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SWmt muß eS einmal offen eingestehen: Wir fcBcn über «ftfeie Bcrhültuisse, wir geben ständig mehr ans. alz   wir, haben, und ein Teil der Einnahmen, die wir haben, sind nur Schein- einnahmen; sie verursachen Reich und Einzelstaaten weit mehr Ausgaben, als sie bringein Die Lebensmittelzölle nötigen Reich und Einzelstaaten. Iveit höhere Gehälter und Löhne zu zahlen, als das bei Freihandel nötig wäre; sie erhöhen enorm die Verpflegungskosteil in Heer und Marine, sie verteuern auch alle Fabrikate die Schienen, Schwellen. Waggons, Gebäude, die Telegraphen- und Telephondrähte, denn schließlich setzt sich der Preis aller Waren zum bei weitem größten Teil aus Arbeitslohn zusammen; mit Aus- nähme einiger Monopolartikel oder solcher, die künstlich durch Zölle verteuert sind, ist der Anteil der Grundrente daran nur gering. Die Aufbesserung der Beamtengehälter ist notwendig ge- worden durch die höheren Zölle des neuen Tarifs, und welch ungeheuere Schar von Beamten erfordert unser kompliziertes Zollsystem l" Auch die Ausgabe für Heer und Flotte beurteilt Herr Gothein noch ganz richtig: Die Hauptausgaben des Deutschen Reiches sind die für Heer und Flotte und für die Pensionen der aus beiden in den Ruhe- stand Versetzten. Nach dem Etat für 1907 machen die ordentlichen Ausgaben für das Heer 638,23 Millionen Mark, die einmaligen 109,9 Millionen Mark und die für Pensionen 93 Millionen Mark, zusammen 841,13 Millionen Mark aus. die für Flotte 120,86 b e z w. 112 b e z w. 7,3 Millionen Mark, zusammen 240. IJ) Millionen Mark, für beide zusammen demnach lv81,28 Millionen Marl   aus. Die gesamte Einnahme aus Zöllen. Steuern und Gebühren ist mit 1187,59 Millionen Mark ver- anschlagt, und da die Verzinsung der Reichs schuld 135,8 Millionen Mark erfordert, so kann durch diese Einnahmen nicht einmal das Verteidigungsbedürfnis und der Schuldendienst gedeckt werden. Will man also ernstlich sparen, so muß das bei den Ausgaben für die Landesverteidigung geschehen; denn Post. Reichsbahnen, Reichsdruckerei sind Ueberfchnß- Verwaltungen, und eine Herabsetzung der Beamtengehälter ist un- möglich; da» größte Reichsamt mit allen seinen RessortS, das des Innern, erfordert aber nur 80,6 Millionen Mark, spielt also gegen- über Heer und Flotte keine große Rolle. Soweit, so richtig. Aber nun geht eZ loSiIst nun an der Landesverteidigung zu sparen?" fragt Herr Gothein und antwortet zunächst ganz im Stile eines Keim- gesättigten FlottenvereinlerS: An de» Ausgaben für die Flotte sicher nicht; im Gegenteil, man muß annehmen, daß sie weiter wachsen werden, auch über dir im Flottengese» veranschlagten S u m m e n noch hinaus. Ein Kreuzer oder Panzer, der darin belvilligt ist, kostet nicht nur infolge der starken Steigerung der Materialpreise und Löhne-erheblich mehr als veranschlagt, sondern er wird auch durch die fortschreitende Entwickelung der Technik. die größere Schiffe und stärkere Maschinen verlangt, teurer. Soll aber unsere Marine einen Zloeck haben, so darf sie wenigstens qualitativ nicht hinter der anderer Seemächte zurückbleiben. Und da ist der von England geschaffene Dreadnoughttyp für den Bau von Panzern vorbildlich geworden. Aber auch aus allgemein politische» Gründen können wir unsere Seestreitkräfte nicht ein- schränken." Man sieht, mit welchem Erfolge Herr Spahn bereits in wenigen Tagen Schule gemacht hat I Herr Keim vom Flottenverein   kann sich jetzt mit Recht nicht bloß mehr über Herrn Spahn als Flotten- treib er lustig machen, sondern über seine freisinnigen Antipoden genau so. Auch sonst hat Herr Keim an Herrn Gothein einen ganz gelehrigen Schüler gefunden, nicht nur in der Flottentreiberei, sondern auch in der Kolonialfexcrei und Englandhetze; bei den nahe» ideellen und materiellen Beziehungen zwischen dem börsen- mäßigen