Die Interoatlonalc!Es werden nächsten Monat 43 Jahre, daß in der St. Märtins»Hall in London die Internationale gegründet und damit begonnenwurde, den Mahnruf des kommunistischen Manifestes:«Prole-tarier aller Länder vereinigt Euch!" in die Praxis>zu übertragen. Aller Anfang ist nicht nur schwer, sondern in derRegel auch klein. Noch herrschte im Jahre 18S4 Ruhe über denWässern der proletarischen Bewegung. Der Sozialismus war demProletariat noch eine fremde Idee. Erst ein Jahr zuvor war dieerste sozialistische Organisation gtoßeren Stils in Deutschland, der„Allgemeine deutsche Arbeiterverein", durch Lassalleins Leben gerufen worden. Aber auch diese Organisation umfaßtenur wenige hundert Mitglieder und wurde gerade aus der Ar-beiterschaft heraus lebhaft bekämpft. In allen anderen Ländernexistierte kaum eine nennenswerte sozialistische Organisation, wennwir von dem in den vierziger Jahren in Baden gegründeten Ar»beiter-Bildungsverein absehen.In England bestanden zwar die Trade-Unions, die bereits eineachtunggebietende Macht sich errungen hatten, aber sozialistischeIdeen suchte man in ihnen vergebens. In Frankreich waren dieSozialisten in die verschiedensten Schulen gespalten, die sozia-listischen Organisationen waren klein und besaßen einen sektiere-rischen Charakter. Ihre Mitglieder rekrutierten sich hauptsächlichaus den Kreisen der Intelligenz. Zwar hatten die Sozialisten derverschiedenen Schulen in der Februar-Revolution ein ernstesWörtlein mitgesprochen, es war ihnen sogar gelungen, die Massenmitzureißen; aber die Junischlacht und das später folgende Staats-streichsregiment eines Louis Bonaparte vernichteten die vielver-sprechenden Anfänge einer sozialistischen Bewegung wieder.In den übrigen Ländern Europas waren sozialistische Ele-mente nur sporadisch vorhanden. In den Vereinigten Staatentobte der Sklavenbefreiungskrieg. Nirgends bestanden Sammel-punkte, um die die sozialistischen Elemente sich kristallisierenkonnten. Doch hatte bis zu Anfang der sechziger Jahre die kapi-talistische EntWickelung außer in England und.Frankreich ganzbesondere Fortschritte in Deutschland, Belgien und derSchweiz gemacht und ein industrielles Proletariat geschaffen, dasempfänglich war für den in London ausgestreuten Samen, derlangsam zu keimen begann.Eigentlich wurde mit der Begründung der Internationale, ehenoch die nötigen Grundlagen in den einzelnen Ländern vorhandenwaren, der Bau vom Dach aus begonnen. Nichtsdestoweniger hatdie Internationale außerordentlich anregend und befruchtend aufdie Bewegung in den verschiedensten Ländern gewirkt und viel-fach er st die Anregung zur Gründung nationalersozialistischer Organisationen und Parteien ge«geben.Vom Standpunkt dieser Tatsachen aus erklärt sich, daß es fürdie Gründer und Leiter der Internationale, in erster Linie fürMarx und Engels, außerordentlich schwer war und ein U ebermaßvon Arbeit, Mühe und Geduld heischte, die Bewegung in den der-schiedenen Ländern in Fluh zu bringen und attionSfähige Organezu schaffen. Im Jahre 186S beschränkte sich die Leitung der Jnter-nationale, der Generalrat, auf die Berufung einer Konferenz nachLondon, deren Haupfteilnehmer die Leiter einer Anzahl englischerTrade-Unions waren, die in den ersten Jahren des Bestehens derInternationale ein« weit sympathischere Stellung zu ihr ein»nahmen, als in späteren Jahren.Im September 18SS hielt die Internationale ihren erstenKongreß in Genf ab. Mittlerweile war eö der