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Leider hat die Zentrumspresse den letzten Artikel Neu Manns richtig beurteilt: ein neuester Artikel dieses beispiellos lvandlungsfähigcn Politikers beweist es ganz zweifelsohne, daß Herr N a u m a n n sich in der Waylrechtsfrage auf dem Rückzüge befindet. Herr Naumann hatte nach anfänglichein Schwanken unumwunden erklärt, daß es für den Freisinn nur eine Parole gebe: die des RcichstagswahlrechtcS für Preußen. Und dies ReichstagSwahlrecht sei die Boranssctznug der ferneren Blockpolitik. Um alle Schwankenden mit fortzureißen, gelte es. zum Herbst Fanfare» zu blasen, einen Bvlkssturm zu ent- fesseln. ÜDtit all diesen Ansichten und Forderungen hat Herr Naumann bei der Masse der freisinnigen Politiker und Blätter nicht nur keine Gegenliebe, sondern sogar schroffste Zurückweisung gefunden. Die übergroße Mehrheit der inParlament undPresse führenden Freisinnspolitikcr hat mit aller Entschiedenheit erklärt, daß der Freisinn das Reichstags- Wahlrecht nicht zur Voraussetzung der ferneren Blockpolitik machen, daß er sich vielmehr auch mit einem Kompromiß- Wahlrecht zusriedcir geben und endlich auch jeden Appell an die Volks in assen vermeiden müssei Als nun Herr Naumann trotz alledem noch immer in der Hilfe" von derEinigkeit" des Freisinns phantasierte, blieb uns nichts anderes übrig, als Herrn Naumann seiner rätsel- haften Selbsttäuschung wegen zu verspotten. Allerdings, sagten wir, sei sich der Freisinneinig", aber nur in der Ab- lehnung des Naummmschen Standpunktes und der der- räterischen Absicht, gegen ein neues Klassenwahl. recht daS ReichstagSwahlrecht zu verkuhhandeln l Darauf entgegnet nun Herr Naumann abermals in einem ganz wundersamen Erguß. Hier ist er: In den Zeitungen unserer Gegner wird viel Redens davon geniacht, daß der Freisinn gegenüber der Frage des preußischen LandtagSwahlrechtS uneinig sei, und dieHilfe" wird verspottet, weil wir geschrieben haben, die Einigkeit sei vorhanden. Trotz diese? schönen und billigen Spottes halten wir unsere Be- hauptung aufrecht, daß alle Linksliberalen in der Forderung des ReichStagSwahlrechteS für den p r e li tz i s ch e n Landtag einig sind. Für die freisinnige Volkspartei ist diese Forderung im Programm festgelegt; sie ist wiederholt im Landtage zum Ausdruck gebracht worden und wird auch jetzt, so viel wir sehen, von allen Parteiblättern vertreten. Dasselbe gilt von der Freisinnigen Vereinigung und von den preußischen Bestandteilen der Deutschen Bolkspartei. Irgendeine Veranlassung, an der grundsätzlichen Gemeinschaft aller Linlsliberalen in dieser Frage zu zweifeln, liegt nicht vor, und es ist nur wohlberechncte Bosheit der politischen Gegner, wenn sie bald diesen, bald jenen Teil deS Freisinns als unzuverlässig hinstellen wollen. Die Meinungsverschiedenheiten, über die man so viel Wesens macht, sind lediglich taktischer Natur. ES werden folgende Fragen aufgeworfen: Ob«8 gerade jetzt richtig und angebracht ist. die Frage deS preußischen LandtagSwahlrechtS agitatorisch zu be. handeln oder ob es nicht richtiger ist, sie vorläufig mehr zurückzustellen, bis andere Dinge erledigt find, beispielsweise die für den Reichstag angekündigten Vor- lagen über ein ReichSvereinSgefetz, Börsenreform und vielleicht auch die R e i ch S f i n a n z f r a g e n. Ob nicht durch eine öffentliche Behandlung der Wahlrechtsfrage die Politik der Paarung gestört und da durch daS Zentrum wieder in feine frühere Macht eingesetzt werde. Man