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Nr. 209. 24. Jahrgang. 2. DeillW des Jotaiirts" Kerlim WKsdlR Zounabend, 7. September l907. Partei-?ZngelegenKeiten. Zur Lokalliste. Am Sonnabend, den 7. September, veranstalten die GesangvereineLiederhain".Eintracht II" und B e l- C a n t o"-Lichterfelde in dem gesperrten Lokal Hertels Schützen haus", Lichterscldc. Zehlcndorferstrahe 5, ein Konzert mit anschließendem Tanz. Da nach den uns gemachten Mitteilungen obengenannte Vereine fast ausschließlich aus Arbeitern bestehen sollen, mithin sich auch das Absatzgebiet für den Billett- verkauf in der Hauptsache auf Arbeiterkreise beschränkt, so ersuchen wir, alle etwa angebotenen Billetts zu obigem Vergnügen e n t schiedenzurückzuweisen. Gleichzeitig machen wir die Mit glieder obiger Vereine, soweit dieselben der politischen Organisation angehören sollten, auf die eventuellen Folgen eines Bohkottbruchcs aufmerksam. Die Lokalkommission. «Zcißensee. Die nächste Versammlung des Sozialdemokratischen Wahlvereins findet am Montag, den 9. September er., abends 8Vs Uhr im Vereinshause, Charlottenburgerstrahe 159, statt. Auf der Tagesordnung steht u. a. der Bericht vom Internationalen Kongreß zu Stuttgart . Zahlreichen Besuch erwartet Der Vorstand. »cowawes. Am Mittwoch, den 11. August, findet die Versamm- lung des Sozialdemokratischen Wahlvereins im Lokal des Herrn Schmidt(Deutsche Festsäle) Wilhelmstratze 3, statt. Reichstags- abgeordneter Fritz Zubeil spricht über:Agitation, Religion und Sozialdemokratie." Gäste, auch Frauen haben Zutritt. Auch werden neue Mitglieder aufgenommen. Zahlreichen Besuch erwartet Der Vorstand. Zossen . Wir machen nochmals auf das am Sonntag, den 8. September, stattfindende Sommerfest des Wahlvereins�aufmerk- sam. Für Unterhaltung für Alt und Jung ist reichlich Sorge ge- tragen. Der Vorstand des Wahlverems. berliner ZVaclmcKten. Zur Eisenbahnkatastrophe in Strausberg . In der vergangenen Nacht ist es dem Kriminalkommissar Weiß gelungen, den Verfertiger des bei Strausberg gefundenen Schlüssels zu ermitteln. Es ist der Schlossermeister Haube, Große- siratze 79 in Slrausberg. In der Werkstatt desselben erschien am 28. August zwischen 6 und 7 Uhr nachmittags ein Mann im Alter von 23 bis 25 Jahren und forderte den anwesenden Schlosser- gesellen Reglin auf, ihm einen Schraubenschlüssel anzufertigen. Er gab sich als Chauffeur aus, dessen Automobil außerhalb Straus- berg liege; er erzählte, er habe die Absicht, in der Richtung nach Nchfelde weiter zu fahren und forderte einen großen sogenannten Maulschlüssel. Der Geselle legte ihm mehrere Schlüssel vor, die ihm alle zu klein waren, er sagte, er müsse einen großen Schlüssel haben. Reglin bedeutete ihm, daß er einen derartigen nicht ver- kaufen könne, da er ihn nicht vorrätig habe. Darauf sagte der Fremde, er möchte ihm einen Schlüssel anfertigen. Er zeigte ihm die Größe, die der Schlüssel haben müsse, indem er Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand zusammenlegte. Als der Geselle fragte, wie lang der Schlüssel sein solle, gab der Unbekannte an einer in der Werkstatt befindlichen Eisenstange die Länge des- selben an. Während der Geselle arbeitete, fragte der Fremde nach einem Bäcker und einem Fleischer und entfernte sich darauf. Er begab sich zu dem Bäcker Lack und zu dem Schlächter Kleinschmidt. Der ebenfalls in der Werkstatt anwesende Arbeiter Prewitz sagte zu Reglin, er glaube, daß der Mann nicht wiederkommen würde. Nach zehn Minuten jedoch kehrte der Fremde zurück und drängte zur Arbeit. Als er endlich den Schlüssel erhalten hatte, bezahlte er ihn mit 75 Pf. in