außerordentlichenRührigkeit und Opferwilligkeit Jean Philipp Beckers in Genf ge-lungen, in der Schweiz eine Anzahl Organisationen der Jnter-nationale zu gründen oder bestehende Organisationen zum An-schluß an sie zu bewegen. Ferner gründete er im„Borboten"ein tüchtige? Organ der Internationale, das seiner Aufgabe ge»recht wurde. In der Schweiz fand auch der zweite Kongreß derInternationale statt, und zwar 18S7 in Lausanne. Der drittefolgte 1883 in Brüssel, nachdem in Belgien die Bewegung ebenfallsfesten Fuß gefaßt hatte. Der vierte Kongreß wurde 1889 wiederumin der Schweiz, und zwar in Basel, abgehalten. Dieser war fürdie deutsche Bewegung insofern von besonderer Bedeutung, als diein demselben Jahre in Eisenach gegründete sozialdemokratische Ar-beiterpartei Jean Philipp Becker und Wilhelm Liebknecht als ihreoffiziellen Delegierten nach Bafel sandte, wo als wichtigster Punktüber die Grund- und Bodenfrage verhandelt und im kommunistischenSinn« entschieden wurde.Diese Verhandlungen wirbelten in Deutschland viel Staub auf.Namentlich veranlaßten sie eine scharfe Auseinandersetzung zwischender sozialdemokratischen Arbeiterpartei und den süddeutschen Demo-kraten, die bisher der ersteren sympathisch gegenüber gestandenhatten. Um eine klare Auseinandersetzung herbeizuführen, wurdebeschlossen, die Grund- und Bodenftage auf die Tagesordnung deSim Jahre 1870 in Stuttgart tagenden Parteikongresses zu setzen.Ich wurde dafür zum Referenten bestimmt. Die von mir vor-geschlagene und vom Kongreß angenommene Resolution deckte sichselbstverständlich mit den Baseler Beschlüssen. Damit war dasTischtuch zwischen der bürgerlichen Demokratie und unS zer»schnitten.In demselben Jahre sollte auch der erste internationale Kongreßauf deutschem Boden, und zwar in Mainz abgebaltenwerden. Der im Juli ausbrechende deutsch-ftanzösische Krieg machtedaS unmöglich. Der Kongreß unterblieb für dieses Jahr; aber auchim nächsten war er unmöglich. Der furchtbare Aderlaß, den diefranzösischen Sozialisten durch die Niederwerfung der Kommuneerlitten, und ds« Verfolgungen, die danach auch in Deutschland in-szeniert wurden, ließen es dem Generalrat ratsam erscheinen, sichmit einer Konferenz in London zu begnügen.Mittlerweile waren jedoch auch in der Internationale zersetzendeElemente aufgetaucht. In der Westschweiz hatte sich in den In-dustrieorten deS Jura die jurasische Föderation gebildet, derengeistiges'Oberhaupt Bakunin war. Die Zerwürfnisse erweitertensich, sie griffen über nach Frankreich. Spanien. Belgien, wo ge-nügend Boden für sektiererische und anarchistische Bestrebungen vor-Händen war. Daraus entstanden speziell für die Häupter des.Generalrats, Marx und Engels, eine Menge Unannehmlichkeiten.War Marx schon während der vorhergehenden Jahre durch seineStellung im Generalrat in seinen wissenschaftlichen Arbeitengehindert worden, so wurden diese jetzt ganz unmöglich.Korrespondenzen, öffentliche Preßpolemiken, Sitzungen aller Artnahmen seine und Engels Zeit gänzlich� in Anspruch. Man be-greift, daß beide Sehnsucht hatten, die auf ihren Schultern ruhendeLast loszuwerden. Der im September 1872 im Haag zusammen-tretende Kongreß bot dazu die Gelegenheit. Der Kongreß warstärker besucht, als alle seine Vorgänger, und gerade zum Teil auSLändern, die zum ersten Male vertreten waren. Die Idee derInternationalen hatte trotz der Wirren im Innern� an Einflußnach außen gewonnen. Das Endresultat deS Kongresses war, daßder Generalrat nach New