Einzelbild herunterladen
 
aber die Bestie ist noch nicht verendet. Aber haben wir Vertrauen! Die russische   Revolution dauert erst drei Jahre, loährcnd die fran- zösische Revolution von 1739 bis 181S gedauert hat. Die Revo- lutionen sind um so länger, je tiefgehender sie sind. Die englische Revolution 1388 hat die Bourgeoisie ans Ruder gebracht/die französische   Revolution 1789 hat der bürger- liehen Demokratie den Weg gebahnt. Wir hoffen, daß die russische Revolution nicht nur eine bürgcrlich-demokratische Revolution sein, sondern das, sie die Signatur dcS sozialistischen Proletariats tragen wird.(Lebhaftes Bravo!; langer, anhaltender Beifall.) Unzählige Opfer hat die Revolution schon gefordert, mit Blut sind die russischen Gefilde der Freiheit über und über getränkt; hart ist der Kampf. Unsere Sympathien gehen in erster Linie zu diesen Märtyrern, die dort in den russischen Gefängnissen schmachten.(Lebhaftes Bravo!) Aber ihr Märtyrertum ist nicht umsonst. Die mit ihrem Blut getränkte Saat wird ihre herrlichen Früchte tragen. Jede Revolution fordert ihre Märtyrer. Vor nahe an zweitausend Jahren hat auch eine Bewegung begonnen, die die Gegner im Blut zu ertränken suchten. Hunde�e von Märtyrern starben den Tod für ihren neuen Glauben! Aber schon am Ende des zweiten Jahrhunderts konnte ein christlicher Bischof sagen: Die Christen sind eine ungeheuere Masse." Wir auch haben unsere Märtyrer, und auch wir sind heute eine ungeheure Masse. 8 bis 19 Millionen Proletarier stehen hinter uns.(Bravo  !) In ihrem Namen danke ich der deutschen   Sozialdemokratie für ihre Gastfreundschaft. Sie war uns oft eine Mahnerin im Streit. Sie hat uns die straffe Organisation gelebrt, die von einem hohen Ideale, einem idealistischen Schwünge getragen wird. Ich begrüße Sie herzlichst. Unsere Tagung gereicht nicht allein den Sozialisten zur Freude; alle diejenigen, die nicht zu unserer Partei gehören, die aber den Weltfrieden wünschen, sehen mit Zuversicht nach Stuttgart  . Bebel hat bereits die Unfruchtbarkeit der Haager Konferenz charakterisiert. Als sie zusammengetreten, begrüßte man sie als F r i e d e n s k o n f e- r e n z; heute aber ist sie zu einer Kriegskonferenz ge- worden!(Lachen!) Wir sind der einzig wahre Weltkongreß, wir allein bringen die Proletarier aller Länder einander näher; denn wir lehren sie, daß sie alle Brüder sind. Wir vereinigen unter dem roten Banner Gelbe, Schwarze und Weiße, Deutsche   und Franzosen  , Russen und Japaner, Europäer, Afrikaner, Asiaten! Unser Ideal um- schließt die ganze Welt. Und wir werden die ganze Welt erobern! (Bravo  !) Der Kapitalismus ist der Krieg! Der Sozialismus aber ist der Frieden!(Lebhaftes Bravo! und Beifallklatschen.) Die Uebersetzerin, Genossin Rosa Luxemburg  , wird mit lebhaftem Beifallklatschen begrüßt. Auf Bebels Vorschlag wird hierauf wie in Amsterdam   die Leitung der Verhanolungen dem Jnternatio- nalen Bureau übertragen. Bandervelde macht namens des Bureaus folgenden Vorschlag: Morgen, Montag, um 9 Uhr, treten die einzelnen natio- nalenSektionenin ihren Zimmern zusammen und prüfen ihre Mandate. Jede ernennt einen Sekretär, der sofort mit dem Sekretär des Internationalen Bureaus in Fühlung tritt und ihm die Präsenzliste und die