solle, so heißt eS, auf dieKonfervativen mehr Rücksicht nehmen. Daß derartige taktische Fragen erörtert werden, ist ganz in der Ordnung, und es würde ein Zeichen von politischer Interesselosigkeit sein, wenn sie nicht erörtert würden. Ueberall, wo jetzt Liberale zusammenkommen, wird naturgemäß die Lage des Liberalismus im ganzen besprochen, und es kann nicht ausbleiben, daß dabei verschiedene Meinungen zutage treten. In keiner Partei vollziehen sich folgenschwere Entschlüsie ohne Meinungsverschiedenheiten. DaranS auf innere Zwistigkeiten schließen zu wollen, ist völlig falsch. Wenn beispielsweise derVorwärts" nicht aufhört, Liberale gegen Liberale auszuspielen, so soll er doch dabei nicht vergessen, daß eS bei jeder größeren Aktion in der Sozialdemo- kratie genau ebenso zugeht. Auch dort gibt es auf Grund eines gemeinsamen ProgrammeS stets Unterschiede des Temperamentes und der taktischen Auffassung. Wenn daraus den Sozialdemo- kraten Vorwürfe gemacht wurden, so pflegten sie zu antworten, daß es für sie eine Ehre sei, ihre Meinungsverschiedenheiten rück- haltlos auszusprechen. Nichts anderes ist eS, was der Liberalismus für sich in Anspruch nimmt."... Zum Schluß stimmt dann Herr Naumann einer Aus- lassung derL i b e r a l e n K o r r e s p o n d e n z" zu. in der es heißt, daß über das Endziel der Wahlrechts bestrebungen innerhalb der freisinnigen Parteien keinerlei Meinungsverschiedenheit bestehe. Setzen wir der wunderlichen Stilübung Naumanns kurz die Tatsachen gegenüber I Herr Naumann hatte dem diplomatisiercndcn, zu einem WahlrechtLkuhhandel aus Gründen der Erhaltung der Blockpaarung bereiten Teil des Freisinns gerade seine Taktik des prinzipiellen Wahlrcchtskanipfrs gegenüber gestellt. Daraufhin wurde er von allen einflußreichen Frcisinnsblättern als Störenfried abgetrumpft. Der Freisinn wolle seine Blockruhe haben und sein Wahlrechtsschachergeschäft nicht durch prinzipielle Forderungen durchkreuzt sehen. Und da erklärt nun Herr Naumann, daß der Freisinn gleichwohl ein ehrlicher und prinzipieller Wahlrechtsfreund sei, denn daS Neichstag'ivahlrecht bilde ja einen Teil seines Programms! Als ob Herr Naumann es nicht gerade selbst als Kernpunkt der ganzen Frage bezeichnet habe, diese Programmfordcrung nunmehr einzulösen! Und daß die gesamte FreisinnSpresse nnt Ausnahme desBerk. Tageblatts" und derHilfe" sich gegen dies p r a k t i s ch e E i n t r e t'e n für die programmattsche Forderung gewendet hat, hält Herr Naumann, dieser unvergleichliche Optimist, sogar für ein erfreuliches Zeichen des Interesses für die Wahlrechtsfrage! Mit demselben Recht kann man dann auch der reationären Presse ein solches Interesse" nachrühmen, da sie ja ebenfalls gegen Herrn Naumann polemisiert hat! Begreift denn Herr Naumann wirklich nicht, daß es gar nicht darauf ankommt, daß man zur Wahlrechtsfrage Stellung nimmt, sondern wie man sich zu ihr stellt? I Das ganze krause Gerede des Herrn Naumann beweist nur das eine, daß Herr Naumann, der weiße Freisinnsrabe, sich wieder zu schwärzen beginnt, daß er in aller Form den Rückzug antritt! Der Freisinn will die Frage des RcichStagZwahlrechtS nicht zur Bedingung der Blockpolitik machen, er will keinen B o l k S st u r m entfachen, sondern kuhhandeln und sich dann für alle Verrätereicn damit herausreden, daß er ja doch im Prinzip fürs ReichstagSwahlrecht sei stehe doch diese Forderung im Programm! Daß sie dort stehen bleibt und ja nicht als Zankapfel in die Politik geworfen wird. ist die