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zunächst die eingelaufenen Glückwunschtelegramme bekannt. Telegraphisch wünschen dem Kongreß die Bruderorganisationen von Böhmen , Ungarn , Norwegen , sowie die Mitgliedschaften von Crimmitschau , Köln und die Bäcker des Wuppertales die besten Erfolge. An der Debatte über die Punkte 1 und 2 beteiligen sich noch die Kollegen S j ö st e d t- Stockholm, G a ß n e r- München, I traf e k- Prag, L a n k e s° Frankfurt a. M. und Silber er- Wien . Sämtliche Redner sind mit der Resolution einverstanden. In der Abstimmung wurde dieselbe einstimmig angenommen. Sie lautet: Das Bäckergewerbe, mit Ausnahme einzelner Betriebe, gehört in allen Ländern zu dem rückständigsten Gewerbe. Der technische Fortschritt, vermag sich nur langsam Bahn zu brechen; die Einrichtung der Betriebe steht selbst mit den minimalsten sanitären Anforderungen in schroffstem Widerspruch. Die Lohn- und Arbeitsbedingungen der Arbeiter und Arbeiterinnen ent- sprechen der Rückständigkeit des Gewerbes in jeder Beziehung. Wahrhaft kulturwidrig ist die rücksichtslose Ausnutzung der Arbeitstraft in unbeschränkter Arbeitszeit, die sich in taufenden Fällen bis zu 16 und 18 Stunden täglich erstreckt. Besonders verschärft wird die Last unbeschränkter Ausbeutung durch die Nachtarbeit, die den Anreiz zur Verlängerung der Arbeitszeit bildet und in Verbindung mit der unhygienischen Beschaffenheit der Arbeitsräume die Gesundheit der Arbeiter schwer schädigt, ihre Lebensdauer verkürzt, die Moral und die geistige Aus- bildung beeinträchtigt und das Familienleben schädigt oder ganz unmöglich macht. Die Nachtarbeit ist um so verwerflicher, als sie keinem zwingenden Bedürfnis der Bevölkerung entspricht, sondern dem Konkurrenzkampf der Arbeitgeber entsprungen ist. Dazu kommt noch die ungeheuerliche Tatsache, daß mit Aus- nähme von nur einzelnen Staaten die Arbeitswoche sich auf sieben Tage oder Nächte erstreckt. Mit Rücksicht auf diese trau- rigen Tatsachen beschließt der Kongreß und macht es allen Landesorganisationcn zur Pflicht: Durch energische Agitation unter den Berufsangehörigen als den unmittelbar Beteiligten, sowie der Bevölkerung als Konsumenten und mit Unterstützung der organisierten Arbeiter- schaft von der Gesetzgebung der einzelnen Staaten zu fordern: 1. Vollständige Beseitigung des Kost- und Logiswesens beim Arbeitgeber und Festsetzung ausreichender Minimallohne. 2. Festsetzung der Arbeitswoche mit 6 Tagen für die ein- zelnen Arbeiter und Arbeiterinnen, wobei es den Landes- organisationen überlassen bleibt, entweder die volle Sonntags- ruhe oder den Ersatzruhetag zu fordern. Verzicht einzelner Arbeiter auf den Ruhetag ist unzulässig und wird dem Streik- bruch gleich erachtet. 8. Beschränkung der Arbeitszeit auf höchstens zehn Stunden täglich, inklusive einer Pause von mindestens einer Stunde, in allen Betrieben mit mehreren Schichten auf 8 Stunden täglich inklusive einer Pause von einer halben Stunde. In Betrieben der letzteren Art wöchentlicher Wechsel der Schichten. 4. Ausnahmslose Abschaffung der Nachtarbeit für Frauen und jugendliche Arbeitskräfte unter 18 fahren; für die er- wachsenen Arbeiter Verbot der regelmäßigen Nachtarbeit. Nachtarbeit ist entsprechend höher zu bezahlen als Tagarbeit. 