ebenso wie die deutschen Luftschiffe sich wichtige französische Sperrforts als Bcobachtungsobjekte, die man nebenbei auch mit Torpedos rcgalicrt, aussuchen werden. Auf diese Weise müssen die Metzer sich schon zwei Stunden nach der Kriegs- erklärung auf Tote und Verwundete in ihren eigenen Reihen und verweigerte, wurden sie und andere Genossen an einen uns un- bekannten Ort gebracht! Die grenzenlose Beamtenwiillkür wird illustriert durch die Tatsache, daß der berüchttgte Präfekt von Galatz Athanasiu aus eigener Willkür eines Tages die Verfassung für aufgehoben erklärte und auf Grund dieses Willküraktes die Lokale dreier Gewerkschaften schließen, ihre Gelder, Biblis - theken und Papiere in Beschlag nehmen, jede Versammlung und jede Straßenansammlung außer der der Arbeitswilligen verbieten ließ. Das Proletariat von Galatz hat diesem russischen Gouverneur eine unvergeßliche Lehre gegeben, indem es den politischen Massenstreik proklamierte und dadurch die Zurücknahme all dieser Willkür« lichen Anordnungen erzwang. Nachdem die Regierung rumänische Juden auSgewieseii hatte, nachdem sie unseren besten Genossen unter dem Vorwand des Vaga- bondicrens den Z w a n gs w o h n si tz in ihrer Heimatsgemeinde auferlegt hatte, begann sie mit der Ausweisung von Bürgern un- zweifelhafter rumänischer Nationalität. Das war der Fall mit Enein Athanasof, der im Jahre 1876 in Dobrudscha geboren und auf Grund des Berliner Vertrages und der rumänischen Gesetz- gebung auS einem geborenen Türken zu einem rumänischen Unter- tanen geworden war. In dieser Eigenschaft leistete er im März 1394 den Militärdienst. Nachdem man ihn zwölf Tage im Polizeiarrest von Konstanza festgehalten und natürlich geprügelt hatte, nachdem man ihn ein zweitesmal wegen Verbreitnng sozialistischer Aufrufe verhaftet hatte, entschied man sich für seine Ausweisung. Man zwang ihn. sich auf ein Schiff zu begeben, das nach Griechenland fuhr. Der Genosse protestierte. Auf dem Schiff entbrannte ein lvütender Kampf mit den Polizisten, die ihn fesseln wollten. Der Kapitän verwies sie schließlich von dem Schiff. Hierauf brachte man den Genossen an die bulgarische, dann an die ungarische Grenze, wo er überall zurückgewiesen wurde. Aber man ließ ihn nicht das Schiff verlassen, auf dem er sich noch jetzt befindet! Unsere Regierungs- männer hoffen noch immer, daß sie einen bulgarischen Beamten be- stechen und unseren Genossen während der Nacht aus bulgarischem Boden aussetzen können. Betrachten wir nun noch einen weiteren Fall, der mich selbst be« trifft. Die rumänische Regierung erweist mir die unverdiente Ehre, mich für den Urheber der gegenwärtigen rumänischen Arbeiter- bewegung zu halten. Daher ihr Haß und die Verfolgung, deren Opfer ich bin. Ich werde kein Wort verlieren über all die Niedertracht und Verleumdungssucht, deren Opfer ich bin, ist das doch das natürliche Los jeden Kämpfers für die sozialistische Sache. Unter der früheren Regierung— im Monat März— ver- anstaltete man während einer Versammlung eine wahre Hetzjagd gegen mich, bei der eS weder an Revolvcrschüsfen, noch an Stock- hieben fehlte. Mit einer Kopfwunde verließ ich den Kampfplatz. Da man mich nicht totschlagen konnte, will man mich nun aus- weisen. Aber ich bin ein rumänischer Bürger. Wenn ich auch noch unter der Türkenherrschaft im gegenwärtigen Bulgarien geboren wurde, so werde ich doch stets als ein Dobrudschianer betrachtet, weil mein Vater und Großvater Grundeigentümer und Ve« wohner � der Dobrudscha waren. Mein Vater war seit der Annexion dieser Provinz durch Rumänien unzweifelhaft rumä - nischer Bürger, war er doch Wähler, ja sogar Gemeinderat. Ich selbst hatte in nieiner Eigenschaft