liche Gcsmnnung und die Liebe der englischen Arbeiter zu über-mittel». Die Sozialdemokratie wird den Frieden unter denVölkern zur Wahrheit machen.(Stürmischer, ivicderholter Beifall.)Der letzte Redner war, wie Boemelburg ihn nannte, unserlieber, guter, alterGreulkaiaus Z ü r i ch. Er sagte: In wenigen Tagen sind es 42 I a h r c h e r,da saß auch eine Schar von uns in der Liederhalle. Sie war etwaskleiner damals, die Liederhalle und die Schar.(Heiterkeit.) Undheute sind auf diesem Ricsenplatze nur zwei Mann, die dort ge-sessen haben, Freund Bebel und ich. Vielfach hat es heutegetönt: die Sozialdemokratie ist der Friede. Das wollen unsereEkgner aber gar nicht glauben.(Heiterkeit.) S-ie sagen von uns,wir seien Ruppige und Raubautzc.(Heiterkeit.) Die Wohlmeinen-den aber kommen und sagen, wir sollten die Arbeiter moralischermachen.(Heiterkeit.) Dazu dienen aber nicht Moralpredigten,sondern mehr freie Zeit, bessere Wohnungen, besseres Essen undTrinken für die Arbeiter.(Lebhafter Beifall.) Wir haben in dieArbeiterschaft das große schöne Menschhcitsideal einer Zukunfts-gesellschaft gepflanzt. In Millionen von Herzen steckt dieses Idealtief eingewurzelt und keine Polizei, kein Strafgesetz kann es heraus-reißen.(Stürmischer Beifall.) Es liegt im Menschenherzcn tiefbegraben, das Sehnen nach einem Glück, nach einer Gesellschaft, inder es keine Knechtschaft, keine Ausbeutung gibt, nach einer Gesell-schaft, die allen denen, die ehrlich und fleißig arbeiten, die Sorgefür des Lebens Notdurft abnimmt.(Beifall.) Dieses Sehnensteckt selbst in denen drin, die sich dessen heute noch nicht bewußtsind. Auch unter unseren Gegnern wird mancher sein, der sichspäter dessen bewußt wird. Und dann wird die Geschichte einenm.ächtigen Schritt vorwärts tun.(Stürmischer Beifall.) DiesStrebeziel stählt unsere Kraft. Ich habe das Glück gehabt, den ge-Ivaltigen Aufstieg der Arbeiterklasse in diesen vierzig Jahren zusehen. So wie die Juden unter dem alten Moses, der auch so einWühler, Hetzer und Streikführcr war(stürmische Heiterkeit) vierzigJahre durch die Wüste gezogen sind, bevor sie inS gelobte Landkamen, so hat auch die Arbeiterbewegung ihr Kanaan. Aber siewird das heilige Land erobern, wo die Menschheit auferstehen wirdzur Teilnahme an dem heiligen Erbteil der Kultur!(StürmischerBeifall.) Unser heiliges, großes Endziel lebe hoch!(Stürmische Hochrufe!)Gcnoste Bernstein, der als Uebersetzer nicht einzutretenbrauchte, gab unter großem Beifall den Versaminelten warm»herzig gezeichnete Lebensbilder der drei Redner,dann schloß Bömelburg mit begeisterten Worten die Versammlungmit einem Hoch auf die internationale, völkerbcfreiende Sozial-demokratie.Aus der vierten Tribünepräsidierte Bebel. Er leitete die Versammlung mit einigen Wortenein: Es ist diesmal zum erstenmal, daß wir in Deutschland eineninternationalen Kongreß haben. Aber das ist nicht uufm Schuld,sondern die der traurigen Verhältnisse im deutschen Reiche. Ihrin Württemberg seid besser daran. Hier hat es das Volk verstanden,sich ein demokratisches Vereins- und Versammlungsrecht zu er-halten. Wir haben nur den lebhaften Wunsch, daß es uns iinHerbst gelingt, mindestens ein ebenso gutes für ganz Deutschlandzu erringen.Hitguitt-Amerikaüberbringt die Grüße der sozialistischen Partei