6. Wegfall aller Klauseln, durch welche das Bäckergewerbe vom allgemeinen Arbeiterschutz ausgenommen wird. 6. Erlaß strenger Vorschriften über die technischen und sanitären Einrichtungen der Betriebe zum Schutze der Arbeiter und des konsumierenden Publikums. 7. Unterstellung der Bäckereien und Konditoreien unter die Fabrik- und Gewerbeinspcktion. Behufs wirksamer Kontrolle Beiziehung von Vertrauensmännern, die aus der Mitte der Organisation gewählt werden. Der Internationale Kongreß macht es den einzelnen Landesorganisationen zur Pflicht, durch energische Agitation die Arbeiter und Arbeiterinnen von der Notwendigkeit des geWerk- schaftlichen Zusammenschlusses zu überzeugen und sie zum Klassenkampf zu erziehen. Der wirtschaftliche Kampf muß darauf gerichtet sein, unbeschadet der gesetzlichen Regelung unserer Forderungen vor allem die Beseitigung des Kost- und LogiswcsenS beim Arbeitgeber durchzuführen. Dafür ist ein ausreichender Minimallohn festzusetzen. Die Verkürzung der Arbeitszeit sowie die Erkämpfung eines wöchentlichen Ruhe- tages sind unsere zunächstliegenden wichtigsten Forderungen." Bei dem Punkt Gegenseitigkeitsverträge fand nachstehende Resolution einstimmige Annahme: Der Internationale Bäckerkongreß betont im Hinblick auf die verschiedenartigen Unterstützungseinrichtungen der Verbände die Notwendigkeit einer Vereinheitlichung dieser Zweige. Er ersucht die Vertreter der Landesorganisationen, dahin zu wirken, daß da, wo Unterstützungseinrichtungen noch gänzlich fehlen, solche geschaffen werden, vor allen Dingen aber Reise- Unterstützung eingeführt wird. Der Kongreß beschließt, die bestehenden Gegenseitigkeits- Verträge sollen auf der Grundlage der Gleichberechtigung aller Mitglieder sobald wie möglich auf alle dem Internationalen Sekretariate angeschlossenen Verbände ausgedehnt werden, und als Minimum der Gegenseitigkeit den unentgeltlichen Uebertritt von einem Verband zum andern unter Anrechnung der früheren Mitgliedschaft und Gewährung von mindestens Reiseunter- stützung und Rechtsschutz enthalten." Ueber Unterstützung bei Streiks und Aussperrungen einigten sich die Delegierten nach vorausgegangenem Referat A l l m a n n s auf nachstehende Grundsätze: Zur erfolgreichen Durchführung der wirtschaftlichen Kämpfe empfiehlt der Kongreß alle den. Internationalen Sekretariat angeschlossenen Verbände, die Beitragsleistung der Mitglieder so zu gestalten, daß sie jederzeit in der Lage sind, ihre Lohnkämpfe aus eigenen Mitteln führen zu können. Nur bei außergewöhnlichen, das Maß der Leistungsfähigkeit übersteigenden Streits und Aussperrungen von mindestens 3 Wochen Dauer» die eventuell zur Zerstörung oder Lahmlegung dep Organisation führen würden, kann das Internationale Sekretariat um die Hülfe sämtlicher Verbände angegangen werden. Im Falle von ausgedehnten Aussperrungen kann die Hülfe schon in einem früheren Stadium beansprucht werden. Bei Streiks und Lohnbewegungen ist dem Sekretariat stets sofort Mitteilung zu machen, damit Benachrichtigung der übrigen Verbände zur Fernhaltung des Zuzugs von Streik- blechern erfolgen kann. Die Verbände haben die Pflicht, dem ' Sekretariat jährlich mindestens einmal einen genauen Situations- bericht einzusenden, sowie alle Anfragen prompt zu be- antworten." Auf Vorschlag von dem Vertreter Schwedens wird bezüglich der Unfallversicherung beschlossen: Der Internationale Kongreß