Einzelbild herunterladen
 

Nr. 192. 24. Iahrgavg. 2. KW Ks Joniiätts" Ktliiift Kllislilatt. Zoiltttllg. 18. Aligllst 1907. Die prolctarifche Internationale in Stuttgart . IntcrparlamentarifcK iozialüliicK Konferenz. (Telephonischer Bericht). Stuttgart , dcn 17. August. Die Interparlamentarische Konferenz, an der etwa IM sozial­demokratische Abgeordnete aller Länder teilnehmen, wurde von Vandervelde- Brüsiel, dem Vorsitzenden der intcrparlamcn- tarischen Kommission, eröffnet. Er hieß die Erschienenen will- kommen und fährte aus, daß in London die Grundlage für die interparlamentarische Kommission gelegt worden sei. ES sei keines- wcgs die Absicht, diese Kommission zu einer Art Kongreß neben dem internationalen Kongreß zu machen, sondern man habe bei ihrer Gründung lediglich praktische Zwecke im Auge gehabt. Auf der heutigen Tagesordnung stünden folgende Punkte: erstens handle es sich darum, ob die Mitglieder der aufgelösten russischen Duma als aktive Mitglieder der Konferenz zu betrachten seien, zweitens handle es sich um die Schaffung einer Verbindung zwischen den parlamentarischen Fraktionen der verschiedenen Länder. Drittens liege eine Resolution des Genossen T r o e l st r a vor, die er selbst begründen werde. Viertens müsse über die Ncso- lution eines rumänischen Genossen verhandelt werden und zuletzt müßten noch einige andere Angelegenheiten erledigt werden. Dr. Adler- Wien stellt dcn Antrag, Punkt 1 der Tages- ordnung ohne jede Debatte anzunehmen. Außer den Abgeordneten, die bereits bei der letzten Sitzung Mitglieder der Jnterparlamen- tarischen Konferenz waren, müßten wir auch jene Abgeordneten ausnehmen, die es noch nicht waren, als wir in Amsterdam tagten, weil es ein russisches Parlament damals noch nicht gab, und die es heute nicht mehr sind, weil zarischc Gewalt die Duma aufgelöst hat. Wir haben die russischen Genossen mit jener Ehrerbietung aufzunehmen«nd zu begrüßen, die diesen unerschrockenen Kämpfern für die Freiheit gebührt.(Bravo !) I a u r e S schlägt eine Sympathiekundgebung für die rufst- schcn Freiheitskämpfer vor, die im Gefängnis in den Ketten des Zarismus schmachten. Guesde beantragt folgende Resolution:Die interparla- mcntarische Konferenz, an der Abgeordnete der ganzen Welt teil nehmen, bekundet ihre lebhafteste Sympathie und ihre unerschiitter liche Solidarität mit den sozialdemokratischen Abgeordneten*) der aufgelösten russischen Duma als mit den Männern, die jetzt in den Gefängnissen der russischen Regierung schmachten. Sie ruft die Entrüstung der ganzen zivilisierten Welt gegen dieses Attentat deö Zarismus auf, der unter dem lügnerischen Vorwande die Ab geordneten ins Gefängnis geworfen hat, sie gehörten einer.ge Heimen Verbindung an und wären an einem militärischen Kom plott beteiligt, während in Wirklichkeit ihr einziges Verbrechen war, in der aufgelösten Duma die Sache der russischen Arbeiter verteidigt zu haben. Die sozialdemokratischen Abgeordneten werden aufgefordert, in ihren Parlamenten in' Gemeinschaft mit allen demokratisch gesinnten Elementen eine Bewegung zu gunsten jener Abgeordneten in die Wege zu leiten, die schamlos verfolgt werden, nur weil sie bis zum Ende ihre Pflicht erfüllt haben, um dem russischen Volke die Freiheit zu erkämpfen. Die allgemeine parlamentarische Bewegung soll dazu dienen, den Männern, die in ias Gefängnis geworfen sind, wieder zur Freiheit zu verhelfen." (Lebhafter Beifall.) Es wird mitgeteilt, daß von