derPereinigten Staaten. Eine halbe Million sozialistischerProletarier jenseits des Ozeans ist den deutschen Genossen dankbar,nicht nur weil sie ihnen die theoretischen Waffen geliefert haben,sondern auch weil deutsche Arbeiter die Pioniere der sozialistischenBewegung in Amerila waren. Lange Zeit waren sie allerdingsauch die einzigen Träger des Sozialismus. Die amerikanischenArbeiter schienen dem Sozialismus ganz unzugänglich, ihre Wirt-schaftliche Lage war verhältnismäßig gut, ihr Denkvermögen der-hältnismäßig schlecht, so tonnten sie sich für den Sozialismus nichterwärmen. Aber seither ist der stille friedliche Agrarstaat zurbrausenden Fabrikstätte geworden. Wir haben nun den Gipfel derZivilisation erklommen: Wir haben Trusts, die das Weltall um-spannen, wir haben Milliardäre— aber wir haben auch Elend undHunger und Verbrechen. Wir haben eine Republik mit fast unbe«schränktcr politischer Freiheit, aber unsere Republik ist doch keineDemokratie, sondern eine Kapitalhcgemonie. wir haben keine Volks-regicrung, sondern eine Herrschaft des Geldbeutels. Unser Bour-gcois herrscht absoluter als der Zar von Rußland oder der Sultander Türkei. Aber der P r o z e ß in Idaho hat nun durchgesetzt,was wir nicht vermochten: der amerikanische Arbeiter hat zu denkenbegonnen, der amerikanische Arbeiter befindet sich auf dem Weg zumSozialismus. Der Riese streckt seine mächtigen Glieder und baldwird er über den Ozean hinüber seinen Donnertritt vernehmenlassen.(Lebhafter Beifall.)Frau Noland-Holst(Holland):Immer wieder müssen wir Holländer darauf hinweisen, wievielwir der deutschen Sozialdemokratie verdanken. Der Sozialismusist überall, wo der Kapitalismus ist, sein Schatten, er erobert immermehr die ganze Welt, aber in so kleinen Staaten irne Holland ist,würde daS Proletariat unendlich langsam den Weg gefunden haben,wenn wir nicht das große Beispiel und die moralische und materielleUnterstützung unserer Brüder gehabt hätten. Mehrmals bildetesich bei uns eine Arbeiterbewegung, aber jedesmal kam sie wiederauf Abwege. Da haben wir uns wieder gestärkt an Eurer Taktik,an Euren Siegen. Mit allen sozialdemokratischen Parteien fiihlenwir uns solidarisch, am brüderlichsten verknüpft fühlen wir uns abermit Euch; wie viel wir von allen Parteien gelernt haben, von Euchhaben wir ani meisten gelernt; durch Eure Kämpfe wuren wir ammeisten gestärkt. Und wie es in der Vergangenheit war. so wirdes gewiß auch in Zukunft sein. Wenn allerdings Deutschland immermehr seine führende Stellung verliert, so ist das nicht darum. Werles zurückgeht, sondern weil die anderen ebenfalls zu Großmächtenheranwachsen. Wir, der kleine Nachbar, der jüngere Bruder, werdenuns durch Eure Taten gestärkt, durch Eure Siege und— was dieGegner Niederlagen nennen— erhoben fühlen.(Lebhafter Beifall.)Adler-Wien:Wenn wir Oesterretcher zu Euch kommen, fühlen wir unsimmer so zu Hause— wie zu Hause. Es geht uns Sozialdemokratenzwar überall so. Zum Glück ist heute die ganze Welt ein sozia-listisches Kampffeld und überall finden wir Kampfgenossen. Aberdrüben im Kongretzsaal ist mir doch ganz merkwürdig zumute ge-worden. Napoleon l. hat sich einmal in Erfurt ein Theater ein-gerichtet mit einem ganzen Parterre von Königen. Gebändigte,unterdrückte Königlein, die vor dem mächtigen Eroberer