Da der Beklagte E. nur daZ Baden destritten, alles andereaber von vornherein zugegeben hatte, so folgt mit logischemZwang, daß der Gendarm H. beschworen hat, E. habegebadet. Sonst wäre doch die Ansehung der zweiten Ver-Handlung durchaus überflüssig gewesen. Sonderbarer-weise steht im Protokoll, der Gendarm habe nicht bestimmt de-kündet, ob E. gebadet habe. Sonderbarerweise sind die Zeugenüberhaupt nicht vernommen worden, sondern das Gericht hat in derzweiten Verhandlung sofort mit so eigentümlicher Begründung„groben Unfug" konstruiert._Wieber ein„seltsamer Fall".der aber gar kein so seltsamer Fall ist, weil er sich in denMauern abspielte, innerhalb derer sich Herr Ferdinand Bonnauf seine bekannte Weise der Erziehung des deutschen Volkes zurwahrhaft idealen Kunst widmet. In dieser Erziehung zum Idealging Herr Bonn gestern wieder einen herzhaften Schritt weiter.Aus dem Repertoir des Berliner Theaters stand ebenso wie vor-gestern und seit den 303 vorhergegangenen Tagen„SherlockHolmes"; als jedoch der Vorhang in die Höhe ging, erschien HerrBonn bor der Rampe und gab folgendes von sich:,)M:ine hochverehrten Herrschaften! Alle Mtcn sDingesind drei. So dachte ich, und da Ihnen meine beiden erstenDeteiktivkomödiett Fveud«" machten, und Ihnen Freude zumachen vorläufig der einzige Zweck meines Daseins ist, so schriebich meine dritte Komödie. Sie heißt:„Die tanzendenMännchen". Morgen sollen wir die Premiere haben. AberSie wissen, mit Premieren habe ich, der bestgehaßte Theater-mann in Deutschland, zwar recht nützliche, aber ziemlich kost-spielige Erfahrungen gemacht, sodaß ich, eine furchtsame, ängst-liehe Natur, wie ich nun einmal bin, meine Stücke jetzt immergleich zum zweiten Male gebe. Die erste, die Geheimaufführung,die soll nur für Sie sein, denn Sie haben mir in allen Stürmenund Nöten so treu geholfen. Und was ich bin, bin ich ganzallein durch Sie. Wenn es Ihnen also recht ist— und ich hoffe,Sie machen keinen üblen Tausch— so lassen wir die tanzendenMännchen jetzt gleich lostanzen. Natürlich bitte ich jene Herr-schaften, welche etwa der Sache nicht trauen, sich einstweilen alsmeine Gäste zu betrachten und ihre Billets für eine andereSherlock Holmesvorstellung umzutauschen. Und jetzt wünscheich vergnügtes Gruseln und herzliches Lachen.Das Publikum war nun gar nicht überrascht, es machte viel-mehr den Eindruck, daß es auf das Kommende vorbereitet war,und der Beifall, der erscholl, wirkte, wie eben Claque immer wirkt.Uebcr das Stück selbst etwas zu sagen, ist nicht der Mühewert— wir haben nur anderthalb Akte ertragen. Wenn aberetwas geeignet war, einem Gruseln zu machen, so die neue Be-stätigung, daß man Derartiges heute noch dem Volkebieten kann. Freilich, solches Gruseln ist kein vergnügtes.Die Sprecstraße wird behufs Legung von Gasröhren am21. d. M. für Fuhrwerke und Reiter gesperrt.Im Sportpark Spandau findet heute der Zweikampf Guignard-Günther statt. Außerdem wird die L-Klasse ein 10 und Lv Kilo-meter Rennen fahren. Die Rennen beginnen Punkt 4 Uhr.Die Wiedereröffnung des„Wintergartens'' findet nächstenSonnabend, den 17. August statt. Billetts zu den ersten Vor-stellungen sind bereits von heute ab an der Theaterkasse, Dorotheen-itraße, erhältlich.Arbeiter-Samariter-Kolonne. Montagabend 9 Uhr, 1. Ab-teilung, Dresdenerstr. 45: Vortrag des Herrn Dr. Schwab über„Vergiftungen und gefahrdrohende KrankheitSzustände". Darananschließend praktische Uebungen.