eifrigste Sorge aller freisinnigenStaatsmänner", zu denen sich jetzt auch Herr Naumann gesellt! Zeiltnim-Schschriige. In ihrer MontagZ-Abendnummer fühlt sich endlich auch die Köln . Vollsztg." veranlaßt, sich mit dem LeitartikelDaZ Zentrum und das Landtagswahlrecht" der Nr. 202 deSVorwärts" zu be schäftigen. Auf die geschichtlichen Nachweise der bisherigen Stellung nähme der Zentrumsführer zu der Forderung eines allgemeinen. gleichen, direkten und geheimen Wahlrechts für Preußen läßt sich das klerikale Blatt vorsichtigerweise gar nicht ein. ES beschränkt sich daraus, den betteffenden Artikel als eine lediglich auf die Herauslockung und VorwärtStreibung des Zentrums berechneteF u ch§ p r e d i g t hinzustellen und mit folgendem Räsonnement zu antworten: Wir müssen zunächst ftagen, wo denn eineWahlrechts- bewegung" besteht? Herr Naumann schrieb einen Zeitungsartikel, der zuerst bei feinen Freunden Zustimmung fand, heute aber ganz allgemein verleugnet wird. Bei den Sozialdemokraten sehen wir auch nichts als ZeituckgSartikel; in der ZemrumSpresse ist es ebenso. Aber eineWahlrechtsbewegung" ist vorerst nicht vorhanden, und ob sie im Herbsie eingeleitet wird, wollen wir ganz ruhig abwarten. DaS Zentrum kennt seinen Weg und die Arbeiter, die zu ihm halten, wisjeu daS auch; auf eine Belehrung von sozialdemokratischer.Seite verzichten sie gern. Das Organ der evangelischen Arbeitervereine in Berlin und deS Nationalen ArbeiterwahlanSschnsseS(Sitz Hessen )Die Arbeit meint gegenüber den sozialdemokratischen Versuchen ganz gelassen Die Sozialdemokratie mag sich beruhigen. Wir glauben, daß die Führer der Zentrums- wie die der christlich-sozialen Partei den Wünschen und dem Drängen der Arbeiter Rechnung tragen werden, wie sie ja das bisher in anderen Fragen auch getan haben."... In Arbeitcrkreisen beurteilt man also diese bedeutsame Frage ganz nüchtern; es ist freilich s e l b st v e r st ä n d l i ch, daß die zum Zentrum haltenden Arbeiter von ihrer Partei ein zielbewußtes Arbeiten für die Wahlrechtsreform fordern. Wenn e i n Arbeiter im ganzenAbgeordnetenhausesitzt, so ist daS ganz ungenügend die Arbeiterschaft hat ein Anrecht auf erhöht Berücksichtigung. DaS Zentrum erkennt dies an und wird mehr Arbeiter schon bei den kommenden Landtags wählen als Kandidaten aufstellen. Da die Zahl der Doppelmandate verringert werden muß, so wird eine ganze Reihe von Stamnisitzen im Zentrum frei. ES ist Sache der Wahlkomitees, sich jetzt schon nach tüchtigenArbeiter kandidaten umzusehen." Die Herren sind recht gewandte Diplomaten. Zuerst stellen sie sich, als bemerkten sie nichts von einer Wahlrechtöbcwegung. und dann schieben sie die ganze Wahlrechtsfrage auf ein Neben gleise, indem sie die Forderung, daß dem Arveiter daS Recht eingeräumt werde, bei den preußischen LandtagSwahlen in gleichem Maße seiner Meinung Geltung zu verschaffen wie der Besitzende. mit der Frage identifizieren, ob eS sich nicht für die Politik deS Zentrums empfehle, unter ihre Landtagskandidaten noch ewige Handarbeiter mehr aufzunehmen. Dieses absichtliche Zusammenwerfen der beiden Fragen mag vom Zentrumsstandpunkt ganz geschickt sein; doch zweifeln wir daran, daß die Herren Zentrumsdiplomaten mit diesem Trick unter den katholischen Industriearbeitern den erhofften Erfolg haben werden. Der intelligente Arbeiter, auch der katholische, verlangt, daß seine Stimme in gleichem Maße zählt und gilt, wie die Slinime dessen, der durch Fleiß, rücksichtslose Ausnutzung der Arbeitskraft anderer oder durch Zufall in den Besitz eines großen Vermögens gelangt ist. nicht aber, daß da und dort unter Hunderten von Kandidaten anderer Berufe auch einige Personen, die sich durch Handarbeit ernähren oder einmal ernährt haben, in das preußische Abgeordnetenhaus gewählt werden._ Der 49. fahreskongreß der britischen Crade-llnions. London , 31. August.