Kolonialmacher Dernburg   und der Freisinnigen Ver- einigung ist das erstere kein Wunder» daS letztere aber ist um so ver­wunderlicher. Freilich den tollsten Wahnsinn deS Flottenvereins macht Herr Gothein nicht mit; er verlangt nicht, daß wir eine Flotte schaffen, die der englischen gleich stark ist, er verlangt mir ein deutsches Bündnis mit einer anderen Flottenmacht gegen England, ein ZioeiflottenbündniS, bei dem dann freilich von deutscher Seite bei den Ausgaben für die Flotte»nicht gespart" werden dürfe. Und dann kommt Herr Gothein mit seinem Haupttreffer: Könne man also an den FlottenauSgaben nicht sparen, so desto eher an den Ausgaben für daS stehende Heer durch einen Abrüstungsvertrag zwischen dem Dreibund(Deutschland  , Oesterreich, Italien  ) und dem Zweiiiind(Frankreich  , Rußland  ). Das ist die geniale Idee des Herrn Gothein, die sogar die »Franks. Ztg."voller Beachtung" undernstester Erwägung" lvert findet. Nur schade, daß dies ganze Kartenhaus, auf das Herr Gothein fast zwei volle Spalten verschwendet, durch die einzige Er- wägung zusammenstürzen muß, daß es heute zwischen europäischen   Staaten keinen Seekrieg ohneLand  - krieg und keinen Landkrieg ohne Seekrieg gibt. Wer aber das eine bekämpft, darf das andere nicht stärken. Diese Logik ist unerschütterlich, und der freisinnige Vorschlag bleibt eine tltopie, die Herrn v. Bülow nur die Möglichkeit gibt, neue Schiffe zu fordern Wenn das der Zweck der Uebung des Herrn Gothein war, würden wir sie begreifen, sonst aber nicht. Man sieht aber in diesem Exempel erneut, wie die Blockfreudigkeit des Freisinns jeden Sinn, jede Logik, jeden politischen Ernst bei ihm zerfressen hat: auf der einen Seite ein Wettrennen um beschleunigten Ausbau der Flotte, auf der andern Seile ein AbrüstungSvorfchlagl Kann es eigentlich eine noch größere politische Wirrnis geben? von der Zcntrurns-lhecrichau in Wraburg. Die öffentliche Sitzung am Nachmittage des Dienstags bat den versammelten Zentrnmsleuten eine bange Sorge vom Herzen genommen. Der Kaiser hat das Antworttelegramm, das er auf das übliche Ergebenheitstelegramm von Hannover  sandte, eigenhändig unterzeichnet. Trotz der Vorgänge vom Dezember 1906. trotz des Umstandcs, daß das Zentrum freilich wider Willen Oppositionspartei geworden ist. Er hat eigenhändig seinen Dank ausgesprochen und nicht Lucanus schreiben lassen. Es ist also noch Hoffnung auf Erneuerung der Negierungsgnade.... Eröffnet wurde die Sitzung mit einem Vortrage des Pfarrers Barthes-Bielefeld über die kirchliche Not- l a g e d e r K a t h o l i k e n i m I n l a n d e. An den hohen Zahlen der der Fürsorgeerziehung überwiesenen verwahrlosten Kinder zeigte er die Erscheinungen auf, die seiner Ansicht nach von zunehmender Unsittlichkeit in den großen Städten zeugen. Helfen soll dagegen mehr kirchliche Ein- virkung. In den großen Städten müßten die Laien die Geistlichkeit bei dieser Arbeit unterstützen die Form dieser Mithülse, für die man von der evangelischen inneren Mission und der H e i l s a rm e e lernen könne, müsse im Einverständnis mit den Bischöfen festgestellt werden. Die Rede schloß mit einer eindringlichen Forderung nach Unterstützung des Bonifaeinsvereins, der die Mittel für diese Arbeit liefert. Nach»dem Pfarrer erschien der Straßburger Universitäts  - Professor Dr. Martin Spahn, der Sohn des bekanittcn Zentrumsparlamentariers, ans der Rednertribüne. Der Herr Professor, dessen Ernennung vor einigen Jahren von wegen der bedrohtenVoraussetzungSlosigkeit der Wissenschaft" einigen akademischen Staub aufwirbelte, sprach über K a t h o l i z i s- mus und Hochschule. Da dies Referat ein wenn auch sehr vorsichtiger Aufruf ist zur Christianisierung der Uni- versitäten, so geben wir die wichtigsten Stellen hier wieder und widmen ihm eine eingehendere Betrachtung an anderer Stelle. Herr