kleinem Gelde, was er aus der Westentasche hervorholte. Tarauf entfernte er sich, kehrte aber nochmals zurück und forderte von dem Gesellen, daß der Schlüssel noch gerichtet, d. h. etwas gebogen werden müsse. Diesem Wunsche kam der Geselle auch nach. Als er die Wcrkstätte nunmehr verließ, sah ihn noch der Meister Haube, der in diesem Moment den Raum betrat und dem Gesellen noch Vorwürfe machte, daß er den Schlüssel, der ein Gewicht von etwa zwei Kilo hatte, für 75 Pf. abgegeben hatte. Der mußmatzliche Täter trug ein unruhiges Wesen zur Schau. Bei sich führte er einen sechsläufigcn Revolver mit Holzschale. Er trug einen schwarzen, steifen Filzhut mit kleiner, niedriger Krempe und hatte den Hut ins Gesicht gedrückt. Er hatte einen auffallend großen Mund und sprach den Dialekt der Gegend. Er selbst rauchte Zigaretten und schenkte Reglin und Prewitz Zigarren, als er das Lokal verließ. Rätselhaft ist der Verbleib des Bankiers Naschützky aus Königsberg. Dieser ist. wie seine Frau telegraphiert hat, mit dem Zuge 6 von Königsberg abgefahren. Er wollte in Berlin einen Geschäftsfreund treffen und dann den Bankicrstag in Hamburg besuchen. Nun ist er aber weder hier bei dem Geschäftsfreund gc- Wesen, noch in Hamburg angekommen. Es handelt sich um einen mittelgroßen Mann mit starkem, langem, weißem Schnurrbart. Gestern nachmittag wurden Beamte, Arbeiter, Feuerwehr- männer usw., die an der Unglücksstclle und auf dem Bahnhof Strausberg gewesen sind, darüber vernommen, ob ein solcher Mann in der Unglücksnacht gesehen worden ist. Nun wollen in der Tat mehrere Personen ihn unter den Reisenden, die unversehrt blieben, gesehen haben. Er sei auch auf dem Bahnhof Strausberg noch gewesen. Ob er jedoch von dort abgefahren oder zu Fuß gegangen ist, kann niemand sagen. Um nichts zu unterlassen, suchte man gestern nachmittag in Gegenwart eines Sohnes, der in Spandau Offizier ist, und des Berliner Geschäftsfreundes noch einmal die Trümmer des Zuges genau ab, jedes Abteil und jeden Winkel. Aber man fand auch jetzt nicht die geringste Spur eines verbrannten Körpers. Nach allen Aussagen brannten die Wagen auch nicht so schnell ab, daß sich nicht jeder Reisende hätte retten oder von anderen hätte gerettet werden können. Wir teilten schon mit. daß sich die nicht verletzten Fahrgäste sofort daran machten, die anderen aus den Wagen herauszuholen. Daß die Wagen nicht sehr heftig brannten, lag zumeist daran, daß es stark regnete. Auch der junge Herr Naschützky ist zu der Ueberzeuguna gekommen, daß sein Vater nicht verbrannt ist. Ebenso der Geschäftsfreund. Vielleicht hat der Mann, wie mancher andere Reisende auch, einen Nerven- stoß bekommen und irrt unter dessen Wirkung planlos umher. Kein Platz in de» Krankenhäusern: lieber die Srvweisungen Kranker, zu denen die Kranken» häuserunsererStadtgemeinde sich genötigt sehen, be­richteten wir kürzlich auf Grund der Abweisungsstatistiken, die der KrankenhauSdeputation von Zeit zu Zeit vorgelegt werden. Wir teilten mit, daß in dem Vierteljahr Januar bis März d. I. zusammen 2962 Ab- Weisungen erfolgten, aber nur für 169 Fälle zugegeben wurde, es seikein Platz" dagewesen. Inzwischen haben wir Kenntnis erhalten auch von der Abweisungsstatistik, die das Vierteljahr April bis Juni d. I. betrifft. Wir ersehen aus ihr, daß zwar die Gesamt- zahl der Abweisungen auf 1271 gesunken, die Zahl der Ab- Weisungen wegen Platzmangel aber auf 274 gestiegen ist. Wie soll man sich diese Wandlung erklären? Bisher wurde doch im Rathause vom Magistrat und den Wortführern der freisinnigen Stadtverordnetenmehrheit uns Sozialdemokraten regelmäßig