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Ijöt, für Deutschland unannehmbar sei, daß sie die deutsche Sozial. demokratie in die größten Schwierigkeiten und Gefahren stürzen würde. Ich glaube nicht, daß Bebel unsere Resolution so der- standen hat, wie sie gemeint ist. Wir sind nicht hierher gekommen, um irgend einer Fraktion des internationalen Sozialismus Steine in den Weg zu legen. Im Gegenteil, wir wollen uns gegenseitig fördern und auch der deutschen Sozialdemokratie ihre Aufgabe er- leichtern. Bebel hat vorgestern in seiner Begrüßungsrede die be- deutenden Fortschritte geschildert, die die deutsche Sozialdemokratie in den letzten drei Jahren gemacht hat. Wir nehmen mit um so größerer Genugtuung von den unaufhaltsamen Fortschritten der deutschen Sozialdemokratie Kenntnis, als sie gerade den Zielen folgt, denen durch die Resolution von Limoges der Weg gewiesen wird. Ich will keine Uebersicht über die Siege der Arbeiterklasse in den verschiedenen Ländern geben. Nur kurz will ich hervor- heben, daß unsere österreichischen Parteigenossen den Kampf für das allgemeine Wahlrecht mit wunderbarer Kraft durchführten und jeden Widerstand der Bourgeoisie mit der Drohung, daß unfehlbar der Generalstreik erklärt werden würde, gebrochen haben. Auch die Kraft der französischen Sozialdemo- kratie ist seit der Einigung gewaltig gestiegen. Jeder neue Tag beweist ihre wachsende Kraft und Energie. Ein noch viel größeres Faktum, das das Aufsehen der Welt auf sich gelenkt und die Taktik des Sozialismus beeinflußt hat, ist die vollständige Umwälzung der russischen Gesellschaft durch die Revolution. In dem großen russi- schen Kampfe haben Sozialisten die Fülkung gehabt. Wir haben da neue Kampfformen entstehen sehen uno wir sehen eine Kämpferin und Mitstreiterin um Rußlands Freiheit hier im Saale, deren Heldenmut wir huldigen, die Genossin Rosa Luxemburg. (Bravo !) Um Kraft zu gewinnen, müssen wir die Bewegungen des Prole- tariats vereinigen, sie einander anpassen. Denn das Wachstum des Sozialismus hat nicht nur die innere Verfassung der einzelnen Länder, sondern auch die auswärtige Politik beeinflußt. Sogar bei internationalen Konflikten ist die Bourgeoisie schon vor dem Proletariat zurückgewichen. Ich erinere nur an die Marokkoaffäre, wo der einige Wille des Proletariats beider Länder, Frankreichs und Deutschlands , stark genug war, um den Frieden aufrecht zu erhalten. Es entsteht nun die Frage, wie wir die jetzigen gewaltigen nationalen Kräfte der Sozialdemokratie zusammenfassen und zur Verhinderung der Kriegsgefahr benutzen können, aus welchem Wege wir das Intrigenspiel der Diplomatie und die Komplotte der Herrschenden unmöglich machen können. Gewiß, Bebel hat nicht sagen wollen, daß Deutschland allein !>cn Kampf gegen den Militarismus und die drohende Kriges- gefahr aufnehmen solle. Die deutsche Partei, in der idealistische und realistische Elemente so harmonisch vereinigt sind, müßte ihre ganze Vergangenheit verleugnen, wenn sie nicht mit uns gemein- sam den Kampf aufnehmen würde, um alle Hindernisse aus dem Wege zu räumen suchen. Wie es den einzelnen Nationen am besten möglich ist, gegen den Krieg vorzugehen, muß ihnen über- lassen bleiben. Das eine aber muß gesagt werden, wir können uns nicht mit Agitation und Organisation allein begnügen. In dem ökonomischen. Kampfe begegnet uns überall die militärische Macht des Gegners. Es besteht die Gefahr, daß die Bourgeoisie einen Weltkrieg nur entfesselt, um die proletarische Bewegung zu schädigen. Gegen diese Gefahr ist die persönliche Revolte Herdes ein Unsinn. Sie würde zu nichts anderem führen