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Nr. 210.dl

Dadailog

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Vorwärts

Berliner Volksblatt.

24. Jahrg.

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Telegramm Adresse: Sozialdemokrat Berlin  ".

Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1983.

Tochmals Sozialdemokratie

und Kolonialpolitik.

Sonntag, den 8. September 1907.

Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1984.

Industrialismus zu erschließen sein, der doch das punkt der der überwältigenden Mehrheit der deutschen  eigentliche Wesen des modernen Kapitalismus   ausmacht. Sozialdemokratie nicht nur, sondern des internatio.

Zum Wahlrechtskampf.

Die Erschließung der Produktivkräfte dieser Länder nalen Sozialismus ist. Wenn aber Mißverständnisse ob­aber ist erstens für die heutigen kapitalistischen   Staaten teine walten, wenn gar Ansichten, wie die von Bernstein   und Lebensfrage, und zweitens würde sich diese allmähliche van RoI   vertretenen überhaupt geäußert werden konnten, Erschließung auch ohne die brutale Bevormundung so ist es die Pflicht der Partei und der Parteipresse, diesen und Knechtung der Eingeborenen vollziehen lassen. Aber Eigenbrödeleien gegenüber mit doppelter Klarheit In der Debatte über die Kolonialpolitik in und nach das nur beiläufig: denn die Sozialdemokratie hat wichtigere und Entschiedenheit den prinzipiellen Standpunkt der Stuttgart   hat sich soviel Unflarheit gezeigt, daß es notwendig Aufgaben, als sich über weltpolitische Endzielfragen, die man Sozialdemokratie zu vertreten! ist, wenigstens die schlimmsten der Mißverständnisse richtig wundersamerweise gerade bei der Kolonialpolitik in zustellen. den Vordergrund schiebt, einstweilen den Kopf zu zerbrechen! Einer der schlimmsten Fehler war es, die Kolonial- Ebenso wenig Kopfzerbrechen und moralische Strupel politik der verschiedensten historischen Pe- braucht sich die Sozialdemokratie auch darüber zu machen, rioden unterschiedslos durcheinander zu was besser sei: die kapitalistische Kolonialpolitik mit ihrem werfen. So sprach Bernstein   den unglaublichen Satz aus, endlosen Blutvergießen und ihrer Knechtung der Eingeborenen, der dann erstaunlicherweise von anderen adoptiert wurde, daß oder die Barbareien, die unter den kulturell rückständigen eine prinzipielle Verwerfung der Kolonialpolitik schließlich Rassen an der Tagesordnung sind. Wenn es für die Sozial­darauf hinauslaufen müsse, den Indianern Nordamerika   demokratie teine brennendere Frage gäbe, wenn sie zurückzugeben. Mit derselben Logit könnte man sagen: wenn nichts Wichtigeres und Näherliegendes zu tun ihr den Kapitalismus prinzipiell bekämpft, müßt ihr die ganze hätte, könnte sie ja über diese in der Tat nicht leicht zu be­kapitalistische Entwickelung ungeschehen machen! antwortende Frage diskutieren. Aber die Sozialdemokratie Einer der Hauptvorzüge des wissenschaftlichen Sozialismus ist doch keine ethische Gesellschaft, sondern die Partei des ist sein historisches Denken. Er betrachtet deshalb den proletarischen Klassenkampfes, für die es kein wichtigeres Kapitalismus als das notwendige Durchgangsstadium zum und aktuelleres Problem gibt, als das der möglichst Sozialismus. Gleichwohl bekämpft der Sozialismus prin- raschen Ueberwindung des Kapitalismus  .

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Arbeiter und Dreiklaffenwahlrecht.

Die liberalen Parteien werden nicht nur bezügliche Anträge

im Abgeordnetenhause respektive Reichstage zu stellen haben, sondern ihre führenden Köpfe müssen zum Volte herabsteigen, in ganz Preußen Versammlungen arrangieren und eine Wahlrechts­aktion größeren Stiles in die Wege leiten."

Düsseldorfer Post". Wochenblatt der rheinisch- west­fälischen Gewerkvereine H.-D.

" Deswegen wollen wir schreien, schreien und immer wieder schreien, bis die Regierung, wenn es sein muß, auch gegen den Willen der fonservativ- liberalen Mehrheit, eine gründliche Reform des elendesten aller Wahlsysteme vornimmt."

Die Arbeit", Drgan des nationalen Arbeiter- Wahlaus­schusses, des Verbandes der evangelischen Arbeitervereine von Berlin   und Umgegend( christlichsozial).

