Diese Meinung ist allgemein bei den Gewerkschaften allerLänder vorhanden und ihr entsprechend ist gehandelt worden.So haben einzelne Gewerkschaften in Deutschland noch zurZeit des Sozialistengesetzes internationale Verbindung mitden Bruderorganisationen gesucht. Deren erste wurde vonden Buchdruckern im Jahre 1889 geschaffen. Tann folgten1890 die Bergarbeiter und Tabakarbeiter, 1892 die Glas-arbciter und Handschuhmacher, 1893 die Holzarbeiter, Hut-machcr, Kupferschmiede, Metallarbeiter, Sattler, Schuh-macher, Steinsetzer, Textilarbeiter und Töpfer. 1894 dieKirschner und Vergold'er, 1895 die Bildhauer, 1896 die Brauer,Lederarbeiter, Lithographen und Schneider, 1897 die Hafen-arbeiter und Seeleute, 1898 die Bäcker, Porzellanarbeiter undSteinarbeiter und 1900 die Handels-, Transport- und Der-kehrsarbeiter und die Handlungsgehülfen. Im Jahre 1900bestanden internationale Beziehungen für die Organisationenvon 32 Berufen, 1906 für die Organisationen von 38 Be-rufen. Viele dieser Verbindungen waren und sind noch heutesehr loser Natur. Einige der Verbindungen, die vor demJahre 1900 geschlossen waren, sind wieder gelöst und sollenerneut herbeigeführt werden. Festere organische Verbin-düngen sind nur bei wenigen Gewerkschaften vorhanden, dochzeigen sich hier von Jahr zu Jahr Fortschritte. So wurdenrm �ahre 1906 bereits für die vier Berufe der Buchdrucker,Holzarbeiter, Metallarbeiter und Transportarbeiter inter-nationale Organe herausgegeben, die in drei Sprachen er-scheinen. Zweck dieser Vereinigungen ist nicht nur der Aus-tausch von Nachrichten, sondern Verminderung des Zuzugesvon Streikbrechern und gegenseitige materielle Unterstützung.Die letztere beschränkt sich, abgesehen von den Buchdruckern,zurzeit noch auf die Gewährung freiwilliger Beiträge beiStreiks und Aussperrungen.Seit dem Jahre 1901 ist neben diesen internationalenVerbindungen für die einzelnen Berufe auch eine Verbindungder gewerkschaftlichen Landeszentralen herbeigeführt. DieSekretäre der gewerkschaftlichen Landeszentralen, die alsGäste dem skandinavischen Arbeiterkongretz im Jahre 1901in Kopenhagen beiwohnten, traten zusammen, um über einenähere Verbindung der Gesamtorganisation der einzelnenLänder zu beraten. Auf der dann folgenden zweiten inter-nationalen Konferenz der Vertreter der gewerkschaftlichenLandeszentralen im Jahre- 1902 in Stuttgart wurden be-stimmte Regeln für die internationale Verbindung aufgestelltund wurde die Landeszentrale von Deutschland mit der Er-ledigung der Geschäfte betraut. Die dann folgenden Kon-ferenzen 1903 in Dublin und 1905 in Amsterdam vervoll-kommneten die in Stuttgart getroffenen Bestimmungen.Diese gehen dahin, daß alljährlich von jeder Landeszentralean das internationale Sekretariat ein Bericht über die Be-wegung im Lande zu erstatten ist. Der internationale Sekre-tär hat die Berichte zusammenzustellm und in drei Sprachenzu veröffentlichen. � Ferner ist bestimmt, daß Unterstützungvon Streiks von einem Lande zum anderen, abgesehen vonder Unterstützung, welche die einzelnen Berufsorganisationenauf Grund internationaler Verträge sich gegenseitig ge-währen, nur dann erfolgen soll, wenn ein entsprechendes Ge-such von der betreffenden Landeszentrale gestellt und vondem internationalen Sekretär den sämtlichen Landeszentralenzugestellt ist. Hierdurch ist den unkontrollierbaren Samm-lungen für Streiks vorgebeugt. Die Unkosten, welche