als zu den heroischen Opfern der tüchtigsten Kämpfer. Wir müssen d-n Staat entwaffnen, das Heer demokratisieren und die aus- wältige Politik kontrollieren. Die Nationen sind nicht nur nützlich, sondern fogar notwendige Elemente der menschlichen Entwickelung. Bei leichteren Konflikten genügen Versammlungen und Reso- lutionen, um die Kriegsgefahr zu bannen. Bei drohenden Kon- flikten zwischen Großmächten müssen stärkere Mittel angewandt werden, und eine Reihe dieser Mittel wollen wir nun hier in einer Resolution zusammenstellen, über deren Wortlaut wir uns ver­ständigen können und verständigen müssen. Dann soll man in allen Ländern mit Entschiedenheit und Begeisterung das Klassen- bewußtsein der Arbeiterkreise pflegen und, wo es nicht vorhanden ist, zu wecken suchen.(Lebhafter Beifall.) Jaures �läre bereit, zunächst einem Gegner der Resolution Vaillant das Wort abzutreten. Es meldet sich jedoch niemand, und so fährt er fort: Die Resolution Vaillant deckt sich mit der Resolution, die auf dem letzten französischen Parteitage mit Mehrheit gefaßt worden ist. Wenn wir sie hier hintereinander durch zwei Redner verteidigen lassen, so einmal, weil wir dem Gegenstand der Tages- o'dnung eine gewaltige Bedeutung beimessen, und sodann, weil man es auf dem Amsterdamer Kongreß mir übertragen hat. meine Gedanken über die anzuwendenden Mittel niederzulegen. Ich war stets und bin heute noch bewußter Anhänger einer Politik der Aktion durch die politische Partei. Wenn ich Herve bekämpfe, so geschieht es nicht, weil ich überhaupt keine Aktion will, sondern weil ich die Mittel, deren sich Herbe bedient, für falsch halte. Ihr habt uns in Amsterdam geeinigt und habt gesagt, die Einigkeit sei die Voraussetzung für eine mächtige Entwickelung des fran- zösischen Sozialismus. Nun seid nicht mißgünstig, wenn in dieser Frage der Atkion wir Franzosen das Primat der Lehre für uns in Anspruch nehmen.(Herve: Ich auch für mich!) Wenn Herve übrigens gestern die deutsche Partei in stachligen Reddnsarten zu kritisieren- gesucht hat, so hat er nur gezeigt, daß er ein echter Jnter- nationaler ist. Denn sonst hat er jahraus, jahrein diese Angriffe gegen die französische Partei gerichtet.(Heiterkeit.) Wenn ich jedes Mal, als Herve mich angriff, einen Schmiß bekommen hätte, ich sähe aus wie ein deutscher Korps. srudent.(Große Heiterkeit.) So weit auseinander Bebel und Herve auch gehen, in einem stimmen sie überein: Bebel schätzt Herve fast so hoch ein. wie Herve sich selbst.(Heiterkeit.) Das ist eine Ueberschätzung. Der Herveismus, der noch vor 14 Monaten auf dem Parteitag in Limoges eine Anhängerschaft hatte, ist im Rückgang, im Aussterben begriffen. Das Baterland will Hervä zerstören. Wir wollen das Vaterland«im Nutzen der Proletarier sozialisieren durch Ueberführung der Produktionsmittel in das Eigentum aller.(Beifall.) Denn die Nation ist das Schatz- Haus des menschlichen Genies und Fortschritts und es stände dem Proletariat schlecht an, diese kostbaren Gefäße menschlicher Kultur zu zertrümmern.(Sehr gut!) Unsere Resolution hat mit dem Hervöismus nichts zu tun. Sie ist nicht zufällig als Hirngespinst einiger Träumer entstanden, sondern mit Notwendigkeit heraus- gewachsen aus den großen Krisen nach Faschoda und der Marokkogefahr, die wir durchgemacht haben. Da mußte sich das Proletariat fragen: Sollen wir diese Verbrechen gegen die Humanität, die zugunsten einiger Kapitalisten gemacht werden sollen, dulden? Sollen wir sie nicht bekämpfen durch die große Allianz der gewaltigen organisierten Arbeiter- Massen? Ist da? ein Traum, ist das eine Utopie? Einst mochten nationale Vorurteile