(Eig. Ber.)' Am 2. September tritt in Bath der 40. Jahreskongreß der britischen Gewerkschaften zusammen. ES nehmen an ihm S18 Delo gierte teil, die 1 700 000 Arbeiter vertreten. Unter den Deto gierten befinden sich 34 Parlamentsabgeordnete, 26 Friedens richter, 17 Gemeinderäte und 3 Ald'ermen, die selbstverständlich gleichzeitig Gewerkschaftsmitglieder sind. Dem Kongresse liegen zahlreiche Resolutionen der verschiedenen Gewerkschaften vor, die das ganze wirtschaftliche und politische Leben der Arbeiterklasse betreffen. Von den Resolutionen dürften folgende erivähnenS� wert fein: Ausländische Streiks: Der Kongreß spricht den schärfsten Tadel über diejenigen britischen Arbeiter aus. die sich dazu het geben, in den Dienst kosmopolitischer Gesellschaften zu treten, um ausländische Arbeiterstreiks zu schädigen; der Kongreß ist der An ficht, daß diese Machinationen von den kapitalistischen Syndikaten absichtlich unternommen werden, um die Arbeiter der verschiedenen Länder gegeneinander zu Hetzen und der allgemeinen Tendenz der Arbeiter der Welt, kameradschaftlich miteinander zu leben und sich auf internationalem Wege gegenseitig zu unterstützen, ent- gegenzuwirken. Der Lkongreß beantragt, daß die Regierung eine Vorlage im Parlament einbringt, die die Grundsätze der ForeiZn Enüstment Act auf ausländische Streiks ausdehnt, um diejenigen zu bestrafen, die Streikbrecher-Expcditionen nach anderen Staaten ausrüsten, und um der Möglichkeit internationaler Konflikte bor- zubeugen, die aus derartigen gefährlichen Verschwörungen ent- stehen können.(Die Gewerkschaft der Erdarbeiter, Bauarbeiter und Tagelöhner.) Das OberhauS: Der Kongreß verurteilt die Handlungsweise des Hauses öer Lords, welches Vorlagen verwirft, die von den Ver- tretern des Volkes im Unterhause angenommen und auch vom Lande gebilligt werden. Die Handlungsweise der Lords hindert den politischen Fortschritt und die soziale Hebung deS Volkes. Wir fordern die Regierung auf, Maßnahmen zu ergreifen, die entweder zur Abschaffung oder zur Beschränkung der Macht deS privilegierten Hauses führen, um auf diese Weise daS Hindernis hinwegzu- räumen, das der Ausführung des Volkswillens im Wege steht.(Die Gewerkschaft der Zigarrenarbeiter.) Tägliche Arbeiterzeitung: Der Kongreß beauftragt daS Paria- mentarifche Komitee, eine Spezialkonferenz der Gewerkschaften einzuberufen zum Zwecke der Beratung über die Mittel und Wege, eine tägliche Arbeiterzeitung zu gründen.(Der Verein der Lon- doner Buchdrucker.) Allgemeines Wahlrecht: Der Kongreß ist der Ansicht, daß die Zeit reif fei für die Einführung des allgemeinen Wahlrechts für alle erwachsenen MännerundFrauen, und erklärt sich gegen eine weitere Ausdehnung des Zensuswahlrechts. DaS Parla- mentarifche Komitee wird beauftragt, in der nächsten Parlaments- rifchen Tagung eine Vorlage betreffend das allgemeine Wahlrecht einzubringen.