dasinternationale Sekretariat hat, werden durch Beiträge gedeckt.die von 1903 bis 1905 50 Pf. und von da ab 1 M. pro1000 Mitglieder der angeschlossenen Organisationen be-tragen.Dem internationalen Sekretariat sind beigetretenEngland(hier jedoch nur die in der General Federationof Trade Unions vereinigten Gewerkschaften, die zirka30 Proz. der gewerkschaftlich Organisierten Englands um-fassen), Frankreich, die Niederlande, Belgien,Dänemark, Schweden. Norwegen, Deutsch-land, Oe st erreich, Ungarn, Serbien, Bul-garien,. Schweiz, Italien und Spanien. Indiesen Ländern waren(mit Ausnahme von Frankreich, fürdas kein Bericht vorlag) im Jahre 1905 insgesamt 4 631 678Arbeiter und Arbeiterinnen gewerkschaftlich organisiert, vondenen 2 524 680 den Landeszentralen angeschlossen waren.Diese Zahl ist für das Jahr 1906 auf 2 867 650 gestiegen.Es ist bereits eine stattliche Arbeiterarmee, die inter-national vereinigt und zur Ausübung internationaler Soli-darität bereit, dem Unternehmertum gegenübersteht. Dieseshat stets, trotz des zur Schau getragenen Patriotismus, inter-national geschlossen gehandelt. Wenn es darauf ankommt, dieArbeiterschaft des eigenen Landes niederzuhalten, dannschwinden die Grenzen und aus allen Teilen der Welt werdenauf niedrigster Kulturstufe stehende Arbeiter herangeholt,um den um ihre Existenz kämpfenden Arbeitern des eigenenLandes eine Niederlage zu bereiten. Die Arbeiter brüstensich mit ihrem Patriotismus nicht. Sie wissen, daß die wirt-schaftliche Ausbeutung der Arbeiterklasse in allen Ländern diegleiche ist und fühlen sich deshalb eins mit der Arbeiterschaftaller Länder. Trotzdem aber leisten sie für die Fortentwicke-lung der Kultur des eigenen Landes durch ihr Streben nachbesseren Lohn- und Arbeitsbedingungen weit mehr als dieKapitalistenklasse. Um diesem Streben größeren Nachdruckzu geben, suchen sich die Arbeiter mit ihren Arbcitsbrüderninternational zu vereinigen. Bereitet auch die Verschieden-nrtigkeit der Entwickelnng und der Einrichtungen in den ein-zelnen Ländern, sowie auch die Vcrschiedcnartigkeit der Sprachedieser Vereinigung große Hindernisse, so zeigt sich doch einständiger Fortschritt, der zu den besten Hoffnungen für dieZukunft berechtigt. Wie allmählich ein immer festerer Zu-'ammenbalt der organisierten Arbeiter der verschiedenen Be--«fe'ich so wird auch die internationale Verbindungvervollkommnet werden, bis in jedem Lande und schließlichinternational die Arbeiterschaft geschlossen dem organisiertenUnternehmertum gegenüberstehen wird, nicht nur ihre For-derungen stellend, sondern auch mächtig genug, diese Forde-rungcn durchzuführen und der Arbeiterklasse politische Frei-heit und wirtschaftliche Unabhängigkeit bringend.__ C. Legten.6in fubiläuro der Internationale.In dielen Tagen, wo zum erstem Male die I n t e r n a t 1 ö n a lesich auf deutschem Boden eint, kann DeutschlandsSozialdemokratie sie grüßen mit einem Jubiläum deS größtenEreignisses des wissenschaftlichen Sozialismus: mit der v i e r z i g-jährigen Wiederkehr des ersten Erscheinens des„Kapitals*.Bierzig Jahre sind gerade in diesen Tagen verflossen, seitMarx den ersten Band dieses deutschen Fundaments inter-aationaler Wissenschaft und Politik erscheinen lasfen konnte. DaSVorwort ist vom 25. Juli 1867 datiert und im August 1867lag daS erste fertige Exemplar des ersten Bandes deS„Kapitals"vor: ein Monument deutscher