den Krieg unvermeidlich machen, als Italien sich von Oesterreichs Fremherrschaft befreite und Deutschland sich nur durch Blut und Eisen einigen konnte. Aber jetzt sind diese nationalen Vorwände verschwunden und so kam es, daß in der Maroktokrise der erste Gedanke der französischen und deutschen Proletarier war, sich zu einigen. Schon nach Faschoda waren eng- tische Trade-Unions zu einer machtvollen Friedensdemonstration nach Paris gekommen, aber erst, nachdem die Kriegsgefahr längst überwunden war. Und sie sagten uns, daß die Gefahr des prole- tarischen Brudermordes sie überrascht hätte. Sollen wir uns auch in Zukunft überraschen lassen? O nein, es gilt vorbeugen, die proletarischen Kräfte zu einer unüberwindlichen Armee zusammen- fassen. Man sagt, der Kampf gegen den Krieg sei umsonst, denn der Kapttallsmus erzeuge den Krieg mit Notwendigkeit. Aber genau so hat der Kapitalismus die immanente Tendenz, die Aus- beutung ins Ungemessene zu steigern und die Arbeitszeit ins Un- gemessene zu verlängern. Und doch kämpfen wir für den Acht- stundentag und mit Erfolg.(Sehr gut!) Man wendet weiter ein, wir sollten lieber unerbittlich den Kampf gegen den Kapitalismus führen, den Erzeuger des Krieges. Verantwortlicher Redakteur: Hans Weber, Berlin . Für d Wir lassen nicht nach im Kampfe gegen das Kapital. Aber wenn wir den Klerikalismus bekämpfen, der die Hirne der Arbeiter dem ausbeutenden Kapitalismus ausliefert, so müssen wir auch den Militarismus, den Krieg bekämpfen, der die Leiber des Proletariats in Chauvinismus, Haß und Zorn einander entgegenwirft.(Lebhafter Beifall.) Es wäre traurig, wenn wir nicht mehr sagen könnten als Bebel, daß wir kein be- stimmtes Mittel wissen, um die Völkerverhetzung und den Völkermord zu verhindern, traurig, wenn die gewaltig gestiegene Macht der deutschen Arbeiterklasse, des inter - nationalen Proletariats nicht weiter reichte! In keiner Frage be- gnügen wir uns mehr mit der parlamentarischen Aktion. Das Proletariat will selber als Spieler auf die Bühne treten, selbst Spieler des eigenen Glückes sein. Auch zur Verhütung und Un- möglichmachung des Krieges muß das Proletariat alle Kräfte freimachen, die eS in seinen gewaltigen Massen hat.(Bravo !) Bebel hat für den Fall des Wahlrechtsraubes den Massenstreik an- gekündigt und der Parteitag von Jena war fo revolutionär ent- schlössen, daß Bebel sich schon bis zu den Knien im Blute waten sah. K a u t s k h hat die direkte Aktion in derNeuen Zeil" für den Fall proklamiert, daß die deutschen Truppen in Rußland zugunsten des Zaren intervenieren sollen. Bebel hat diesen �Satz von der Tribüne des Reichstages aus wiederholt. Wenn Sie das sagen können, so sagen Sie es doch bei allen internationalen Konflikten.(Sehr gut!) Gewiß, das militä- rische Eingreifen Deutschlands zugunsten des Zaren gegen die russische Sozialdemokratie wäre die äußerste, denkbar schärfste Form des Klajfenrampfes. Aber wenn eine Regierung nicht direkt gegen die Sozialdemokratie zu Felde zieht, sondern erschreckt durch das Wachstum des Sozialismus eine Diversion nach außen versucht, wenn auf diese Weise ein Krieg zwischen Frankreich und Deutschland entsteht, dürfte es dann erlaubt sein, daß das fran- zösische und das deutsche Proletariat sich im Auftrage und zum Nutzen der Kapitalisten morden, ohne daß die Sozialdemokratie eine äußerste Kraftanstrengung versucht hätte?(Sehr gut!) Wenn wir dies nicht versuchten, wären wir entehrt.