etwaigen angenommenen Resolutionen tiberreicht, nebst deren Uebersetzungen. Um 10 Uhr tritt das Internationale Bureau zusammen, um als letzte Instanz über die angefochtenen Mandate zu entscheiden. Dann müssen auch die Kommisstonen gebildet werden, ze eine für die fünf Punkte der Tagesordnung. Nach Beschluß des Bureaus kann zede Nation höchstens vier Delegierte in jede Kom- Mission schicken. Die Sekretäre der Kommissionen haben dem Sekretär des Internationalen Bureaus die angenommenen Resolutionen nebst ihrer Uebersetzung zu übergeben. Das Internationale Bureau tritt jeden Tag um 0 Uhr zu­sammen. Die Plenarsitzungen finden von 19 Uhr morgens bis 1 Uhr, und von 3 bis B Uhr  , eventuell 7 Uhr, statt. Für die Dauer des Kongresses wird da» Priifidtum den deutschen   Genossen übertragen. Zum ständigen Vorsitzenden des Kongresses wird Ge- nosse Singer bestimmt. Die von dem Bureau vorgeschlagene provisorische Tagesordnung tautet: 1. Der Militarismus und die internationalen Konflikte. 2. Die Beziehungen zwischen den politischen Parteien und den Gewerkschaften. 8. Die Kolonlalfrage. 4. Die Ein. und Auswanderung der Arbeiter, 5. Frausnstimmrecht. Diese Tagesordnung wird ohne Widerspruch ge- n e h m i g t niit der Maßgabe, daß die einzelnen Punkte in der Reihenfolge zur Verhandlung kommen, wie die einzelnen Sektionen mit ihren Beratungen fertig werden. Hierauf werden die Verhandlungen auf Dienstag, 19 Uhr vertagt. Schluß IVs Uhr. Das internationale liiaffenrneetlng auf dem Cannftatter Walen. Stuttgart  , 18. August, nachmittags. Die große Volkskundgebung, die anläßlich des Internationalen Kongresses nachmittags um'/.ß Uhr ihren Anfang nahm, ist glänzend verlaufen. Zu Tausenden strömten die Arbeiter mit rhreu Frauen und Kindern nach den Wiesen in der Neckarnicderung, dein Stuttgart  -Cannstatter   Volksfestplatz. Aber nicht nur die Arbeiter, sondern auch ein großer Teil des Stuttgarter Bürgertums war auf den Beinen, und nicht nur aus Stuttgart  , sondern aus de: näheren und weiteren Umgebung war viel Volk nach der schwäbischen Haupt- stadt gekommen. Ja, aus ganz Württemberg   waren Deputattonen von den politischen Organisationen und Gewerkschaften entsandt. Vielfach hatten diese Ab- ordnungen ihre Fahnen und eine Musikkapelle mitgebracht, und so entfaltete sich ein festliches bunt bewegtes Treiben. Auf dem Festplatze waren sechs Trlbiincn errichtet' große Bier- Ivagen stellten das Podium dar, auf dem ein rotdraprertes Redner- pult sowie ein Tisch für denPräsidenten der Volksversammlung im Freien" und für die Redner aufgestellt waren. Reich gestickte Fahnen der Wahlvereine und der vielen Stuttgarter   Gewerkschaften gaben einen wirkungsvollen Hintergrund für sie Redner ab. In muster- hafter Ordnung scharte sich die Menge um die einzelnen Emporen und bewahrte auch dort die Ruhe, wo von den Worten der Redner nichts mehr zu verstehen war. Während auf den Straßen zur Fest- wiese ein starkes Polizeiaufgebot den Massenverkehr in Bahne» hielt. war auf den Wiesen selbst keine Polizei zu sehen und die (50000 Menschen bewahrten von selbst eine außerordentliche Disziplin. Am Nachmittag hatte sich der Himmel etwas bewölkt und die Hitze war nicht drückend. Während der Reden aber brach die Sonne