Arbeit, wie eS Deutschlandseit der Periode seiner klassischen Philosophie und Dichtkunst aufdem Gebiete der Geisteswissenschaften größer nicht gesehen, wie esin theoretischer und praktischer Wirkung überhaupt niemals macht-volleres hervorgebracht hat.Man wird uns keinerlei unberechtigten Nationalstolz vorwerfenkönnen, wenn wir die internationale Gemeinschaftdes wissenschaftlichen Sozialismus mit einer Erinnerungglücklvünschend willkommen heißen, die ein starkes nationalesMoment in sich birgt. Indem deutscher Geist hier ein bestesin die Internationale warf, hat er nur gegeben, wo er auch tausend-fältig nahm. Aber als Engels, wenige Monate nach dem Er-scheinen, das„Kapital* im„Demokratischen Wochenblatt' begrüßte,betonte er schon mit berechtigtem Stol�, daß hier das Verhältnisvon Kapital und Arbeit, die Angel, um die sich unser ganzes heutigesGesellschaftssystem dreht, mit einer Gründlichkeit und Schärfeentwickelt sei,„wie sie nur von einem Deutschenmöglich war*. Und er fügte hinzu:„Wertvoll wie dieSchriften eines Owen, Saint-Simon, Fourier sind und bleibenwerden,— erst einem Deutschen war es vorbehalten, dieHöhe zu erklimmen, von der aus das ganze Gebietder modernen sozialen Verhältnisse klar und übersichtlich daliegt,wie die niederen Berglandschaften vor dem Zuschauer, der auf derhöchsten Kuppe steht.* Es kann in der Tat keinen Streit darübergeben, daß die deutsche Nasion, wo sie innerhalb der internasionalenGeistesarbeit ernsthaft und vorurteilslos wirkte, immer ein be-sondereS Maß von Gründlichkeit im Material und von Schärfe inder Begriffsbildung zeigt. Aber außer Hegel und Goethe hat nurMarx hierin über eine Universalität verfügt, die über alle nationalenGegensätze hinweg mit ehernen Schritten die internationale Kultur-gemeinschaft als Sieger durchschritt. Was diese internationale Kultur-gemeinschaft als notwendige Voraussetzung für diesen Siegeszug anEmpfängnismöglichkeiten bot, interessiert uns hier nicht. Es genügtfür uns die Tatsache eines bisher in der Geschichte fast unver-gleichlichen Siegeszuges festzustellen, dem deutscher Geist seinebeste Kraft gab....Der politischen Oekonomie als Wissenschaft war eS vorMarx in ihrem geschichtlichen Verlauf sehr ähnlich gegangen wie derspekulativen Philosophie. Sie war sich weder ihres Objektes nochder Methode klar bewußt gewesen, mit der sie eS behandelnwollte. Ihr fehlte, woran Josef Dietzgen in seiner kongenialenAnzeige des„Kapitals* erinnerte, das Kautschs MerkzeichenEs darf der Name des Weltproletariats nicht ein prun-kendes Wort und ein leerer Schall sein. Es darf das inter-nationale Proletariat nicht zu einer intermittierenden undoberflächlichen Machtquelle werden, die bloß in entferntenZwischenräumen auf Kongressen oder durch Zirkularberichtedes internationalen sozialistischen Bureaus zur Wirkunggelangt. Es muß eine wirkende, eine wohl unterrichtete, einewachsame Macht werden, die stets imstande ist, die Ereignissevon vornherein zu kontrollieren, und die Konflikte schon imKeime zu überwachen, deren Entwickelung zum Kriege führenkönnte. Es sind Anfänge vorhanden einer Organisation derArbeiter und der Sozialdemokratie. Es sind Keime vor-handen eines internationalen Völkerbewußtseins. Heuteschon, wenn wir den festen Willen dazu haben, können wiruns dem Verhängnis des Krieges, das die kapitalistischeGesellschaft in sich birgt, widersetzen.Jean Jaurds.einer Wissenschaft:„der