gork verlegt wurde. waS unter den ge-gebenen Umständen eine Versumpfung der Internationale be-deutete-Höchst merkwürdig war, daß die Internationale in den wenigenJahren ihres Bestandes sich dcu Nimbus einer ungeheuren Machtund einer enormen Auhängerschar erworben hatte. Man muß nochheute lächeln, liest man die großen Zahlen, die angeblich ihren An-hang bildeten. So sollte sie z. B. allein in Spanien weit über188 000 Mitglieder zählen. Und die Gegner glaubten dieses allesnicht nur, sondern sie halfen noch, die Macht der Internationaleins Ungeheuerliche zu übertreiben. Wie anderthalb Jahrzehntespäter Puttkamer im deutschen Reichstage erklärte, hinter jedemStreik lauere die Hydra der Revolution, so sah damals die bürger-liche Welt hinter jedem Streik in irgend einem Lande EuropasMarx und die Internationale. Hunderttausende, ja MillionenFrank aus den Kassen der Internationale standen nach Ansicht derGegner den Streikenden zur Verfügung.Eines Tages war ich selbst unfreiwilliger Augen- und Ohren-zeuge, wie eines der Häupter der deutschen Manchesterpartei.Prince-Smith, seinen am selben Tische sitzenden Nachbarn einegruselige Geschichte über die Macht der Internationalen auftischte.Liebknecht und ich waren im Sommer 1369 während der Tagungdes Zollparlaments durch Robert Schweichel in den BerlinerSchriftstellerverein eingeführt worden. Mir gegenüber saß Prince-Smith, der mich nicht kannte und im Laufe des Abends seinenverblüfften Zuhörern erzählte: er habe heute von befreundeterSeite aus Belgien einen Brief erhalten, worin ihm aus besterQuelle mitgeteilt worden sei, der Generalrat der Internationalehabe 3 Millionen Frank zur Unterstützung der damals in Belgienund der Schweiz auSgebrochenen zahlreichen Streiks zur Verfügunggestellt. Ich hatte Mühe, das Lachen zu verbeißen, denn ich wußte,daß der Generalrat glücklich gewesen wäre, hätte er statt 3 Millionennur 30 080 Frank zur Verfügung gehabt.Bei den Regierungen bestanden ähnliche Vorstellungen überdie Macht der Internationale. Die französischen Bourgeois-Republikaner sahen in ihr mit Unrecht die Urheberin der Kommune.Die Angehörigen der Internationale wurden wegen ihrer Zu-geHörigkeit zu derselben in Frankreich mit Gefängnis bis zu fünfJahren bestraft. Bismarck hatte nach dem Friedensschluß mitFrankreich nichts Eiligeres zu tun, als eine internationale Kon-ferenz der Regierungen anzuregen zu gemeinsamen Schrittengegen die gefürchtete Internationale. In Oesterreich war damalsdas Ministerium Hohenwart-Schäffle an der Regierung, und hierwar es der letztere, der Herrn von Beust, dem Leiter der aus-wältigen Politik, den Star stach. Schäffle hatte einige Jahrezuvor, als Mitglied des Zollparlaments in Berlin mit Liebknechtund mir in häufigem, geselligem Verkehr gestanden, und so warer über manche Dinge etwas besser unterrichtet als der eiserneWenn die Emanzipation der Arbeiterklassen daS Zusammen-wirken verschiedener Nationen erheischt, wie jenes große Ziel er-reichen mit einer auswärtigen Politik, die frevelhafte Zwecke ver-folgt, mit Nationalvorurteilen ihr Spiel treibt und in piratischenKriegen deS Volkes Blut und Gut vergeudet? Nicht die Weisheitder herrschenden Klassen, sondern der heroische Widerstand derenglischen Arbeiterklaffe gegen ihre verbrecherische Torheit be-wahrte den Westen Europas vor einer transatlantischen Kreuz-fahrt für die Verewigung und Propaganda der Sklaverei. Derschamlose Beifall, die Scheinsympathie oder idiotische