— Neue Mitglieder könnenjederzeit eintreten. Einschreibegeld 25 Pf. Monatsbeitrag 25 Pf.Gäste haben einmaligen freien Zutritt. Die Bibliothek steht denMitgliedern zur freien Verfügung.Im Sp-rtpark Steglitz kommt am heutigen Sonntag der„Große Germania-Preis" zur Entscheidung, der fünf der bestenDauerfahrer der Welt über 100 Kilometer in Konkurrenz stellt,und zwar in 3 Rennen über 20, 30 und 50 Kilometer. Außerdemstehen noch Fliegerrennen mit internationaler Besetzung auf demProgramm. Dieselben beginnen nachmittags 4 Uhr.Im wissenschaftlichen Theater der«Urania" in der Tauben-straße gelangen in dieser Woche nachstehende Vorträge zur Wieder-holung: Sonntag und Donnerstag„Von der Zugspitze zum Watz-mann", Montag und Sonnabend„Du»ch Dänemark und Süd-schweben", Dienstag und Freitag„Im Lande der Mitternachts-sonne", und am Mittwoch„Die Gletscher der Hochgebirge und dieEiszeit unserer Heimat"Feuerwehrbericht. Freitagabend mutzten zwei Kellerbrändetn der Brunnenstr. 83 und Wörtherstr. 14 gelöscht werden. Stroh,Kohlen und anderes brannten dort. Auf dem Dache des HausesGr. Frankfurterstr. 117 war Teer und der Belag des Daches inBrand geraten. Gestern früh hatte der 8. Zug in der Naunyn-straße 91 zu tun, wo ein Schornstein und anderes brannte. Alarmeliefen außerdem noch von anderen Stellen. Markgrakenttr. 27,usw. ein.Vorort- JNfochricbten»Schöueberg.Stadtverordnetenwahl lOO?.Arbeiter I Parteigenossen! Im November dieses Jahresfinden die regelmäßigen Ergänzungswahlen zurStadtverordnetenvers am nilung statt. Um dieMandate der dritten Abteilung wird in diesem Jahre einäußerst heftiger Kanipf entbrennen. Es ist deshalb not-wendig, daß ein jeder Wähler der dritten Abteilung sich dieAusübung seines Wahlrechtes durch Einsichtnahme i ndie Wählerlisten sichert. Dieselben liegen in der Zeitvom15. bis 30. Augustöffentlich aus, und zwar an den Wochentagen von vormittags9 Uhr bis nachmittags 2 Uhr und an den Sonntagen von vor-mittaas 11 Uhr bis nachmittags 1 Uhr imRathause am Kaiser Wilhelmplatz,Zimmer 2 des Quergebäudes.Pflicht eines jeden Parteigenossen, eines jeden Arbeitersist es nun, während dieser Zeit die Wählerlisten einzusehenund vor allem auch daraus zu achten, daß der Namerichtig eingetragen ist. Wer nicht in der Liste stehtoder wessen Name falsch eingetragen ist, der erhebe in derZeit vom 1 5. b i s 3 0. Ä u g u st mündlich oder schriftlich Ein-spruch gegen die Richtigkeit der Listen. Nur wer in derListe verzeichnet steht, kann sein Wahlrechtausüben. Wer nicht in der Lage ist, selbst Einsicht in dieListen zu nehmen, der gebe seine Adresse in den Bezirkslokalendes Wahlvereins oder in den durch Plakate kenntlich gemachtenGeschäften ab. Versäume niemand, sich sein Wahlrecht zusichern.Wahlberechtigt ist jeder selbständige Preuße, der24 Jahre alt ist, ein Jahr in Schöneberg wohnt, mindestenszur zweiten Steuerstufe(699—900 M.) veranlagt, mit seinenSteuern(sofern er zu über 999 M. eingeschätzt ist) nicht imRückstände ist und kerne Unterstützung aus öffentlichen Mittelnim letzten Jahre erhalten hat.Der städtische Arbeitsnachweis von Schöneberg hat nun endlichein festes Heim erhalten, nachdem in den letzten Jahren die Räum-lichkeiten für denselben hin und her verlegt worden sind. Er be-findet sich jetzt Apostel Paulusstraße 18, Ecke Eisenacherstraße. DieArbeits- und Stellenvermittelung erfolgt für die männlicheAbteilung von 8 bis 12 Uhr vormittags, für die weibliche Ab-teilung von 9 bis 12 Uhr vormittags und von 4 bis 7 Uhr nach-mittags. Die Vermittelung für die Arbeitnehmer ist unentgeltlich.Den Namen,, Rathausplatz" hat jetzt der Platz R an der Bel-ziger- und Martin Lutherstraße-Ecke