(Stürmischer Bei- fall.) Bebel hat uns die Gefahren der antimilitaristischen Ägita- tion in Deutschland geschildert. Wir wollen gewiß nicht riskieren, den stärksten Zwelg des internationalen Sozialismus zu zerstören, aber ich glaube, daß Sie übertreiben. Ihr habt ja die Probe ge- macht unter dem Sozialistengesetz, als die Hand eines Mannes auf Euch ruhte, die zehnmal fester war als die irgend eines preußischen Ministers. Man kann den Einzelnen die Strenge des Gesetzes fühlen lassen, aber man kann nicht die Kraft von 3 Millionen brechen. Liebknecht wirft man in der Anklage, die jetzt v-r dem Reichsgericht gegen ihn schwebt, nicht vor, daß er das Proletariat zur Bewaffnung aufgerufen habe für irgendeine unbestimmte und ungenannte Kriegsgefahr, sondern die Anklage erklärt bei der angeblichen Schwäche der fran- zösischen Staatsverfassung einen Krieg zwischen Deutschland und Frankreich für durchaus wahrscheinlich und klagt ihn des Hoch- Verrates für den Fall dieses Krieges an. Also müßt Ihr auch diese Möglichkeit ebenso in den Bereich Eurer Betrachtung ziehen wie eine Invasion Deutschlands in Rußland und dafür Eure Vor- bereitungen treffen. Die bürgerlichen Blätter besprechen jetzt alle die Eröffnungssitzung dieses unseres Kongresses. DerMatin" bringt in einer sensationellen Nummer die Bilder von uns allen und alle mit der Umschrift:Nationale Sozialdemokraten", nur mich und meine französischen Freunde mit der Umschrift:Anti- nationale Sozialdemokraten!"(Große Heiterkeit.) Und an dem gleichen Tage bringt ein Leipziger Kapitalistenblatt die Mitteilung, daß unter den nationalistischen Resolutionen die Resolution Bebel die einzige antinationalistische hier sei.(Große Heiterkeit.) Nun, so halten es im tiefsten Frieden die Boulevard-Blätter. Wenn aber ein Konflikt zwischen Deutschland und Frankreich ausbräche, wie würde dann die chauvinistische Brutalität ziellos gegen jeden von uns entfesselt werden, auch gegen die klügsten und vorsichtigsten.(Bei- fall.) Deshalb sollten wir offen genug sein zu sagen, daß wir zwar die Unverletzlichkeit eines jeden Landes anerkennen, und es nicht der Ausbeutung und Unterdrückung von Fremden preisgeben werden, daß wir aber keineswegs zugeben werden, das internationale Prole- tariat hinschlachten zu lassen. Im deutschen Parteiprogramm steht seit 33 Jahren von der Entscheidung internationaler Konflikte durch Schiedsgerichte und jetzt hat die bürgerliche Klasse angesichts der steigenden Macht der Sozialdemokratie diese Forderung des internationalen Sozialismus zu ihrer Forderung gemacht. Deshalb verspotte ich die Friedenskonferenz nicht, be- sonders nachdem sie im Huller Zwischenfall und bei dem Marokko -Konflikt doch eine Art Verständigung herbeigeführt hat. Wir können jede Regierung in die größte Verlegenheit bringen, wenn wir sie im Falle eines internationalen Konfliktes auffordern, sich einem Schiedsgericht zu unterwerfen, und sie als größte Feindin des Weltfriedens brandmarken, wenn sie sich dessen weigert.(Sehr gut.) Parteigenossen! Die ganze bürgerliche Welt blickt auf diese Beratung, sie ist überrascht durch die Kraft des internationalen Sozialismus und sein Wachstum, das sich in diesem Kongreß kundgegeben hat. Die bürgerliche Klasse lst über- rascht, zu sehen, welch unermeßliche und unerschöpfliche proletarische Kräfte durch 883 Delegierte hier vertreten sind. Die bürgerliche Welt erzittert, und in diesem Augenblick wollen Sie selbst sich un- fähig bekennen, wollen Sie selbst den Bankrott der Sozialdcmo- kratie erklären?