auf demBauche lagen. Wir zeigen der Welt ein viel größeres Schauspiel,ein Schauspiel, wie es die Welt noch nicht gesehen: ein Parterrevon Kämpfern, von denen jeder ein Leben voll Aufopferung, vollBegeisterung, voll Hingebung darstellt— in 30 Ländern, in fünfWeltteilen kämpfen für ein gemeinsames Ziel, für eine Sache(Beifall.) In jenem Saal ist eingetroffen das wichtigste Stück derGeschichte unseres Jahrhunderts— nicht nur der Vergangenheit,sondern erst recht das Stück Geschichte, die wir erst zu erleben an-fangen, die verwirklichen wird, waS die kühnsten Denker gedacht,was die größten Herzen empfanden und erstrebt, wofür die edelstenMärtyrer ihr edelstes Blut vergossen haben.(Lebhafter Beifall.)Oesterreich ist ein armeS Land und wenn Ihr von Oesterreich redet,psleget Ihr die Achseln zu zucken: ach, das wilde Land!(Heiter-keit.) Ihr wöget recht haben hier im Herzen des deutschen Volkes,wo die größten Dichter und Denker gewirkt, aber ich kann Euch be-richten, so schlimm, wie eS einmal war, ist eS heute nicht mehr.WaS durch Jahrhunderte von einem verrotteten Regime an denVölkern Oesterreichs verbrochen wurde, von einem beutegierigenAdel und dann vom modernen Geldsack, das ist zum Teil durch dasmoderne Proletariat gutgemacht worden; ein Proletariat, das einenschweren Kampf führt, aber ihn als einen Kampf um sein Lebenführen muh! Wir haben zugleich mit Euch Württcmbergern dasWahlrecht errungen; allerdings war es ein bißchen schwerer beiunS. Wie groß der Widerstand bei Euch gewesen sein mag, von derGewalt der alten reaktionären Mächte in Oesterreich habt Ihr dochkeinen Begriff. Endlich nach langem Kampf kam für uns derAugenblick, Ivo die Vernunft siegen mutzte. Man hat uns dasWahlrecht nicht bloß deshalb gegeben, weil wir so stark waren, son-dern der Staat war am Verrecken(Heiterkeit), er wäre an der Bc-schränktheit seiner Beherrscher zugrunde gegangen. U e b e r a I l,wo Wahnsinn herrscht, da st eilt die Sozialdemo-kratie all et n die Logik, die Vernunft, die Not-wendigkeit dar. Und so ist es gekommen, daß wir Bekeh-rungcn erlebt haben der merkwürdigsten Art. Die Worte, wegenderen wir jahrelang verfolgt, auf Monate und Jahre in Kerker ge-warfen worden waren, haben wir uns nun auf einmal von denHerren Ministcrn als neueste Weisheit sagen lassen dürfen(Bei-fäll) und schließlich hat auch der alte Kaiser— spät, aber doch—eingesehen, daß die Demokraten, auf die er sonst nicht zu hören ge-wohnt war, denn doch recht haben(Heiterkeit)— und zusammenhaben wir die Sache fertig gebracht.(Lebhafte Heiterkeit.) Dannmußten wir allerdings noch ein volles Jahr Gewehr bei Fuß stehen,in jedem Moment bereit, loszuschlagen. Das Wahlrecht in Oester-reich wurde nicht im Parlamente erkämpft, sondern auf allenStraßen aller Städte Oesterreichs.(Lebhafter Beifall.) Wir dankender deutschen Sozialdemokratie die Erziehung, den Rat bei denersten Schritten, wir haben von ihr auch gelernt, besonnen zu seinund klar über das Ziel weiter zu marschieren und niemals einenSchritt zurückzuweichen. Der Sieg bei den letzten Wahlen ist dieFrucht von iahrelanger prinzipieller Erziehung der Massen. Vor-mals hieß es bei unS: keine Ruhe in Oesterreich, bis das allge-meine Wahlrecht errungen ist! Nun haben wir das Wahlrecht—und nun erst recht keine Ruhe!