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Soll das Landtagswahlrecht in demokratischem Sinne auss gestaltet werden, dann muß das prenßische Volt in eine offene und flare Agitation dafür eintreten."

Westdeutsche Arbeitergeifung", Drgan des Ver­bandes katholischer Arbeitervereine Westdeutschlands. folgen, zu ihnen herabsteigen" und eine offene und ent­Werden die bürgerlichen Parteien dem Rufe der Arbeiter fchiedene Wahlrechtsagitation einleiten?

Ein Aufruf an die Gewerkschaftsgenossen.

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Es heißt darin einleitend:

zipiell den heutigen Kapitalismus, dessen Existenzberechtigung Oder ist die Frage der Befreiung des modernen er verneint, dessen Umwandlung in die sozialistische Gesell Proletariats aus den Fesseln kapitalistischer Knecht schaftsordnung er mit allen Kräften anstrebt. Allerdings sind schaft etwa minder wichtig, als die der kulturellen Hebung ja auch innerhalb der Sozialdemokratie vereinzelte Genossen der afrikanischen Schwarzen? Denn die als aufgetreten, die die sonderbare Auffassung vertraten, die Lohnbrüder für Arbeiter weißer Rasse in Frage Sozialdemokratie dürfe die Sozialisierung der Gesellschaft kommenden Mongolen kommen ja für die Kolonial. nicht allzu sehr zu beschleunigen suchen, der politit gar nicht in Frage; dies Problem ist völlig eine Kapitalismus müsse sich erst noch viel gründlicher ausleben. Frage für sich! Die Partei in ihrer ungeheuren Ueberzahl hat jedoch diese Wir haben also gesehen, daß es für die Sozialdemokratie Auffassung stets verworfen und den Standpunkt vertreten, daß nicht einen einzigen Grund gibt, die heutige Solonialpolitik der Kampf des Proletariats gegen den Kapitalismus gar nicht nicht mit aller prinzipiellen Schärfe au be intensiv genug betrieben werden könne, und daß alle irgend tämpfen! Dafür gibt es aber unzählige Gründe von möglichen Mittel angewandt werden müßten, um die Ueber- erdrückendem Gewicht, die eine solche prinzipielle Be­windung des Kapitalismus nach Möglichkeit zu beschleunigen! fämpfung der modernen kapitalistischen   Kolonialpolitik geradezu Wenn die Sozialdemokratie zur Kolonialpolitit Stellung zum ersten Gebot des sozialistischen   Proletariats machen! nimmt, so tommt für sie nur die heutige Kolonialpolitik Der schlimmste Feind des proletarischen Emanzipations- Der. Proletarier", das Drgan des Zentral­in Betracht. Die Kolonialpolitit der Vergangenheit dagegen fampfes ist der Militarismus, sowohl der Militaris- verbandes der Fabrik-, Land-, Hülfsarbeiter und Arbeite­nur insofern, als auch an ihr der ausbeuterische, barbarische mus als Institution, als auch die ganze militaristische, rinnen Deutschlands  , widmet der Wahlrechtsfrage einen treff­Charakter der Kolonialpolitik nachzuweisen ist. imperialistische, chauvinistische Weltlichen Leitartikel. Aber für die Kolonialpolitik der Vergangenheit anschauung! Militarismus und Chauvinismus aber läßt sich immerhin geltend machen, daß sie zur Ausbreitung ziehen aus der Kolonialpolitik, der Weltpolitik des Kapitalismus notwendig war, daß weite Gebiete der ge- ihre stärksten Kräfte. Es ist doch ein Ariom des Sozialismus, daß mäßigten Zone die Möglichkeit boten, den vorgeschrittensten die Weltpolitik heute die Ursache der ganzen Völkerverhekung, Nationen und Rassen Expansionsmöglichkeit zu gewähren, un- das Motiv alles marinistischen Wettrüstens ist. Diese geheure Gebiete für die Auswanderung zur Verfügung zu Welt politit" aber entspringt zur Haupt­stellen. sache der Kolonialpolitik. Der Kapitalismus, Aber diese Bedeutung kommt den heutigen Kolonien der sich ja durch die Zollpolitit, die ihrerseits Folge wie Ur­nicht mehr zu. Diejenigen Länder der gemäßigten Zone, jache der Kolonialpolitik ist, selbst fünstliche Schranken für die für die Auswanderung früher einmal in Frage seine Entfaltung errichtet, sucht sich durch koloniale Aus­tamen, find längst aufgeteilt: Amerika  , Mittelafien, beutungs- und kapitalistische Anlagemonopole schadlos zu Australien  . Diese Länder sind auch längst keine Kolonien" halten. Dieser koloniale Wettbewerb begünstigt dann wieder mehr, sondern entweder Provinzen oder selbständige, un- die 3ollabsperrungspolitik. Ein ewiger Kreislauf abhängige Staaten, die mit dem Mutterlande entweder über- ta pitalistischen Widersinns! haupt nicht mehr oder doch nur in loser, föderalistischer Ver- Diesen kapitalistischen Widersinn gilt es zu bekämpfen! bindung stehen. Kolonien als Siedelungsgebiete Als 3ollpolitik wie als Kolonialpolitik! Zugleich aber ist an cristieren nicht mehr; die heutigen Kolonien sind nur Aus- die Wurzel des Kapitalismus, die Institution des beutungsobjekte für unsere Sapitalistentlasse. Und Privateigentums, die Art zu legen! Dieser so wertvoll sie für unsere tapitalistischen Kolonial- prinzipielle Kampf ist so schwer, erfordert ein solches Aufgebot ausbeuter sein mögen: für die Entfaltung des Kapita- aller Kräfte, daß darüber die Frage der sozialistischen  lismus im ganzen kommen sie nicht in Frage! Van Erschließungspolitik Afrikas   wahrhaftig einstweilen aus der Kol hat das ja für Holland   auch zugegeben, und Bern   Debatte ausscheiden kann!

