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Nr. 205. 24. Jahrgang. 1. Sfiliiit des Jorairts" ßnlintt WldsdlM ptnshj, 3. Stpftmtti 1907. Zur kichtigitellung in Suchen der Koloniul-Iüeiolutlon erhalten wir folgende Zuschrift: Zu den in die Politische Uebersicht desVorwärts' auf genommenen Ausführungen derDüsseldorfer Volkszeitung' über meinen ArtikelZur Ausklärung über die Kolonialabstimmung' ge statte ich mir folgende berichtigende Bemerkungen: Der Verfasser des Düsseldorfer Artikels behauptet:Sie (Bern st ein und David) erklärten gerade den ersten Satz der van Kölschen Resolution für den springenden und prinzipiell wichtigsten, wohl wissend, daß gerade in ihm eine Schwenkung in der Frage der Flottenpolitik, der Etatbewilligungen und selbst der Schutzzollpolitik im Keime mit enthalten war.' Gerade diesen ersten Satz, behauptet er weiter, hätte ich darum sohartnäckig" verfochten. In der Ersetzung desselben durch den Einleitungspassus im Antrag der deutschen Delegation sieht erein grundsätzliches Zurückweichen des Revisionismus', bewirkt durch den Vorstoß einiger nieder rheinischer Delegierter. Mir aber unterstellt er die Absicht, diesen angeblichen Tatbestand zu verschleiern und findet, daß ich offenbar an einerbedauerlichen Vergeßlichkeit' leide. Diese Darstellung widerspricht in jeder Beziehung den Tatsachen WaS zunächst B e r n st e i n betrifft, so hatte er diesen ersten Satz, in dem gesagt wurde,daß der Wert der Kolonien im afr gemeinen und für die Arbeiterklasse im besonderen stark übertrieben wird", schon im Plenum des Kongresses selbst alsnicht sehr ge schickt gefaßt' bezeichnet, noch bevor dieser PassuS in der deutschen Delegation von den niederrheinischen Delegierten angegriffen worden war. DaS hätte Bernstein wohl schwerlich getan, wenn er gerade in dieser Fassung das prinzipiell wichtigste Moment gesehen hätte. Was mich selbst angeht, so hatte ich sogar schon in der Kolonialkommission gleich am ersten Tage meine Bereit schaft dokumentiert, jenen ersten Satz zu beseitigen, indem ich einem Amendement des belgischen Genossen Terwagne zustimmte, das die Streichung dieses Satzes forderte und die van Kölsche Einleitung auf den zweiten Satz beschränkte. Diese hätte dann einfach gelautet Der Kongreß verwirft nicht prinzipiell und für alle Zeiten jede Kolonialpolitik, die unter sozialistischem Regime zivilisatorisch wird wirken können.' Dieser Antrag wurde jedoch abgelehnt. Weiter aber brachte ich in der Kommission auch einen eigenen Antrag ein, der ebenfalls die Beseitigung des ersten van Kölschen Satzes resp. seine Ersetzung durch eine einwand- freiere Fassung im Auge hatte. Danach sollte die ganze Ein leitung lauten: In der Erwägung, daß der Sozialismus die Produktivkräfte des ganzen Erdkreises in den Dienst der Menschheit stellen und die Völker aller Farben und Zungen zur höchsten Kulturstufe emporführen will, sieht der Kongreß in der kolonisatorischen Idee als solcher einen integrierenden Bestandteil deS universalen Kulturziels der sozialistischen Bewegung.' Erst nachdem dieser Antrag in der Minderheit geblieben war, stimmte ich»rit der Mehrheit für die van Kölsche Fassung. An gesichtS dieser Stellungnahme in der Kommission, über deren Ver- Handlungen die Parteipresse einen ausführlichen Bericht brachte, ist die Behauptung, der erste Satz der van Kölschen Einleitung sei mir derspringende und prinzipiell wichtigste' gewesen, in der Tat ein starkes Stück. Ich soll dies aber sogar.erklärt' haben. Wo, sagt der Düsseldorfer Arlikelschreiber nicht. Sollte ich das etwa in der Sitzung der deutscheu Delegation getan haben? Dann appelliere ich an das Zeugnis der über 200 Genossen, die jenen Sitzungen beiwohnten. Als jener erste Passus in der Delegationssitzung