entgegen- gehalten. Platzmangel in Krankenhäusern zeige sich höchstensmal im Winter, im Sommer sei das etwas völlig Unbekanntes. Hier aber scheint aus der amtlichen Statistik hervorzugehen, daß diesmal der Platze mangel zum Sommer hin sogar noch fühlbarer geworden ist. Im einzelnen ergibt für die sechs Monate der beiden Viertel jähre die Statistik ein sehr lehrreiches Bild. Abweisungen wurden gezählt: im Januar 943. im Februar 672, im März 447, im April 447, im Mai 419, im Juni 414. Die Abweisungen erfolgten mit fünf verschiedenen Begründungen: KrankenhauSbehandlung nicht erforderlich",Ungeeignet wegen der Krankheitsform",Aufnahme nicht dringend",Kein Platz",Trunkew heit". Uns interessieren besonders die Abweisungen solcher Kranken, deren Aufnahmenicht dringend" gewesen sein soll, und solcher. denen trotz aller Dringlichkeitkein Platz" gewährt werden konnte. In den sechs Monaten erfolgte Abweisung, weil die Auf nähmenicht dringend" war. in 697, 494, 399, 277, 198. 169 Fällen, d. h. in rund 74, 73,/2, 69, 62, 48, 41 Proz. aller Abweisungen. Die Zahl dieser Abweisungen ist unbegretflich hoch. Wir haben schon kürzlich hervorgehoben, daß sicherlich fast jedem der mit solcher Begründung Abgewiesenen von seinem Arzt die Dring lichkeit der Aufnahme bescheinigt war, und daß ein Anstaltsarzt dieses Urteil von Rechts wegen nicht bemängeln sollte, da e r ja nicht die Wohnungs- und Pflegeverhälwisse der Aufnahmesuchenden aus eigener Anschauung kennt. Immerhin ist in dieser Zahlenreihe ein bedeutender Rückgang zu bemerken ein so be- deutender, daß er manchen nicht tvenig überraschen wird Sogar der Prozentanteil hat erheblich abgenommen. Der Rathausfreisinn, der immer wieder die Krankenhausnot wegzubeweisen sucht, wird uns erwidern wollen, im Sommer seien eben die Kranken weniger als im Winter dazu geneigt, wegen geringer Anlässe so gleich ein Krankenhaus aufzusuchen. Da empfehlen wir die Beachtung auch der folgenden Zahlenreihe, die ein interessantes Seitcnstück zu jener anderen bildet. In den sechs Monaten Januar bis Juni d. I. erfolgte Abweisung, weil«kein Platz" da war, in 86, 53, 31, 79, 83, 116 Fällen, d. h. in rund 9, 8, 7. löHz. Ll'/z, 28 Prozent aller Abweisungen. Woher kommt es wohl, daß der Anteil dieser Abweisungen vom März bis zum Juni von 7 Proz. auf 28 Proz. angeschwollen, also auf das Vierfache gestiegen ist? Man muß geradezu annehmen, daß in der wärmeren Jahreszeit, wo der Zudrang zu den Krankenhäusern etwas nachläßt, also auch die Not wendigkeit der Abweisung nicht so dringend ist, die Krankenhaus- ärzte weniger rasch als ün Winter bereit sind, daS UrteilAuf- nähme nicht dringend" zu fällen. Trifft diese Annahme zu, so wissen wir, waS von den Abwcisungsstatistiken der Winterquartale und im besonderen von der Spärlichkeit der Abweisungen wegen Platzmangel zu halten ist. Es ist gleichgültig, ob die Aerzte bewußt oder unbewußt den Begriffschwer krank" je nach der Jahreszeit und dem Zudrang bald enger bald weiter fassen. Die Wirkung für die Abgewiesenen bleibt dieselbe. Für die Abgewiesenen bedeutet es auch keinen Unterschied, ob man ihnen sagt, ihre Ausnahme seinicht dringend", oder man bekennt, daßkein Platz" da ist. Oberbürgermeister Kirschner hat allerdings in der Stadtverordnetenversammlung einmal unter dem Beifall der Freisinnigen erklärt, auch bei der Rubrikkein Platz" sei eigentlich die Aufnahme noch nicht dringend genug gewesen, nicht so dringend, wie bei etwaigen noch dringenderen Fällen, die noch hätten kommen können und für die man den Platz habe reservieren müssen. So beweist der Freisinn, daß in den Krankenhäusern unserer Stadtgemeinde