den sozialdemokratischen Mit gliedern der aufgelösten Duma Dr. Mandelberg einen Bericht über die Verfolgungen eingereicht hat, der dem Protokoll der heutigen Sitzung beigefügt werden soll. Auf Antrag Singer wird unter lebhaftem Beifall die Reso» lution durch Akklamation einstimmig angenommen und be> schlössen, den Bericht Dr. Mandelbergs dem Protokoll einzuvev leiben. Ferri bittet im Namen der Italiener, auf die Tages. ordnung der Interparlamentarischen Konferenz zu setzen: Die sozialistischen Mitglieder der einzelnen Parlamente sollen gegen jedes Gesetz stimmen, das die fremden Arbeiter schlechter stellt als die einheimischen oder die Einwanderung auSl ländischer Arbeiter erschwert." Nachdem von Dr. Adler- Wien betont ist, daß die Konferenz dem Kongreß, auf dessen Tagesordnung die Einwanderungsfrage steht, nicht vorgreifen dürfe, erklärt Ferri, eS genüge ihm. die Aufmerksamkeit der Konferenz auf diese Frage gelenkt zu haben. Auf Antrag Fournemont- Belgien wird beschlossen, daß die Kassierer der einzelnen Parteien mit den Beiträgen für daS Jnter- nationale Bureau auch den statutenmäßigen Fünffrankbeitrag der Parlamentarier für die Erhaltung des Jnter. nationalen Archivs einziehen und nach Brüssel abliefern sollen. Eine längere Diskussion rufen zwei Anträge der Engländer hervor: 1. Eine Uebersicht zu veröffentlichen, wie weit in dem vor- geschrittensten Lande die Arbeiterschutzgesetzgebung ist, und dcn einzelnen Volksvertretungen zu empfehlen, dafür zu agitieren, daß die Jndustriegesetzgebung ihres Landes so verbessert werde, daß sie derjenigen des vorgeschrittensten Landes gleichstehe. 2. Eine Arbeiterschutzvorlage mit den einzelnen Volksvertretern zu vereinbaren und sie gleichzeitig allen gesetz- gebenden Körperschaften zu unterbreiten. Macdona ld-London begründet die Anträge. Sie seien notwendig, damit die Kapitalisten nicht mehr sagen können: die Länder mit einer vorgeschrittenen sozialen Gesetzgebung sind nicht mehr konkurrenzfähig mit den sozial rückständigeren. v. Wollmar warnt vor der Uniformierung und etwa für ein internationales Musterschutzgesetz einzutreten. Der zweite Antrag sei unannehmbar. In gleichem Sinne äußern sich van Kol- Holland und Dr. David- Mainz. Dr. S ü d e k u m weist darauf hin. daß in Basel ein Institut bestehe, das die soziale Gesetzgebung der einzelnen Länder vergleichend herausgibt. Mehrere Redner bedauern, daß das internationale Bureau trotz seines elfjährigen Bestehens so gut wie nichts geleistet habe. Macdonald erklärt, er wolle den zweiten Antrag nicht be- sonders vertreten, meine aber, das Institut in Basel sei un- zureichend, es arbeite oberflächlich und manchmal verständnislos. Gute Arbeit für den Sozialismus könne.nur von sozialistischen Parlamentariern geleistet werden. Grou ssier- Paris hält es für möglich, vergleichende Da�- stcllungen in Spezialfragen, so in der Frage der Verkürzung der Arbeitszeit, zu geben; das halte er für sehr nützlich. ) Vandervelde wirst bei der Verlesung der Resolution ekn, daß der Ausdrucksozialdemokratische Abgeordnete" zu Miß- veutungen Anlaß geben könnte, da es mehrere sozialistische Gruppen in der aufgelösten Duma gegeben habe. Er schlage vor, .sozialistische Abgeordnete" zu sagen. Pl e ch a n o w macht aber aarauf aufmerksam, daß tatsächlich nur Mitglieder jener Gruppe, Sie sich als russische Sozialdemokraten bezeichnet hätten, verhaftet norden seien. I Dr. Adler-Wien : Die Uniformität führt immer nur