durch, es wurde heißer und ging nicht ganz ohne kleine OhnmachtS- anfalle ab. Dann war aber sofort die freiwillige SanitälSkolonne bei der Hand und die ganze Veranstaltung ist ohne wesentliche Un- fälle verlaufen. Geistige Getränke dafür hatte daS Komitee Sorge getragen dursten auf dem Platze nicht feil gehalten werden. So war das Ganze ein großes Gelinaen. Auf der erste» Tribüne führte den Vorsitz Genosse Singer. Redner sind die Genossen Ahfy JaureS-Paris  , Abg. Branting-Schweden, Abg. Macdonald- England und Siuions- Vereinigte Staaten. Punkt 4l/z Uhr erscholl ein Trompetensignal, das den Beginn beS Meetings anzeigte; das Summen und Surren der nach Zehntausenden zählenden Menge machte einer lautlosen Stille Platz. Genosse Singer, mit brausenden Hochrufen und nicht endenlvollendem Beifall begrüßt, weist auf die Bedeutung dcS Tages bin, der so ungeheuere Massen auf diesem Platz zusammengernfen hat. Er wolle nicht lange aus­einandersetzen, warum es btS jetzt nicht möglich gewesen sei, in Deutschland   einen internationalen Kongreß abzuhalten. Jetzt habe man es gewagt, und daß dieser Kongreß in Stuttgart   gelinge, müsse die preußische Regierung ansehen als eine Antwort auf ihre reaktionäre Politik.(Stürmiscker Beifall.) In Stuttgart   Iverden die Vertreter des Proletariats aller Länder Neue Waffen schmieden und neue Wege weisen für den Kampf, dem sie sich zugeschworen haben, um die arbeitende Klasse aller Länder zu befreien' aus dem Joch ökonomischer Ausbeutung und politischer Rechtlosigkeit. (Donnernder Beifall.) Diese mächtige, kaum zu übersehende Ver- sammlung ist auch ein Ausschnitt aus dem Bild«o» der nieder- gerittenen Sozialdemokratie.(Brausender Beifall.) Diese Versamm- lung ist ein Bild der Arbeit, vi« die Sozinldeinokratie seit den letzten Wahlen geleistet hat, ein Bild von dem gewaltigen Anwachsen der politischen und gewerkschaftlichen Organtsaltonen'und widerlegt aus das schlagendste die Ansicht derer, die geglaubt haben, daß der 25. Januar der Anfang vom Ende der deutschen   Sozialdemokratie sei.(Betfall.) Unseren ausländischen Brüdern können ivtr die Versicherung geben, daß unsere deutsche Partei jetzt wie früher Schulter an Schulter mit den Arbeitern aller Länder kämpfen wird. Die deutsche Sozialdemokratie wird nicht ruhen und rasten, bis der Sieg der Arbeit an ihre Fahne geheftet ist.(Stürmischer Beifall.) Wir bilden heute eine Versammlung, wie sie Stuttgart   wahrscheinlich nie gesehen, und Millionen von deutschen   Arbcitcrherzcn bedauern es aufs tiefste, an dieser gewaltigen Demonstration nicht teilnehmen zu können. Die Stuttgarter   Genossen sind heute berufen, als Vorort der deutschen   Sozinldemolrntie den ausländischen Brüdern die Hand zu reichen. Beachtet, was die ausläudtschen Genossen Euch zu sagen habe», damit die Herzen und die Kopfe revolutioniert werden. (Stürmischer Beifall.) JanrdS, mit lebhaften Hochrufen undVivo llaurde!" empfangen(übersetzt auch K a u t S k y) gibt feiner Freude Über die mächtige Versammlung Ausdruck, wie er noch n i e ein e g e s e b en h a b e. Er wolle der Solidarität Ausdruck geben, welche dre Deutschen   und die Franzosen  , wie überhaupt die Proletarier aller Länder miteinander verbinde. Sie kämpfen für die höchsten