niemalskein Platz" ist k_ Etwas mehr Gewissenhaftigkeit, Herr Pastor!" In dem Artikel, den wir unter dieser Ueberschrift in Nr. 298 veröffentlicht haben, ist ein Fehler zu berichtigen. Aus dem Satz:Seine Wohnung muß von dein Mädchen, daS in der Charitö entbunden wurde, dort nicht richtig augegeben worden sein", ist wegzustreichen das nicht", durch das der Sinn des Satzes in sein Gegenteil verkehrt worden ist. Aus dem Fenster gestürzt. Ein aufregender Vorfall hat sich gestern abend in der Pank- straße zugetragen. Während die in der Pankstr. 42a wohnhafte Ehe frau Rechenberg Einkaufen gegangen war, kletterte ihr vierjähriges Töchterchen auf die Fenfterbrüstung hinauf und stürzte, das Gleich gewicht verlierend aus der Höhe des zweiten Stockwerks auf die Straße hinab. Kaum war dies geschehen, so kletterte auch das drei- jährige Töchterchen der R. auf die Brüstung und neugierig sah es auf die Straße, wo die Schwester mit zerschmetterten Gliedern auf dem Bürgersteig lag. Die Kleine beugte sich weit vor und jeden Augenblick drohte sie ebenfalls auf die Straße hinab zu stürzen. Zahlreiche Passanten hatten sich inzwischen vor dem Hause angesammelt und durch Zurufe versilchten sie das Kind dazu zu bewegen, daS Fenster zu verlassen. Die Kleine beugte sich immer weiter vor und zweifellos wäre sie ihrer Schwester nachglstürzt, wenn nicht die Mutter im letzten Augenblick zurückgekommen wäre und sie vom Fenster fortgerissen hätte. Das abgestürzte schwerverletzte Töchterchen der R. wurde in bedenklichem Zustande in das städttsche Kinderkrankenhaus in der Reinickendorfer- straße gebracht._ Der Brand desLiktoria-Speichers" in der Köpenickerstraße kostet der städtischen Feuer-Sozietät rund 699 999 M. und der des Speichers an der Mühlenstraße im Frühjahr d. I. rund 259 999 M. Infolge dieser beiden und mehrerer anderer Brände müssen die Beiträge der Hausbesitzer für die städtische Feuer-Sozietät beträchtlich erhöht werden. Zcntralverein für Arbeitsnachweis. Die Abteilung für Haus- angestellte des Zentralvereins für Arbeitsnachweis beantwortet zahl- reiche an sie gerichtete Anfragen dahin, daß die bisher bestehende Vermittelnngsstelle Gormannstr. 13 weiter in Tätigkeit bleibt. Der Verein ist durch eine erhöhte Subvention der Stadt Berlin in die Lage versetzt, in der L i n k st r a ß e eine Filiale zu eröffnen, die ins- besondere den Hausfrauen und Hausangestellten zugute kommen soll, denen eine zu große Entfernung vom Zentrum die Benutzung der Vennittelungsstelle in der Gormannstr. 13 erschioert oder unmöglich macht. Die Mitglieder sind in gleicher Weise berechtigt in der Gormannstraße wie in der nenzueröffnenden Abteilung Linkstraße 11 auf ihre Mitgliedskarte hin Personal zu mieten. Für Stellensuchende ist die Vcrmittelung hier wie dort eine völlig kostenlose. Ei» Leichrnfund, der anscheinend auf einen Kindesmord zurück- zuführen ist. ist gestern am Schönholzrr Bahnhof gemacht worden. An der Böschung war von einer unbekannten Frauensperson ein Paket niedergelegt worden, das den Leichnam eines mehrere Tage alten Knaben enthielt. Eingehüllt war der tote Körper in zwei schwarzgraue Schürzen, eine Bluse und in graues Packpapier mit der Adresse Frank, Brunnenstr. 61. Die Leiche wurde nach dem Schauhanse gebracht, damit dort durch die Obduktion festgestellt werde, ob das Kind eines natürlichen Todes gestorben oder gewalt- sam getötet worden ist. Bor die Lokomotive geworfen. Einen schrecklichen Selbstmord- versuch unternahm vorgestern ein unbekannter etwa 45 jähriger Mann. In der Nähe des Potsdamer Bahnhofes warf(ich der Lebensmüde vor die Lokomotive eines einfahrenden Vorortzuges. Die Maschine ging teilweise über ihn hinweg und richtete ihn entsetzlich zu. In hoffnungslosem Zustande wurde der Selbstmordkandidat, in dessen Tasche man eine Fahrkarte Berliu-Potsdam vorfand, nach dem städtischen Krankenhause gebracht. Ein Opfer seiner Knrzsichtigkeit ist der Töpfer Hermann Grunwald aus der Chausseestr. 