zum Minimum, nicht zum Maximum. Deshalb sei eine Aktion zu gleicher Zeit und mit gleicher Formulierung nicht möglich. Aber wir können England entgegenkommen und hier erklären, daß wir "alles daran setzen wollen, die Arbeiterschutzgesetze soviel als mög- lich zu verbessern. Die Gesetzgebung der einzelnen Länder ver- niögen wir zur Not zu übersehen, aber wir wissen nicht, waS unsere Genossen in den einzelnen Ländern für Anträge stellen. Das zu wissen wäre nützlich, und ich beantrage, daß jede Fraktion ver- pflichtet wird, zwei Exemplare von jedem gestellten Antrage an daS Internationale Bureau zu liefern. Hierauf tritt die Mittagspause ein. Am Nachmittag wurde die vormittags abgebrochene Dis- kussion über die Informierung des Brüsseler Bureaus in bezug auf die parlamentarischen Arbeiten und Aktionen der sozialistischen Gruppen in den einzelnen Ländern fortgesetzt. Nach längerer Er- örterung fand ein Vorschlag von Dr. David- Mainz und Vaillant- Paris die Mehrheit, der jede Fraktion verpflichtet, alles sozialpolitische Material dem Jnter- parlamentarischen Bureau in Brüssel ein» zuscnd'en. Das Interparlamentarische Bureau soll jeder Fraktion Auskunft� über schwebende Fragen geben. DaS Bureau soll die Gesetzesvorschläge veröffentlichen und eventuell auch spätco hin Enqueten veranstalten. T ro e Ist ra- Holland wirft die Frage auf, ob eS nicht an der Zeit sei, sich mit der Ent Wickelung eineS eigenen sozialistifchsn politischen Systems zu beschäftigen Was gegenwärtig in dcn Parlamenten getrieben werde, sei im Grund bürgerliche Politik, im besten Falle StaatSsozialismuS . Der ganze Streit zwischen Reformismus und Radikalismus habe darin seinen Grund, daß es uns an einem eigenen politischen System fehle, daß wir vorläufig gezwungen sind, mit den politischen Mitteln der bürgerlichen Gesellschaft zu arbeiten. Wenn man sehe, daß in Frankreich eine stark anarchistische, wenigstens antimilitaristische Strömung existiere, die auch in Deutschland Anhänger findet (Widerspruch bei den deutschen Delegierten), so resultiere daS ebenfalls auö dem Mangel an einem eigenen sozialistischen politi- schen System, und zwar nicht für die Zukunft, sondern schon für die Gegenwart. Er beantrage daher die Einsetzung einer kleinen Kommission für das Studium dieser Frage. V a i l l a n t- Paris: Was uns Troelstra gesagt hat, war sehr interessant, aber ich halte eS für unmöglich, schon jetzt ein Bild des ZukunftSstaatcS zu geben. JaureS hat einmal so etwas AehnlicheS versprochen.(Heiterkeit.) Er wird aber dieses Ver- sprechen vergessen haben.(JaureS ruft: Ich vergesse nie etwas! Heiterkeit.) Dann wird JauräS das auf eigene Verantwortung tun, die Partei kann eine solche Verantwortung nicht übernehmen. Wir haben alle Troelstra aufmerksam zugehört, können ihm aber nicht folgen. JaureS : WaS Troelstra angeregt hat, gehört eigentlich nicht hierher. Wenn diese Frage aber schon einmal angeschnitten werden soll, dann müßte man sie vorher den einzelnen Nationen zur Begutachtung unterbreiten. Es handelt sich hier um die schwierigsten Probleme, mit denen sich die Sozialdemokratie zu beschäftigen hat. Es soll hier kein Programm de» ZukunftSstaatcS, etwa der Bauplan dieses Staates entwickelt werden, sondern eS handelt sich darum: Wie soll das Minimumprogramm zur Wirk- lichkeit werden? Wir in Frankreich stehen vor der Frage: Was soll werden, wenn das jetzt am Ruder befindliche bürgerlich. radikale Ministerium feine Forderungen