Rotten-Opfer.ScFcratt regen sich die Flottenagitcikoren, NM für dieneuen Forderungen, über die man im Reichsmarineanibrütet, Stimmung zu machen. Die flottenfrcundliche Presseklagt höchst beweglich über die Veraltung eines großen Teilsder deutschen Kriegsschiffe, der Flottenverein stellt für denHerbst eine große Propaganda mit Fanfarenmusik in Aus-ficht, und zugleich, hat, nachdem schon jüngst Herr PeterSpahn der Regierung im Voraus die Unterstützung desZentrums zugesichert hat, die nationalliberale Fraktion awAnregung des Abgeordneten Bassermann sich mit derStellung einverstanden erklärt, die ihr FraktionsgenosseStresemann auf der Kölner Tagung des Flottenvereinseingenommen hat. Geschickt wird vorgearbeitet, damit, wennder große Moment kommt und die Regierung mit ihrenneuen Flottenbauplänen herausrückt, der Boden gut prä-pariert ist. Selbst der„Franks. Ztg." wird es angesichtsdieser Vorbereitungen schwül zu Mute.„Diesen Wetteifer", meint sie,„werden die Steuer-zahler zu büßen haben, wenn in der Tat die Marine-Verwaltung im Widerspruch mit allen ihren Versicherungen be-reits wieder eine„Ergänzung" des Flottenbauplans vorschlagenwill. Dabei ist schon durch die letzte Flottcnnovelle ein größeresDeplacement für Linienschiffe und" Kreuzer vorgesehen. Willman nun im Ernst abermals über diese Schiffsgrößcn hinaus-gehen, ungeachtet der Tatsachen, daß solche Schiffskolosse mitihrem großen Tiefgang in der Ostsee gar nicht mehr manövrier-fähig sein würden und die Erweiterung des Nordostseekanalsdann also ziemlich zwecklos sein würde? Noch kostspieliger würdedie verlangte Herabsetzung des Alters der Linienschiffe werden;bereits heißt es, daß es, um bies zu erreichen, nicht genüge, dasAlter der Linienschiffe allein von 2S auf 20 Jahre herabzusetzen,sondern mit den Ersatzbauten für diejenigen Schiffsklassen, dieinfolge der EntWickelung der Technik heute nicht mehr als ge-fechtstüchtig bezeichnet werden könnten, auch sofort zu be-ginnen. Bei der Verschiedenartigkeit der Anschauungen überden Begriff der Gefechtstüchtigkeit könnte man hiernach zu demverlangen kommen. dieHälfteder Flotteinein paarZahren zu„erneuer n", wobei die Erneuerung nur denvorwand für weitere Flottenvermehrungcn abgeben würde.Was also jetzt auf eine Reihe von Jahren verteilt ist, würdedanach in einer ganz kurzen Frist zu leisten sein, und derjährliche Aufwand für Schiffsbauten würdesomit ins Ungemessene wachsen. Warum nun miteinem Mal ein so sprunghaftes Vorgehen? Die internationaleLage drängt jetzt am wenigsten dazu. Der Vergleich mit anderenSeemächten führt aber schon deshalb zu Irrwegen, weil einestärkere Vermehrung der deutschen Seerüstung lediglich die Wirkung haben würde, daß auch anderwärts die Rüstung verstärktwird. Deutschland hat alle Ursachen, Ausgabevermehrungen nachMöglichkeit zu vermeiden."Die Frage, warum die Regierung mit einem Male einso schwunghaftes Vorgehen beliebt, ist recht naiv. Warumsollte sie jetzt, nachdem ihr die letzten Reichstagswahlen eineso schöne bewilligungslustige patriotische Blockmehrheit ge-liefert haben, nicht die Gelegenheit benutzen, ihre alten Plänedurchzusetzen und zu nehmen, was sie kriegen kann. Fürden Geldbeutel der Steuerzahler eröffnen sich dadurch aller-dings sehr trübe Aussichten. Ohnehin ist in den letztenIahren der Marineetat enorm angeschwollen. Im Jahre1904 stellte er sich noch auf rund 219 Millionen Mark, 1995auf 246, 1996 auf 265, 1997 auf 286 Millionen Mark.Wenn die neuen Baupläne zur Ausführung gelangen, wirder sicher schon in wenigen Jahren 499 Millionen Mark er-reichen— vielleicht auch noch etwas mehr. Die Hotten-tottenwahlen des 25. Januar und 5. Februar fordern ihreOpfer.