Professor Spahn führte auS: ES ist nicht unwahrscheinlich. daß die nächsten Katholiken- tage der Bildnngs- und Schnlfrage gewidmet sein werden. Wenn nicht alles trügt, werden die Grundlinien unseres ganzen Bildnngswesens demnächst der breitesten Erörterung unterworfen werden. Es ivird sich darum handeln, ob den deutschen   Schulen der Einfluß abgeschnitten werden soll oder nicht, den bisher die christlichen Kirchen auf sie ausgeübt haben. Ilmgekehrt aber wird auch gefragt werden muffe», ob die deutschen  Schulen ausgereicht haben, um zu einer innerlich gefestigten Charakter­bildung zu verhelfen. Soweit es sich um den Esufluß der christlichen Kirche auf die Schule handelt, wird sich der Kampf voraussichtlich um die Volksschule drehen. DaS andere Problem berührt unsere U n i v e r s i l ä t e n. Die Universitäten sind der Brennpunkt der Weltanschauungsbildung der Nation. Die gesamte Literatur, die gesamte öffentliche Meinung, soweit sie auf die Weltanschauung Einfluß erhalten will, wird von den Universitäten beeinflußt. Von dieser Tatsache aus haben wir als Katholiken und Denlsche unser Verhalten zu den Universitäten zu regulieren und von diesem Stand- punkte aus haben wir an dem gegenwärtige» Zustande der Univer- sttäten viel zu beklagen. Der mit der Zeit mehr und mehr gewachsene Einfluß der Universitäten ist gegen»wer Bekenntnis, gegen unsere soziale Stellung, gegen unsere wissenschaftliche Ueberzeugung gekehrt worden.(Sehr wahr!> Deshalb inüffe» wir dafür sorgen, daß unsere berechtigten Beschwerde» abgestellt werden.(Lebhafter Beifall.) Aber die Institution als solche müssen wir, wie die Lage jetzt ist, hochherzig und weitsichtig unterstützen. Achten Sie einmal auf die psychologischen Vorgänge rings um sich herum I Es braucht nicht jeder Mensch Weltanschauungsbildung zu Kaben, aber er muß sich seiner religiösen und sittlichen Verpflichtungen bewußt werden, die ihm aus seiner Stellung inmitten der Weil erlvachsen. Seit 20 oder 30 Jahren aber sind weite Kreise unseres Volkes, vor allen Dingen die heranwachsende Jugend oberflächlich und gleich- gültig gegenüber unserer nationalen und christlichen Zukunft ge- worden und dadurch gefährdet. Jetzt macht sich die Reaktion be- merkbar. Jeder Buchhändler, jeder Gewerkschaftsführer, jeder Lehrer. kurz jeder, der im öffentlichen Leben steht, kann das bezeugen. Der gegenwärtige Moment ist deshalb von höchster Bedeutung. Un- ermeßlicher Schaden entsteht, wenn der neuerwachte Heißhunger vor- nehmlich auS unreinen Quellen von halbgebildeten, seniations- lüsternen Schriftstellern befriedigt wird.(Sehr wahr!) Deshalb begrüßen wir freudig, daß auch die Universitäten diesem Umschwung ihre Aufmerksamkeit zuwenden, und an seiner Verteilung und Mehrung tätig sind.(Beifall.) Die Universitäten allein sind unter den gegenwärtigen Zuständen geeignet, hier zu helfen und die Führung zu übernehmen.... Schon das Wort von den vier Fakultäten erweckt eine Vorstellung von dem Zusammenwirken aller Wissen- schaften. Diese Vorstellung ist nur schwach im Vergleich zur Wirk- lichkeit. Solange dieses Zusammenarbeiten, diese LebenSeinheit der Universitäten nicht zerstört ist, solange werden sie trotz un- gläubiger Professoren auch für unsere Weltanschauung immer neue Streiter schaffen.