fordert die Landesorgani» sationen auf, mit allen Mitteln dahin zu wirken, daß alle Be- triebe unseres Berufes den staatlichen Unfallversicherungs- gesehen unterstellt werden. Wo dies nicht gelingen sollte, oder wo keine staatlichen Unfallversicherungen existieren, ist beim Abschluß von Tarifverträgen mit den Arbeitgebern auf die Schaffung der freien Unfallversicherung hinzuwirken, um allen Arbeitern und allen Arbeiterinnen die Vorteile dieser Ver« sicherung zu teil werden zu lassen." Beschlossen wird ferner bei Punkt S die Errichtung eines Internationale» Sekretariats für Bäcker, Konditoren und ver- wandte Berufsgenossen mit dem Sitz Hamburg . Anschluß an dasselbe können nur solche Organisationen finden, die auf dem Boden desKlassenkampfes st ehe n. Zum Sekretär wird einstimmig A l l m a n n- Hamburg gewählt. Der Beitrag pro Mitglied und Jahr wird auf 2 Pf. festgesetzt. Aufgabe des Sekretariats ist, alljährlich einen Bericht über die Entwickelung der einzelnen Landesorganisationen herauszugeben, schwache Or- ganisationcn niit Rat und Tat zu unterstützen und zu diesem Zwecke Informationsreisen zu unternehmen. Der gegenseitige Austausch der Fachblätter wird allen Organisationen zur Pflicht gemacht. Ein ausführliches Protokoll mit den Situations- berichten der einzelnen Organisationen in Broschürenform her- auszugeben, wird ebenfalls gutgeheißen. Der nächste Kongreß findet 1916 in Kopenhagen statt. Einer von Silberer- Wien eingereichten Resolution stimmten die Anwesenden zu; sie lautet: Der Kongreß entbietet den italienischen Kollegen zu ihrem großen und gerechten Kampfe für vollständige Abschaffung der Nachtarbeit seine brüderlichen Wünsche für vollen und dauernden Erfolg." Der Kongreß ist damit am Schlüsse seiner Tagung angelangt. Allmann gibt einen Rückblick auf die gefaßten Beschlüsse und erwartet bestimmt, daß von den Vertretern der ausländischen Bruderorganisationcn alles daran gesetzt wird, um die Beschlüsse in ihrem Heimatlande zu verwirklichen. Rüsten wir zu den kommenden Kämpfen und setzen wir alles daran, um die Organi- sationen zu einem machtvollen Bollwerk gegen Entrechtung und Knechtung auszubauen. Dann müssen alle scharfmacherischen Be- strebungen der Ausbeuter an dem neugcgründeten Bund der Bäcker- und Konditorgehülfen aller Länder abprallen. Mit einem begeistert aufgenonnnenen Hoch auf die inter - nationale Arbeiterbewegung wurde der Kongreß geschlossen. Bus der Partei. Znm Parteitag in Essen . Die Generalversammlung des Wahlkreisvereins In st erBurg« G u in b i n n e n nahm am. August Stellung zum Parteitag. Es wurde unter anderem beschlossen, folgende Anträge dem Partei- tag zu unterbreiten: Der Parteitag wolle beschließen: auf die Tagesordnung des nächsten Parteitages ist die Landarbeiterfrage zu setzen. Der zu bestellende Referent soll bei der Beschaffung des Materials für dieses Thema in erster Linie die östlichen Provinzen berück- sichtigen." In Anbetracht, daß der übermäßige Alkoholgenuß der Aufklärungsarbeit der Partei unter der proletarischen Be- völkerung großen Widerstand entgegensetzt, Körper und Geist ruiniert, die zum Klassenkampf so notwendige Energie den Ar- beitern raubt, ist von der Partei mehr wie bisher in Wort und Schrift der Alkoholmißbrauch zu bekämpfen. Vollständige Ent- haltsamkeit ist zu empfehlen, soll aber nicht als