—Sie Aettsnschmrang Nilhelms III.Wilhelm II. hat am 31. August in Münster eine Redegehalten, die nicht nur psychologisches Interesse besitzt, sondern auchzur Analysierung des Programms der Regierungspolitikinteressante Fingerzeige bietet.Der Kaiser hat eine Art Versöhnungsrede gehalten. Erhat mit persönlicher Wärme, sogar mit einem Einschlag nicht häufigbei ihm beobachteter Sentimentalität die Richtlinien der Politikdargelegt, die ihm für die Aussöhnung der verschiedenenKonfessionen und der verschiedenartigen Klasseninter-essen ersprießlich und möglich erscheinen. Protestantismusund Katholizismus sollen sich nicht konfessionell bekriegen,sondern ihres gemeinsamen Bekenntnisse? zu Christus wegentolerieren; Landwirtschaft und Industrie sollen sich miteinander vertragen; ja sogar das Proletariat soll seine Gegen-sätzlichkeit zur besitzenden Klasse aufgeben, denn er, der Kaiser,will für alle Konfessionen und Klassen mit gleicher väterlicher Liebekargen IDie Rede des Kaisers lautete:�Die Provinz Westfalen bietet ein schönes Bilddafür, daß es wohl möglich ist, historische, konfessio-nelle und wirtschaftliche Gegensätze in ver-söhnlicher Weise zu einen in der Liebe undTreue zum gemeinsamen Vaterlande. Die Pro-vinz setzt sich zusammen aus verschiedenen Landesteilen, vondenen viele schon lange der Krone Preußens zugehören undmanche erst später dazu gekommen sind. Sie wetteifern aber allemiteinander in der treuen Zugehörigkeit zu unserem Hause.Wie ich keinen Unterschied mache zwischen alten und neuenLandesteilen, so mache ich auch keinen Unterschiedzwischen Untertanen katholischer und protestantischerKonsession. Stehen sie doch beide auf dem Boden desChristentums und beide sind bestrebt, treue Bürgerund gehorsame Untertanen zu sein. Meinem landeS-väterlichen Herzen stehen alle meine Landeskinder gleich nahe.In wirtschaftlicher Beziehung bietet uns die Provinzgleichfalls ein höchst erfreuliches Bild. Es zeigt, daß die großenErwerbszweige sich einander nicht zu schädigen brauchen unddaß die Wohlfahrt des einen auch dem anderen zugute kommt.Der Bauer bebaut seine rote westfälische Erde mit Fleiß, festam Ueberlicferten, Althergebrachten haltend: eine kernige Naturmit eisernem Fleiß und ehrenhafter Gesinnung, von treuemWesen, eine feste Grundlage für unser Staatswesen,. Darumwird mir der Schutz der Landwirtschaft st eisbesonders am Herzen lieg e n. Der Bürger baut seineStädte in immer vollkommener Weise aus, es entstehen groß-artige Werke gemeinnütziger Art, Museen und Sammlungen,Krankenhäuser und Kirchen. Im Schöße Ihrer Berge ruhen dieSchätze, die von fleißigen Händen der braven Bergleute gefördert,der Industrie Gelegenheit geben, sich zu betätigen, dieser In-dustrie— der Stolz unserer Nation— wunderbarin ihrem Aufschwung, beneidet von aller Welt. Möge es ihr ver-gönnt sein, rastlos auch fernerhin Schätze zu sammeln für unserNationalvermögen und nach außen den guten Ruf von derTüchtigkeit und Güte deutscher Arbeit zu mehren.Ich gedenke hierbei auch der Arbeiter, die in den ge-wältigen industriellen Unternehmungen vor den Sockösen undflttkr Tage im Stollen mit nerviger Faust ihr Werk verrichten.Die Sorge für sie, ihren Wohlstand und ihre Wohlfahrthabe ich als teures Erbe von meinem in