Gleichgültig.keit, womit die höheren Klaffen Europas dem Meuchelmord desheroischen Polen und der Erbeutung der Bergfeste des Kaukasusdurch Rußland zusahen; die ungeheueren und ohne Widerstand er-laubten Uebergriffe dieser barbarischen Macht, deren Kopf zuSt. Petersburg und deren Hand in jedem Kabinett von Europa,haben den Arbeiterklassen die Pflicht gelehrt, in die Geheimnisseder internationalen Politik einzudringen, die diplomatischen Akteihrer respektwen Regierungen zu überwachen, ihnen, wenn mög-lich: entgegenzuwirken; wenn unfähig: zuvorzukommen, sich zu ver-einen in gleichzeitigen Denunziationen, und die einfachen Gesetzeder Moral und des Rechts, welche die Beziehungen von Privat»Personen regeln sollten, als die obersten Gesetze des Verkehrs vonNationen geltend zu machen.Marx: Jnauguraladresse.Kanzler, der angeblich erst durch meine Kommunerede im Reichs-tage(Mai 1871) über die internationale Gefahr aufgeklärt wordensein wollte. Schäffle war eS auch, der nach seinem Eintritt insMinisterium Hohenwart eS durchsetzte, daß die wegen Hochverratszu vieljährigem Zuchthaus verurteilten damaligen Genossen Ober-winder. Most, Scheu usw. begnadigt wurden.Die Internationale war also vom Jahre 1372 ab taffächlichausgeschaltet, dafür begannen jetzt überall die nationalen Partei-bildungen sich zu entfalten; und diese allein konnten die festeBasis für eine dauernde internationale Verbindung bilden. Frei.lich währte es ein wenig lange. Die Niederlage der Kommunardenund die ihr folgenden Verfolgungen des französischen Sozialismus,die inneren Parteikämpfe in Deutschland, an die sich nach kaum er-folgter Einigung neue Verfolgungen und schließlich 12 JahreSozialistengesetz anreihten; ferner die Parteiwirren in Oester.reich, die erst durch das äußerst geschickte Eingreifen und die hoch.herzige persönliche Hingabe Viktor AdlerS gegen Ende der achtzigerJahre ihr Ende erreichten: alles das war nicht geeignet, eineninternationalen Zusammenschluß zu beginnen und zu pflegen.Kaum aber waren alle diese Schläge überwunden, kaum hattendie Parteien neue Lebenskraft gewonnen, so stellte sich auch wiederdaS Bedürfnis nach internationaler Verbindung ein. Der Versuch,Anfang der achtziger Jahre in der Schweiz einen internationalenKongreß abzuhalten, hatte keinen nennenswerten Erfolg. DaS Be-kanntwerden der Absicht genügte aber, um die Züricher Bourgeoisiein die größte Auflegung zu versetzen und einen PetitionSshumzu organisieren, um da» verbot deS Kongresses im Kanton Zürichdurchzusetzen. Der Kongreß fand unter schwacher Beteiligung inChur statt. Charakteristischerweise gab eS'M� Kanton Züricheinen Ort, das Dorf Offingen, in dem sich nicht eine Stimme zurUnterzeichnung der Publikation gegen Abhaltung eines inter-nationalen Kongresses fand. Ursache war. daß das Jahr zuvordie deutsche Sozialdemokratie in dem bei Offingen gelegenen altenSchloß Wyden ihren Kongreß unter dem Ausnahmegesetz abgehaltenhatte, und die Offinger Arbeiter und Bauern hatten damals einenso guten Begriff von den sozialdemokratischen Delegierten be-kommen, daß sie für ein Verbot eines internationalen Kongresse?nicht zu haben waren.Da rückte 1889 das Jubiläumsjahr des Sturmes auf dieBastille heran, von verschiedenen Seiten kam die Anregung, dieFeier zu benutzen, um wieder einen internationalen Kongreß, undzwar w Paris abzuhalten. Die Einberufung desselben erfolgte.nachdem die Führer der verschiedenen Parteien sich im Herbst 1888auf einer