Bedingung der Zugehörigkeit zur Partei gelten." Zum Delegierten wurde der Parteisekretär für Ostpreußen , Ge- nosse Linde gewählt. Er soll auch im Einverständnis Mit den übrigen Organiiationen alle anderen ostpreußischen Wahlkreise mit Ausnahme der Sladt Königsberg vertreten. Für diese ist Genosie D o n a t i e s als Delegierter gewählt. Der ostpreußische Wahltreisverein Tilsit-Niederung be- schloß eine Erhöhung der Beiträge für die Stadt Tilsit von 26 au 25 Pf. monatlich. Den Mitgliedern auf dem Lande will man es freistellen, den niedrigen oder höheren Beitrag zu zahlen. Eine eigentümliche Ausrede, um uns höflich auszudrücken, bringt der V o l k s b o t e" zu S t e t t i n für seinen von uns an­genagelten arg tendenziös zugespitzten Bericht über die Verhandlung des Stuttgarter Kongresses zur Kolonialfrage vor.<Es handelt sich, wie wirnebenbeiberichtigend bemerken, um den Bericht über die Plenarsitzungen des Kon- gresieS, nicht, wie in der Nr. 198 angegeben war. um die Kom- missionsverhaudlungen.) Das Stettiner Parieiblatt schreibt nämlich: ... Offenbar mißfällt ihm(demVortv.") die Kürzung, die wir aus technischen Gründen an dem Berichte über die Beratung der Kolonialfrage im Plenum vornehmen mußten. Daß wir bei dieser Kürzung die Redner der Kommissionsmehrheit etwas ausführlicher haben zu Wort kommen lassen, geben wir zu, dies rechtfertigt sich aber unserer Meinung nach dadurch, daß Kautsky , Ledebour und Queich doch nur die alten Ideen, die jedem Parteigenossen schon hinreichend geläufig sind, zum Ausdruck brachten, während die Redner der Kommissionsmehrheit neue Anschauungen vertraten, die sich die Parteigenossen nicht aus eigener Wissenschaft ergänzen konnten." Wir wollen die Wirkung dieser schönen Ausrede durch keine Be« merkung beeinträchtigell. Eine Ausstellung sozialistischer Preßoraane hat dieArbeiter- zeitung " in Dortmund veranstaltet, um den Lesern einen Be- griff von den gewaltigen Fortschritten der sozialistischen Presse zu geben, hat die Geschäftsleitung in ihrem Geschäftslokal eine Aus- stellung sozialdemokratischer Zeitungen veranstaltet. Sie umfaßt weit über 200 Partei- und Gewerkschaftsblätter aus aller Herren Länder und in allen Sprachen. Der Empfang des Genossen Queich in London . London , 25. August. lEig. Ber.) Gestern früh kamen die Ge- Nossen Ouelch, Thorne und Harley von Stuttgart in London an und wurden von etwa 160 Genossen an der Station Holborn Viadukt enthusiastisch empfangen und zu einem Frühstück eingeladen. Abends fand eine stark besuchte Versammlung im Lokal der Sozialdemo- kratischen Föderation statt, iu der Queich seine Erfahrungen in Württemberg in humoristischer Weise behandelte. Außer ihm sprachen Thorne, Webster, Genossin Bondsield und ein deutscher Genosse. polizeilicbeo, Oenchtilcbco ulw. Eine verpuffte Staatsaktion. Wegen Aufreizung zu Gewalttätigkeiten, begangen durch ein Märzgedicht in der BremerBürgerzeitung", war bekanntlich ein Strafverfahren gegen unseren Genossen, Redakteur Staufer in Bremen , ein- geleitet. Die Strafkamnier sprach ihn aber am 6. Juni frei. Der Staatsanwalt hatte Revision beim Oberlandesaericht in Hamburg gegen das freisprechende Urteil eingelegt. Er scheint aber zur Er- kenntniS gekommen zu sein, daß die Bestrafung des Redakteurs doch nicht zu erreichen ist und hat nun die Revision