einhellige sichere Gang*. Marxwar es, der ihr ihn gab, indem er die politische Oekonomie über-Haupt erst zu einer Wissenschaft emporhob. Marx gab ihr denfesten Umfang, den erschöpfenden Inhalt und die sicheren Begriffe.Marx gab ihr aber als Wiffenfchaft zugleich auch ihre zeitlicheBegrenzung für jede besondere geschichtliche Epoche, und es ist oftund mit Recht betont worden, daß das„Kapital* ebenso sehr einhistorisches wie ein ökonomisches Werk ist. Damit nahm Marx derpolitischen Oekonomie die fixe Idee absoluter, über Zeit und Orterhabener Gesetze; er stellte sie auf den unerschütterlichenBoden besten, w a S ist. Aber er hätte die Oekonomieniemals zu einer Wistenschaft gemacht, wenn er sich miteiner bloßen Sammlung des historisch Tatsächlichen be-gnügt hätte, wenn er nicht ebenso hoch wie die Sammlung derzeitlichen Tatsachen ihre kausale Erf o r schu n g und ihreschärfsteBegriffsbestimmung gestellt hätte. Ganz besonders auchdie Untersuchung nach Ursache und Wirkung, die Aufdeckung einesKausalnexus in der ökonomischen Entwickelung war eS, die das«Kapital* über alle früheren historisch- ökonomischen Werke so weitemporhob. Hierdurch allein war eS möglich, alle moralischen Lamen-tationen aus der politischen Oekonomie zu vertreiben und diehistorische Notwendigkeit einer jeden Epoche zu erkennen.Aber diese Methode war auch zugleich das Mittel, die Erkenntnisüber das gegenwärtig Gestehende hinauszuleiten, aus dem Gegen-wältigen die Keime deS Zukünftigen zu erkennen und danach Forde-rungen zu stellen.Damit bekam die P o l i t i k zum ersten Male ein wissenschaftlichesFundament. Die beiden größten Entdeckungen von Marx: diematerialistische Geschichtsauffastung und die Enthüllung deS Ge-heiinnistes der kapitalistischen Produktion vermittelst deS Mehrwertswaren von gleicher Bedeutung für die politische Oekonomiewie für die h i st o r i s ch- ö k o n o m i s ch e Politik. Und darumist das vierzigjährige Jubiläum deS„Kapitals* auch nicht bloß eineSiegesfeier der ökonomischen Theorie, sondern auch derpolitischen Praxis, eine Siegesfeier der deutschen, der inter-nationalen S o z i a l d e in o k r a t i e.Diese Erkenntnis, wie hier durch das„Kapital* gleich Großesfür Theorie und Praxis, für wissenschaftlichen Sozialismus undfür die Sozialdemokratie geleistet war, wie die eine aus dem andernfolgt, konnte Engels in seiner schon erwähnten Anzeige mitRecht darin zusammenfassen, daß er sagte:„So lange es Kapi-t a l i st e n und A r b e i t e r' in der Welt gibt, ist kein Buch er-schienen, welches für die Arbeit er vvn solcher Wichtigkeitwäre wie das vorliegende." Und eS ist das größte Ruhmesblatt,gerade auch für die deutsche Sozialdemokratie, für diedeutschen Arbeiter, daß sie dieses Wort sich haben zur Lehrewerden lassen, daß sie die Theorie niemals in der praktischen Arbeitder Politik vernachlässigt, übersehen oder gar geringschätzig be-handelt haben, daß sie immer trotz aller kleinen, und kleinlichenPerfuche, sie von dieser Erkenntnis abzubringen, dabei beharren.daß die praktischste Politik letztlich noch immer dieprinzipielle, theoretisch fest fundierte Politik gewesen ist.Und dieses Ruhmesblatt muß um so höher bewertet werden, alsgerade das Eindringen in Marx'„Kapital" keine leichte undbequeme Arbeit ist. Es sind auch Voraussetzungen nötig, die derKlasse der Arbeiter durch die kapitalistische Fron vorenthaltenwerden, und