38 geworden. Gestern nachmittag war er im Begriffe gewesen, nach der im Kellergeschoß belegenen Wohnimg zu gehen. Infolge seiner Kurzsichtigkeit sah er nicht den ersten Treppenabsatz und stürzte kopfübw die Treppe hinunter. In bewußtlosem Zustande fanden später Hausbewohner den Verunglückten auf dem Treppenflur liegen. Grunivald hatte sich bei dem ver- hängnisvollen Sturz so schwere innere Verletzungen zugezogen, daß er in fast hoffnungslosem Zustande in die Charits eingeliefert wurde. Festnahme von Telcgraphendrahtmardern. Ein gefährliches Klee- blatt ist durch die Polizei unschädlich gemacht worden. Vor einige» Tagen wurde in Vogelsdorf ein ungewöhnlich dreister Telephondrnht- diebstahl ausgeführt. Drei junge Männer waren mit einem zwei- spännigen Fuhrwerk vor einem Restaurant vorgefahren und sie er- klärten, sie würden in dem Lokal übernachlen. Am nächsten Morgen waren sie mitsamt dem Wagen spurlos verschwunden. Das Trio hatte während der Nacht einen großen Drahtdiebstahl verübt und die schwere Beute in dem Wagen fortgeschafft. Die Kriminalpolizei ermittelte in den Tälern die 19 Jahre altenHändler" Julius Fischer und Otto Reumann, sowie den 21jährigen Kutscher Artur Laube aus Rixdorf. Ohne Wissen seines Vaters hatte sich L. dessen Wagen angeeignet und war mit seinen Diebesgescllen davongefahren. Ncumann war von der Behörde schon seit längerer Zeit wegen der verschiedensten Straftaten gesucht worden. Wegen einer Gasexplosion wurde am Freitag die Feuerwehr nach der Schützenslr. 73/74 alarmiert. Dort wird zurzeit ein Laden umgebaut, GaSröhren gelegt und dergleichen Arbeiten mehr. Als der Monteur die Leitung nachsah, erfolgte die Explosion. Fenster- scheiben und der Putz von den Decken, Wänden usw. wurden zer- trllmmert. Der Monteur Wilhelm Bugge erlitt Brandwunden an Gesicht und den Händen, die er sich in der Unfallstation verbinden lassen mußte. Die Maurer Josef Freund und Friedrich Krüger kamen mit leichteren Verletzungen durch GlaSsplitter davon. Wer war der Tote? Am 28. Juli 1997 wurde bei der Schneidemühle Dombrowka, Landkreis Posen, in einem Kieferndickicht die schon sehr stark in Ver- wesung übergegangene Leiche eines etwa 26 Jahre alten ManneS, dessen Gesicht völlig unkenntlich war, aufgefunden. Der Verstorbene war 1,63 Meter groß, kräftig, hatte dunkelblondes Haupthaar, ge- sunde Zähne, jedoch fehlte oben rechts, sowie unten rechts und unten links je der zweite Backenzahn. Bekleidet war der Verstorbene mit einem gut erhaltenen schwärzlichen Kamm« aarnanzug, grauwollenen Socken, weißem Nachthemd, Schnür- schuhen, Chemisett mit vier weißen Läugsstreifen, hohem weißen Stehkragen, grün, gelb, blau und weißgestreiftem langen Schlipse mit einer Nadel mit GlaSeinsatz, grau- grünem Lodenhut mit hellgrünem Bande und vier Knöpfen. lieber der Leiche lag ein kleines schwarzes Notizbuch mit einem Tintenstift. Auf der Innenseite deS Umschlages befindet sich der Vermerk:Rechnung. Wäsche bezahlt 17,85 M.. 7. 1. 1997. Außer- dem befindet sich in dem Buche ein Lied, daS von dem vor Jahren in Löbtau bei Dresden stattgehabten Streik handelt und mit den Worten:In Löbtau sitzt bei ihrem Kinde die Frau des Arbeits- mannes und weint" beginnt. Personen, welche über die Persönlich- keit deS Unbekannten Auskunst geben können, werden gebeten, ihre Wahrnehmungen der Kriminalpolizei oder einem Polizeirevier mündlich oder schriftlich zu den Akten 6497 IV 41. 