(Stürmischer Beifall.)Zum Schluß forderte Bebel zur eifrigen Organisationsarbeitauf und schloß mit einem Hoch auf die Sozialdemokratie, in das dieVersammlung begeistert einstimmte.Auf der 5. Tribüneführte Stuttgarts Vertreter im Reichstage Hilbenbrand den Vorsitz.Er gab das Wort zunächst dem BelgierAnseele»der in seiner häufig vom Beifall unterbrochenen Rede ausführte,daß er zwar der N a t i o n nach Belgier sei, daß er sich aber überallheimisch fühle beim arbeitenden Volke. Stärker als Rasse undBaterland sei die Gemeinsamkeit der proletarischen Interessen unddicker als Blut das Band der sozialistischen Ueberzeugung. Darumbabe baß Proletariat aller Länder dem Völkerhaß und der Rassen-Verhetzung den Krieg erklärt und werde der ganzen Welt denFrieden bringen. Der TschecheRemeesprach deutsch. Er schilderte den Kampf der Oesterreicher allerNationen um das allgemeine Wahlrecht. Die österreichische Ar-bciterschaft habe den Regierungen gezeigt, daß sie auf der Straßeebenso ihre Pflicht tun wie im Parlamente. So habe sich das Pro-lctariat die Minister so erzogen, daß sie eS doch noch lieber im Par-lament als auf den Straßen sähen.(Heiterkeit und Beifall.) ImKampf um das allgemeine Wahlrecht habe die österreichische Sozial-demokratie aller Zungen und Nationen sich die Kraft errungen, dieeS jetzt im Wahlkampfe bewiesen habe. Auch der greise, weiß-haarige Führer der dänischen BruderparteiKnudsensprach deutsch. Er zeigte, wieweit die Arbeiter aller Länder, inS-besondere in den Kleinstaaten des skandinavischen Nordens, vonDeutschland gelernt hätten und wieviel sie den Praktikern und denTheoretikern der deutschen proletarischen Bewegung seit Marx ber-danken. Er halte eS für seine erste Pflicht, der deutschen Sozial-demokratie den Dank der Internationale auszusprechen und gedenkein erster Linie ihrer Verdienste, wenn er mit einem Hoch auf dieInternationale schließe.— Die deutschen Genossen stimmten be-geistert in das Hoch ein und dankten dem Redner durch eine warm-herzige Kundgebung für sein freundliches Lob.Als Vertreter der russischen Sozialdemokratie gab GenosseWoinoffder Versammlung die Versicherung, daß der russische Kaiseradlernicht ewig vom Herzen des russischen Volkes fressen werde. Dernächste revolutionäre Generalstreik in Rußland werde den Zaris-muS zerschmettern.(Jubelnder Beifall.) Nachdem Genosse Dr.Frank d'e Rede verdeutscht hatte, schloß Hildenbrand mit einer an-feuernden Ansprache die Serie der Redner auf dieser Tribüne ab.Auf dersechsten Tribünepräsidierte Genosse Legten. Sie war außer von deutschen Ge-nassen auch von Italienern und Polen dicht umdrängt,sollten doch hier Ferri und Daszynski sprechen. Stürmische Rufe„E v v i v a Ferrit" erschollen, als nach den Begrüßungswortendes VorsitzendenEnrico Ferridas Wort ergriff. Ich komme, sagte der Füher der italienischenSozialdemokratie, aus dem Lande der Sonne, in dem es doch soviel Elend und Unterdrückung gibt. Aber die Landarbeiter unddie Proletarier der Fabrik sind erwacht, und so jung die sozialistischeArbeiterbewegung in Italien auch ist, sie hat ihre internationalenPflichten stets treu erfüllt und den Premierminister-General, derstets die Arbeiterbewegung durch Standrecht und Ausnahmegesetzeniederzuwingen suchte, hat sie mit der parlamentarischen Obstruktionund der leidenschaftlichen Aufwallung des Volkes überwunden.