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stein hat erst letter Tage in Breslau   erklärt, daß auch Das für den Sozialismus Notwendige ist dagegen England im Grunde besser führe, wenn es seinen ost- die schärfste prinzipielle Bekämpfung aller Kolonialpolitik, indischen Kolonialbesitz los wäre! Es steht also außer die ja nur ein Mittel ist, den proletarischen Befreiungskampf Frage, daß die Entwickelung des Kapitalismus heute aufzuhalten! Der Kolonien nicht mehr bedarf. Nur gewisse Hätte die Sozialdemokratie die Macht, die Abschaffung Kapitalistenschichten ziehen aus der heutigen Kolonialpolitik der Kolonien durchzusehen, so wäre es ihre unweigerliche cinen Vorteil, und weil diese Schichten die herrschenden sind, Pflicht, der tapitalistischen Kolonialpolitik betreiben die Nationen die heutige Kolonialpolitit, die für die ein Ende zu machen. Da sie zurzeit leider diese Macht beherrschten Eingeborenen Versklavung und un nicht hat, gibt es für sie nur das Mittel des prinzipiellen erhörte Ausbeutung und für die Kolonialpolitik be- Protestes und der nachdrücklichsten Bekämpfung aller treibenden Nationen selbst ungeheure Opfer für Kolonial- imperialistischen Propaganda der bürgerlichen Parteien. friege, Eisenbahnbauten, Flottenrüstungen usw. bedeuten! Daß daneben die Sozialdemokratie auch die Pflicht hat, Man sollte meinen, daß es unter solchen Umständen die Barbarei der Kolonialpolitik nach feinen einzigen Sozialdemokraten geben tönnte, der die Kräften zu mildern, versteht sich so sehr von selbst. heutige Kolonialpolitit nicht grundsäglich verwürfe! daß darüber innerhalb der Partei niemals irgend welcher Das ist jedoch keineswegs der Fall! Hat doch zum Beispiel Streit bestanden hat. Und es war nur natürlich, daß die­Bernstein ausdrücklich erklärt, daß die Sozialdemokratie jenigen, die als Radikaleden Imperialismus am nach­sich mit der Kolonialpolitik a b finden und den Gedanken drücklichsten bekämpften, sich auch mit den kolonialen Scheuß­aufgeben müsse, die Kolonien zu verkaufen. lichkeiten am eingehendsten beschäftigten sowohl aus Nun hat man, um das sonst platterdings Unbegreifliche humanitären Gründen, als auch um die Kolonialpolitik an den begreiflich zu machen, zwei Argumente zugunsten der Kolonial- Pranger zu stellen! politik vorgebracht. Erstens die Behauptung, die Produktiv- Eine arge Täuschung freilich wäre es, sich einzubilden, fräfte aller Länder müßten erschlossen werden, und zu dem selbst die nachdrücklichste Geißelung kolonialer Barbareien und Zwede müßten auch die heutigen Kolonien die Etappe des Ausbeutungspraktiken vermöchte am Charakter der kapitali­Stapitalismus durchlaufen. Dagegen ist zweierlei zu sagen: stischen Kolonialpolitit etwas Wesentliches zu ändern. Dazu erstens bedarf es zur fapitalistischen Entfaltung wirtschaftlich reicht unser Einfluß leider nicht weit genug! Deshalb ist rückständiger Länder nicht der Kolonialpolitit, denn gerade die immer wieder zu betonen, daß die prinzipielle Ablehnung und wichtigsten Länder, China   und Japan  , stehen im Begriff Bekämpfung der Kolonialpolitik selbst allezeit die sich aus sich selbst heraus infolge des Handelsverkehrs wichtigste Aufgabe des Sozialismus sein muß! zu kapitalistischen   Ländern zu entwickeln. Zweitens dürften Wir sind trop aller Mißverständnisse, die in Stuttgart  die eigentlich tropischen Länder überhaupt nicht für den zutage traten, der festen Ueberzeugung, daß dieser Stand­

