Bei dem Justtzminister und sagte in der Veschwerdeschrift nach Widerlegung deS mir mitgeteilten Versagungsgrundes�' „Dem Herrn Dbcrlandesgcrichts-Prcisidenten hat meiner Ueberzeugung nach lediglich der Ilmstand, daß ich eine ihm nicht - genehme politische Gesinnung betätige, zur. Zurückweisung meines Gesuches bestimmt." Der Bescheid des Justizministers, der mir auf meine Beschwerde zugegangen ist, lautet:. „Die in Ihrer Beschwerde erörterte Angelegenheit sehe ich als erledigt an, da der Referendar S. in B. bereits vor Erlaß des Bescheides vom 30. Mai d. Js. dem Herrn Oberlandes- gerichtS-Präsidentrn in Naumburg a. S. angezeigt hat, daß er die Uebernahme Ihrer Vertretung ablehne." Der Justizminister stellt also nicht in Abrede, daß der Ober- landesgerichts-Präsident in Naumburg sich bei der Behandlung meines Gesuches von politischen Motiven hat leiten lassen. Ich veröffentliche die Dokumente des Falles in der Annahme, daß ich damit dem Kulturhistoriker künftiger Zeiten einen Gefallen erweise. Einen Kommentar glaube ich mir ersparen zu können. Magdeburg , den 14. August 1907. Landsberg . Rechtsanwalt. Die SMunrulKti in ßelfaft. London , 13. August.(Gig. Ber.) Depeschen aus Belfast bringen Nachrichten über ernste Zu- sammenstöße zwischen Polizei, Militär und Volksmassen, die als Folge des Streiks und LockoutS zu betrachten sind. Die Zusammen- stöße sind eher Zeichen des Jugendalters der Arbeiterorganisationen als irgendwelcher tieferen revolutionären Gesinnung. Die Arbeiter vom Norden Irlands (Ulster ), wo Belfast liegt, sind noch unerfahren in der Leitung von organisierten gewerblichen Konflikten. Ulster ist protestantisch, während die übrigen drei Landschaften Irlands katholisch sind. Ulster ist auch unionistisch, daS heißt für diS Aufrechterhaltung der Union zwischen Groß- britannien und Irland . Bis vor wenigen Jahren waren die EcheidungSlinien in Irland religiösen und nationalen Charakters. Ulster kämpfte gegen den Katholizismus und gegen Homerule. Jetzt ist dies anders geworden. In Irland vollzieht sich eine Klassen- teilung auf Grund wirtschaftlicher Interessen. Die Farmer des Nordens vereinigen sich mit den katholischen Farmern; die Arbeiter des Nordens organisieren sich nach den Grundsätzen der modernen Arbeiterbewegung. Wie eS gewöhnlich mit jungen und schwachen Arbeiterorganisationen der Fall ist, erwarten sie von ihren Gewerk- schaften viel mehr, als sie ihnen geben können. Hinzu kommt noch, daß die Bevölkerung des Msters kampftüchtig ist, da sie als die britische Garnison in Irland betrachtet wurde. Zu Anfang Juli brach in Belfast ein ganz unbedeutender ge- werblicher Konflikt aus, an dem nur 1S0 Docker und Kohlenfuhr- leute beteiligt waren. Der Streik führte zu einem Lockout und bald standen etwa 10(XXI Arbeiter im Kampfe. Einige hundert irische Konstabler sympathisierten mit den Streikenden, wodurch es zu einer Polizeirevolte und zu einer starken Konzentration von Militär kam. Die Bevölkerung von Ulster ist sehr hartnäckig und weder die. Unternehmer noch die Arbeiter wollen nachgeben. Die Arbeiter verlangen die Anerkennung ihrer Gewerkschaft und eine Lohnerhöhung, die Unternehmer wollen aber die Arbeiterorganisation nicht anerkennen. Da der Konflikt hauptsächlich die Docker und die Kohlenfuhrleute betrifft, so sind auch andere Arbeiterschichten in Mitleidenschaft gezogen, da mehrere Fabriken wegen Kohlen- mangels den Betrieb einstellten. Deshalb die Erbitterung und die Zusammenstöße. Die Eingriffe der Polizei führten