erhalten. Bekanntlich wird andiesem Platz nach Beschluß der Stadtverordnetenversammlung dasneue Schöneberger Rathaus errichtet werden.Rixdorf.Eine stark besuchte Versammlung der städtischen Arbeiter nahmnach einem Vortrage des Genossen Polenske über„Gewerkschaft-liche und politische Organisation" Stellung zu der eigenartigen Be-Handlung, welche der Magistrat dem Antrage der Arbeiter aufEinführung einer allgemeinen Arbeitsordnung angedcihcn läßt.Im Februar d. I. beschlossen die städtischen Arbeiter, eine Eingabeauf Einführung einer„Allgemeinen Arbeitsordnung". Die ein-gereichte Vorlage enthielt Bestimmungen über Einstellung und Eni-lassung von Arbeitern, Minimallohn, Arbeitszeit, Urlaub, Arbeiter-ausschuß, Arbeitsnachweis usw. Diese Eingabe gelangte am23. Februar in die Hände des Magistrats. Ein halbes Jahr istseitdem vergangen, aber noch harren die Arbeiter vergeblich auf eineAntwort. Für die bescheidenen Wünsche der Arbeiter scheinen dieHerren keine Zeit übrig zu haben, oder sollte Ueberbürdung mitGeschäften die Schuld daran tragen? In der Versammlung kamder Unwille der Arbeiterschaft über die Mißachtung ihrer Wünschein scharfer Weise zum Ausdruck. Nachstehende Resolution gelangteeinstimmig zur Annahme:„Die heute, am 8. August 1997, im Lokale des Herrn Thiel,Bergstraße 151/152 zahlreich versammelten städtischen Arbeiter derStadt Nixdorf nehmen mit Bedauern Kenntnis, daß ihnen aufihren am 23. Februar d. I. dem Magistrat unterbreiteten Antragauf Einführung einer„Allgemeinen Arbeitsordnung" bisher keineAntwort zuteil wurde. Die Versammlung beauftragt daher dieOrtsleitung des Verbandes der Gemeinde- und Staatsarbciter, denMagistrat um gefällige Auskunft darüber zu ersuchen, wieweit dieBeratung des gestellten Antrages gediehen sei."Lankwitz.Beim Stiftungsfest des Arbeitergesangvereins Lankwitz ist einUmhang liegen geblieben; auch ist die Gewinnnummer 78 noch nichtabgegeben. Die Gegenstände sind abzuholen beim VorsitzendenPaul Kühl, Calandrellistraße 27—29.Ober-Schöneweide.Bei ihrer ersten Dienstherrschaft üble Erfahrungen gemachthat das Dienstmädchen Martha Wolf, die vor kurzem aus Schlesiengekommen ist und bei dem Schlächtermeister Martin, VertreterBöhnemeier, Siemensstr. 13. in Stellung trat. Nicht wenigerals fünfmal in neun Wochen Dienstzeit soll, wie uns mitgeteiltwird, das Mädchen von ihrer Dienstherrschaft geschlagen wordensein. Auf Veranlassung von Hausbewohnern soll sich die Polizeifür das Mädchen verwandt und die Entlassung desselben bei demSchlächtermeister bewirkt haben. Gegenwärtig befindet sich die hierAlleinstehende bei Hausbewohnern. Ob das Mädchen noch großeLust verspürt, eine andere Dienststelle zu suchen, erscheint bei dengemachten Erfahrungen mehr als fraglich. Immerhin ist dieserFall wieder einmal ein wertvoller Beitrag zu der heutigen Dienst-botennot.Nieder-Schöneweide.Ucder einen Unglücksfall, der wiederum von nicht genügenderSachkenntnis bei der zu verrichtenden Arbeit zeugt, wird uns vonfachmännischer Seite berichtet. Auf dem Grundstück der Schultheiß-Brauerei in Nieder-Schöneweide wird ein Neubau aufgeführt, der-selbe wird rechtwinklig von einem vier Stock hohen und einein zweiStock hohen Brauereigebäude begrenzt. Da nun die Kellereien desNeubaues 1 Meter tiefer liegen wie die Fundamente der umliegendenBauten, müssen die letzteren unterfangen werden. Hierbei scheint mannun nicht mit der nötigen Vorsicht vorgegangen zu sein. Denn amDonnerstag löste sich plötzlich ein Block Mauerwerk undfiel auf zwei beim Unterfangen beschäftigte Maurer. Nach