(Die Union der Ladengehülfcn.) Heimarbeit: Da der Kongreß überzeugt ist, daß die niedrigen Löhne der Heimarbeiter eine beständige Gefahr für die organisierten Arbeiter bilden, so fordert er die Regierung auf, einen gesetzlichen Minimallohn für die Heimarbeiter festzulegen. i(Mgemeiner Verband der weiblichen Arbeiter.) Ladenschluß: Angesichts des Mißerfolges des im Jahre 1904 erlassenen Gesetze? betreffend frühzeitigen Ladenschluß, billigt der Kongreß die von den LadeugehülfenTTürch Sir Charles Dille ein- gebrachte Vorlage, welche die Arbeitszeit der Ladengehülfen auf 60 Stunden die Woche festsetzt.(Die Union der Ladengehülfen.) Alterspenüonen und 1. Mai: Das Parlamentarische Komitee wird beauftragt, einen Tag festzusetzen, an dem alle Arbeiter in Stadt und Land für die gesetzliche Einführung von Pensionen für die Veteranen der Arbeit demonstrieren sollen.(Der Verband der Messingarbeiter.) Der Demonstrationstag soll der 1. Mai sein.(Die Union der Geschäftsbuchbinder.) Ferner die alljährlich wiederkehrenden Resolutionen über Acht- stundcntag, obligatorische Schiedsgerichte bei gewerblichen Kon- flikten, Fabrikarbeiterschutz, Verweltlichung der Schule, Arbeits- losigkcit und Sozialismus, Behausung der Arbeiter usw. Marokko. Am 1. September haben die französischen Truppen ein neues Gefecht mit den Marokkanern provoziert, das diesen schwere Verluste beigebracht haben soll, jenen sechs Tote gc- kostet hat. Die Affären werden also für die Franzosen blutiger, doch sind ihre Verluste nach wie vor verhältnismäßig gering. Ob die Kriegsschiffe angegriffen haben, wird nicht gemeldet. Die Zeit rückt heran, wo die periodischen Stürme der marokkanischen Küste die Kriegsschiffe zwingen werden, die Ankerplätze zu verlassen, sodaß für das Landungscorps der Schutz und Beistand ihrer weitttagenden Kanonen fortfällt. Nach französischer Darstellung ist die Regierung zu Paris über die nächsten Schritte noch unentschlossen; sie zieht danach vor, die Dinge sich selber weiter entwickeln zu lassen. Indes dauert die Sendung von Verstärkungen an. Die folgenden Meldungen sind zu verzeichnen: Casablanca, 3. September. Eine Aufklärungsabteilung verließ das Lager vorgestern 1 Uhr nachmittags und stieß gegen 3 Uhr auf den Feind. Nachdem sie Verstärkungen erhalten hatte, brachte sie den Marokkanern große Verluste bei, in deren Gefolge, wie unbestätigte, aber glaubhafte Gerüchte besagen, die Mahalla von Taddert zerstreut worden ist. Die Franzosen hatten sechs Tote, darunter einen Offizier. Paris , 3. September. DemMatin" wird aus Casablanca gemeldet, daß die Stämme gaer und Tadla sich den gegen General Drnde im Felde stehenden Kabylcn anschließen. Die beiden Stämme verfügen über zwölf alte Kanonen, welche vom ftüheren Sultan Mulay Hassan in Bamaler zurückgelassen worden waren. Der Kriegsmini st er und der K o l o n i a l m i n i st e r haben derDepöche coloniale" zufolge vereinbart, eine Brigade Kolonialtruppen und ein aus Reservisten zu bildendes Regiment sudanesischer Schützen für Marokko bereit zu halten. London , 2. September. (Meldung deS Reuterschen BureanS.) In Casablanca werden heute zwei weitere Bataillone Schützen erwartet. Die Lage in Mazagan wird sich ver- mutlich in den nächsten Tagen kritisch gestalten. Im dortigen Zoll- hause lagern zwei Millionen Patronen, die Mulay H a f i d ausgeliefert haben will. Die Munition gehört der marol- kanifchen Negicrnng, aber da die Stadtbevölkerung zu Mulay Hafid hält, so möchte diese sie Mulay Hafid auSgeliefen sehen. Die fran­ zösischen Behörden sind entschlossen, die Fortschaffuna der Patronen mit Gewalt zu verhindern und möchten sie an Bord eines Kriegs- p ichiffeS schaffen. Man besürchtet aber, daß ein derartiger Versuch zu