schließlich zu einem Massenangriff der anderen Arbeiterschichten auf Polizei und Militär. Heute abend fahren die Arbeitcrabgeordneten Peter Curran und Shackleton nach Belfast , sowie der Führer der Liverpovler Docker James Sexton, um die Bevölkerung zu beruhigen. v Marokko . In und um Casablanca ist es vorläufig ruhig geworden — die Sorge über die EntWickelung der Dsnge im Lande dauert unvermindert fort. Der Pariser„Petit Parijien" bringt aus dritter Hand eine unbcglaubigte Meldung, wonach Fürst B ü l o w" sich neulich in Swinemünde lange mit Herrn Jswolsky über die französisch- deutschen Beziehungen und die Marokko -Frage unterhalten habe. Fürst Bülow soll dabei dem russischen Minister erklärt haben, daß. wenn auch zurzeit eine Ab- änderung der Algcciras-Akte, deren Dauer übrigens begrenzt ist, nicht ins Auge gefaßt werden könnte, doch nichts im Wege stünde, daß die Politik Deutschlands in der marokkanischen Angelegenheit in einem für Frankreich günstigeren Sinne orientiert würde. Die Nachricht ist, wie gesagt, durchaus unbeglaubigt und klingt etwas phantastisch. Womit wir nicht sagen wollen, daß der deutschen Regierung eine solche Schwenkung nicht zuzu- trauen wäre, die die Unsinnigkeit und Gefährlichkeit ihrer Marokkopolitik von 1905/06 ins hellste Licht stellen würde. Die Meldungen des Tages lauten: Tanger , 18. August. (Meldung der»Ageuce Havas".) Eine Meldung des AdmiralS Philibert besagt, daß sich an der Lage von Casablanca nicht? geändert habe, dagegen in M a z a g a n eine B e s s e r u�n g eingetreten sei. Nach brieflichen Nachrichten ans Casablanca vom 12. d. M. ist nach dem 10. kein weiterer all- gemeiner Angriff erfolgt. Es kämen immer noch zahlreiche Juden aus dem Innen, dort an, die von geplanten Unternehmungen der Stämme gegen die Stadt berichteten. General Drude habe die Notabeln der Stadt zu sich kommen lasten und ihnen erklärt, daß die Sicherheit der Stadt gewährleistet sei.— In R a b a t herrscht Ruhe. In Fez chaben Beratungen der ausländischen Konsuln beim Minister des Auswärtigen über Maßnahmen zur Begegnung der schwierigen Lage stattgefunden. Paris , 18. August. Admiral Philibert telegraphierte am 13. d. M. abends, daß die Ruhe in S a f f i gesichert erscheine. Die Anwesenheit derKreuzer,, Admiral Aube" und„Conds" vor M a z a g a n habe die Ruhe wiederhergestellt und die Europäer öffneten ihre Läden wieder. Die Lage in Rabat sei sehr befriedigend. Die Kreuzer.Forbin",„Galilöe",„Cassini" und zwei Torpedoboots- zerftörer würben sich ablösen, um die Verbindmig zwischen den Häfen und die Ueberwachung der Küste zu sichern. Tanger , 18. August. Nachrichten aus Fez zufolge besteht dort ebenfalls große Gefahr für die Europäer. Die in Casablanca fortgesetzt stattfindenden Kampfe machen die Stimmung sehr nervös. obwohl offenbar keine direkte Gefahr vorhanden ist. Sollte jedoch das diplomatische Korps die Absicht ausführen, Truppen zum Schutze der Stadt landen zu lasten, so würde dies nach Ansicht ansässiger Europä« einer gefährlichen Provokation gleichkommen. poUtifchc ücberlicbt, Berlin , den 15. August 1907. ..Gute",„beste" und„angenehmste" Beziehungen. In Wilhelmshöhe , wo sich am Mittwoch Eduard VII. vnd Wilhelm II. begegneten, wurden nach der höfisch offi» ziösen StilWrMg is.lgMe£ ri n H tu ä ö e setauM: Wilhelm n.t »Ich bitte Euer Majestät, der Kgiserin und Meinen wärmsten Dank entgegennehmen zu wollen für den freundlichen Bc- such, den Euer Majestät UnS beiden gemacht haben. Ich erblicke in dtefem Besuch den Ausdruck