(Lebhafter Beifall.) Solange dies der Fall ist, werden sie auch ihre Geltung behalten, beim Streit gegen alle Halb- bildung, gegen alles Halbwissen und für die Wahrheit. Es liegt uns ganz fern, den Somldanteil zu leugnen, den die Universitäten daran tragen, daß unsere Nation in ihrer Weltanschauung un- sicher und gleichgültig wurde. Das Spezialistentum, die Beschäfti- gung mit bloßen Teilgebieten der Wissenschaft unter Preisgeben der Ueberschau über das Ganze, dieses Spezialistentum hat an den deutschen   Hochschulen überhand genommen. Der Geist des Spezia- listentums wirkt oberflächlich und beschränkt Der Geist des Spezialistentums ist jeder nach Erfassung des Ganzen strebenden Weltanschauung hinderlich, er widerstrebt dem gläubigen Christen- tum. Um dieser so feindlichen Gesinnung willen wurde er von vielen Professoren aus dem Studierzimmer hinaus in die Hörsäle getragen und von dort in die volkslümliche wissenschaftliche Litera- tur verpflanzt. Plötzlich indessen bäumte sich das Gewissen und die Ehre der deutschen   Univerütäten auf. Das geschah, als sse das Volk, für dessen Bildung die Universitäten sich verantwortlich fühlten, einer Philosophie, die derjenige» Haeckels, die an den ernst» lichen Problemen vorbeigeht, willige Aufnahme bereiten sahen. (Stürmischer Beifall.) Und wir dürfen schon jetzt die Hoffnung hegen, daß durch diese energische Abwehr dem Bordringen des MoniSmus nicht nur Halt geboten, sondern daß er auch zurück» gedrängt worden ist.(Erneuter Beifall.) Die Universitäten sind immer die edelste und geistigste Blüte an dem Baum des mittel- alterlichcn Strebens nach Erfassung und Zusammenfassung des Weltganzen gewesen. Wir Deutschen   haben dereinst mehr Herz- blut sür diesen mittelalterlichen UniversaliSmus hergegeben, als irgendein anderes Volk. Danir hat sich aber auch der Geist, der an den mittelalterlichen Univerfffäten herrschte, tiefer in unser natio- nales Leben eingesenkt, als irgendwo anders.(Stürmischer Bei» fall.) Bei uns allein hat sich auf die Dauer ein wahres Universi- tätslcbcn entwickelt, das noch heute reiche Früchte trägt. Täuschen wir uns darüber nicht. Für olle unsere Bildungsbestrebungcnffind wir in erster Reihe aus die Universitäten angewiesen.(Sehr wahr!) Wir müssen alles aufbieten, um den den Universitäten eingeborenen Geist des UniversaliSmus in ihnen und dadurch mittelbar auch den christliche» Geist in unserem Volte zn stärken. Wir müssen zu diesem Zwecke unsere eigenen wissenschaftlichen Kräfte, wo inimer nur möglich, fördern. IJSch erinnere da an die Göreesgesellschast, den Albert Marius-Verein und an sein junge? Schwesterlein, den Hilligardis-Verein. der die Unterstützung der katholischen Frauen betrifft. Wir müssen dafür sorgen, daß jede Aeußerung des UniversaliSmus an den Universitäten von uns ver- ständnisvoll und liebevoll festgehalten wird. Vor allem aber mutz hier die Presse mitwirken. Unsere Presse ist reich an politischen Leitartikeln und Erörterungen sozialer Angelegenheiten. Die Wcltanschauungsfragen haben aber noch nicht gebührende Beachtung gesunden, das mutz und wird anders werden.... Jetzt regt sich in unserem Volke nach all der furchtbaren Zerfahrenheit des poli- tischen Lebens und nach der Oede der Herrschast deS Materialismus das Sehnen nach einer einheitlichen befriedigenden Weltanschauung. Es gilt unsere Jugend, es gilt die Entscheidung, ob unsere Söhne, sowohl der Protestanten wie der Katholiken, im christlichen Geist erzogen werden sollen, aus dem heraus die Väter so Großes ge- schassen haben.(Lebhafter Beifall.) Und dann muß unsere katho- lische Studentenschaft hier mitwirken. Unsere katholischen Studenten drängt es nach Arbeit, sie wollen mit den sozialen Fragen und Aufgaben der Zeit in Berührung kommen, und daher muß sich auch ihre Weltanschauung vertiefen. Noch vermag aber der UniversaliSmus der Universitäten nicht das zu entzünden, was in den jungen Leuten wallt. Wir wollen hoffen, daß der Tag nicht mehr fern ist, wo der christlich-dcutsche Gedanke auch in unserer deutschen   Studentenschast erwacht. Mag der Tag auch nicht fern sein, wo der universale Geist an den Uni- versitäten nicht bloß dazu dient, Halbwissen und Halbbildung abzu- wehren, sondern wo er das Ringen der Nation zusammenfaßt und organisiert.