97 mitzuteilen. Die Großhändler der Zentralmarkthalle haben eine Agitation eingeleitet, um ihre lange Arbeitszeit einzuschränken. Sie ver- sammelten sich am Freitagabend zur Besprechung ihrer Angelegen- heiten in Drälels Festsälen. Die Engros-Standinhaber müssen jetzt um 3 Uhr morgens schon am Platze sein und bis 19 Uhr arbeiten und abends in der Zeit von 5 bis 7 Uhr. Dies gilt für die Zeit vom 1. April bis 31. Oktober; vom 1. November bis 31. März ist die Arbeitszeit für den Großhandel von 4 bis 19 Uhr morgens und abends von 5 bis 7 Uhr; für den Fleischgroßhandel gilt nur die Zeit des Morgens. Die Händler behaupten, daß ihre markt- freie Zeit des Tages über vollständig ausgefüllt wird mit Aus- ladungcn von Waggons und anderen Arbeiten und daß sie oft noch ihre Abrechnungen in der Nacht vornehmen müssen. Sie verlangen eine Acnderung ihrer Marktzeit während des Winters, wo sie es als besonders schwer empfinden, daß schon um 3 Uhr morgens die Hallen geöffnet werden. Zugleich versprechen sich die Händler ein besseres Geschäft während der kürzeren Zeit. Die folgende Resolution wurde angenommen: Die am 6. September, abends 714 Uhr, in Dräsels Festsälen versammelten Engros -Standinhaber empfinden den Anfang des Engros -Marktes um 3 Uhr früh als unnötige Härte im Engros- Handel. Schwere Schäden an der Gesundheit der EngroShändler erwachsen denselben aus dieser Bestimmung. Die Versammelten ersuchen daher den Mogistrat hiesiger Haupt- und Residenzstadt und das königliche Polizei-Präsidium Berlin unter Abänderung der Polizeivcrordnungen vom 14. März 1896 und 6. Dezember 1995, die Marktzcit für den EngroSmarkt in den Berliner Zcntralmarkt- hallen für die Zeit vom 1. Oktober bis 1. April auf die Stunden von 5 Uhr früh bis 9 Uhr vormittags zu verlegen." Fcuerwchrbcricht. In der letzten Nacht um 12l/2 Uhr kam auf dem Bahnhof der Hochbahn am Warschauer Platz Feuer aus. Es brannten bei Ankunft der ersten Löschzüge in der Lackierwerkstatt die Dachkoustruktion, der Fußboden, Balken, Lacke, Farben und Oele usw. Durch kräftiges Wassergeben mit zwei Schlauchleitungen gelang es dem Brand auf die Werkstatt zu beschränken. Die Ent- stehung deS Brandes konnte nicht ermittelt werden. Gestern früh um 7 Uhr gingen in der Stephanstr. 65 Gardinen, Betten, Kleider usw. in Flammen auf. Um 8 Uhr erfolgte ein Alarm nach der Werkzeugfabrik von Senker, Müllerstr. 35. Dort war durch Ueberkochen von Teer Feuer ausgekommen, das auf feinen Herd be- schränkt werden konnte. Der neunte Zug hatte in der Flottwellstr. 5 zu tun, wo vor dem Hause Nr. 5 ein beladener Lastwagen auf den Schienen lag und ein Rad gebrochen war. Die Feuerwehr beseitigte das Verkehrshindernis. In der Hochmeisterstr. 27, Linienstr. 11/12 und an anderen Stellen brannten Kleider. Möbel, Gardinen u. a. Vorort- JVadmcbtem Rixdorf. Ueber be» Internationalen Kongreß in Stuttgart referierte am Dienstag Genosse Z i e t s ch, der in fesselnder Weise ein Stimmungsbild gab. In 214 Stunden, oft von Beifall unter- krochen, erschöpfte Redner das Thema, so daß von einer Diskussion Abstand genommen wurde. Folgende Resolution wurde einstimmig angenommen:Die heute in Hoppes Festsälen stattfindende Mir- gliederversammlung des sozialdemokratischen WahlvercinS Rixdorf nimmt mit lebhaftem Bedauern Kenntnis von den terroristischen Mahnahmen der ungarischen und rumänischen Regierungen, welche glauben, den Sozialismus derart bekämpfen zu müssen, daß sie leine Vorkämpfer ohne jeden gesetzlichen Grund ins Gefängnis