der verwandtschaftlichen i und freundschaftlichen Gefühle, die Euer Majestät hegen für die Kaiserin, für Mich und Mein Haus, Gefühle, die begründet sind in den alten Beziehungen zwischen Unseren Häusern von langer Zeit her, als wir gemeinsames Leid trugen an den Särgen Meiner lieben Eltern und an der Bahre der großen Königin, Meiner Großmutter. Zu gleicher Zeit aber er- blicke Ich in Euer Majestät Besuch den Ausdruck guter Be- ziehungen zwischen Unseren beiden Völkern. Auf der Fahrt zum Schloß konnten Euer Majestät in den Augen der Bürger von Kassel und ihrer Kinder und später bei Unserer Rundfahrt durch die schönen Fluren und stillen Wälder in den Gesichtern aller derer, welche die Ehre und Freude gehabt haben, Euer Majestät u sehen, das Gefühl dankbarer Ehrerbietung für diesen Besuch csen. Ich bitte Euer Masestät um die Erlaubnis, Mein Glas zu erheben aus das Wohl Euer Majestät, Euer Majestät er- babenen Gemahlin der Königin, des gesamten Großbritannischen Königshauses und Euer Majestät Volke?." Eduard VII. : „Ich bitte Euer Majestät von ganzem Herzen Meinen besten Tank aussprechen zu dürfen für die so gütigen und freundlichen Worte. Euer Majestät können versichert sein, daß es Mir eine große Freude bereitet hat, zu diesem leider nur so sehr kurzen Besuch hierher zu kommen. Euer Majestät und Ihrer Majestät der Kaiserin kann Ich nicht genügend danken für den herzlichen Empfang, der Mir geworden ist, für den Empfang von feiten der Armee Euer Majestät und von dem Volke, wiO es Uns in den Straßen begegnet ist. Euer Majestät wissen, daß es Mein größter Wu nsch ist, daß zwischen Unfern beiden Ländern nur die besten und angenehmsten Beziehungen be- stehen. Ich freue Mich sehr, daß Euer Majestäten Mich bald in England besuchen werden. Ich bin fest davon überzeugt, nicht nur Meine Familie, sondern das ganze englische Volk werden Eure Majestäten mit der größten Freude empfangen. Ich erhebe Mein Glas auf das Wohl Euer Majestäten." Schade nur. daß diese„guten",„besten" und„angenehm- sten" Beziehungen des angenehmen metallischen Beigeschmacks unausgesetzter Panzerschiffsrüstungen nicht entbehren! Wie auch in den höchsten Regionen der Wind wehen mag, ob es stürmt oder ob der Zephyr säuselt: weiter- gerüstet wird auf alle Fälle! Sollten, da die Politik der gekrönten Häupter so klag- lich versagt, nicht endlich die Völker selbst das politische Steuerruder mit entschlossener, kräftiger Hand ergreifen?! Rechter und linker Flügel deS Blocks. Wie vorauszusehen war. ist die agrarkonservative Presse über die staatsmännische Rede des ebenso„klugen" als„weitschauenden und klaren" Politikers Spahn in Rheinbach hoch entzückt: denn sie bereitet ihr eine günstige Gelegenheit, der Regierung zu Gemüte zu führen, daß sie bei der Durch- sührung ihrer flotten- und kolonialpolitischen Pläne keines- wegs unbedingt auf die Freisinnigen angewiesen sei, also diesen auch nicht in der preußischen Wahlrechtsfrage größere Zugeständnisse zu machen brauche und andererseits den Freisinnigen unter Hinweis auf die Bereitwilligkeit des Zentrums zur Selbstprostitution vorzuhalten, daß sie eigentlich ganz entbehrlich seien und sich deshalb in ihren An- sprächen bescheiden müßten. So schreibt beispielsweise die „Deutsche Tagesztg.": „Er hat zwar vorsichtigerweise niemals gesagt, daß er und seine Partei dafür stimmen würden, aber wer die Notwendigkeit so klar erkannt und so überzeugend dargelegt hat. der muß schließlich den Forderungen zustimmen. Dr. Spahn hat aber damit noch em