(Beifall.) Ich sehe viele bunte Mützen hier im Saale. Kommilitonen I Söhne Eurer Väter! Macht Euch bereit, die Fahne des christlichen Gedankens zu erheben! Wir anderen werden für Euch die Luft freier und heller machen an den Uni- versitäten und Euch beweisen, daß wir eines Geistes mit Euch sind. Aus der Fülle unserer katholischen Geister und unserer katholischen Kraft wollen wir an allem geistigen Ringen der Nation mitwirken. Dieser Kampf wird von uns geführt werden und wentt die Zukunft uns noch so oft bitter enttäuschen sollte, wie uns in den letzten Monaten unsere Volksgenossen bitter enttäuscht haben, so wird unerschütterlich oer Glaube an das innere Gute des deut- scheu Volkes in uns leben, so werden wir, Klerus und Laien, geeint vorwärts gehen und Erfolg uns erringen dort, wo wir ihn noch immer fanden, im Licht und Sonnenglanz des christlichen katholischen Geistes.(Stürmischer langanhaltender Beifall.)_ Als dritter Redner sprach der Rektor Brück über: Katholizismus und Volksschule".Die Volks- schule muß konfessionell sein. Der Katholizismus fordert nicht bloß, daß der Religionsunterricht die erste Stelle einnehme, sondern daß er auch von anderen Unterrichtsfächern unterstützt werde. Er muß eine zentrale Stellung einnehmen.(Beifall.) Beim naturkundlichen Unterricht, beim geschichtlichen Unter- richt, überall ntuß auf den Schöpfer hingewiesen werden." Das war die Quintessenz seines Vortrages, der in einer Empfehlung des katholischen Lehrervereins ausklang. Die geschlossene Versammlung des Mittwochvormittags brachte den Geschäftsbericht des Volks Vereins für das katholische Deutschland  . Er zählt nach dem Bericht des Generalsekretärs Reichstagsabgeordneten Piper- M.-Gladbach zurzeit 565 700 M i t g l i e d e r. davon allein im Rheinland   200 000, in Westfalen   130 000. in Bayern  rund 35 000. Ein Netz von 80000 Vertrauensmännern ist über ganz Deutschland   verbreitet. Der Volksverein will,ohne sich in konfessionelle Streitfragen ein- zulassen, das katholische Volk religiös und Widerstands- fähig machen gegen Irrtümer und falsche Bestrebungen". Er hat sieben Millionen Flugblätter verteilt. Zahlreiche soziale Kurse und Konferenzen sind abgehalten worden, in denen aktuelle Themata aus den verschiedenen sozialen Gebieten behandelt ivorden sind. Für die katholischen Studenten sind soziale Studentenknrse abgehalten worden. Die sozialpolitische und apologetische Bibliothek in München-Gladbach zählt 14 000 Bände. Int Vorjahre sind 25 000 Volksversammlungen ab- gehalten worden. Junge Geistliche, die sich der Arbeit des Volksvereins widmen wollen, erhielten Stipendien zum Studium der Nationalökonomie. Der Verein hat 33 Volksbureaus und 44 Arbeitersekretariate gegründet. Generalsekretär Piper hob besonders hervor, daß der Volks- verein im vorigen Jahre 53 700 neue Mitglieder gewonnen habe, in Bayern   allein 10 000. Anläßlich der bayerischen Landtagswahlen seien 800000 Flugblätter verteilt worden. Der Redner führte dann weiter auS: Der Verein treibe praktische Realpolitik, wie sein Miibe- qründcr Windthorst auch oer erfolgreichste Sozialpolitiker gewesen seil Wir leben nicht in einem Zeitalter der ruhigen Beharrung, sondern einer gewaltigen wirtschaftlichen, religiösen und gcsellschaft- lichen Umwandlung. Gärung finden wir jetzt auf allen Gebieten. Neues, was sich nicht zurückhalten läßt, ringt in den Kopsen um Herrschaft. Die Zahl der Industriearbeiter nimmt außerordentlich zu, der Landwirtschaft fehlt es an Leuten. Uebcrall machen sich neue Erscheinungen im wirischaftlichen Leben bemerkbar. Schwere wirtschaftliche Jntercssenkämpsi zeigen sich stets in drohender Nähe. Um diese zu verstchen, müssen Mann und Hausfrau sozial geschult werden. Das wird vom VolkSverein sür das katholische Deutschland   unternommen. Er erweckt auch wieder die Liebe zur Religion, durch welche die sozialen Kämpfe leichter Scniacht werden. Wir müssen uns de nF orderungen der i e i t anpassen und die christliche Gesellschaftsordnung aus- bauen. Wir müssen den modernen sozialen Gedanken pflegen, sonst nützt uns die soziale Gesetzgebung nichts, sonst bleiben wir hüls- lose Kinder. Wir müssenneu sozial" sein, dann werden wir vorwärts kommen.