als rumänischer Bürger als Arzt meiner militärischen Dienstpflicht zu genügen, ich war Wähler ja, ich wurde in den Kreisrat gewählt und habe dieses Mandat auch jetzt noch ausgeübt. Vor vier Monaten begann die Regierung schon die Vorbereitung � für meine Ausweisung. Zuerst erklärte man mich meiner Offizierscharge verlustig, weil mit meinem Namen in der Pariser„Humanite" zu einer Zeit ein Artikel er- schien, da ich in Constanza in militärischer Haft war. Am letzten Sonnabend sprach das Militärgericht das Urteil gegen mich. Man hat hierauf bei dem KreiLratc, dessen Mitglied ich bin, eins Unter- suchung eingeleitet. Meine verehrten Herren Kollegen fanden plötzlich daß ich nicht rumänischer Bürger sei, sie luden die rumä- nische Regierung ein, mich auszuweisen. Dieses Verfahren war ungesetzlich, und der Vizepräsident des Kreisrates protestierte in einem öffentlichen Brief dagegen. Man hat es noch nicht gewagt, meine Ausweisung zu proklamieren. In dem Augenblicke, da es geschieht, wird diese Infamie einen neuen Ausgangspunkt des Kampfes gegen die Regierung schaffen. Wir rumänischen Sozialisten sind uns der außerordentlichen Schwierigkeiten bewußt, unter denen sich unser Kampf entwickelt. Wir haben uns aber bisher nicht damit begnügt, Widerstand zu leisten, wir sind auch energisch zum Angriff übergegangen. Auch die rumänische Reaktion wird besiegt werden. Die Sympathien und die Hülfe des internationalen Proletariats werden uns die besten Verbündeten iy dem schweren Kampfe sein., Dr. C, RykovLki. I auf große Feuersbrünste gefaßt machen. ES ist sogar sehr wahr« scheinlich, daß die Stadt Metz 12 Stunden nach der Kriegserklärung in Flaminen steht. Besonders ungemütlich wird der Aufenthalt in den Bahnhöfen der Grenzfestungen werden, denn ihre Zerstörung sowie die Vernichtung des Wagenparkes und der vorhandenen Schuppen liegen dem Gegner besonders am Herzen. Verhältnismäßig gut sind die Truppen, die die Festungswerke besetzt halten, daran, weil sie in ihnen Deckung finden. Außerdem ist es gewiß, daß die Festungswerke in Bälde so umgebaut werden, daß sie, so lange sie nicht auch einer Beschießung ansgesetzt sind, gegen die Torpedos genügenden Schutz bieten. DaS lenkbare Luftschiff ist eine so furchtbare Waffe, daß die Technik natürlich auf Mittel sinnt, mit denen eS zerstört werden kann. Man wird eigene Geschütze zum Herabschießen der Luftschiffe kon- struieren und die Luftschiffe selbst mit einer leichten, aber weittragen- den Waffe, mit der feindliche Luftschiffe zum Sinken gebracht werden können, ausrüsten. Derartige Maßregeln sind unausbleiblich und nur eine Frage der Zeit. Stellt man sich einen Zukunftskrieg zwischen starken Militär- mächten vor, so ergibt sich folgendes schauderhafte Bild: I m Meere morden die Unterseeboote, auf dem Meere morden die Kriegsschiffe, auf demLande morden die Armeen und in der Luft morden die lenkbaren Luftschiffe. Mehr hätte der blut- gierigste Indianerhäuptling nicht verlangen können! Vielleicht ge- lingt eS, auch noch die Bewohner der vierten Dimension,„die Geister" zur Kriegführung heranzuziehen, dann wäre der Salat fertig. Allerdings hat die rasende Entwicklung der Mordtechnik auch ihre guten Seiten. Erstens besinnen die Herren am Ruder sich angesichts der furchtbaren Konsequenzen eines Krieges sehr, ehe sie die Massen gegen einander hetzen. Und zweitens wäre wahrscheinlich der nächste große europäische Krieg auch der letzte. Er wird so furchtbare Opfer fordern, so schreckliche Bilder zeigen, solche Leiden auch über den siegreichen Teil bringen, daß den beteiligten Nationen der Gednldfaden endlich reißen wird.
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