anderes erreicht. Er hat bei der Ne- gierung und besonders bei dem Reichskanzler den Eindruck erweckt, daß das Zentrum trotz seiner veränderten Stellmig zur ReichSregierung sich nicht abhalten lasten werde, berechtigte Forderungen sachlich zu prüfen und zu bewilligen. Damit hat er dem linken Flügel des Blockes keinen besonderen Gefallen getan; denn er hat damit bewiesen oder doch angedeutet, daß die Regierung auf die Unter st ützung dieses linken Flügels nicht unbedingt angewiesen ist. Dieliberale Preffe spottet deshalb weidlich über den Zentrumsführer, der sich angeblich bei der Regierung wieder habe in angenehme Erinnerung bringen wollen.... Daß mit diesem Hinweise dem Reichs- kanzler in gewiffem Sinne und bis zu einem gewissen Grade ein Gefallen getan wird, ist richtig; aber das war nicht der Zweck der Uebung. Wenn die freifinnigen Parteien noch politisch denken und urteilen können, dann werden sie die Spahnsche Rede zum Anlaß einer Revision ihres Standpunktes nehmen müssen. S i e werden nicht umhin können, ein wenig be- scheidener zu sein, und sie werden darauf verzichten müssen, Zugeständnisse zu fordern, auf die sie bei ihrer verhältnismäßigen Bedeutungslosigkeit keinen Anspruch haben. Der Reichskanzler darf aber die tröstliche Hoffnung hegen, daß er auch dann, wenn der Block infolge der Ungeberoigreit des linken Flügels in die Brüche gehen sollte, nicht zwischen zwei Stühlen sitzen würde. Wenn man die Wirkung der Spahnschen Rede in einem etwas derben Volksworte zusammen- fasten darf, so kann man sagen, er habe dem Freisinn sehr in die Suppe gespuckt." Etwas anders faßt die„ K o n s e r v. K o r r e s p." die Sache auf. Sie wendet sich an den Reichskanzler oder cigent lich über diesen hinweg an den Kaiser, um indirekt den äußersten linken Flügel des Blocks als Feind der preußischen Monarchie und seine Forderungen in bezug auf die preußische Landtagswahl als eine Gefährdung der altpreußischen Heber lieferungen zu denunzieren. In einem„Die Liberalisierung Preußens" überschriebenen Artikel verkündet sie: ES ist immer das Verlangen der Linken gewesen, die konser vativen Grundlagen, auf denen die preußische Monarchie aufgr baut ist, und die sie befähigt haben, die Einigung Deutschlands herbeizuführen, zu erschüttern. DieSmal aber glaubt die Linke. dem Ziele näher zu fein als jemals, da sie meint, derleitende Staatsmann im Reiche und in Preußen sei in vollkommener Abhängigkeit von dem für die Mehrheitsbildung im Reichstage angeblich u n e n t- behrlichenFreisinn. Der Linken dünkt es, sie könne dem Fürsten Bülow die schärfsten Bedingungen vorschreiben, Bedingungen, durch die ein für allemal die Macht des Liberalismus im Reiche wie namentlich in Preußen festgelegt werden soll, weil der Fürst ihrer Gnade oder Ungnade überliefert sei. Wir glauben nicht, daß irgend ein Kanzler des Deutschen Reiches eine derart abhängige Stellung von einer noch dazu recht schwachen parlamentarischen Partei werde einnehmen wollen---- Es ist ganz unberechtigt, wenn jetzt wieder verlangt wird, Preußen solle liberalisiert werden, weil das bisherige System sich überlebt habe. An den konservativen Grundlagen des preußischen Staates rütteln, heißt an der preußischen Monarchie rütteln. Wären diese Grundlagen überlebt, so würde Preußen nimmermehr sich zum mächtigsten und führenden Staate Deutschlands emporge- schwangen haben. So intrigiert der rechte Flügel des Blocks gegen den linken. Eine famose Einheit, dieser konservativ-ngtioml- liberäl-freisinnige Parteiklotz!