Aussagede? Poliers sollen die beiden Verunglückten Wadenquetschungendavongetragen haben, außerdem hat sich der eine die Oberlippezerschlagen. Man konnte feststellen, daß die Arbeit auf der Baustelleziemlich gefährlich ist, indem das zu unterfangende Mauerwerkstellenweise sehr bröcklig war und nur von losen Sandmassen ge-stützt wurde. Außerdem befindet sich in unmittelbarer Nähe desBaues ein Bahngeleise, auf dem volle Waggons rangiert werden.Die Arbeit wird von Arbeitswilligen ausgeführt.Spandau.Ter Ausschuß des Gewerkschaftskartells hat. gemeinsam mitdem Gauvorstand(Bezirk Berlin) des Tabakarbeiterverbandes, nachVortrag desselben über die Lage der Tabakarbeiter mit Bezug aufden Aufruf der Generalkommission der Gewerkschaften Deutsch-lands, den Beschluß gefaßt, sofort durch Gcldsammlungen die Or-ganisation der Tabakarbeiter nach Kräften zu unterstützen; zuwelchem Zweck Sammellisten herausgegeben worden sind. Die Ge-werkschastsvorstände and Parteigenossen werden gebeten, sich soschnell als möglich mit Listen zu versehen und die eingesammeltenGelder sofort an den Kassierer des Kartells, Genossen H. R e i n e r t.Ackerstraße 37, abzuliefern, daselbst sind auch die Listen in Empfangzu nehmen. Da Hülfe dringend nötig ist, wird um recht rege Be-tciligung ersucht.' Das Gewerlschaftskartell Spandau.Serickts-Leitung.Ei« schwerer Automobilunfall mit tödlichen Folgender seinerzeit großes Aufsehen erregt hatte, bildete den Gegenstandeines umfangreichen Strafprozesses, der gestern vor der Straf»kammer des Landgerichts Potsdam zur Verhandlung gelangte.Aus der Anklagebank mußte der Student der� technischen Wissenschaften an der Universität New Uork, Emile Jerome Simon,nehmen, um sich wegen fahrlässiger Tötung zu verantworten.er Andrang des Publikums zu der Verhandlung, die in demverhältnismäßig beschränkten Räume des Potsdamer Landgerichtsstattfindet, ist ein ungeheuer großer, da der Vorfall seinerzeit un-geheuere Erregung in weitesten Kreisen hervorgerufen hatte.Der Anklage liegt folgenderSachverhaltzugrunde: Am 9. Juli d. I. ereignete sich auf der Chaussee zwischenWoltersdorf und Luckenwalde ein schweres Automobilunglück.Gegen 6� Uhr abends ging die in Luckenwalde wohnhafte Arbeiter-frau Schulz in Begleitung einer anderen Frau die fragliche Chausseeentlang. Etwa 100 Schritt von der Nutbebrücke entfernt nahte sichihnen ein Antomobil, welches sich in sehr schneller Gangart befundenhaben soll. Verschiedene Augenzeugen, die das Kraftfahrzeug schonvorher beobachtet hatten, wollen den Eindruck erlangt haben, daßder Lenker des Wagens entweder des Fahrens n>cht genügendkundig oder betrunken gewesen sein müsse, da der Wagen auf derChaussee ständig im Zickzack gefahren sei und so die Passanten schonvorher in ärgster Weise gefährdet habe. Kurz vor der Brücke bogdas Automobil plötzlich nach links ab. um angeblich einem ent-gegenkommenden Heuwagen auszuweichen. Durch dieses Manöverwurde die Frau Schulz von den linken Rädern deS Kraftwagenserfaßt und zu Boden geschleudert.Beide Räder des schweren Auws gingen über die tinglücklichehinweg.Obwohl den Insassen des Wagens sofort zugerufen wurde, siehätten eine Frau uberfahren, kümmerten diese sich nicht im ge-mästen um ibr Opfer, landen»sausten mit erhöhter Schnelligkeit davon.Auf telephonischen Anruf der nächstgelcgenen Ortschaften wurde daSUnglücksauto in Jüterbog von Polizeibcamtcn festgehalten.Nachdem der Fahrer, der jetzige Angeklagte Simon, seine Dar-stellung von dem Unglück zu Protokoll gegeben hatte, wurde ihm dieWeiterfahrt nach Dresden