zurück- gezogen. Damit hat diese Staatsaktion ihr Ende erreicht. Millionen aus Hungcrlöhncn. Der Genosse Joachim hatte in einer Versammlung vor der letzten Reichötagswahl erklärt, der ver- storbene Fürst Georg von Solms-Braunfelshabe es verstanden, Millionen in Monte Carlo zu verspielen, den Arbeitern Hungerlöhne von 1,60 M. zu zahlen, die Arbetterknappschaftskasse zu sprengen und zu flüchteu". Gegen die Aeußerungen erhob Prinz Friedrich von SolmS-Braunfcls, als Vertreter deS Solms -BrnuufelSschcn Fürstenhauses, die Beleidigungsklage. In der Schöffengerichts- Verhandlung vom 26. April d. I. tvar der Angcllagte frei- geiprochen worden, da das Gericht eine Behauptung wider besseres Wissen nicht für vorliegend erachtete. Die Straf- kammer in Wetzlar kam dagegen zu der Erkenntnis, daß Be- leidigung vorliege. Das Urteil lautete aus 156 Marl Geld- strafe unter Zubilligung mildernder Umstände. Eua Industrie und Kandel . Zur Kohlentcuerung. Eine Delegiertenversammlung der Berliner Kohlenhändler-Ver- einigung nahm gestern abend Stellung zur Frage der Brikett- konvention. Nach längerer Debatte gelangte einstimmig eine Reso. lution zur Annahme, in der die Schuld an den verhältnismäßig hohen Kohlenpreisen den rheinischen und schlesischen Kohlenprodu- zenten einschließlich der staallichen Werke zugeschoben wird, die fort- gesetzt die Preise erhöht hätten. Die Berliner Brikettkouvention �abe auf diese Preiserhöhungen keinen Einfluß gehabt, sie habe aber im Interesse der Erhaltung der Existenz der Berliner Kohlenhändler bestimmte Mindestverkausspreise festlegen müssen, um das Schleudern zu verhüten. Die sestgesetzten Miiidestverkanfspreise seien nicht höher als in früheren Jahren, obwohl die Einkaufspreise, Steuern, Mieten, Futterkosten und Arbeitslöhne jetzt höhere Summen erforderten als früher. Gerade kleinere und mittlere Kohlenhändler wären dem Ruin ausgesetzt, wenn fie nicht durch die Organisation der Brikett» konvention einigermaßen auskömmliche Preise festsetzen könnten. Die Herren Kohlenhändler machen sich die Sache leicht. Als wir seinerzeit auf die Entwickelung der Dinge hinwiesen, warf uns das Organ der Konvention Dummheit und böse Absicht vor; jetzt wo die Preistreiberei lustig im Gange ist, wollen die Händler rhre Hände in Unschuld waschen. Die Großhändler haben die Klein- Händler in die Konvention hineingezwnngen und fanden dabei die verständnisinnige Hülfe der Zechenbesitzcr. Die Großhändler ver- solgten den Zweck, durch eine Organisation die lästige Konkurrenz auszuschalten, um bequemer Preisausschläge durchsetzen zu können. Sie diktieren Mindestverkaufspreise, nicht um den Kleinhandel zu schützen, sondern um diesen zu dem willenlosen Werkzeug ihrer Preis- verteuerungspläue zu machen. Und von denselben Erwägungen gingen die Zechenbesitzer aus. Sie unterstützten die Bestrebungen der Großhändler, um ihrerseits ebenfalls bequemer die Preisschraube andrehen zu können. Die Kleinhändler werden gezwungen, die Preise hinaufzusetzen, die Großhändler huldigen dem Grundsatz, daß das Nehmen seliger sei denn das Geben und reklamieren die erhöhten Preise für sich, die Zechenbesitzer schauen schmunzelnd zu und sagen: mein ist die Beute! So treibt ein Teil den anderen, und das Instrument der Plünderung der Konsumenten ist die Konvention. Wenn die Handler nun ihre Hände in Unschuld waschen wollen, dann versuchen sie sich eben in der Nolle des Spitzbuben, der da ruft: Haltet den Dieb! Konjunkturschreiber. Unter vorstehender Stichmarke gibt dieRhein.