— Der Triumph der Drückeberger. Die„Weser-Ztg.", das Organ des hanseatischen Freisinns, das vom Rcichstagswahlrccht für Preußen ebenso- wenig wissen will, wie Herr H o r m a n n vom allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrecht ftir Bremen , jubelt: „ES war Zeit, daß Personen und Blättern, die nun einmal von der Allmacht zu nichts so völlig ungeeignet ge- schaffen sind wie zu Führern in der politischen Strategie,»In gründliches Halt zugerufen wurde, als sie toll- kühn mit einem„alles oder nichts" in die preußische Wahlrechts- frage hineinspringen wollten. Es wird anerkannt, daß von den frcisimngeu Blättern die„Weser-Zeitung" den ersten Mahn- ruf erlassen hat. Zu unserer Freude sind wir nicht allein geblieben. Wie wir bereits mitgeteilt haben, sind gewichtige Zeugen auf unsere Seite ge.tr eten. Man kaun bereits sage», daß der Versuch, in der Wahlrcchtsfrnge die Freisinnigen auf eine falsche Fährte zu führen, ebenso abgeschlagen ist, wie daS tollpatschige Unternehmen, den gestürzten Posadowsky als Hort einer liberalen Sozialpolitik an das Schiff der Freisinnigen zu vertäuen." Die„Weser-Ztg." hat allen Grund zu jubeln. Die Naumann und Gesinnungsgenossen scheinen faktisch an die Wand gedrückt zu sein, während die KonzessionSschulzes und Befürworter des Vierklassenwahlrechts-KompromtsseS trium- phieren! Wie der Freisinn an Stelle des Grafen Posadowsky den ebenso agrarischen aber sozialpolitisch ungleich rück- ständigeren Bethmann-Hollweg gebracht hat, so hat er bereits an Stelle des Re i ch s t a g s w a h lr e ch t es das Vierklassen-Wahlrecht gebracht! Der Freisinn marschiert unter der Führung der hanseatischen Pfeffersäcke mit fliegenden Fahnen in den politischen und sozialpolitischen Suiilpf!__ Wie sich in Polizeiköpfen die Welt malt. Ein freundlicher Zufall hat der„V o l k s w a ch t" zu Breslau einen geheimen Bericht des Brcölauer Polizei- Präsidenten an den Ersten Staatsanwalt zu Breslau zuge- tragen, den Herr Dr. Bienko nach der am Morgen des 1. Mai vorigen Jahres aufgelösten Tivoliversanimlung noch am Mittag desselben Tages gesandt hat und in dessen Verfolg Genosse Albert dann ain Abend des gleichen Tages unter der Beschuldigung der Aufreizung zum Klassenhaß in Unter- suchnngshaft genommen wurde. Dieser Bericht befindet sich bei den geheimen Beiaktcn der Staatsanwaltschaft zu dem Tivoliprozeß. In ihm heißt es: „Es tritt immer klarer zutage, daß die eigentlichen Urheber der gegenwärtigen Arbritcrunruhrn, die die Grundlagen des Staates und der öffentlichen Ordnung in bedenklicher Weise zu erschüttern beginnen, die sozialdemokratischen Agitatoren sind, denen es ausschließlich um ihre parteipolitischen Interessen zu tun ist. Hier in Breslau treiben, wie die Fälle L ö b e und K l ü h s beweisen, diese systematische Verhetzung der Massen in erster Linie die sozialdemokratischen Redakteure der„Volksmacht", deren er- logenc Berichte über die Borfälle des 10. April und aufreizende Artikel alles bisher auf diesem Gebiete Beobachtete in den Schatten stellen. Diesen schamlosen Aeußerungen der Presse reiht sich würdig an die in dem anliegenden Bericht wiedcrgegcbene Rede des Redakteurs Albert, in welcher von Bcmabruiig der Ruhe direkt abgemahnt und ausdrücklich auf die Gewalttaten der Jahre 1848/40 und auf die Verbrechen der russischen Revolution, die noch frisch im Gedächtnis stehen, als nachzuahmende Vorgänge hingewiesen wird. Wenn gegen derartige Agitatoren nicht mit der vollen Strenge des Strafgesetzes eingeschritten