Ideale, die e? jemals ge­geben hat: für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit I(Stürmischer Beifall.) Besonders freue er sich, als Vertreter der Franzosen  die Deutschen   begrüßen zu können. die sich gegen- eitig viel Unheil zugefügt haben und sich doch gegen- eitig soviel schuldig sind. Hocherfreut sei er dnrüber, diese Ver- aminluNg im Lande Schwabe» begrüßen zu könne», daß der deutschen   Kultur soviel gegeben habe, dem Lande, in dem Friedrich S ch i l l ejr geboren sei, den die Franzosen als Ehrenbürger der französischen   Repubik begrüßt haben, dem Geburtslands des ausgezeichneten Philosophen Hegel  , der daS sozialistische Denke» so stark befruchtet habe.(Sturmischer Beifall  .) Er freue sich über die Solidarität der Arbeiterklasse zweier Völker, die so grostcl geleistet haben. Ihre Verbindung zeige, baß daS Wort: Arbeüer aller Länder vereinigt Euch l Wahrheit werde. Wenn er nach Frank« reich zurücklehre, werde er berichten von dem herrlichen Schau« spiel, das hier geboten worden sei, und die Franzosen würden sich bemühen, es den Deutschen   nachzumachen. Hier sängt Ja urös unter stürmischem Applaus plötzlich an, deutsch   zu reden- Wenn der deutsche Reichskanzler geruhe, ihn, JauröS, zu emp- fangen, dann werde er ihm sagen, daß eS ihm nicht gelungen sei, die deutsche Sozialdemokratie zu zertrümmern. Mit Freude und Stolz überbringe er im Namen der französischen   Genossen der deutschen   Sozialdemokratie die herzlichsten Grüße.(Stürmischer Bei« fall.) Wir wollen zusammen Hand in Hand arbeiten im Kampfe um die Beseitigung de? Kapitalismus.(Lebhafter Beifall.) Unser Sieg wird ein Sieg sein der Menschheit, der Kultur, des Fortschritt» und der Freiheit. Hoch die internationale Sozialdemokratie.(Stürmischer anhaltender Beifall.) Branttng«Stockholm  gibt ein Bild über Partei- und Gewerkschaftsbewegung in Norwegen  und verweist auf den Einfluß, den die Sozialdemokratie bei dem schwedisch  -norwegischen Konflikt ausgeübt hat. Er überbringt Grüße aus dem Lande der Mitternachtssonne.(Beifall.) Macdonald(England) schildert in begeisterter Ansprache die Fortschritte de» Sozialismus in England in den letzten Jahren und mit ergreifenden Worten die Leiden, die das Proletariat unter dem Drucke eines Kapitalismus auszustehen habe» der der hochentwickeltste, aber dem Zusammenbruch auch am nächsten sei.(Stürmischer Beifall.) Weiter sprach noch Simons(Vereinigte Staaten  ) eben« falls unter großem Applaus. Die Schlußrede hielt Singer. Er dankt den Rednern und er- sucht die Zuhörer, soweit sie noch nicht politisch und gewerkschaftlich organisiert sind, das Verabsäumte nachzuholen, die Köpfe und Herzen zu revolutionieren, damit, wenn uns Alten, die wir jahrzehntelang für die Ideale des Sozialismus gekämpft haben, die Fahne dereinst entsinkt, neue Streiter an die Stelle treten. Hoch die internationale revolutionäre Sozialdemokratie I(Stürmische Hochrufe.) Auf der zweiten Tribüne führte Klara Zetkin   den Vorsitz. Unter großer Heiterkeit und leb- haftem Beifall der Umstehenden wies sie einleitend darauf hin, daß auf diesem Platze, wo gewöhnlich die kapitalistischen   Klassen ihr Kriegsheer einexerzieren, heute die rote Internationale exerziert. Die Zeit werde konimen, Ivo sie nicht nur exerziere, sondern auch marschiere und schlage.