am DonnerStagvormittag angegriffen wurde, weil er angeblich unsere Haltung bei der letzten Reichstagswahl nachträglich desavouiere, erklärte ich vielmehr dem Sinne nach folgendes: Jener PassuS sei zivar auch meiner Meinung nach nicht gerade glücklich gefaßt; allein der befürchteten mißverständlichen Auslegung desselben sei durch den weiteren Inhalt der van Kölschen Resolution vorgebeugt, da sie ja eine scharfe Brandmarkung der kapitalistischen KolonisationS Methode enthalte. Aus diesem Grunde könne mau es bei der tags zuvor beschlossenen Zustimmung belassen. Durch eine Um redigierung in letzter Stunde, wo schon alle übrigen Delegationen zu der dem Kongreß vorliegenden Fassung des Majoritätsantrages Stellung genommen hätten, laufe man Gefahr, Verwirrung anzurichten. Trotzdcni übernahm ich den Auftrag, mit dem Genossen Wurm gemeinsam eine besiere Formulierung zu suchen, nachdem auf meine Anregung ausdrücklich festgestellt worden war, daß die Formänderung sich nur auf den e r st c n Satz beziehen dürfe, der zweite Satz dagegen un- verändert erhalten bleiben müsse. So stand es also mit meinemhartnäckigem Verfechten' des e r st e n Satzes. Aber noch mehr I Mit dem Auftrag der besseren Redigierung jenes angegriffenen Satzes betraut, einigte ich mich mit dem Genossen Wurm binnen einer Viertelstunde auf folgende Fassung: In der Erwägung, daß der Sozialismus die produktiven Kräfte des ganzen Erdkreises entfalten und alle Völker zur höchsten Kultur emporfiihre» will, verwirft der Kongreß nicht prinzipiell jede Kolonialpolitik, da diese unter sozialistischem Regime zivilisatorisch wird wirken können.' Wenn sich der Verfasser deS Düsseldorfer Artikels auch nur einen Augenblick die Sache näher angesehen hätte, so hätte er ent- decken müssen, daß diese neue und definitive Fassung, die dann auch von van Kol akzeptiert wurde, nichts anderes ist als die Herübernahme des er st en Teiles meines eigenen oben erwähnten, schon in der Kolonialkommission ge st eilten Antrages! Man ermesse nun das Groteske der Unterstellling, ich fei zum Aufgeben der van Kölschen Fassung des EinleitungSpassuS und zur Annahme der definitiven Fassung gewissermaßen gezwungen worden I Danach kann ich die Frage, auf welcher Seite diebedauerliche Vergeßlichkeit' und dieVerdrehung der Tatsachen" zu suchen ist, jedem unbefangenen Beurteiler überlassen. Mögen diejenigen, denen jene Delegationsbeschlüsse nicht passen, mit Worten und Begriffen umspringen, wie es ihnen beliebt den Tatbestand selbst sollten fie wenigstens unangetastet lassen. DaS Entscheidende ist und bleibt: der Antrag der deutschen Delegation, der innerhalb dieser trotz der vorangegangenen gegensätzlichen Ausführungen LedebourS und KautskyS im Plenum deS Kongresses! mit allen gegen drei oder vier Stimmen angenommen wurde, enthielt als Hauptgedanken die Feststellung. daß wir nicht jede Kolonialpolitik prinzipiell verwerfen, sondern nur die k a p i t a l i st i s ch e Kolonisationsmethode mit ihren Raub- uird Greueltaten aufs schärfste verurteilen und ablehnen. Um diesen Gedanken drehte sich der Kampf; auf ihn bezog sich daS Für und Wider der ersten prinzipiellen Abstimmung. Wenn man in der fast einmütigen Zustimmung der deutschen Delegation zu diesem Gedanken und in der Anerkennung desselben durch die Delegationen der größten und fortgeschrittensten Nationen einerevisionistische Anwandlung", und wenn man die Niederstimmung unseres Antrages durch die osteuropäischen Nationen und Natiöuchen als eineNiederlage deS RevisioniS- muS' ansehe» will so habe ich nichts dagegen. Ich kann dann nur wünschen, daß derRevisionismus" noch mehr solcherNieder- lagen' bezieht. Dann wird er bald auf der ganzen Linie gesiegt haben. Berlin-Friedenau . Eduard