(Stürmischer, lang anhaltender, oft wiederholter Beifall!) v. Bollmar: Bürger Herve hat als Ergebnis seiner ersten Entdeckungsreise nach Deutschland mitgeteilt, daß die Deutschen gutmütige Leute sind. Da hat er vollkommen recht gesehen, denn es wird nicht in vielen Ländern Parteigenossen geben, die sich solche Reden mit solcher Geduld und Gutmütigkeit anhören würden(Sehr gut!), zum mindesten würde es kaum ein anderes Land geben, das dem Bürger Herve nicht eine schärfere Antwort geben würde, als ich sie jetzt geben werde. Bürger Herve hat Ausführungen gemacht über die Bereitschaft ins Gefängnis zu gehen, eine Frage, die nicht nur jeder Sozialist, sondern jedermann von Geschmack ohne Großsprecherei behandeln sollte. (Sehr gut!) Er hat Ausführungen über das Wesen der deutschen Sozialdemokratie gemacht, die verschiedene deutsche Genossen durch- aus über den Spaß gefunden haben. Und manche haben gemeint, daß ich ihm die entsprechende Antwort hier geben sollte. Ich kann mich aber damit begnügen, einfach zu sagen, daß unsere Selbst- schätzung es uns verbietet, dergleichen Ausführungen ernst zu nch- mcn und darüber noch ein Wort zu verlieren.(Sehr gut! bei der deutschen Delegation.) Wir sind weit davon entfernt, den Bürger Herve als Repräsentant der französischen Sozialdemokratie anzu- sehen oder unS in die französischen Partciverhältnisse einmischen zu wollen, aber ich muß doch die ftanzösischen Parteigenossen auf sie Gefahr aufmerksam machen, in die sie sich durch ihre außer- ordentliche Nachgiebigkeit gegenüber dem Bürger Herve begeben, um so mehr, als Jaures und Vaillant, wenn auch nicht in der Sprache, die Herve selbst als äußerst brutal bezeichnet hat, so doch in Beschlüssen vielfach mit ihm übereingestimmt haben und Herve durchaus recht hat, triumphierend darauf hinzuweisen, daß er ein Bundesgenosse von Vaillant und Jaures ist. Ich sage das gerade deshalb, weil Jaures uns ermahnt hat, die Person des Bürgers terve nicht allzu ernst zu nehmen. Ach wenn nur Frankreich seine deen nicht allzu ernst nähme und nicht nur zur Hälfte zurück- wiese, während es seine Schlußfolgerungen annimmt. Ich kann nur sagen, wir haben jetzt in Herve den Antimilitarwme redoutable kennen gelernt und begreifen jetzt sehr vieles und wundern uns über gar nichts mehr, was in der französischen Partei vorgeht.(Sehr gut bei der deutschen Delegation!) Ich will dem hohen Flug Jaures nicht folgen, vielleicht kann ich es überhaupt nicht(Heiterkeit!), ober ich will es jedenfalls erst gar nicht versuchen. Denn was man uns hier gesagt hat, das sind Alltäglichkeiten, mit denen man vielleicht in einer schwungvollen Rede Eindruck machen kann, die uns aber doch gar nichts neues sagen. Jchjfmrn überhaupt nicht �Inseratenteil verantw.: Th. Glocke.Berlim Druck�mVerlag: Vorwärt einsehen, daß alle die Rezepte, die man uns hier empfohlen hak. über das hinausgehen, was vor Jahren und Jahrzehnten Aieuwenhuis auf internationalen Kongressen vorgetragen hat und was damals von der überwiegenden Mehrheit verworfen worden ist. Deshalb werde ich mich darauf beschränken, in aller Ruhe und Ueberlegung die Erklärungen abzugeben, die unsere Meinung dar- stellen von dem, was im Augenblick notwendig ist, wie die Deutschen denken und wie sie handeln werden. Ich bin kein kritik- loser Lobredner meiner Partei, aber ich kann sagen, daß in keiner Partei die nationale Befangenheit eine geringere Rolle gespielt hat als in der deutschen Sozialdemokratie und daß nirgendwo der Militarismus und die Kriege von Anfang an entschiedener und folgerichtiger bekämpft worden sind als von der deutschen Sozial- demokratie. Wir sind bereit, in der alten Weise unermüdlich und unablässig unseren Kampf gegen den Militarismus und die Kriegsgefahr fortzusetzen, aber wir werden uns den Sinn dieses Kampfes nicht entstellen lassen. Es ist nicht wahr, daß der Inter - Nationalismus