gestattet, wo er seine Mutter, die ineinem dortigen Hotel wohnte, aufsuchen wollte. Einige Tage späterwurde der fahrlässige Autolenter aus Requisition der PotsdamerStaatsanwaltschaft hinin Dresden verhaftet.Aus dem Moabiter Untersuchungsgefängnis, wohin man den An-gcschuldigtcn später übergeführt hatte, wurde Simon nun gesterndem Strafrichter vorgeführt. Von feiten des Rechtsanwalts Dr.Werthauer war wiederholt der Antrag gestellt worden, den Ange-klagten gegen Stellung einer Kaution aus der Haft zu entlassen-Obwohl Summenbis zur Höhe von einer Viertelmillion Markals Sicherheit angeboten worden waren, lehnte der Staatsanwalteine Haftenlassung ab, weil mit Rücksicht darauf, daß S. amerikani-scher Staatsangehöriger ist, Fluchtverdacht als vorliegend erachtetwurde.In seiner gestrigen Vernehmung machte der Angeklagte folgendeAngaben: Im Mai d. I. habe er mit seiner Mutter eine Ver-gnügungsreise nach Teutschland unternommen. Von Hamburg seier direkt nach Berlin gefahren, während seine Mutter mit derBahn nach Dresden gefahren sei. Am Morgen des 9. Juli habeer mit seinem Wagen die Weiterreise nach Dresden angetreten.Einige Kilometer vor Trebbin habe er einen_ Defekt an der Kühlpumpeerlitten. Auf der Chaussee habe er den Schlosser Lohmann auSDessau getroffen, mit dessen Hülfe es gelang, den Wagen einiger-maßen wieder fahrbar zu machen. Lohmann habe sich dann mitauf seinen Wagen gesetzt, dessen Motor infolge mangels jeglicherKühlung sehr großes Geräusch verursachte. Nach Schilderung deSAngeklagten habe sich der Unfall folgendermaßen zugetragen. Kurzvor Luckenwalde sei et etwa in einemTempo von 12 bis 15 Kilometerstündlich gefahren. Plötzlich habe er vor sich zwei Arbeiterfrauen be-merkt, die auf sein Hupensignal sich teilten und eine aus der rechtenSeite verblieb, während die andere nach der linken Chaussecseitehinüberging. Als er nun die Passage frei wähnte, sei er wiederschneller gefahren. Im letzten Augenblick sei dann die links gehendeFrau noch zu ihrer Begleiterin nach rechts hiniibergelaufrn, undnur hierdurch sei der Unfall herbeigeführt worden. IrgendwelcheZurufe habe er nicht gehört. Daß er die Frau gestreift hatte,habe er wohl bemerkt, er sei aber weiter gefahren, weil er großeFurcht hatte, von den Leuten, die sich ansammelten, verprügelt zuwerden. Er habe häufig von einer„Lynchjustiz" gegen Automobilisten in Deutschlandin amerikanischen Zeitungen gelesen. Er selbst habe in dem dichtestenStraßengewüh! von New Dork gefahren und niemals einen Unfallerlitten. In Amerika sei er auch als ein sehr sicherer und zuvcr-lässiger Fahrer bekannt gewesen. Bei diesem Unfall müsse er jedeFahrlässigkeit in Abrede stellen, da ihm die getötete Fraudirekt in die Rüder gelaufensei.Als erste Zeugin wurde in der Bcwisaufnahme die Frau MarieKaselow aus Luckenwalde vernommen, die folgendes bekundet: Am9. Juli sei sie von der Försterei Scharfenbrück die LuckenwalderChaussee entlang gegangen. Unterwegs habc�sie die verstorbeneFrau Schulz getroffen, die jedoch ein ganzes«stück vorausging, dasie selbst viel langsamer gegangen sei. Plötzlich sei von hinten einAutomobilin unglaublich schnellem Tempoangekommen und sei so dicht an ihr vorbeigefahren, daß der Wagenihre Röcke gestreift habe.. Sie habe durch das rasende Vorbeisauseneinen furchtbaren Schreck bekommen. Das Auto sc»fortwährend im Zickzackauf der Chaussee gefahren, sodaß sie sofort den Eindruck hatte, daßdie Insassen entweder nicht fahren konnten oder betrunken gewesenseien. Als sich der Staub verzogen hatte, habe sie gesehen, daß dievor ihr gehendeFrau Schulz überfahren wordenwar. EinHupensignal habe sie nicht gehört,auch von einem entgegenkommenden Hcuwagcn nichts bemerkt. Mioder Unfall selbst passiert sei, wisse sie nicht.R.