-Wests. Ztg." folgender Zuschrift Raum: Wer berufsniäßig verpflichtet ist, alles das zu lesen und zu verfolgen, was über die Konjunktur, speziell am Eisenmarkte, unter fachmännischer Flagge in hauptstädtische, süd- und norddeuffche Zeitungen übergeht, der kann sich nicht wundern, daß man in industriellen Fachkreisen in die Zuverlässigkeit und Sachlichkeit solcher verständnisloser Schreibereien nur noch wenig Zutrauen hat und ihnen wenig Bedeutung beimißt. Es sind dies aber nicht etwa Blätter von untergeordneter Bedeutung, die in der Aufnahme solcher Erzeugnisse wenig skrupellos sind, sondern es sind gerade die angesehensten Zeitungen, die in dem Streben, Eigenberichte zu haben, Berichterstatter in ibren Spalten zu Worte kommen lassen, die die Dinge auf dem Eisenmartt nur vom Hörensagen kennen und demgemäß urteilen. Ein solcher Herr ist der Essener i-Berichterstatter eines Berliner Blattes. In einem vor einigen Tagen unter dem TitelAns dem Ruhrrevier" über- scbriebenen Marktbericht gibt derselbe Anschauungen Raum, die wohl Phantasie, aber keine Sachkenntnis verraten,Die Aufregungen in den einzelnen Gebieten haben nachgelassen", so schreibt er,und mancher Industrielle lächelt heute über die gezeigte Besorgnis. Wenn aucki ab und zu zugestanden werden muß, daß die ftüher üblichen Abschlüsse ans spätere Termine ausgeblieben find und noch ausbleiben, so steht dem die Tatsache entgegen, daß andauernd hohe Spezisilationen einlaufen." Als einen der wichtigsten Punkte hält dann dieser i-Sackkenner den, daß die Industrie gar nicht mit Aufträgen be- und überlastet sein wolle, ihr sei es viel an- genehmer, daß sie die Bestellungen in Ruhe abwickeln könnte und beizeiten neue Aufträge erhielt. Die Aussichten dafür seien vor- banden, wie er meint. Zum Beweise dafür führt er nun die Hochofenproduktton aus den Jahren 186164 nebst Einfuhr an und ebenso aus den folgenden Jahren bis 1966. Aus den steigenden Ziffern seit 1861 soll also gefolgert werden, daß sich bei Zeiten, wenn die Industrie ihrer in Ruhe bedarf, neue Austräge von selbst einstellen. Den Rückgang von 1960/61, der in die Beweis- siihrung nicht paßt, findet ererklärlich".Die Industrie kann also beruhigt sein," wie er weiter prophetisch sagt,sie hat keine Krifis zu befürchten," Schön, die Industrie wird sich auf Wunsch des Herrn i beruhigen. Nachdem er dann zur angeblichen Erhärtung seiner Behauptungen noch einige fingierte oder aus anderweitigen Beröffent- lichungen entnommene Zechenäußerungen zum besten gegeben, kommt er zu folgendem sinmgen Schluß seiner Betrachtungen, der den Blödsinn zu einem kompletten macht:Wenn aber die reparierten Hochöfew wieder dem Betriebe übergeben werden, so schreibt er wörtlich, und wenn die Neuanlagen demnächst ferttggestellt sind, dürfte die Nachfrage aus diesem Gebiete sich wieder etwas un- bequem beleben." Die Nachfrage hängt also, nach diesem Pfiffikus, ganz von den reparierten Hochöfen und den Neuanlagen ab. Man sollte es kaum glauben, daß eine Handelszeitung der- artigen Auslassungen in ihren Spalten Raum gewähren könne. Trotzdem geschieht eS andauernd, ohne von der Redaktion bean- standet zu werden. Wie muß eS mit der Urteilsfähigkeit einer Redaktion bestellt sein, wenn sie Sinn von Unsinn nicht zu unter- scheiden vermag!