durchsetzt oder ab. wirtschaftet? In beiden Fällen stehen wir vor schweren Zlufgaben Kautsky hat in seinem Buche ausdrücklich gesetzgeberische Fragen des Zukunftsstaates behandelt. Wir können nicht nur kritisch sein, sondern müssen auch Positive? schaffen. Schon die letzte inter - parlamentarische Konferenz hatte mich gebeten, meine Vorschläge für die zukünftige Politik einmal zu detaillieren. Zum Glück für die sozialistische EntWickelung wurde ich damals krank. (Heiterkeit.) Jetzt bin ich wieder ganz gesund.(Erneute Heiter kcit.) Jede einzelne parlamentarische Gruppe sollte sich mit dieser Frage beschäftigen.(GueSde ruft: Nicht die parlamentarischen Gruppen, sondern die Parteien selbst.) Luch dem widerspreche ich nicht.(Beifall.) Dr. Adler-Wien : Ich glaube, daß die Anregung Troelstra ! für jede Nation nützlich ist. Aber für eine internationale Aktion halte ich sie nicht für fruchtbringend. Der Pessimismus TroelstraS findet nicht meine Zustimmung. Ich glaube, daß ein Pessimismus über die parlamentarische Aktion da eintritt, wo man sich über die Möglichkeit und Wirksamkeit parlamentarischer Aktionen phantastische Vorstellungen gemacht hat. Wo nmn sich solche Vorstellungen nicht gemacht hat, wird man nicht enttäuscht sein von dem, waS eine proletarische Vertretung, die eine Minorität ist, leisten kann, sondern man wird sich dessen bewußt sein, daß die ganze Aktion der Gesetzgebung in allen Ländern, wenn auch mit vielen Rückfällen, eine fortschreitende Tendenz hat. Das ist zunächst der parlamentarischen sozialistischen Aktion ge- schuldet, aber nicht nur dem, was wir selbst machen, sondern auch dem, waS die anderen wohl oder übel gezwungen sind, zu tun oder zu unterlassen. JaureS sagt, daß die Demokratie in Frank- reich am Ende sei. Ich bezweifle, ob er für Frankreich Recht hat, aber sicher hat er es nicht für die anderen Länder. Ueberall ist da noch so viel zu tun, damit die bürgerliche Gesellschaft auch nur das aus sich heraus entwickelt, dessen sie fähig ist. Und wenn Jaurös für Frankreich sagt: Und WaS dann?, so sage ich:..Nu», Genosse JaureS , verwirklichen Sie dann Ihr eigenes Minimal- Programm und Sie werden noch genug zu tun haben und noch viel Zeit haben, über weitere Aktionen nachzudenken." Man wird mir sagen, ich dokumentiere auch hier wieder eine gewisse Kurz- sichtigkeit. Aber ich weih, daß auch Weitsichtigkeit nicht bloß eine Tugend ist.(Heiterkeit.) Wir alle haben mit den Fragen des Augenblicks so viel zu tun, und meine innerste Ueberzcugung ist, daß gerade das Detaillierte in der Ausführung der sozialistischen Organisation daS wichtigste ist, daß ich nicht befürchte, daß diese Krankheit allzu große Dimensionen annehmen wird. Allerdings, wenn wir eine Kommission einsetzen würden, um alle die Vor- stellungen, die darüber bestehen, zu ordnen, oder gar in Kongruenz zu bringen, so wäre die Krankheit gefährlich, aber nicht für die Bewegung, sondern für die Mitglieder der Kommission.