Gottruhenden Großvater überkommen und es ist meinWunsch und Wille, daß wir auf dem Gebiete der sozialen Für-sorge festhalten an den Grundsätzen, die in der u n v e r g e tz-lichcn Botschaft Kaiser Wilhelms des Großenniedergelegt sind.Das schöne Bild versöhnlicher Einheit, welches die ProvinzWestfalen dem Beobachter zeigt, würde ich gern auf unser ge-samtes Vaterland übertragen sehen. Ich glaube, daß zu einersolchen Einigung aller unserer Mitbürger, aller unserer Ständenur ein Mittel möglich ist, das ist die Religion. Frei-lich nicht in streng kirchlich-dogmatischem Sinneverstanden, sonderen im w e i t e r e n, für das Leben p r a k-t i s ch e r e n Sinne. Ich muß hierbei auf meine eigenen Er-fahrungen zurückgreifen. Ich habe in meiner langen Regierungs-zeit— es ist jetzt das zwanzigste Jahr, das ich angetreten habe—mit vielen Menschen zu tun gehabt und habe vieles von ihnen er-dulden müssen, oft unbewußt und oft leider auch bewußt habensie mir bitter weh getan. Und wenn mich in solchen Momentender Zorn übermannen wollte und der Gedanke an Vergeltungaufstieg, dann habe ich mich gefragt, welches Mittel wohl dasgeeignetste sei, den Zorn zu mildern und die Milde zu stärken.Das einzige, waS ich gefunden habe, bestand darin, daß ich mirsagte:„Alle sind Menschen wie du, und obgleich siedir wehe tun, sie sind Träger einer Seele aus den lichten Höhen,von oben stammend, zu denen wir alle einst wieder zurückkehrenwollen, und durch ihre Seele haben sie ein Stück ihres Schöpfersin sich." Wer so denkt, der wird auch immer milde B e-urteil ung für seine Mitmenschen haben. Wärees möglich, daß im deutschen Volke dieser Gedanke Raum ge-wänne für die gegenseitige Beurteilung, so wäre damit die ersteVorbedingung geschaffen für eine vollständige Einigkeit Abererreicht kann dieselbe nur in einem Mittelpunkt werden: inder Person unseres Erlösers!... In diesem Geistsollen alte und neue Landesteile, Bürger, Bauer und Arbeitersich zusammentun und einheitlich in gleicher Treue und Liebezum Vatcrlande zusammenwirken, dann wird unser deutschesVolk der Granitblock sein, auf dem unser Herrgott seineK u l t u r w e r k e an der Welt weiter aufbauen und vollendenkann. Dann wird auch das Dichterwort sich erfüllen, das dasagt:„An deutschem Wesen wird einmal noch die Welt genesen."Trotz der Erwähnung schmerzlicher persönlicher Erfahrungenspricht ein fröhlicher Optimismus auS den Worten Wilhelms II.Leider entsprechen nur alle Tatsachen ganz und gar nicht demvon ihm entworfenen Jdealgemälde der konfessionellen und Klassen-Versöhnung!Mit dem vermeintlich vorbildlichen konfessionellen Frieden inder Provinz Westfalen ist e? ein eigen D i n g I Im RegierungsbezirkMünster herrscht ja konfessioneller Friede; aber das erklärt sichsehr einfach daraus, daß dieser Regierungsbezirk zu fünf Sechstelnkatholisch ist! Deshalb das Fehlen des konfessionellen und politischenHaders größeren Maßstabes: 107 443 Zentrumsstimmen standen nur17 823 nationalliberale und 15 750 sozialdemokratische Stimmengegenüber. Ganz anders in konfessioneller wie politischer Be-ziehung sieht eS dagegen in den beiden anderen westfälischenRegierungsbezirken Minden und Arnsberg aus I Dort, nament-lich im industriellen Regierungsbezirk Arnsberg, tobt wie nur inirgend einein anderen Teile Deutschlands der konfessionelleund grimmiger noch der politische, der soziale Krieg lWurden doch dort 1907 89 000 nationalliberale, 122 000ultramontane und 120 000 