Konferenz im Haag über die Einberufung desselben ver-ständigt hatten. Soweit der Besuch in Frage kam. gelang derKongreß über Erwarten. An 488 Delegierte traten zusammen.darunter 98 aus Deutschland. DaS Arrangement des Kongresse»ließ dagegen viel zu wünschen übrig, denn unsere französischenGenossen waren für dergleichen Veranstaltungen noch zu wenigorganisiert und Geldmittel fehlten ihnen gänzlich.Aber von Kongreß zu Kongreß wurde es nach jeder Richtungbesser. Brüssel 1S91. Zürich 1893. London 1896, Paris 1900,Amsterdam 1004 sind die Etappen, die feit 1889 die Internationalemarschierte. Und als es gelang, im internationalen Bureau einOrgan zu schaffen, daS der Mittelpunkt für die Tätigkeit derInternationale wurde, stand dieselbe auf festen Füßen. Dieer sie Internationale begann mit der Schaffungeiner Spitze, noch ehe die rechte Basis dazu vor-handen war; die zweite Internationale schufsich diese Spitze er st, nachdem der Bau ge-nügend fundamentiert war. Das ist kein Vorwurfgegen die alte Internationale. Diese handelte, wie sie handelnmußte, und sie tat Wohl daran.In diesen mehr als 40 Jahren internationaler Bewegung hateine gewaltige Umwälzung der Verhältnisse, der ökonomischen undder politischen, stattgefunden, damit aber auch eine gewaltige Um-gestaltung und Erweiterung der Massenbewegung des Proletariats.Ter Unterschied zwischen damals und heute ist ein ungeheurer.Drastisch trat dieser Unterschied in die Erscheinung, als ineiner Festschrift der holländischen Genossen auf dem Kongreß zuAmsterdam die Abbildung des unscheinbaren, spelunkenhaftenLokals dargestellt wurde, in dem der letzte Kongreß der alten Jnter-nationale im Jahre 1872 im Haag abgehalten worden war. undman diese Abbildung im Vergleich stellte zu dem palastähnlichenGebäude, in dem der Kongreß im August 1984 in Amsterdam tagte.Wie hierin so ist seitdem auch auf anderen Gebieten derUnterschied ein riesenhafter geworden. Im Haag waren 1872 einige80 Delegierte versammelt, in Stuttgart wird die Zahl derselbenmehr als das Zehnfache betragen. Mit Ausnahme von China wirdkein Staat mit moderner Industrie unvertreten sein. Aber dieHauptsache" ist: heute besteht unter den klassenbewußten Arbeiternder ganzen Kulturwelt eine Einigkeit und Einheitüber daS gemeinsame Ziel und die Wege zudiesem Ziele, die kaum noch ernsthaste Meinungsverschieden.beiten aufkommen läßt. Eine Erscheinung, die einzigartig in derGeschichte der Entwickelung der Menschheit ist. So ist der Mahnrufdes kommunistischen Manifestes:„Proletarier aller Länder, vereinigt Euch'."nunmehr zur Tat und Wahrheit geworden. Bedauern können wirnur, daß es den Verfassern jenes einzig dastehenden historischenAktenstücks nicht vergönnt war, diese Riesenentwickelung zu erleben.Doch ist einer noch am Leben, der an der Beratung des kam-munistischen Manifestes teilnahm, unser Landsmann FriedrichLeßner in London, der in diesen Tagen mit besonderer Genug-tuung nach Stuttgart blicken wird.Der Stuttgarter Kongreß wird weiterführen, WaS seine Bor-gänger mit Erfolg begonnen.Kampfgenosse»! seid gegrüßt!August Bebel.Die internationale Verbindungder GewerKkbaften.Erweist sich die internationale Verbindung für die poli-tische Arbeiterbewegung als absolut notwendig, so ist sie fürdie gewerkschaftliche Bewegung geradezu unentbehrlich. Esist nicht nur das gleiche Ziel und die gleiche Tendenz, was diebeiden Richtungen der Arbeiterbewegung veranlaßt, inter-nationale Verbindung zu suchen, sondern