(Heiter- keit.) Trotzdem will ich die Idee TroelstraS nicht in allen Punkten ablehnen. ES wäre gut, zu studieren, wo sich überall Ansätze und Uebergänge zum Sozialismus finden. Aber dann darf man sich nicht auf die Aktionen der Sozialdemokratie beschränken, denn diese Uebergänge vollziehen sich auf allen Gebieten auch ohne unser Ein- greifen von selbst. Ein Buch darüber zu schreiben wäre interessant, aber die interparlamentarische Konferenz kann dabei nichts beraten. Wie jemand inmitten einer großen Schlacht sein kann, ohne etwas zu sehen, so meine ich, wir alle sind in einer Schlacht, ohne den Zusammenhang zu kennen. Und das wird auch die Kommission nicht sehen. Vandervelde schlägt vor, dm Frage der nächsten Konferenz zu überweisen. v. V o l l m a r kann nur unter der Voraussetzung dafür sein, daß wir uns damit zu nichts verpflichten. Ich muß überhaupt davor warnen, alle Fragen auf den internationalen Schimmel zu schieben. Der Antraa Vandervelde wird angenommen. R a k o w s k i teilt mit, daß er eine Resolution wegen der rumänischen Zustände nicht hier, sondern dem Kongresse vorlegen werde. Der Vorsitzende Vandervelde regt noch, da die Ver» Handlungen erschöpft sind, an, daß man im Laufe dcS Kongresses noch einmal zusammentrete, um klar zu werden, wie ein innigerer internationaler Kontakt möglich Ware. H u h s m a n stellt fest, daß weder er, noch seine Vorgänger an der Untätigkeit des Komitees schuld sind. Vielfach würden diesem nicht einmal die Rainen der korrespondierenden Sekretäre bekannt gegeben. Damit haben die Verhandlungen der interparlamentarischen Konferenz ihr Ende erreicht. Crite internationale Konferenz sozialistische,' fstauen. Die proletarische Internationale umfaßt die ganze klassen- bewußte Arbeiterschaft aller Kulturländer die ganze, d. h. nicht nur die Männer, sondern auch die Frauen. Sie sind in den Reihen der internationalen Sozialdcmolratie gleichberechtigte Kämpfer und der Kongreß der Internationale zu Stuttgart ist ihr Kongreß so gut wie der der männlichen Proletarier, und das Interesse, das sie ihren Beratungen entgegenbringen, nicht geringer, als jenes der stärkeren Hälfte der Arbeiterschaft. Die sozialistische Frauenbewegung ist cinS mit der sozialistischen Arbeiterbewegung. Aber sie ist zugleich ein besonderes Stück dieser Bewegung, eine Kämpfverschar, die neben dcn allgemeinen besondere Aufgaben zu erfüllen hat. Deshalb tagt an der Schwelle des all- gemeinen Arbeiterparlaments, das am Sonntag zu Stuttgart seine Beratungen eröffnet, ein besonderes Parlament der sozialistischen Frauen, die erste internationale sozialistische Frauenkonferenz, der natürlich das besondere Interesse der proletarischen Kämpferimieil aller Länder gilt. Die Reaktionäre aller Länder mögen fauchen: die von ihnen fast noch mehr als die revolutionären Männer gcfiirchteten und ge- haßten Sozialistinnen haben in Stuttgart besondere Beratungen darüber gepflogen, wie sie auf dem ihnen zugefallenen Sondergebiet am erfolgreichsten die kapitalistische Gesellschaftsordnung berennen können. Sie knüpften die internationalen Bande enger, um dem speziellen Kampf, den die Frauen in der bürgerlichen Gesellschaft zu führen haben, größere Planmäßigkeit zu geben, ihn einheitlicher und damit nachdrücklicher zu gestalten. Mit dieser Aufgabe steht in innigem Zusanimenhang die Beratung über das F r a u e n lv a h l r e ch t. Prinzipielle MeimmgS- Verschiedenheiten darüber bestehen unter den sozialistischen Frauen wohl kaum. Anders ist es mit der Anffassuiig über die Taktik lieber die Wege, die zum Ziele führen, über das einzuschlagende Tempo gehen die Meinungen auseinander. Ob und welche OpportunitätSrücksichtcn unter gegebenen Umständen Berechtigung haben, daS sind Fragen, deren Beantwortung sehr stark von dcn all- gemeinen politischen Verhältnissen in den einzelnen Ländern beein- flußt wird. Da ist eS von großer Wichtigkeit, daß die Frauen zunächst zu einem Einverständnis gelangen, um auf dem allgemeinen Kongreß bei der Erörterung der Frauenwahlrechtsfrage wenn möglich in vollständiger Geschlossenheit die Künsche der Frauen zu ver- treten. Die Wünsche deS ganzen klassenbewußten Proletariats sind mit den in Stuttgart versammelten Vertreterinnen der sozialistischen Frauen-Jnternationale. Mögen die Arbeiten der ersten Jnter- nationalen Sozialistischen Frauenkonfercnz die Hoffnungen de» Käinpferinnen erfüllen, die auf sie als ihre berufene Vertretung blicken. » Stuttgart . 