AntiNationalismus ist, es ist nicht wahr, daß wir kein Vaterland haben. Und ich sage das WortVaterland", ohne irgendeine haarspalterische Deklaration über den Begriff hinzuzu- fügen. Die Liebe zur Menschheit kann uns in keinem Augenblick daran hindern, gute Deutsche zu sein. So sehr wir die gemein- samen Kulturinteressen anerkennen und die Verhetzung der Völker verdammen und bekämpfen, so wenig geben wir uns utopistischen Bestrebungen hin. Als ob es wünschenswert sei, Nationen aufhören zu lassen und einen unterschiedslosen Völkerbrei daraus zu machen! (Jaures : Wer will denn das?) Genosse Jaures , wir sind hier nicht allein im Saal, und so lange Herve noch in Ihrer Partei sitzt, sind Sie für ihn verantwortlich und können diese Verant- Wartung nicht mit einem einfachen Achselzucken ablehnen. Aber wir »vollen Ihnen nicht ein Zerrbild des Internationalismus liefern, wir wollen nicht den herrschenden Klassen als Deckmantel für ihre egoistischen Interessen das nationale Argument selbst an die Hand geben. Liebknecht hat einmal gesagt, daß die deutsche Sozialdemo- kratie mit ihrem Wachstum den Krieg bekämpfe durch die Ge- winnung des Parlaments und der öffentlichen Meinung, daß sie aber den Krieg nicht verhindern werde und wolle durch kindische Revolutionsspielereien in der Kaserne. Auf diesen Standpunkt hat sich die erdrückende Mehrheit der deutschen Partei stets gestellt. Zu kindischen Verschwörungen in der Kaserne gehören aber auch die Mittel, die die französische Rc- solution Vaillant in ihrem letzten Absatz angibt. Vaillant soll auf dem französischen Parteitag in Nancy gesagt haben, er werde in Stuttgart nichts ohne und nichts gegen die Deutschen tun. Wenn er das vielleicht will, so soll er zuerst die französische Resolution fallen lassen, denn sie ist für uns, rund heraus erklärt, einfach und für allemal in allen Teilen unannehmbar. Wenn Sie aber eine Machtprobe aus ihrer Annahme machen, so werden Sie damit eine Schädigung der deutschen Partei herbeiführen. So gern wir mit den französischen Parteigenossen und besonders mit Ihnen zusammengehen, in diesem Punkte ist uns Deutschen ein Abgehen von unserem Standpunkte nicht möglich. Wir begreifen ja sehr gut. daß die Agitation gegen den Militarismus durch die Auf- klärung der Massen langsam, zu langsam geht, und daß man dann auf Mittel sinnt, die eine schnellere und wirksamere BekämpfunK des Militarismus möglich erscheinen lassen. Aber bei allen diesen Untersuchungen ist nichts Brauchbares herausgekommen, ist nichts herausgekommen, als alte Rezepte, die Deutschland und die Jnter» nationale schon wiederholt zurückgewiesen haben. Jaures hat ge- meint, daß wir die Gefahren der anttmilitaristischen Agitation in Deutschland übertrieben. Ich glaube, das ist ein billiger Ein- wand. In diesem Falle muß Jaures uns deutschen Partei- genossen schon in erster Linie überlassen, über die Gefahren, die wir seit drei Jahren auf das sorgfältigste geprüft haben. ein Urteil abzugeben. Jaures berief sich auf Kautsky . Ich kenne die fragliche Aeutzerung nicht, aber gerade Jaures wird doch den Unterschied zwischen einer Aeußerung KautSkys und einer binden- den Verpflichtung der deutschen Sozialdemokratie nicht verkennen. Was Liebknecht anbetrifft, so scheidet alles, was er gesagt und getan hat in bezug auf den Antimilitarismus, in dem Augenblick aus der Diskussion aus, in dem das Reichsgericht das Haupt- verfahren gegen ihn eröffnet hat. Ich kann aber sagen, daß wir die antimilitaristischen Mittel deS Militärstreiks und der Jnsur- rektion nicht nur für unklug, sondern für prinzipiell verkehrt halten. (Widerspruch bei