es sind wichtigepraktische Fragen, die zu einer solchen Verbindung zwingen.Für die politische Arbeiterbewegung handelt es sich um eineVerständigung über ein gemeinsames Vorgehen zur Durch-fllhrung der Demokratie und besonders � um gleichartigeFormulierung der Forderungen betreffend die Arbeiterschutz-gesetzgebung. Für die Gewerkschaften aber ist nicht nur eineVerständigung bezüglich der zu stellenden Forderungen not-wendig, sondern die internationale Verbindung soll eineunmittelbare praktische Wirkung ausüben, indem sie den Zu-zug von Streikbrechern unterbindet und für gegenseitigeUnterstützung der organisierten Arbeiter bei schweren Känip-fen mit den Unternehmern sorgt.Es ist somit erklärlich, daß schon bei den ersten Anfangender gewerkschaftlichen Bewegung sich das Bestreben zeigte,eine internationale Verbindung herbeizuführen. Der am28. September 1864 auf einem Meeting in London gegrün-deten„Internationalen Arbeiterassoziation" sollten ingleicher Weise politische Vereine, wie Gewerkschaften ange-hören. Die von den Angehörigen der sozialdemokratischenPartei(Eisenacher) in Deutschland gegründeten„Jnter-nationalen Gewerksgenossenschaften" sollten, wie schon derName besagt, sich über die Grenzen des Landes hinaus er-strecken. Wie bei diesen ersten Gründungen gewerkschaftlicherOrganisationen, die neben den im..Allgemeinen Arbeiterschaftsverbande" vereinigten Gewerkschaften der Partei derLassalleaner auftraten, sich daS Streben nach internationalerVerbindung der gewerkschaftlich organisierten Arbeiterschaftsich zeigte, so tritt es auch in der weiteren Entwickelung derGewerkschaftsbewegung in Deutschland hervor. DiesesDrängen nach einer internationalen Verbindung fand seinenunfreiwilligen Abschluß mit dem Erlaß des Sozialistengesetzes.Während dessen zwölfjähriger Herrschaft konnten die Gewerk-schaften in Deutschland nicht einmal untereinander Verbin-dung halten, viel weniger noch internationale Verbindungsuchen. So kam es. daß ein für das Jahr 1888 von.englischerSeite einberufener Gewerkschaftskongreß von den GeWerk-schaften Deutschlands nicht besucht wurde. Es war jedoch nichtnur der Umstand, daß eine Teilnahme an diesem Kongreß dieGewerkschaften Deutschlands der Gefahr einer polizeilichenAuflösung aussetzte, sondern auch die Erkenntnis, daß das.was für die Gewerkschaften sich in bezug auf internationaleVerbindung notwendig machte, nicht auf einem internatio-nalen Gewerkschaftskongreß geschaffen werben konnte. Auchheute noch ist diese Meinung bei den Gewerkschaften Deutsch-lands vorhanden und sie wird von den Organisationen derin gewerkschaftlicher Beziehung gut organisierten Länderngeteilt.Ehe eine allgemeine internationale Verbindung der Ge-werkschaftcn eintreten kann, müssen die Organisationen jedesLandes sich zu gemeinsamem Wirken vereinigt haben. Istdas geschehen, so bedarf eS, wenigstens vorläufig nicht, be-sonderer Gewerkschaftskongresse, sondern eS genügt, wenn dieLandeszentralen, d. h. die Zentralstellen der gewerkschaftlichenOrganisationen jedes LandeS. sich über naheliegende vraktischeFragen verständigen. Daneben haben dann die einzelnen Be-rufSorganisationen mit den gleichartigen Gewerkschaften inanderen Ländern Verbindung zu halten. Fragen allgemeiner Natur, welche die Gewerkschaften besonders inter-essicren, kann sehr wohl der internationale sozialistische Kon-greß erledigen, die speziellen Berufsfragen aber würde auchein Gewerkschaftskongreß nicht zu lösen vermögen.