sozialdemokratischeStimmen abgegeben. Die konfessionelle Verhetzung spielt hier wiekaum sonst irgendwo in Deutschland im politischen Kampfe zwischenNationalliberalen und Zentrum ihre Rolle; noch schroffer aber klaffthier der unüberbrückbare Gegensatz zwischen Besitzenden undNichtbesitzenden, zwischen Bourgeoisie und Pro-l e t a r i a t I Das ist das vorbildliche Westfalen IAber selbst wenn eS möglich wäre, die konfessionellen Gegensätzeauszusöhnen— im Kampfe gegen den gemeinsamen Feind.daS sozialistische Proletariat, sind diese Gegensätzefreilich schon oft genug überbrückt worden I— die Gegensätze zwischenProletariat und Bourgeoisie laffen sich nimmermehrüberbrücken, auch nicht durch die schönste religiöse Ideologie I Siesind zu sehr in den ehernen wirtschaftlichen Tatsachenbegründet. Sie können nur schwinden mit der Aufhebung dieseswirtschaftlichen Gegensatzes!Aber diese Gegensätze sind weder durch interkonfessionelleToleranz, noch durch soziale kaiserliche Botschaften aus der Welt zuschaffen: Sie wurzeln im Wesen des Kapitalismus! Und wennWilhelm II. enthusiastisch die Industrie als den„Stolz unsererNation" und die Schöpferin der„Schätze unseresNationalvermögens" feiert, so braucht mir einfach festgestellt zuwerden, in wie geringem Maße die arbeitende Klasse an diesen„Schätzen" des sogenannten„Nationalvermögens" beteiligt ist. Nachder amtlichen Statistik besaßen in den Städten desi n d u st r i e l l st e n Regierungsbezirks Westfalens, in A r n s-b e r g, zwar 210 000 Zensiten ein Einkommen von 900—3000 M..also— die Angehörigen eingerechnet— 638 vom Tausend; alleinauf diese Kategorie entfällt bei einem Gesamteinkommen von267 Millionen demnach doch nur ein Durchschnitts-ei n kommen von 1300 M..' Dagegen besaßen 17 000 Zensitenmit mehr als 3000 Einkommen ein Gesamteinkommen von140 Millionen Mark— daS heißt von 8230 M. pro Kopf!Man sieht: die nichtbesitzende Klasse bleibt trotz allerSteigerung des Nationalvermögens proletarischem Elendpreisgegeben IDie Versöhnungstheorie Wilhelms II. steht mit den politischenund wirtschaftlichen Tatsachen im schroff st en Widerspruch!Deshalb gibt eS für die unter dem kapitalistischen SystemSeufzenden, für die Enterbten und von den Schätzen des National-reichtumS Ausgeschlossenen nur eine Losung: die deS proletarischenKlassenkampfes gegen unseren heutigen Kapitalismus lllfcrMo.Die„Norddeutsche Allg. Ztg." verkündet, baß zwischenDeutschland und Frankreich alles in Ordnung ist. Der Besuch,den der französische Botschafter Cambon dem Reichskanzler inNorderney abgestattet, habe sich„nach Absicht und Ergebnisharmonisch an die zahlreichen vorausgegangenen Monarchen-Zusammenkünfte und Begegnungen leitender Staatsmännerangeschlossen". Das offiziöse Blatt glaubt die MeinungenPariser Blätter bestätigen zu können, daß eine dötouto(Aufheiterung) zwischen Deutschland und Frankreich eingetreten sei.„... Der Wandel, der in dieser Beziehung zu verzeichnen ist,macht sich weiterhin durch die Tatsache kenntlich, daß dasfranzösisch-spanische Vorgehen in Marokko sowie die jüngstenüber das schcrifische Reich auSgebrochenen inneren Wirren aufdie politische Lage in Europa keinerlei ungünstige Rückwirkunggeübt haben...Damit kann man ja zufrieden sein, indes— dieFrage, ob Frankreich das AlgeciraSabkommen einhaltenwird und wie sich die deutsche Regierung zu seinerUeberschreitung stellen wird, steht im Hintergründe.Die„Norddeutsche Allg. Ztg." tut zwar, als seigar kein Zweifel, daß die