(Bravo!) Im Lande Garibaldis läßt sich die Freiheit nicht unter-drücken.(Stürmischer Beifall.) Und als der Zar-Mörder,der sein Volk hinschlachten und foltern läßt, den Boden Italiensbetreten wollte, hat sie ihm ein donnerndes Veto entgegen-gerufen. Der Zar durfte seinen Fuß nicht mehr auf den Bodeneines freien Landes setzen.(Stürmischer Beifall.)Dann wendet sich Enrico Ferri in italienischerSprache an seine anwesenden Landsleute, und ermahnte sie,sich in treuer Solidarität den Gewerkschaften Deutschlands anzn-schließen. Heute, wo in Italien 300 000 Arbeiter gewerkschaftlichund 40 000 politisch organisiert seien, dürfe kein italienischer Ar-beitcr mehr Streikbrecher sein.(Laute Bravol und Hochrufe aufFerri.) Der Redner schließt deutsch mit dem Ausrufe:„Hoch dieinternationale Sozialdemokratie!"(Die Tausende stimmen bc-geistert ein.)Nachdem Südekum FerriS beredte Worte verdeutscht hat,ergreiftDaSzYnSkifür die Polen daS Wort: In einem fernen Lande lebt ein un-glückliches Volk. Von ihm bringe ich Euch den Brudergruß, dennes will Schulter an Schulter und Arm in Arm mit Euch kämpfen.(Bravol) Mit pochendem Herzen und großer Erwartung bin ichhierher gekommen, denn auf der Tagesordnung steht die Fragedes Militarismus. Wir leiden unter dem Joche des Militarismus.Bei uns in R u s s i s ch» P o l« n hat der Zar seine Soldaten, diein Ostasien ihre Fahne mit Schmach bedeckt hatten, zu Brandstiftungund Mord gegen die wehrlosen Proletarier angestiftet.(StürmischeZurufe.) Begreifen Sie, Parteigenossen, mit welcher Wut. mitwelchem Haß wir diesen Militarismus verfolgen. Aber auch inDeutschland ist dieses Laster tief cingcfresscn. Auch für Sie gilt es,das Volk zu befreien, indem man das Volk bewaffnet.(StürmischerBeifall.) Diesem Militarismus keinen Mann und keinen Groschen.tAnhaltender Beifall.) Und deswegen will man uns mit demWorte von den vaterlandslosen Gesellen beschimpfen und be-schmutzen. Was ist das Vaterland? Das sind die wunderschönengrünen Fluren, die Paläste, die Fabriken, die Schienenstränge, dieganze Zivilisation. Und wer hat das alles geschaffen, wessen Armund Nerven haben sich angespannt, das alles zu bebauen und zuschmücken? Das waren wir, das war das arbeitende Volk, dasist das Proletariat. Und wenn wir das Vaterland mit demSchweiße unserer Hände und Stirnen erbaut haben, wem gehörtdann das Vaterland? Uns. uns allein, nicht den Parasiten undnicht den betreßten Taugenichtsen, nicht den Intriganten und Diplo-maten. Dem obdachlosen Bolle das Vaterland als Stätte mensch-licher Würde und Lust zu erobern, das ist das Ziel deS So,-.mus.(Stürmischer, oft wiederholter, langanhaltender Bei;.Dritter Redner war der altbewährte Führer der russisch..SozialdemokratiePlcchanow.Er schilderte den schweren, opfervollen Kampf der russischen Revo-lutionäre mit einem Staate, der sich mit allen Mitteln modernerKultur und Unkultur verteidige. Gleichwohl habe das russischeProletariat mit dem Generalstreik dem Zaren die Verfassung ent-rissen, die er zwar gebrochen habe, die ihn aber doch binde. Dierussische Revolution habe nicht so rasch gesiegt, wie manckzer gläubigeOptimist wohl gehofft habe. Aber je länger die Revolution daure,desto tiefer greife sie. Nicht die Errichtung der sozialistischenRepublik sei ihr Ziel, wie manche beredte sozialistischen Schrift»steller und Schriftstellerinnen wohl behauptet haben, sondern dieSchaffung der bürgerlichen Freiheiten die die Grundbedingungseien für den friedlichen Fortgang der proletarischen Emanzipations-bewcgung. Diese aber werde die Revolution erreichen, und ihrSieg werde ein Sieg des internationalen Proletariats sein.