David . über Wir müssen eS der Düsseldorfer Volksztg." klaffen, auf diese Darlegungen zu entgegnen. Wir selbst haben Davids Stellungnahme nicht zum Beweis des Vorhandenseins revisionistischer Tendenzen auf dem Gebiete der Kolonialpolitik angezogen, sondern die Einleitungssätze der van Kölschen Resolution sowie Stellen aus den Reden van Kols und Bernsteins. Daß cS sich aber keineswegs bloß um Bcfür wortung einersozialistischen ' Kolonialpolitik handelt, die von einer s o z ia li stis ch en Gesellschaft zu betreiben wäre, sondern um die einstweilen freilich noch etwas schüchterne Bejahung der bürgerlichen, kapitalistischen Kolonialpolitik, bewei auch deutlich genug folgende Auslassung des Karlsruhe Volksfreund': Zwei Fragen waren es, die in ganz besonderem Maße unsere Aufmerksamkeit beanspruchten: die Frage der Kolonial Politik und die Frage des Militarismus und der internationalen Konflikte. Ob die Resolution des Stuttgarter Kongresses in bezug auf die Kolonialpolitik das Richtige getroffen hat, bleibe dahin gestellt. Wir teilen den Standpunkt der K o m m i s s i o n S Mehrheit. DaS Proletariat kann auch in dieser Frage nich in der Negation verharren. Auch die Kolonialpolitik ändert ihr Gesicht in demselben Maße, in welchem der Klassen st aat das seine zu verändern gezwunge i st. Gewiß hat heute die Kolonialpolitik einen durchaus imperialistischen Charakter. Aber wer kann uns denn beweisen daß das immer so ist und immer so bleiben muß? Mit Recht hat der holländische Genosse van Kol bemerkt, daß man auch eine demokratische Kolonialpolitik treiben kann. Diesem Ziele kommen wir um so näher, je größer der politische, wirtschaftliche und parlamentarische Einfluß des Pcole tariats wird." Das ist nichts anderes als die vom Dresdener Parteitag so energisch verworfene revisionistischeAushöhlungs theorie', auf die Kolonialpolitik angewendet l Sie Lrite Internationale Konferenz der soziuIIMichen lugendorganifationen lieber die Verhandlungen der Konferenz, die nach Schluß des Internationalen sozialistischen Kongresses am Sonntag, den 24. August, zu Stuttgart im Gewerkschaftshause zusammentrat, geht uns nachträglich ein ausführlicher Bericht zu, dem wir entnehmen ES waren 20 Delegierte aus 13 Ländern anwesend, und zwar für Belgien T r o c l e t- Lüttich und Jauneaux- Jolimont, für Deutsch - Oesterreich W i n a r s k y- Wien, für Ungarn A l p ä r i Budapest , für Böhmen S k a t u l a- Prag und Lustig- Wein berge, für die Schweiz Bader- Zürich und K l e i n e r t- Zürich, für Italien Angelika Balabanoff- Lugano, für Spanien Fabra RivaS- Bilbao , für Großbritannien Simpson- Oxford für Holland Henriette Roland-Holst- Laren, für Deutschland Körner- Mannheim , R e m m e l e- Darmstadt, Tente- Hamburg Eichhorn- Mannheim, Lüpnitz« Stuttgart , für Schweden und Dänemark Gustav M ö l l e r- Malmo, für Australien Viktor K r o e m e r- Melbourne. Das Bureau der internationlen Verbindung war durch die Genossen Liebknecht- Berlin und de Man vertreten. Außerdem wohnten einige Gäste aus Deutschland , Rußland und Belgien den Verhandlungen bei. Die Geschäftsordnung wurde im allgemeinen nach dem Vorbild deS Internationalen Sozialistischen Kongresses geordnet. Die Länder mit weniger als 1000 Mitgliedern erhielten 1, die mit 1000 bis 5000 Mitgliedern 2, mit mehr als 5000 Mitgliedern 3 Stimmern Danach haben je 1 Stimme: Ungarn , die Schweiz , Holland Australien ; je 2 Stimmen: Böhmen, Deutsch- Oesterreich, Italien (1 für die syndikalisttsche, 1 für die integralistisch-reformisttsche deration), Deutschland , Spanien , Dänemark , Großbritannien ; je 3 Stimmen: Schweden und Belgien . In Gestalt der im Verlage der Leipziger Buchdruckerei A. erschienenen Broschüre liegt ein ausführlicher gedruckter