Feindseligkeiten mit der Bevölkerung führen würde. London , 3. September. Man besürchtet, daß die jetzt bald ein- setzenden Stürme die Kriegsschiffe zwingen werden, ihre Ankerplätze zu verlassen, so daß ihre Geschütze'nicht mehr wirken können, da ihre Scheinwerfer nicht mehr fähig sein werden, die Gelände zu beleuchten. Aus Larrasch wird demselben Blatte vom 1. September ge- meldet: Die letzte europäische Familie,' die FeS verlassen hat, ist heute hier angekommen. Sie besteht aus der Frau des deutschen Arztes Cohen mit drei Töchtern und zwei Söhneu. Dr. Cohen ist auf Bitten der Eingeborenen in FeS verblieben, die ihn ersuchten, die Stadt nicht ohne Arzt zu lassen. London , 3. Septeniber. Wie berichtet wird, hat Mulay Hafid 2000 Reiter um sich versammelt und wartet weitere Ver- stärlungen ab, um nach Casablanca vorzurücken. Es heißt, daß er nicht gegen die Franzosen vorgehen werde, sondern nur alsVer mittler zwischen den Franzosen und den sie umlagernden Stämmen auftreten wolle. Paris , 2. September. (Meldung der Agence HavaS.) Die Minister hielten heute abend eine Besprechung über die marokkanischen Angelegenheiten ab. Der Ministerpräsident erklärte auf eine Frage über den Verlauf, daß man sich zu keiner b e st i m in t e n Aktion entschlossen habe. General Drude und Admiral Philibert hätten das volle Vertrauen der Regierung. eS könne ihr nicht einfallen, ihnen den Plan ihrer Operationen vorzuschreiben. Paris , 3. September. Blättermeldungen aus Tanger zufolge haben sich alle Berg stamme mit Raisuli vereinigt, dessen Macht dadurch erheblich verstärkt worden ist. IPditllcbe(leberfickt. Berlin , den 3. September 1907, Flotten-Spahn und nationales Spähnchen. Bekanntlich hat ja Herr Peter Spahn . Zentrumsdiplomat und Oberlandesgerichtspräsident in Kiel , sich kürzlich der Mühe unter- zogen, den durch die ultramontane Kolonialopposition ramponierten Zylinder des genttumS wieder aufzubürsten. Herr Spahn hat ein mariuistisch.'S Bekenntnis abgelegt, dessen sich der enragiertefie Flottenvereinler nicht zu schämen braucht, was ja von den Flotten- vereinlern nicht ohne Anflug von Neid zugestanden wurde. Nun erzählt dieVossische Zeitung" ein pikantes Geschichtchen, wie Herr Spahn bereits im Juni dieses Jahres die neue über- marimstische Aera des Zentrums einzuleiten versuchte. Als im Juni Mitglieder des Bundesrats und des Reichstages eine Marincreklamereise nach Kiel antraten, nahm auch Herr Spahn als Mitglied der Budgeikommiffion an dieser marinistischen Exkursion teil. Aber er benutzte nicht nur die Gelegenheit, sich für seine nun im August vom Stapel gelassene Rede vorzubereiten, sondern er lud auch die in Kiel anwesenden Mitglieder des Bundesrats, die Ver- treter deS RcichSmarincamtS und sämtliche an der Spritztour be- teiligten ReichStagSabgeordnetcn zu einem Feste ein, das er, das Mitglied einer'niedergerittenen" Oppositionspartei, zur Feier deS TageS und des löblichen Zweckes der Marine- reklame veranstaltete. Wie die.Vossische Zeittnig" erzählt, nahmen sämtliche Geladenen an dem Feste teil, in dessen Ver- lauf Herr Spahn auch seinen Sohn, den Straßburger Pro- essor, den Erschienenen vorstellte. Am Tage darauf, bei einer Abschiedsfeier, nahm Herr Spahn Veranlassung zu einer Redein den gehobenen Tönen". Herr Spahn, der noch recht neu- b a ck e n e Kieler OberlaudeSgerichtSpräsident. stellte sich in dieser Rede den Versammelten alsMann von der Waterkant" vor. Er Herr Peter Spahn aus Winkel im Rheingau " gebrauchte mit