(Stürmischer Beifall, in den sich brausende Hochrufe aufdie russischen Freiheitskämpfer mischen.)Als letzter Redner sprachMarccll Cachin- Paris.Er begann mit einer Entschuldigung für den er-krankten Jules Guesde, für den er eingesprungen sei.Er zahle mit seiner Gesundheit, seinem Leben seines Lebens Arbeit.die stets nur dem Volke gewidmet war.(Bravol) Die Bourgeoisiehabe zwischen Frankreich und Deutschland das ungeheure Miß-Verständnis geschaffen und unterhalten. Aber weder unsere Väternoch Ihre Väter, ruft Cachin unter stürmischem Beifall auS, sindschuld an jenem unglücklichen Kriege. Die Arbeiter werden sichnie verwirren lassen durch die chauvinistischen Treibereien. Sierufen in proletarischer Solidarität: Krieg dem völkermordendcnKriege!(Jubelnde Zustimmung.)Hierauf schloß»Legtenmit dem Ausdrucke lebhafter Freude über diesen machtvollen Be-weis proletarischer Einigkeit und internationaler Solidarität dieVersammlung. Unter stürmischen Hochrufen auf die Internationaledes Proletariats gingen die versammelten Zehntausende ausein-ander.Auf dem ganzen Festplatz war kein Schutzmann zusehen; nur die Ordner der Partei walteten ruhig und höflichihres Amtes. Auch in den Straßen hielten sich die Polizisten strengzurück und machten höchstens einmal den Weg frei für die ge-schlossenen Züge der Parteigenossen aus der Umgegend, die vielfachmit klingendem Spiel abzogen. Die Massen aber zogen in derselbenRuhe und Ordnung ab, wie sie gekommen waren, froh bewegt vondem Stolze über die Kraft der proletarischen Aktion und der Freudeüber die trefflich verlaufene Demonstration für Völkerfrieden undVolksbefreiung.Lenei'Zlvei'lamwIungvon Ccltow-ßmliow.Am Sonntag tagte die Generalversammlung des Zcntralwahl»Vereins für Teltow-Beeskow-Storkow-Charlottenburg im Nestau-rant„Jägerhaus" in Grünau.Nach Eröffnung der Versammlung begrüßte S t e i n i ck-Grünau die Delegierten. Er bemerkte, obgleich Grünau zu dengrößeren Orten des Kreises gehöre, sei es bisher noch nicht möglichgewesen, die Generalversammlung hier abzuhalten, weil den Ge»nassen kein geeignetes Lokal zur Verfügung stand. Erst seit An-fang dieses Jahres sei der Saal, in dem heut die Gcneralversamm-lung tagt, für unsere Genossen zu haben. Zum ersten Mal findedie Kreis-Generalversammlung in Grünau statt. Hoffentlich werdees in Zukunft öfter der Fall sein.Wollermann gab einen kurzenBericht des Vorstandesfür die Zeit seit der letzten, im Juli abgehaltenen Generalver-sammlung. Anfang Juli nahm der Verein eine Erhebung überden Mitgliederstand auf. Es wurde eine Mitgliederzahl von20 425 festgestellt. Das ist eine Vermehrung um 2048 seit demSchluß des Geschäftsjahres. An der Zunahme ist Rixdorf amstärksten beteiligt, nämlich mit 4027. Schöneberg hat um 463,Steglitz 402, Wilmersdorf 462 Mitglieder zugenommen. Mit klei-neren Zahlen sind verschiedene Orte an der Mitgliederzunahme be-tciligt. In einigen Orten ist eine geringe Abnahme des Mit-gliederstandcs zu verzeichnen, was auf den Bauarbeiterstreik zurück-zuführen ist, der eine Anzahl Genossen zur Abreise veranlaßte.