französische Negierung das Abkommentreulich zu halten entschlossen sei. Aber die EntWickelung derDinge in Marokko spricht nicht gerade dafür. Die Streitkräftedes Generals Drude werden beständig, und zwar möglichstunauffällig vermehrt, und das; in einflußreichen KreisenFrankreichs eine Eroberung des Landes, die durch die innerenWirren erleichtert wird, lebhaft angestrebt wird, das liegt aufder Hand und darüber läßt die Haltung eines Teiles derfranzösischen Presse keine Täuschung zu. Die andauerndenAngriffe auf die französischen Truppen vor Casablanea liefernden besten Vorwand für ein offensives Vorgehen, und ist daserst einmal begonnen, so werden sich neue Umstände, dieweiteren Vormarsch nötig machen, leicht finden oder konstruierenlassen. Vielleicht liegt auch der Art, wie das letzte Gefecht inder französischen Presse dargestellt wurde, die Absicht zugrunde,die Notwendigkeit des Einmarsches ins Land zu erweisen.Die lebhaften Schilderungen der Gefährlichkeit der Situation,der Tapferkeit und Kriegstüchtigkeit der Marokkaner stehenwenigstens in einem nicht leicht löslichen Gegensatze zu derTatsache, daß die Verluste der Franzosen gering waren.Mulay Hafids Autorität ist im beständigen Wachsen.Aus Fez liegen noch immer keine verläßlichen Meldungen vor.Von den Meldungen des Sonntag und Montag sind zuverzeichnen:Taiiqer, 3t. August. Die politische Lage ist durchwegruhig. Der Kaid der AnfluS hat sich, wie verlautet, MulayHafid unterworfen.Tanger, 1. September. In der Stadt herrscht andauerndePanik. Ein Dampfer, der eigens gechartert wurde, geht heutemit zahlreichen Familien nach AlgeciraS ab. Ein Teil der Europäerwird die Familien nächste Woche abreisen lassen.Tauger, 1. September. Die Meldung, daß der Kaid von SaffiS i A i s s a den Amor, Mulay Hafid als Sultan anerkannt habe,hat bis jetzt keine Bestätigung gefunden.— Es wird ernstlich inFrage gezogen, um die Erregung zu besänftigen, in Tanger provi-jorisch eine Bürgergarde zu errichten, die ans den Einwohnernder Stadt gebildet werden soll.— Die europäische Kolonievon Fez, einschließlich der D e u t s ch e n, ist am 30. Augustin Tanger eingetroffen. Zivei Franzosen sind freiwillig in Fez zurück-geblieben. Die deutsche Kolonie war mit den übrigen Europäern beiEl Kiar ei Kebir zusammengetroffen.Casablanea, 1. September. Man ist hier der Meinung, daßMulay Hafid Zeit zu getoinnen sucht, indem er an die Stämmeschreibt, daß sie mit den Angriffen einhalten sollten, um Frank-reich den Vorwand für eine Expedition in das Innere zu nehmen.Ma-el Ainin zog an Saffi vorüber, konnte aber nicht in die Stadtselbst eindringen. Er erhielt 500 DuroS, damit er weiter ziehe underklärte darauf, er marschiere nach Casablanea.Tanger, 1. September. Aus Saffi wird berichtet, daß einSchreiben des neuen Sutans den Notabeln vom Paschader Stadt mitgeteilt worden sei. In diesem Schreiben erklärtMulay Hafid, daß sein Bruder andauernd Unheil über das Landheraufbeschworen habe und den Einfall der Franzosen verschulde.Die Versammlung der Notabeln antwortete dem Pascha, er mögenach eigenem Gutdünken handeln.Tanger, 1. September. Hier eingelaufene Berichte besagen,daß R a i s u l i eine große Menge von Anhängern um sich gescharthabe. Er soll bereits über 1200 Mann verfügen und sein Einflußwachse täglich.Oran, 1. September. Der TranSportdampfer Nibeist mit einem Bataillon der Fremdenlegion nach Casablanea in Seegegangen, der Transportdampfer Shamrock wird amMontag mit einem