(Bravo  !) Bon stürmischem Beifall begrüßt nahm darauf das Wort der Führer der belgischen Sozialdemokratie Bandcrvclde-Brüssel: Der internationale Sozialismus blickt mit Bewunderung auf die deutsche Sozialdemokratie, deren Größe und Gewalt wieder in dieser imposanten Veranstaltung zum Ausdruck kommt. Zu dieser Größe und Gewalt der Sozialdemokratie hat auch ungewollt bei- getragen unser Todfeind, der Kapitalismus, der durch seine Aus- beutung der Massen auch die Kämpfer zur Befreiung dieser Massen erzeugt.(Lebhafte Zustimmung.) Der Kapitalismus   verfährt mit dem Proletariat, wie jener Manu in der englischen Erzählung mit den zwei Katzen, die er in einen Sack steckte, damit sie sich gegen- fettig zerfleischten. Die Arbeiter der verschiedenen Länder aber zer- fleischen sich nicht, sie vereinigen sich zur gemeinsamen Bekämpfung ihres Unterdrückers. Redner schließt mit einem begeistert anfge- nommenen Hoch auf die internationale bölkerbefreiende Sozialdemo- kratie. Seine Rede wird von der mit lebhaftem Beifall begrüßten Genossin Rosa Luxemburg   übersetzt. Nach ihr besteigt die Tribüne Troelstrn-Holland: Wenn ich auch Ausländer bin, will ich doch versuchen, Sie in deutscher Sprache anzureden.(Bravo  !) Einige Sprachfehler mögen Sie verzeihen; ich will versuchen wenigstens keine Gedanken- fehler zu machen.(Heiterkeit.) Es wird mir um so leichter werden, mich zu verständigen, da die Sprache, die wir sprechen, die gemein- same internationale sozialdemokratische Sprache ist.(Lebhafter Bei- fall.) Heute ist ein großer Tag. Es ist Elektrizität in der Lust, es weht Gewitterluft, von den Tribünen kommen die Gedankenblitze und auf die Blitze folgt der Donner aus Euren Kehlen und Herzen. (Heiterkeit und Beifall!) Wir leben nicht mehr in der Zeit, wo die unterdrückten Masten als Arbeitsvieh für die Herrschenden frondeten, Ivo sie ihr ganzes Leben, ihre Gesundheit, ihre Sittlichkeit, ihre geistige Entwickeluiig dem Moloch Kapitalismus   opferten. Heute haben sich die Arbeiter aufgerichtet, sie fühlen sich als Menschen, sie haben einen Krieg entfacht gegen die Verteidiger der herrschenden Gesellschafts« ordnung, ihre Ausbeuter, und dadurch ist ein permanentes Gewitter in der Menschheit entstanden. Wir halten hier eine KricgS- Friedens- Konferenz ab(Heiterkeit und Beifall), denn der Friede, den wir erstreben, die geordnete Gesellschaft, in der es keine reichen Nichtstuer und keinen Zuvieltuer geben soll(«ehr gut l), er muß erobert weroen mit den Wösten des Geistes, der Organisation, die Ihr geschmieder und die wir Abgesandten dcS internationalen Proletariats Euch lehren wollen, Mit Erfolg zu gebrauchen. Bei dieser Kriegs- Frieden-- kouferenz denke ich als Holländer unwillkürlich an die Wort- FriedenSkon fers nzim Ha a g(Große Heiterkeit), einberufen von dem größten Scheusal unserer Zeit(Stürmische Zustimmung), dein Haupte deS AbsolutiSmu  », unter dessen Namen all die Greuel in Rußland   verübt werden. Daher haben wir in der Kammer auch stets die Kredite für diese Fricdcnökomödie ver- weigert.(Bravo l) Und der Verlauf der Konferenz hat bewiesen, daß cS sich nur um eine Komödie handelt. Eng- land hatte bekanntlich erschrecken Sie nicht! die Abrüstulig beantragt.