17. August. (Telephonischer Bericht.) Fm Mozartsaale trat heute vormittag die erste inter» i»at»onale K o n f e re n z sozialistischer Frauen zu­sammen. Der für die Zahl der erschienenen Genossinnen viel zu kleine Saal verzögerte die Eröffnung der Konferenz um etwas. Deutschland ist durch etwa 15 Genossinnen vertreten, darunter Frau Zetkin, Ottilie Baader, Frau Ihrer. Rosa Luxemburg , Frau Stock, Frau Greiffenberg , Frau Kühler, Frau Thiede, Fräulein G r ü n b e r g, Frau Bau- mann- Altona, Frau B o l l m a n n» Hannover , Frau L i l y Braun und Frau L e w i n- Dresden. Oesterreich ist durch fol- gende Genossinnen vertreten: Frau Adelheid Popp , Frau?I d l c r, Frau Schlesinger-Eckstein , Frau L i t k a, Frau B o s ch e ck. Frau Fr rundlich- Mährisch-Schönberg, Frau S t e i n e r t und Frau Mach. Frankreich hat grau Pellecö, Frau Sorgue und Frau R o u s s e l entsandt. Frau Balabanoff vertritt die sozialistische Frauenorganisation Turins. Aus England sind Frau H h n d m a u und Frau M a c d o n a l d erschienen, ginn» land hat zwei Genossinnen entsandt, darunter die Landtags» abgeordnete Tarsienen aus Wiborg . Ferner sind die Schweiz » Holland , Belgien . Rußland und Amerika vertreten. Die Einberuferin der Konferenz, die ZentralvertrauenSperfon der sozialistischen Frauen Deutschlands , Fräulein Ottilie Baader , eröffnete die Konferenz mit folgender Ansprache: Die erste internationale Konferenz der sozialistischen Frauen ist hiermit eröffnet. Ich begrüße alle Genossinnen auf daS herz. lichste, die auS dem In- und Auslände der Einladung gefolgt fino, um mit uns zu beraten, wie wir am besten im Kampf gegen den Kapitalismus die Waffen schärfen können. Ich begrüße alle Mit- kämpferinnen, die gekommen sind, um die unentbehrlichste Waffe für unS, daS Fraucnftimmrecht, mit erobern zu helfen. DaS Frauenstimmrecht ist notwendig, weil der Kapitalismus unS Frauen die gleiche Ausbeutung und die gleiche Unterdrückung wie den Männern auferlegt. Das ist auch der Grund, weshalb wir diese Konferenz der sozialistischen Frauen der verschiedenen Länder zu gemeinsamer Arbeit zusammengerufen haben. Ich hoffe, daß die Konferenz fruchtbringende Arbeit leisten wird.(Beifall.) Die Konferenz ist eine sozialistische und wir haben beschlossen, daß nur die sozialistische Presse zugelassen werden soll. Sollten Journalisten hier sein, die für bürgerliche Blätter schreiben wollen, s» bitte ich sie, den Saal zu verlassen; sie gehören nicht hierher. Als Vorsitzende werden bicrauf gewählt Frau Zetkin- Stuttgart und Frau B o s ch e ck-Wien, als Schriftführerinnen Frau Tarsienen- Wiborg und Frau tz y n d m« n- London. Die provisorische Tagesordnung lautet wie folgt: 1. Bericht über die sozialistische Frauenbewegung in den ver« schiedenen Ländern. S. Schaffung regelmäßiger Beziehungen zwischen dcn organi- irrten Genossinnen der einzelnen Länder. 3. Das Frauenstimmrccht. Die Taaesordnung wird unverändert acmhmigt-