Bericht über den Stand der Jugendbewegung in den einzelnen Ländern vor Die Delegierten konnten sich daher auf einige ergänzende Bo merkungen beschränken. An wesentlichen Ausführungen sind zu verzeichnen: S k a t u l a und Lustig-Böhmen bemerken, daß die im Bericht angegebene Zahl von 3500 organisierten jungen Arbeitern sich nur auf die besonderen Organisationen bezieht. In den meisten Orten sind aber die jungen Arbeiter in Sektionen der Partei organisationen gruppiert; auf diese Weise sind über 20 000 tschecho- slawische junge Arbeiter unter achtzehn Jahren sozialdemokratisch organisiert. Der letzte Parteitag der tschecho-slawischen Partei in Pilsen beschloß die Gründung eines LaudesagitationskomiteeS, das für die Organisation der sozialistischen Jugend sorgen soll. Dieses Komitee besteht aus Vertretern der Partei, der Arbeiterturnvereine, der Gewerkschaften und der Jugendorganisationen. Dadurch hat endlich die Partei die Berechtigung unserer Bewegung offiziell an erkannt. d e M a n teilt mit, daß eS den französischen Genossen leider nicht möglich war, die zur Entsendung eines Delegierten notwendigen Geldmittel aufzubringen. Unerquickliche Verhältnisse bestehen in der Pariser Jugendorganisation, persönliche Zwistigkeiten machen jede Arbeit unmöglich. Besser steht es in der Provinz, wo an manchen Jndustrieorten blühende Organisationen bestehen. K ö r n e r- Deutschland teilt mit, daß mit der Gaueinteilung gute Erfahrungen gemacht wurden, und beschwert sich über die Gleichgültigkeit, ja selbst Feindlichkeit der Parteiorganisationen mancher Orte. Bader- Schweiz : ES wird jetzt versucht, die bisher auf das Züricher Gebiet beschränkte Belvegung auf die ganze Eidgenossenschaft auszudehnen. In der welschen Schweiz erstehen die früheren JeunesseS Socialistes aufs neue. Ein Teil auch cinfluß- reicher Parteigenossen steht den Jungburschcuvereinen feindlich gegen über, weil sie sich an der antimilitaristischen Agitation beteiligen und der Antimilitaristischen Liga angeschlossen sind. Einige Gewerk- 'chaften wollten uns nur finanzielle Unterstützung gewähren, wenn wir unsere antimilitaristische Propaganda ausgeben wollten. Selbst verständlich haben wir auf diese Unterstützung verzichtet.(Lebhaftes Bravo!) Henriette Roland-Holst zeigt den besonderen Charakter deS holländischen Verbandes De Zaaier, der sich ausschließlich der Bildungsarbeit widmet und an keifler Aktion teilnimmt, was die Rcdnerin selbst für einen großen Mangel hält. Doch werde hier eine Aenderung mit Aussicht auf baldigen Erfolg angestrebt. DaS Verhältnis zur Partei ist sehr schwierig. Der jetzige Parteivorstand verlangt, daß die Organisation ihren selbständigen Charakter auf- gebe und nur in der Form von örtlichen Bildungssektionen der Parteiorganisation fortbestehe. Darauf können wir unS selbst- verständlich nicht einlassen. M ö l.l e r gibt einige neue Aufklärungen über die skandina­vischen Organisattonen. Der schwedische Verband hat jetzt .wei Funktionäre angestellt, von denen der eine 2000, ier andere mit 1800 Kronen besoldet wird. Die Auflage deS Ver- bandsorgansFram" wächst um etlva 1000 Exemplare im Monat. Wir haben jetzt 16 Wanderbibliotheken und drei neue Sonntags- schulen errichtet. Seit dem letzten Verbandstag in Stockholm zu Pfingsten 1007 sind 54 neue Ortsgruppen gegründet worden. Der Verband hat jetzt auch zwei Agitatoren, die eine Entschädigung von 15 Kronen pro Tag bekommen. Die einzige gegnerische Organisation ist der sogen..SocialistiskaUngdomsförbundet', anarcho- sozialistischen Charakters. Die Zahl von 10000 Mitgliedern ist für ihn viel zu hoch, er dürfte etwa 8500 Mitglieder zählen. In Norwegen scheint der Jugendverband auf anarchistische Abwege ge- raten zu sein. K r o e m e r