einem Teil der französischen Delegierten, inS- besondere bei Herve.) Sie verkennen den ganzen Zusammenhang der sozialistischen Bewegung, weil Sie anstatt die soziale Frage in ihrem Kern zu erfassen, sich lediglich an die einzelnen Erscheinungen halten. Die Idee, durch den Generalstreik den Krieg aus der Welt zu schaffen, erscheint mir so töricht, wie durch einen General- streik über Nacht den Kapitalismus zu vernichten! Ich glaube. daß es ein Schritt vom rechten Wege wäre, wenn Sie diese Taktik einschlügen. Mir würde eS am besten erscheinen, wenn wir in der Frage des Militarismus einfach die Züricher Resolution erneuerten. Aber nachdem wir einmal in die Beratung eingetreten sind, ver- stehe ich es ja, daß Sie eine neue Resolution gefaßt sehen wollen. Wenn sie auch nicht mehr sagt, so ist cS doch wenig- stens etwas Neues.(Heiterkeit und lebhafter Widerspruch bei einem Teil der französischen Delegation.) Ich kann Sie ver- sichern, daß wir den ganzen Gang eines Krieges kennen und genau so wie jede andere Fraktion des Sozialismus bereit sind, alle Mittel anzuwenden, die uns zur Verfügung stehen, um der Völker» Verhetzung Einhalt zu tun und Einfluß auf Regierung und öffent- liche Meinung zu gewinnen zur Vermeidung kriegerischer Zu- sammenstöße. Aber in bezug auf die Mittel bitten wir dringend, uns die Freiheit der Entschließung nicht zu nehmen.(Bravo bei der' deutschen Delegation.) Berichtigend stellt. Vaillant fest, daß in der deutschen Uebersetzung seiner Reso- lution ein Irrtum vorgekommen sei, insofern er nicht die allgemeine Dienstpflicht, sondern die allgemeine Völker- bewaffnung fordert, um dadurch die Bourgeoisie zu entwaffnen und das Proletariat zu bewaffnen. Nach dieser Berichtigung wird die Weiterberatung auf moraen vormittag 13 Uhr vertagt. Hud InduCtrie und Handel. Die Entwickelung der Elektrotechnik in Italien hat in den letzten zehn Jahren einen außerordentlichen Aufi'cbivung genommen. An Elektromotoren sind im Jahre 1933 etwa IL 333 bis 13 333 mit einer Gesamtleistung von 123 333 bis 133 333 Pferdestärken anssckließlich der Bahnmotoren aufgestellt gewesen, während 18S8 die Gesamt­leistung aller Motoren einschließlich derjenigen für Bahnzwecke 23 733 Pferdestärken bettagen hat. Glühlampen waren>933 rund 2 Millionen Stück installiert und ungefähr 3 Millionen Stück sind verkauft worden, während 1898 653 333 Glühlampen mit zusammen 13 Millionen Hefnerkerzen Lichtstärke installiert waren und 1 Million verkaust worden sind. Außerdem waren damals noch 3,9 Millionen Hefnerkerzen Bogenlampen aufgestellt. 1898 wurden insgesamt 26,8 Millionen KWSt(Kilowattstunden) Belenchtungsstrom verbraucht, 1936 jedoch 83 Millionen LWVt. Letzteres entspricht einem Anschlußwcrt. von 153 333 KW(Kilowatt). In Deutschland waren am 1. April IgHS nahezu 533333 KW an Beleuchtung und 383 333 Pferdestärken,. att Kraft angeschlossen. In Norditalien entstehen sehr viele Kraft« Übertragungen aus große Entsernungen, was vor allen Dingen den Bau von Wechselstroindynaniomafchinen, großen Schalt- und Trans- formationßanlagen begünsttgt, die infolgedessen auf eine hohe Stufe der Vervollkommnung gelangt sind. 1935 wurden trotzdem für über 7 Millionen Mark Maschinen, Transformatoren und Apparate, die Hälfte aller vorhandenen, eingeführt, und zwar namentlich aus Deutschland . Schweiz und Oesterreich-Ungarn. Durch die vor- handenen Wasserkräfte begünstigt werden auch sehr viele Wasser- kraftanlagen, und zwar von großer Leistung, in Italien errichtet, weshatb der Bau von Wasserturbinen sehr fortgeschritten ist._ Buchdruckcrei u. Verlagsanstglt Paul Singer Lc Co., Berlin LW.