die so das Eindringen in die ökonomische Theoriegerade derjenigen Klasse am schwierigsten machen, die sie am not-wendigsten braucht und am wenigsten entbehren will. Aber dieArbeiterklasse, soweit sie zum Klassenbewußtsein erwacht ist, hatalle Hindernisse fast spielend überwunden, und das Wort, daSJohann Philipp Becker vor vierzig Jahren theoretisch un-geschickt prägte, daß das„Kapital" die Bibel der Arbeiter»k l a s s e sei, ist, historisch genommen, um so berechtigter geworden.Das.Kapital" ist Gemeingut der internationalen Arbeiterschaftgeworden, tfe ist unendlich oft kommentiert worden, aber'S wirdseinen reinsten Zauber immer-n seiner originalen Gestalt ent-falten. Wie viele gibt es, die zuerst vor dem Umfang rnw demharten Gang der systematischen Untersuchung im Originalzurückschrecken, und doch, sobald sie die ersten Schritte hineingetanhaben, nicht wieder zurückwollen. Wie viele auch gibt es, die sichselbst vor diesem ehernen Stil der Sprache fürchten, bis sieihn begreifen, bis sie erkennen, wie wahr das schöne Wort vonSchweitzer ist:„In diesem Stile hat Kant in der transzenden-talen Aesthettk seine tiefsten Gedanken in ruhige, feste Worte nieder-gelegt. Ruhig und fest stehen auch hier die Gedanken da— soeinfach sicher, als ob gesagt würde:„Die Sonne scheint* oder„dirSterne leuchten"."..Das„Kapital* ist in Inhalt und Form der Ertrag eine«zwanzigjährigen Arbeit gewesen. Vorarbeiten zu ihm hatte Marx.wie seine ökonomische Streitschrift gegen Proudhon, daS„Elendder Philosophie* zeigt, bereits Ende der vierziger Jahre gemacht;1859 erschien dann das Heft„Zur Kritik der politischen Oekonomie*.daS die erste Darstellung seiner Wert- und Geldtheorie brachte.und als dann 1867 das„Kapital" erschien, stand Marx mit seinemSystem fertig und abgeschlossen da. Aber es war ihm, wie be-kannt, nicht vergönnt, seine vollständige Publikation zu erleben.Als er 1883 starb, übernahm E n g e l S die Herausgabe der weiterenBände, die 1885 und 1894 als zweiter und dritter Band erschienen.Den vierten Band deS„Kapital" hat dann bekanntlich K a u t S k yals„Theorien über den Mehrwert* 1965 herauszugeben begonnen.Als 1867 der erste Band erschien, war die gigantische Wirkung,die das„Kapital" in den folgenden Jahrzehnten ausstrahlen sollte,nicht sehr zu spüren; nur wenige gab es, die eS sofort voll zuwürdigen wußten. Allen voran natürlich Engels. Er war schon„außerordentlich zuftieden mit der Sache", als er die Korrektur-bogen las, schreibt Marx am 19. Juni 1867 an einen deutschenFreund und er fügt hinzu:„Sein Urteil war mir beruhigend, dameine Sachen mir gedruckt immer sehr mißfallen, namentlich beierster Ansicht." Im März 1868 erschienen dann die zwei bekannt-nArtikel von Engels im„Demokratischen Wochenblatt", das Lieb-k n e ch t in Leipzig als„Organ der deutschen Volkspartei" heraus-gab, nachdem dies Blatt schon im Januar 1868, in seinen beidenersten Nummern, als erste Anzeige de? Werkes da? Vorwort wieder-gegeben hatte. Im August und September 1863 brachte dasselbeOrgan dann die berühmten Artikel von Dietzgen. Auf deranderen Linie der deutschen Arbeiterbewegung hatte Schweitzergleich nach Erscheinen deS ersten Bandes in seinem„Sozial-Demo-krat" das Vorwort abgedruckt, ein halbes Jahr später, im Januar1868, brachte er dann eine Artikelserie, die Marx selbst für„sehrbeachtenswert' erklärte.In den bürgerlichen Reihen wußte man zunächst