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Eine für die gewerkschaftliche Weiterentwickelung und damit für das materielle und geistige Wohl der Arbeiterschaft hoch­bedeutsame Angelegenheit ist zurzeit in den Vordergrund. der öffentlichen Diskussion gerü dt. Es ist die Frage des Landtagswahlrechts.

Um die Wichtigkeit dieser Frage für die gewerkschaftliche Be­wegung darzutun, ist nur notwendig, darauf hinzuweisen, daß der Landtag dasjenige Barlament ist, welches bisher allen Kultur­forderungen zum Hohne die Ausnahmebestimmungen gegen die Landarbeiter hartnäckig verteidigt, die Gesindeordnung aufrechts erhält, dem die Berggesetzgebung untersteht und das über die Arbeitsverhältnisse in den Staatsbetrieben bestimmt und trotz des bestehenden Koalitionsrechtes allen Staatslohufrondern dieses Recht verwehrt. Das Urteil darf man nach den gemachten Er­fahrungen fällen: der preußische Landtag, in seiner bisherigen Zusammenfeßung, läßt eine mit den anderen Organisationen gleichwertige Organisation für Landarbeiter und Gesinde nicht aufkommen, an dem reaktionären Wall dieser Institution finden alle Kultur­wellen den stärksten, erbittersten Widerstand."

Es wird dann dargetan, wie gerade die noch in bürgerlichen Lagern befindlichen Arbeiter aufgerüttelt werden müssen:

,, Wollen die christlichen Gewerkschaften sich nicht mitschuldig machen an der vom Zentrum und von den als Arbeiters Wahlausschuß markierten Nationalliberalen inszenierten Ver räterei unzweifelhaft wichtiger Gewerkschafts. interessen, dann gibt es feine Wahl, dann müssen fie hinaus aus dem Winkel stillen Zuschauens, dann haben sie mit aller Macht für die Eroberung des allgemeinen, geheimen und gleichen Wahlrechts für Preußen einzutreten.

Wer in diesem Kampfe versagt, hat offenkundig Gewerk­schaftsinteressen verraten. Darum, Kollegen, fordert die Christ lichen heraus: Farbe sollen sie bekennen!"

Dhne Zweifel werden in nächster Zeit alle Gewerkschafts blätter derart Fanfare blasen. Sache der gewerkschaftlich organisierten Arbeiter ist es dann, dem Aufruf einmütig Folge zu leisten! Vorwärts zum Wahlrechtskampf!

Ein Hofrat gegen die Klapperbeinigen!

Der Hofrat C. Aldenhoven in Köln   schreibt im Berliner Tageblatt:

,, Unser verehrter Freund Pachnicke redet von Vernunft und Leidenschaft. Am allerunvernünftigsten aber scheint mir, daß man eine Volksbewegung mit Diplomatisieren be­ginnen will. Das Reichswahlrecht ist verständlich, denn es ist gerecht. Sobald man aber mit der Phrase Bildung und Besiz das plutokratische Prinzip wieder hineinbringt, wird man niemand mehr für dieses gefälschte Recht begeistern. Die Sache liegt ernster als Bachnicke annimmt. Wenn der Freifinn jetzt auch noch in der Wahlrechtsfrage unsicher wird, ist die nächst e Generation der Arbeiter für uns verloren und geht zu der Sozialdemokratie über.