wird, dürften sich alsbald, speziell hier in Breslau , Zustände etablieren, deren bis Polizeibehörde kaum noch Herr werden könnte." Trocken bemerkt die Breblaucr„Volksmacht" zu dieser Blüte polizeilichen Scharfsinns und polizeilicher Scharf- macherei: „Wir stellen nur fest, daß der Polizeipräsident Dr. Bienko wegen der„erlogenen Berichte über die Vorfälle des 19. April" gegen die„Volksmacht" keinen Strafantrag gestellt hat, und daß Genosse Albert, trotzdem er nach Herrn Bienko„von Be. Wahrung der Ruhe direkt abgemahnt" und„ausdrücklich auf dir Gewalttaten der Jahre 48/49 und die Verbrechen der russischen Revolution als nachahmenswerte Vorgänge hinge- wiesen" hat, von der Strafkammer von der Anklage der Auf- reizung zum Klassenhaß freigesprochen worden ist. Preuflischcr Staatöhnushaltsctat für 1908. Im preußischen StoatSministerium scheint man eS für nötig zu halten, schon jetzt darauf hinzuweisen, daß der nächste Etat nicht nur recht beträchtliche Mehrforderungen enthalten, sondern dem preußisckicn Landtage auch später zugehen wird als in früheren Jahren. Die „Verl . Polit. Nachrichten" veröffentlichen folgende olffziöse Notiz: „CS ist bekannt, daß im Etat für 1008 verschiedene bedeut- same Neuforderungen in die Erscheinung treten werden. Um ihre Höhe anzudeuten, braucht nur an zwei, an die Aufbesserung der Beamtengehälter und an die Folgen deS Sckml- unterhaltungSgesetzeS erinnert zu werden. Verschiedene Kosten, die durch die Ausführung des letzteren Gesetzes hervor- gerufen werden, sind tzereits auf den Etat für das laufende Jahr übernoinmen, der Rest Oer infolge deS Gesetzes notwendigen Neu- forderungen fällt ober auch noch ganz bcträchlliS ins Gewicht. Auch das neue Richterbesoldungsgesetz wird noch Rückwirkungen auf den nächstjährigen Etat ausüben u. v. a. m. Die DeckmigS- frage, die ja bei jeder Etatsaufftellung die unangenehmste ist, wird sich deshalb diesmal in Preußen ebenso, wie im Reiche, noch schwieriger ge st alten. alSes schon bisher der Fall war. Dementsprechend wird nMürlich auch der SparsamkeitS- gesichtspunkt auf anderen Gebieten, auf denen die Notwendigkeit von Mehrausgaben nicht so stark vorhanden ist, noch mehr Berücksichtigung finden müssen. Kurz eS wird für den preußischen StaatShaushaltseta! auf 1S03 eine Genauigkeit in der Prüfung der Ausgaben ein- treten, wie sie Wohl kaum überboten werden kann. Wurde schon in früheren Jahren der Etat selten lange vor Weihnachten fertig gestellt, so wird man im laufenden Jahre diesen Zeitpunkt sicher herankommen sehen, ehe mit der Etatsdrucklcgung begonnen werden kann. Sollte also auch der preußische Landtag diesmal früher als sonst zusaminenberufc» werden, so würde ihm der Etat für 1003 vorauSsichllich doch erst wie gewöhnlich in der ersten Hälfte des Januars unterbreitet werden können."_ Flottenstärke. Die deutsche Kriegsflotte hat sich, wenngleich sie natürlich den Anforderungen der Keim und Konsorten noch bei weitem nicht ge« nügt, im letzten Jahrzehnt recht schön entwickelt. Ihre Etatsstärke hat sich feit 1807 mehr als verdoppelt. Sie betrug nämlich 13V7 »3 403 Mann, 1V01 31171 Mann. 1904 38 406 Mann. 1907 46 951 Mann und wird im nächsten Jahre sicherlich 80 000 Mann übersteigen— nach den Ansichten der Zentrumsführer. wie Herr Dr. Spahn in Rheinbach erzählte, allerdings noch immer viel zu wenig Tie„christliche Internationale". In Zürich tagt gegenwärtig der vierte internationale Kongreß christlicher Textilarbeiter» Lrgani«
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