gar n!ck,t.was man mit diesem Riesen überhaupt anfangen sollte, schließlichwählte man den besseren Teil der Tapferkeit und— schwieg. Nurder liberale Allerweltsmann F a u ch e r mühte sich in seiner„Volks-wirtschaftlichen VierteljahrSschrift" eindringlich damit ab, an demWerk vorbeizureden, mit einem Geschwätz, das heute lediglichlächerlich wirkt. Weit näher kam Eugen Dühring gleich nachErscheinen des Buches seinem Inhalte in einer ausführlichenAnzeige in den„Ergänzungsblättern zur Kenntnis der Gegen-wart", die Marx zuerst als ein Produkt der Angst charakterisierte,über die er aber wenige Monate später schon weit milder urteilte,ja, für die er sich zu einem gewissen Danke verpflichtet� fühlte,„da eS der erste Fachmann ist, der überhaupt gesprochenhat". Den übrigen„Fachmännern* wurde, wie man weiß,erst sehr spät die Zunge gelöst, und dann meist auch wenigerdurch eigenes Interesse und wissenschaftlichen Ernst als durchdas sehr positive Interesse ihrer Brotgeber. Seit 1875,wo dieser Tanz los ging, haben sie sich dann mit redlichemEifer bemüht, sich an diesem monumentum aer« perennius, diesemDenkmal dauernder denn Erz, wie es Freiligratb mitdichterischer Seherkraft sofort charakterisierte, ihre morsche» undfalschen Weisheitszähne auszubrechen. Sehr naiv, um nicht zusagen komisch berührt uns heute demgegenüber eine Kotiz des„Demokratischen Wochenblatt" vom März 1869, die aSen Ernstesund wörtlich den Lesern die folgende schöne Mär auftischte:„Der Triumph sozialistischer J�een.Die wissenschaftlichen Vertreter der National-Oekonomiefallen einer nach dem anderen von der Bourgeoisie ab. Daßsämtliche Universitätsprofessoren der National-Oekonomie inEngland mehr oder weniger rückhaltlos die Berechtigung desSozialismus anerkannt haben, ward von unserem LondonerKorrespondenten wiederholt hervorgehoben. Wie wir neuerdingshören, haben mehrere deutsche Oekonomen, die bisher ent-fchiedene Gegner der sozialistischen Prinzipien waren, privatimihre Uebereinstimmung mit den(im Werk„Das Kapital"niedergelegten) Ergebnissen der Forschungen von Karl Marxausgedrückt."Zu ihrem Glücke haben die intellektuellen Verantworter dieser„Nachricht" noch in einem langen Leben ihren Irrtum einsehenkönnen, und sie haben an ihrem Teil reichlich ersetzt, was sie etwain einem Augenblick rosiger Selbsttäuschung von anderer Seite al>Unterstützung für Marx erwarteten.•»•Heute gibt es keine ernsthafte ökonomische Arbeit mehr, wedervon Freund noch auch von Feind, die sich nicht mit Marx sooder so auseinandersetzte. Nach vierzig Jahren hat das„Kapital"alle in seinen Bann gezwungen; ob sie wollen oder nicht, sie müssenes berühren, weil es der adaequate Ausdruck der Zeit ist. in derwir ökonomisch und historisch leben. Wo immer der inter-nationale Kapitalismus herrscht, herrscht Marx'„Kapital", und nur durch seine siegende Herrschaft ist'eine lleberwindung möglich. Eine Ueberwindung, die da-mit nur den Anbruch einer neue n Zeit, einer anderen ökonomischen und historischen Struktür bedeutet l Ein deutsches Werkals Siegerin und Künderin internationaler politischer undökonomischer Freiheit!So grüßt heute das Jubiläum eines wahrhaft deutschenWerkes voll unermeßlicher internationaler Wirkungen dieInternationale auf deutschem Boden, und die Jüngerdieses Werkes einen sich heute um so inniger in dem Wunsche,daß an diesem deutschen Wesen die Welt genesen möge.Max Grunwald.