(Heiterkeit.) Den englischen Abgesniidteit ist es nun wirklich vergönnt gewesen, einen Antrag behusS Studium der Frage einer teilw eisen Entwaffnung vorzulesen(Große Heiterkeit) unter der von Herrn Dülow erfundenen H i n z u f>1 g U n g, rS dürfe dann nicht mehr darüber gesprochen werden.(Erneute große Heiterkeit,) Den wahren Vvlkcrfrieden wird nur daS internationale Proletariat mit der Verwirklichung seiner Ideale herbeiführen.(Lebhafter Beifall.) Bellamd vergleicht in seinemRückblick aus dein Jahre 2999" die bürgerliche Gesellschaft mit einem Wagen, auf dem einige Personen von dem geduldigen Volke gezogen loerden. Die Leute auf dem Wagen sind sich uneins über die Behandlung der Ziehenden, die einen geben ihnen die Peitsche. die anderen suchen sie durch Zucker gefügig zu machen, aber all« sind darin einig. daß sie auf dem Wage» bleiben wollen, und sie meinen, eS könne doch immer nur einige geben, die gezogen werden, die große Masse sei zum Ziehen bestimmt. Wir aber wisse»! eS gibt Automobile und wir können auf dies« Weis« uns alle ziehen lassen, ohne einen unserer Mitmenschen vor dem Wagen zu haben.(Große Heiterkeit und lebhafter Beifall.) Ich möchte schließen mit einem Bilde aus der Siegfriedsage. Aus seinen drei Waffen, der genossenschaftlichen, der gewcrlschaftlichen und der politischen Bewegung, wird der Siegfried de» Proletariat» sich daS rechte WotanSschivcrt schmieden, um den Drachen Fafier deS Kapitalismus zu Überwinden und ihm feine Schätze von Gold und Edelstein zu entrethen.(Stürmischer Beifall.) Als letzter Redner weist Rubaiiowitsch-Parts(russischer Sozialrevolutionär) auf die Bedeutung der russtsckien Revolution hin. Vor kurzem waren zwei Kaiser zusammen. WaS sie auf hoher See verabredet haben, weiß niemand. Wir. die man die Konfpiratoren, die Ber- tchwörer nennt, verhandeln in voller Oesteittlichieit und verkünden unser Ziel: die Arbeiter der ganzen Welt zu befreien.(Lebhafter Beifall.) Ich danke Ihnen fttr die Solidarität, die Sie dem russischen Proletariat in seinem schweren Kampfe bewiesen haben. Hoch die deutsche, hoch die russische revolutionäre Sozialdemokratie! (Stürmische Zustimmung,) Klara Zetkin  : Wir können dies Meeting nicht würdiger abschließen als damit, daß Ivtr des größten Ereignisse» unserer geit,� der russischen Revo­lution gedenken, die das Vorspiel ist zu einer Reihe von Revolutionen, in denen das Proletariat aller Länder seine Ketten brechen und eine Welt erobern wird. Es lebe die russische Revolution. cS lebe die kämpfende Jnternattonake l Unter begeisternden Hochrufen zerstreuten sich hierauf die Um- stehenden. Die dritte Tribüne, auf der Bömelburg den Lorsitz führte, war di» Tribüne der Alten. Hier waren Baillant au» Pari», Hyndman auS London   und Greulich auS Zürich   die Redner. Der Wagen, von dessen Plattform gesprochen wurde, war reich mit Fahnen geschmückt. Neben den Fahnen der sozialdemo- kratischen vereine von Feuerbach   und A o d n a n g wehten die Banner zahlreicher Gewerkschaften und Arboitcrgcsangvereine aus Stuttgart  ,.Heslach und Cann stadt, so die der Böttcher. Steinhauer. Metallarbeiter, Textil- und Tabakarbeiter. Baillant, von stürmischem Beifall begrüßt, sprach in deutscher