(Lebhafter Beifall.) Man kann das Volk nicht sozial heben, wenn es nicht sozial geschult ist. Das sehen wir an Rußland  , wo trotz aller Reformen das Volk nicht geistig höher steigt. Bei uns geht es vorwärts, das sehen wir am besten aus dem Anwachsen der christlich-nationalen Arbeiter­bewegung. Es gilt das Volk für die modernen Verhältnisse zu erziehen.(Lebhafter Beifall.) Die weiteren Verhandlungen beschäftigten sich mit einet Reihe von Anträgen zu den verschiedensten Materien. Marokko. Ein Gerücht, das in Tanger   umgeht, meldet, daß det Sultan Abdul Aziz   in seinem Palaste er- mordet worden ist. Die Bestätigung fehlt. Das französische   Ministerium hat am Mittwoch eine Ge» samtsitzung abgehalten, über deren Beschlüsse Clemencan den Zeitungsberichterstattcrn die Auskunft verweigert hat. Indes hat er ihnen auf die Frage, ob dem General Drude Per- stärkungen gesandt werden sollen, geantwortet, daß man dem General mehr gegeben habe, als er verlangte; so habe er, der Ministerpräsident, während seines Aufenthaltes in Karlsbad  , ohne darum angegangen zu sein, aus eigener Initiative den: ttriegsminister geraten, eine Batterie nach Casablanca ab- gehen zu lassen. Aber, fügte Clcmenceau hinzu, der Genera! Drude wird alle Truppen erhalten, die er für die Ausführung seines Auftrages benötigen wird. Ferner teilte Clemenceau  mit, daß die Regierung dem General verschiedene Fragen gestellt habe.Wir erwarten jeden Moment seine Antwort". fügte er hinzu,und es ist möglich, daß wir sie noch im Lause des heutigen Tages erhalten." Neue Känipfe sind nicht gemeldet worden.; die wichtigsten Tagesmeldungen lauten: Paris  , 23. August. AuS Casablanca liegen mehrere Blättermcldungen vor.Matin" meldet: Die französische   Polizei ist jetzt vollständig organisiert; 12 Scharfschützen dienen als Polizisten, und 12 marolkanische Soldaten werden ihnen beigegeben werden. Figaro" meldet, daß eine strenge Untersuchung über die Ereignisse vom 30. Juli eingeleitet worden ist. Bis jetzt sind 53 Individuen wegen Mordes, Plünderung, Notzucht und Verbindung mit den aufrührerischen Stämmen verhaftet worden. Paris  , 28. August. Nach emer Meldung crnS Casablanca unternahm gestern nachmittag 2 Uhr eine französische Kolonne von 1599 Mann einen Kundschafterritt und stieß dabei auf eine ma- rolkanische Abteilung von gleicher Stärke. General Drude konnte seinen Plan, das Lager von Fabbart anzugreifen, bevor die Marok- kaner noch Verstärkungen erhalten haben, nicht ausführen und wird wahrscheinlich gezwungen sein, sein Ziel durch einen Nachtangriff zu erreichen. Paris  , 28. August. Admiral Philibert meldet, die politische Situation sei unverändert; die Eingeborenen fingen an zurückzukehren. In M a z a g a n sei die Ausrufung M u l a y Hafids zum Sultan beifällig aufgenommen worden. Emc Abteilung Kavallerie sei bis auf 8 Kilometer von Casablanca vorgerückt, ohne jedoch auf den Feind zu stoßen..... Paris  , 28. August. Die Agcnce HavaS erklärt, daß thc bis heute nachmittag 3 Uhr keine Bestätigung des von der Londoner  Tribüne" verbreiteten Gerüchts von'der Ermordung Abdul Azis vorlag._.._ Sidi BcllabeS, 28. August. Unter mehreren Stammen Nord- Marokkos  , besonders denen in der Umgebung von Udschda machen sich Zeichen großer Gereiztheit bemerkbar. Fanatiker durchziehen die Gegend, berichten die Ereignisse von Casablanca und predigen den heiligen Krieg. Bu Amema und der Noghi, welche mit Frankreich   gute Beziehungen zu unterhalten wünschen, haben er- klärt, daß sie ihr möglichstes tun werden, um Ausschreitungen gegen Europäer zu verhindern»