berichtet ausführlich über die Jugendbewegung in Australien . Seit zwei Jahren bestehen dort Organisattonen in der Gestalt von Sonntagsschulen nach englischem Muster und von Jugend- organisationen für die jungen Leute beiderlei Geschlechts von 15 bis 25 Jahren. Letztere beschäftigen sich hauptsächlich mit dem Unterricht in der Nationalökonomie. Die Sonntagsschulen sind für unS am wichtigsten. Sie haben wie in England den Zweck, die Kinder von 5 bis 15 Jahren körperlich und geistig zu erziehen; besonders im letzten Jahre haben sie eine große Ausdehnung gewonnen. Die vor achtzehn Monaten in Melbourne mit 0 Schülern gegründete Schule zählt jetzt 300 Schüler. Diese werden in verschiedene Klassen oder Gruppen eingeteilt, von denen jede einen besonderen Namen hat, wie: Brüderlichkeit, Solidarität, Karl Marx usw. Mit diesen Namen sind die Fahnen versehen, die die Gruppen bei Umzügen mitnehmen. Die Sonntagsschulen haben keine besondere Rubrik für sie eingerichtet. Vor kurzer Zeit wurde in Melbourne ein Bankett jugendlicher Proletarier veranstaltet, an dem über tausend Jugendliche tettnahmen. Sie zogen gemeinschaftlich unter revolutio- nären Gesängen durch die Stadt und demonstrierten vor dem Gr» fängnis, in dem sich mehrere lvegen ihrer Beteiligung an der Jugend- bewegung Inhaftierte befanden. Daun fanden ein gemeinsames Essen und gemeinsame Spiele statt. Eine spezielle antimilitaristische Propaganda wird in Australien nicht betrieben. Das kleine Frei- willigenhcer wird lediglich verspottet. Als sich aber zur Zeit des Krieges in Südafrika Soldaten in die Dienste des englischen Kapita- lismus stellten, haben wir eine lebhaste Gegenagitation getrieben. Sitzung vom Sonntag vormittag. Genosse d e M a n erstattet den Bericht deS internationalen Sekretariat?. Vom Kongreß des Verbandes junger Arbeiter Deutschlands , der am 30. September 1906 in Mannheim abgehalten wurde, ging die An- rcgung zur Gründung der jetzigen internationalen Verbindung aus. Im März 1907 kam dann ein vorläufiges internationales Bureau, bestehend aus den Genossen de Man, Frank und Liebknecht zustande. D e M a n wurde zum Sekretär bestimmt. Alle befragten lozialistischen Jugendorganisationen zeigten sich bereit, sich einer internationalen Verbindung anzuschließen. Aus der Tätigkeit des internationalen Sekretariats ist hervorzuheben, daß bis jetzt 7 Nummern eines monatlichen hektographierten Bulletins in einem Gesamtumfange von 32 Seiten in deutscher und französischer Sprache herausgegeben wurden. Der Referent ging sodann auf die Versuche ein. die vom Sekretariat zum Zwecke der Herbeiführung einer nationalen Einigung der sozialistischen Jugendorganisationen Frankreichs unternommen wurden. Es ist leider zu be- fürchten, daß diese infolge der traurigen Verhältnisse in der Pariser Jugendföderatton nicht den gewünschten Er- folg haben werden. Kurz vor Zusammentritt deS inter - nationalen KongreffeS gab das Sekretariat einen ausführ« lichen Bericht über die Jugendorganikattonen aller Länder heraus, der französisch in den zweiten Band des Berichts des Internationalen Sozialistischen Bureaus, aber wegen Kürze der Zeit in sehr mangelhafter Forin aufgenommen und in deutscher Sprache als besondere Broschüre im Verlage der Leipziger Buchdruckcrei A.