Sprache. Er erinnerte daran, daß er 1879 Tübingen  , wo er studierte, verkästen mußte, als der Krieg ausgebrochen war. Aber nicht der Haß der Schwaben   gegen Frankreich   hätte ihn vertrieben. Obwohl häufig bayerische Nachrichten verbreitet Ivarcn, daß ganze württcmbergische Regimenter niedergemetzelt seien, habe ei damals nie ein feindliches Wort zu hören bekommen und das schöne Schwabcnland sei ihm noch lieber als früher geworden. (Stürmischer BeifallF Eine große Freude sei es für ihn, vor den Nachfolgern, den Söhnen und Töchtern jener Generation, sprechen zu können. Teutschland und Frankreich   müßten sich weit besser kennen lernen, die beiden Nachbarn würden, wenn sie sich kennten, nur gute Freunde sein.(Stürmischer Beifall.) Tiefe Freude er» stille ihn, wenn er die Fahnen der großen Gewerkschaften sehe, die die Ehre Deutschlands   seien.(Stürmischer Beifall.) Ein an» derc», größeres, mächtigeres Deutschland   und eine andere, größere. mächtigere Arbeiterbewegung, als er sie verlasten, treffe er jetzt an. Die französische   Arbeiterbewegung sei dem Beispiel der deutschen   gefolgt. Seit Amsterdam   gibt es nur eine einzige so- zialistische Partei Frankreich  ». Auch in Frankreich   hätten die Gegner die Lüge von der Niederlage der deutschen   Sozialdemo- kratie bei den letzten Wahlen verbreitet. Aber die Stimmen hätten sich um 259 999 vermehrt, und die nicht ge. wählten Führer seien so mutig wie vorher. Nicht der Parla- mcntariSmuS sei die Hauptsache, sondern die Volkstümlichkeit einer Bewegung.(Lebhafter Beifall.) Für die sozialistischen   Parteien aller Länder sei cS gut, sich zu kennen. Diesem Zweck dienten die internationalen Kongresse. Die Sozialdemokratie Deutschland  ? und die Frankreichs   seien Bruderparteien und würden eS bleiben (Stürmischer Beifall.) Vaillant schließt mit einem begeistert auf» genommenen Hoch auf die deutsche, die französische   Sozialdemo- kratie und auf die Internationale. Ihm folgte Hyndman» der den größten Teil seiner Rede gleichfalls in deutscher Sprache hielt. Auch er sagte, in England habe eS nach den letzten deutschen   Wahlen geheißen, die deutsche Sozialdemokratie sei tot(große Heiterkeit), aber ganz gestorben sei sie offenbar nocy nicht.(Erneute Heiterkeit.) Uebcrall in der Welt habe die Sozial- demokratie in den letzten drei Jahren groK Fortschritte gemacht. Drei Jahre seien viel im Leben eines Mannes, aber im Leben der Menschheit seien sie keine drei �Minuten. Die Stimmung im Volke ist mehr al» das Parlament. Das Parlament hat bis jetzt viel mehr getan, um die Reaktion ,u verhindern, als den Fort- schritt zu begünstigen.(Lebhafte Zustimmung.) Er sei mit Bern- stein nicht immer derselben Meinung, aber sicher sei et. daß ein Mann wie er heute genau so viel Einfluß habe, als wenn er noch der Abgeordnete von Breslau   wäre.(Lebhafte Zustimmung.) Der Sieg der Zukunft ist der Sozialdemokratie sicher.(Stürmischer Beifall.) DaS heutige englische   Volk hat seine politischen Frei- heiten nicht selbst erkämpft, sondern ererbt. Heute hat eS neue Freiheiten zu erkämpfen. Da» englische Volk wünscht keinen Krieg zwischen den Völkern.(Stürmischer Beifall.) Er sei nach Deutsch  - land aekommen. um den deutschen   Arbeitern die friedliche, brüder,