_ Tapetentrust. Wie berichtet wird, haben in den letzten Tagen IS deutsche Tapetenfabriken, die mehr als die Hälfte deS Gesamtabsatzes der deutschen Tapetenfabrikation beherrschen, sich notariell zum Beitritt verpflichtet. In der nächsten Woche dürsten 9 weitere Fabriken diese notarielle Verpflichtung eingehen. Ab 1. Oktober wird der Betrieb dieser 22 Fabriken für Rechnung der Deutschen Tapetenindustrie Akt.-Ges. geben. DaS Kapital dieser Gesellschaft ist vorläufig mit zirka 35 Millionen Marl in Aussicht genommen. Vom Natenkampf der Schiffahrtsgesellschaften. DieFranks. Ztg." schreibt:Herr Ballin hat bestritten, daß eS sich bei der beschlossenen Herabsetzung der Passagepreise um einen Tarifkampf mit der Cunard-Linie bandle. Die Differenzen zwischen dem Nordatlantischen Dampferlinienverbande und der Cunard- Linie sind indes seil lange bekannt und auch im letzten Geschäfts- bericht der Paketfahrtgesellichaft zugestanden worden. Auch von an- derer beteiligter Seile wird das Bestehen eines Ratenkampfes zugegeben. Aus der Vorgeschichte ist mitzuteilen, daß die Paketfahrtgesellschaft und der Lloyd die Cunard-Linie aufgefordert hatten, ihre Preise um 3'/, Pfd. Stcrl. zu erhöhen. Das wurde seitens der Cunard- Linie rundweg abgelehnt. Hierauf wurde seitens der Hamburg- Amerika- Linie eine Preisreduktion von 520 auf 430 M, vorgenommen, während der Lloyd mit einer Herabsetzung von 520 aus 470 M. ölgte. Als Aulwort hierauf hat die Cunard- Linie eine neue weientliche Herabsetzung ihrer Passagepreise vorgenommen. Für den neuen großen DampferLusitania" ist sie allerdings für die erste Kajüte auf ihrem Preise von 510 M. stehen geblieben, waS sie um so leickiter tun konnte, als die Plätze für die ersten Fahrten des Dampfers großenteils bereits vergriffen sind. Dagegen hat sie für ihre sämtlichen übrigen Dampfer, wie die Firma B. Karlsberg in Hamburg , die sie für Deutschland vertritt, oeben anzeigt, ihre Ueberfahrtspreise ab Hamburg einschließlich Aufenthaltsiosten in Liverpool erster Kajüte auf 870 M, ermäßigt, wobei es sich ebenso wie bei den genaiinlen Preisen der Hamburger und Bremer Linie nur um die Minimalraten handelt. Damit find die herabgesetzten Mindestraten der Hamburg -Amerikalinie neuerdings mit 60 M., die des Lloyd sogar um 100 M. unterboten. Aber auch für die üvrigen Plätze hat die Cunard-Linie ihre Preise herabgesetzt. Noch am 8, August hatte sie als Ueberfahrtspreise auf derLusilania" für die zweite Kajüte 230 M. und sür die dritte Klasse 140 M. gefordert, während ie jetzt den Preis der zweiten Kajüte für alle Dampfer mit 226 M, und für die dritte Klasse mit 136 M. ansetzt, was mithin eine Herabsetzung um 10 M. bedeutet. Ob diese letztere Preisherabsetzung ebenfalls in Uebereinstimmung mit den deuttchen Gesellschaften er- folgte, muß dahingestellt bleiben. Die beiderseitige» Tarismaßnahmen ehe» jedenfalls einem Ratenlampfe verzweifelt ähnlich." Eua der frauenbewegung* Arbeitende Mütter minderwertig? Für den Strafprozeß wird von den Verteidigern unserer mo- dcrncn Justiz das Vorkommen von Klassenurteilen ausdrücklich bestritten, obgleich wohl nichts erklärlicher ist als die Tatsache, daß die Erziehung und das gesellschaftliche Milieu des sich außerdem