—Die vorige Generalversammlung hat dem Vorstande einen Antragüberwiesen, welcher dafür eintrat, daß die Delegierten des Kreiseszum Parteitag usw. nicht von der Generalversammlung, sondernvon den Genossen der einzelnen Orte gewählt werden sollen. DerVorstand hat diesen Antrag abgelehnt, weil dessen Annahme zullnzuträglichkeiten führen würde.Nachdem auch Eberhardt einige geschäftliche Mitteilungengemacht hatte, gab Heinrichs einen kurzen Bericht der Preß»kommission, dessen Einzelheiten durch die in anderen Versamm-lungen erstatteten Berichte bereits bekannt sind.Heber dieProvinz! alkonfercnzsprach Fischer. Seine Ausftihrungen gaben keinen Anlaß zurDiskussion; es lagen auch keine Anträge zu diesem Punkt vor.—Als Delegierte zur Provinzialkonferenz �nrden Groger,Steter und Heller gewählt.Ueber denParteitag in Essenrcferierte Z u b e il. Der Parteitag werde unter dem Eindruck desinternationalen Kongresses stehen. Es erübrige sich, heute ein-gehend über die Frage der Maiseier zu sprechen, da der intcrnatio-nale Kongreß dazu Stellung nehme. Hoffentlich werde durch dieBeschlüsse des Kongresses und des Parteitages kein Rückschritt,sondern eher noch ein Fortschritt in der Maifeierfrage zustandekommen. Wenn auch die Tagesordnung des Parteitages nichts ent-halte, was Anlaß zu Streitigkeiten geben könnte, so biete sie dochein großes Interesse für die ganze Partei. An den parlamenta-rischcn Bericht werde sich voraussichtlich eine rege Debatte knüpfen.Anlaß zur Kritik gebe die bekannte Aeußerung des GenassenN o s k c im Reichstage, daß auch die Sozialdemokraten die Flinteauf den Buckel nehmen und marschieren würden, wenn Deutsch-land angegriffen werde. Diese Aeußerung sei ja bei einem Teilder Parteigenossen auf berechtigten Widerspruch gestoßen, dennnicht in jedem Falle würden sich die Sozialdemokraten verpflichtetfühlen, die Flinte auf den Buckel zu nehmen. Es komme immerauf die Verhältnisse und Umstände an, die zum Kriege Anlaßgeben. Auch die Frage der grundsätzlichen Ablehnung des Budgetswerde zur Besprechung kommen und die Budgetbewilligung durchunsere württembergischen Landtagsabgeordneten werde zu leb-hasten Debatten führen. Bei der Erörterung über den Ausfall derReichstagswahl werde auch unser Wahlrechtskampf in Preußen zurSprache kommen müssen. Zu diesem Punkt seien Anträge gestellt,welche verlangen, daß wir bei Stichwahlen keine bürgerliche Parteimehr unterstützen. Derartige Anträge werde der Parteitag nichtannehmen können. Wenn die Abneigung gegen alle bürgerlichenParteien einschließlich der Freisinnigen auch durchaus berechtigtsei, so müsse man in der Politik doch mit den Verhältnissen rech-ncn. Gewiß sei es richtig, daß sich die Freisinnigen in manchenFragen von den Konservativen nicht unterscheiden, aber es gebeauch politische Fragen, wo die Freisinnigen mit Rücksicht auf ihreWähler so stimmen müssen, wie es auch in unserem Interesse liegt.Aus diesem Grunde müsse von Fall zu Fall entschieden werden, obwir in der Stichwahl für den Vertreter einer bürgerlichen Parteistimmen.— Die Einrichtung eines Nachrichtendienstes für unsere �