-G. erschienen ist. Die Einnahmen des Sekretariats betrugen 294,30 M., die Ausgaben 300,60 M., eS ist also ein Defizit von 6.30 M. vor- Händen. Für den moralischen Erfolg der internationalen Verbindung sei die glänzende Beschickung der jetzigen Konserenz der beste Beweis. Sodann geht man zum Punkte die internationale Organisation über. Der Referent de Man schlägt vor, die Verbindung in der bisherigen Form weiter bestehen zu lassen und die Weiterherausgabe des Bulletins zu beschließen sowie ein aus fünf Personen zusammen- gestelltes internationales Bureau zu wählen, das in diesem Falle den internationalen Sekretär zu ernennen und die ihm zu zahlende Entschädigung zu bestimmen haben wird. Er empfiehlt, als Sitz des Sekretariates zunächst Wien in Aussicht zu nehmen. Die inter - nationalen Konferenzen sollen in der Regel im Anschluß an die Internationalen sozialistischen Kongresse abgehalten werden. Das Ergebnis der langen Diskussion,. die sich über diese Bor - schlüge enffpann, war, daß den Vorschlägen des Referenten zuge- stimmt wurde. Ferner wurde beschlossen, daß von den Beisitzern wenigstens einer am Sitze deS Sekretariats seinen Wohnsitz haben soll. In das Internationale Bureau wurden die Genossen Winarsky. de Man, Liebknecht . Henriette Roland- H o l st. Möller und als Ersatzmann für Liebknecht S t a t u l a bestimmt. Der internationale Beitrag wurde mit 15 gegen 12 Stimmen auf 2 Pf. pro Mitglied und pro Jahr fest- gesetzt. Dieser Beitrag soll am Anfang jedes Quartals, und zwar vom 1. Oktober d. I. an, entrichtet werden. Außerdem soll von de» verschiedenen Organisationen für die bis dahin zu machenden Auslagen in näher festgesetzten Einzelbeiträgen eine einmalige Unter- stützung in der Gesamthöhe von 100 M. bezahlt werden. Das Budget des Sekretariats wurde auf etwa 900 bis 1000 M. im Jahre geschätzt. Hieraus erhält die Genossin Roland-Holst das Wort zu ihrem Referat über die sozialistische Erziehung der Jugend. ES besteht bei einem Teil der jungen proletarischen Generation ein lebhafter Antrieb zur Organisatton und zur.Bildung im Sinne des Sozialismus. Dieser Antrieb entspringt aus den Wirtschaft- lichen Verhältnissen, unter denen die arbeitende Jugend auf- wächst. Er ist allgemein in allen Ländern, wo eine moderne Arbeiter- bewegung besteht. Es werden jetzt, was früher nicht der Fall war, Hunderttausende von Arbeiterkindern sozusagen als Sozialisten ge- boren. Zahlreiche andere sind nicht so glücklich, sie haben in ihrer Familie selbst einen Kampf zu führen, aber doch besteht in ihnen die Neigung zum Sozialismus. Wieder andere hat ihre Erziehung zu einer feindlichen Anschauung gebracht. Aber auch diese können in ihrer Jugend leichter gewonnen werden als später. ist also unsere Pflicht, in ganz besonderem Maße für die sozialistische Erziehung der jungen Arbeiter zu sorgen. DieS wird am besten in der Organisation geschehen. ES ollen also zunächst die sozialistischen Parteien die Gründung von Jugeildorganisationen in die Hand nehmen und die bestehenden unterstützen. Die erste Aufgabe dieser Organisattonen soll die Verbreitung deS Wissens sein. Die Volksschulbildung ist fast überall äußerst un- genügend. Deshalb sind viele junge Arbeiter nicht imstande. BildungSkursen mit Nutzen zu folgen, da ihnen jede Vorbereitung dazu fehlt. ES ist nötig, daß sie daS Gehörte und Gelesene gut verstehen, daß sie ihre eigenen Gedanken und daS Gehörte schriftlich und mündlich korrekt ausdrücken und falsche Vorstellungen richtigstellen können. Dieses zu erreichen, ist die Hauptbedingung für jede weitere Bildungsarbeit. Wenn einmal diese Vorbereiwng da ist, dann entsteht die Frage, was soll man weiter lehren? Von der Erziehung, die der Arbeiter in diesen Jahren empfängt, ist eS abhängig, ob er den geistigen Vcrirrungen nach dem Refor- miSmus oder nach dem Anarchismus hin zugänglich sein wird, oder ob er den kürzesten Weg zu seiner geistigen Befreiung wählen wird. Es liegt also auf der Hand, daß wir dem jungen Arbeiter vor allem einen klaren Begriff von der gesellschaftlichen Entwicke- l u n g. von dem Grunde und dem Wachstum der Klassengegensätze und ihren politischen Konsequenzen geben sollen. Die wichtigsten Lehrfächer sind also: die National-