-A. Dr. WertHauer richtete an die Zeugin verschiedeneFragen, aus denen hervorging, daß die Zeugin die Geschwindigkeitdes Automobils doch überschätzt habe. Die darauf vernommeneMutter der Zeugin, Frau Schuckc, machte ganz gleichartige Be-kundungen.Der Arbeiter Friedrich Hollwitz war Augenzeuge des Unfalles.Als Zeuge vernommen, bekundete er folgendes: Er habe bcnierkt,daß das Automobil plötzlich ohne jede Veranlassung nach links hin-überbog und die Frau Schulz mit den Rädern faßte. Er habe denInsassen des Fahrzeuges sofort zugerufen, daß ein Unglück ge-schehen sei; die Automobilisten wären jedoch, nachdem sie sichumgesehen hatten,nur noch schneller gefahren.Verschiedene andere Zeugen bekundeten überciustimmcnd, daßder Angeklagte tatsächlich in einem übermäßig schnellen Tempogefahren sei, ebenfalls haben sie sämtlich von einem Hcuwagen,der die Straße versperrte, nicht? gesehen.Der auf Antrag des Verteidigers geladene Ingenieur MiltonMay bekundet, daß ihm der Angeklagte nur als sicherer und ruhigerFahrer bekannt sei, der bisher nicht übermäßig schnell gefahren sei,Kreisarzt Dr. Sprung, der die Obduktion der Leiche der Ge»töteten vorgenommen hatte, bekundete, daß eine Zertrümmerungdes Schädels und schwere GeHirnverletzungendie Todesursache der Frau S. gewesen waren.Der Sachverständigefür Automobile für die sämtlichen Berliner Gerichte und daSPolizeipräsidium. Ingenieur Zcchlin, bekundete, daß der Motor deSAngeklagten infolge jenes Defekts an der Kühlung überhaupt nichtmehr als höchstens 30 Kilometer stündlich leisten konnte, soniit vonder vielerwahnten„unsinnigen Geschwindigkeit" keine Rede seinkönne. Der Angeklagte konnte keinesfalls damit rechnen, daß dieverunglückte Frau noch im letzten Augenblick die Straße kreuzenwürde. Vielfach werden auch Personen durch das Ertönen derHupe von einer gewissen Nervosität befallen, die sie dann zu allerleitörichten Bewegungen veranlasse. Dies scheine auch in dem vor-liegenden Falle geschehen zu sein, sodaß lediglich durch eine Ver-kettung unglückseliger Umstände der Unfall entstanden sei.Staatsanwalt Assessor Boettcher hielt, nachdem die Beweis«aufnähme in fünfter Nachmittagsstunde geschlossen worden ivar.den Angeklagten einer außerordentlich gröblichen Fahrlässigkeit fürüberführt und beantragle mit Rücksicht aus das schwer« Unheil,welches durch die Handlung des Angcllagten über eine ganzeFamilie hereingebrochen sei, eine Gefäiignisstrafe von einem Jahr.Rechtsanwalt Dr. WertHauer wies in längeren Ausführungenzumeist automobiltechnischen Inhaltes darauf hin. daß der gesamteAutomobilismus daran kranke, daß es leider in den meisten der»artigen Unglücksfällen nachträglich nicht möglich sei. den wahrenSachverhalt, wie er sich im Verlause weniger Sekunden zugetragenhat. genau festzustellen. Die einzigen wirklichen Augenzeugen seiendie Insassen des Automobils, weil die übrigen Zeugen gewöhnlicherst aufmerksam werden, wenn daS Unglück schon passiert ist. DerAngellagte habe, wie auch aus dem Gutachten des Sachverständigenhervorgeht, von vornherein die reine Wahrheit gesagt, schon weiler glaubte, er müsse, wie es in Amerika üblicki ist, seine Aussagespäter beschwören. Bei der ganzen Sachlage habe es tatsächlich denAnschein, als ob das Unglück, welches allerdings höchst bedauerlichsei, durch ein Zusammenwirke» unglückseliger Umstände entstanden