zweiten Bataillon und Munition folgen.Marseille, 31. Slugust. Auf dem gestern abend eingetroffenenTransportdampfer Mytho wird zurzeit ein für Casablaneabestimmter Luftballon verladen. Der Dampfer nimmtaußerdem eine Luftschiffer- und eine Pionierabtei-l u n g mit Material au Bord. Er soll spätestens Sonntag nachOran abgehen, um dort noch andere für Casablanea be-stimmte Truppen an Bord zu nehmen.politische(lebersicdt.Berlin, den 2. September 1997.Zentrum und Wahlrecht.Die Zentrumspreffe hat bisher auf den Leitartikel unserer letztenFreitagSnumincr„DaS Zentrum und daS Landtags-Wahlrecht" nicht geantwortet: ein Verhalten, das wir erwartethatten; denn widerlegen laffen sich die dort angeführten Tatsachennicht, und zudem paßt eS den ZeutrumSdiplomaten zurzeit nicht, dieStellung der Zentrumsfraltion des Reichs- und preußischen Land-tageS zur Wahlrechtsfrage zu präzisieren und sich dadurch vielleichtauf ein bestimmtes Verhalten zu der künftigen Regierungsvorlagezu verpflichten. Nur die„Märk. VolkSztg." versucht eine in ihrerUnbehülflichkeit geradezu komische Abwehr. Sie schreibt:„Nach einer längeren Darstellung, in der die Verdienste desalten Zentrums, der Reichenfperger, Windthorft usw., für denKampf um das allgeineine Wahlrecht in Preußengefeiert werden, sucht man dann den Nachweis zu führen,daß das Zentrum in der neueren Zeit ein anderes geworden fei,daß es sein Kulturkampfspanier verlassen und sich zu denReaktionären geschlagen habe, und daraus folgert man dannkühnen Mutes, man werde bei der nächstjährigen Landtags-wähl eine reckt lebendige Agitation gegen das Zentrum entfachenkönnen. Mit diesem Nachweis der Unzuverläsfigleit des Zentrum?aber hat eS einen bedenklichen Haken. Man reißt einigeSätze von Zentrums Mitgliedern, die diese inirgendeinem unbedachten Augenblicke in weißGott welchem Zusammenhange gesprochen haben,heraus und sucht sie undj mit ihnen das ganze Zentrum dadurchzu Gegnern des allgemeinen Wahlrechts zu stempeln. Daß dasZentrum immerdar die schärfste Gegnerin des gegenwärtigenpreußischen Wahlrechts gewesen ist, daß es stets mit allerEntschiedenheit zugegriffen hat. ivenn sich dieMöglichkeit einer Reform bot, sucht man zu ver-tuschen."Wir können uns in unserer Erwiderung auf wenige Sätze be>schränken.Ersten? täuscht das Blatt seine Leser, wenn eS behauptet, wirhätten in unserer Darstellung die Verdienste des alten Zentrums, derReichenfperger, Windthorft usw.,„für(soll heißen: um) denKampf um(soll heißen: fiir) daS allgemeine Wahlrechtin Preußen gefeiert." Wir haben im Gegenteil nachgewiesen,wie die alten ZeutrmnSführer sich stets gegen das allgemeine, gleiche,direkte und geheime Wahlrecht ausgesprochen haben und wie selbstWindthorft, als er 1873 im preußischen Abgeordnetenhause seinenAntrag auf Einführung deS ReichStagSwahlrechteS für den preußischenLandtag einbrachte, von durchaus reaktionären Beweg-gründen geleitet wurde.Zweitens haben wir nicht Aeußerungen irgendwelcher beliebigerZentrumsmitglieder zitiert, die in„unbedachten Augen-blicken" und„in weiß Gott welchem Zusammen-hange" gefallen sind, sondern wir haben unS auf wichtige pro-grammatische Reden der Abgeordneten Reichenfperger, Mallinckrodt,Windthorft und Porsch, das heißt der höchstenAutoritätendeS Zentrums, bezogen.Drittens beweist die bloße Behauptung, daß„daS Zentrum stet;mit aller Entschiedenheit zugegriffen hat", wenn sich die Möglichkeiteiner Wahlrefonn bot, nicht das geringste. Seit 1873, also seit den