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Für den Gewerbetreibenden ist daS über den Kauf- Mann Gesagte ebenfalls zutreffend." Das sind unsere herrlichen Kolonien, für die bereits 1500 Millionen verputzt sind und die uns einstweilen jähr- lich weitere 7089 Millionen kosten! Quatsch. Die Parteiblätter in Solingen   und Kassel   hatten an unserem ArtilelSozialdemokratie und Kolonialpolitik" allerlei auszusetzen. DaS war ihr gutes Recht. Kein Recht jedoch hatten sie. demVor- wärts" zu unterstellen, er habe Bebel, dessen Ausführungen er eine rhetorische Antithese" nannte, bezichtigt,leere Redens- arten" undblödeste Phrasendrescherei" gemacht zu haben. Dieseliebenswürdigen Unterstellungen" wiesen wir des- halb in aller Höflichkeit zurück. Darauf haben nun die beiden Blätter wieder reagiert. DaS Kasseler Parteiblatt in an- ständiger Form, das Solinger Parteiblatt im blühendsten KronSbein-Stil. Das Blatt schließt seine Polemik gegen den Vorwärts" mit den Worten: Wir müssen nach alledem erklären: Ein solcher Quatsch, wie er hier und an anderen Stellen imVorwärts" verzapft wird, geht in der Tat über unser Begriffsvermögen. In der Sache selbst zieht derVorwärts" vor zu schweigen." Das Itttgedruckte ist auch im Solinger   Parteiblatt fett- gedruckt I Und worin besteht derQuatsch" de»Vorwärts"? In der dem Solinger Blatt nicht in den Kram passenden Feststellung, daß cS den AusdruckWortspiel" auf den Wortlaut deS FraktionSaufrufeS bezogen hatte, während er nicht nur der Absicht deS Verfassers� sondern auch dem ganzen Sinne deS Artikels gemäß auf die Jnterpretations- versuche der Genossen David und Südekum zu beziehen war! Während wir gesagt hatten, daß eS ein Spiel mit Worten sei, sich wortklauberisch an den AusdruckK o l o n i a l p o l i t i k" zu klammern, da doch in dem Aufruf in deutlichem G e g e n s a tz e zu den Ansichten van Kol« und Bernsteins eine sozialistische Kulturpolltik gemeint sei, die mit dem, was bisher stets als Kolonialpolitik bezeichnet wurde, im schroffsten Widerspruch stehe, unterstellt un« das Solinger Parteiblatt ebenso hartnäckig wie sinnlos seine als falsch zurück- gewiesene Auslegung. Und weil wir uns nicht die uns unterstellte Abgeschmacktheit zuschulden kommen ließen, sollen unsere AuS» führungenQuatsch" sein! ZurSache selbst" das Folgende. Wir hatten geschrieben: Ja, die kapitalistische Kolonialpolitik, die ja nur auf der Ausbeutung der Kolonialbevölkerung sowohl wie de» einheimischen Proletariat» basiert, ist solcher Humanitären Wandlung auch nach der ehernen Logik der wirtschaftlichen und politischen Tatsachen gar nicht fähigl Wenn schon die kulturelle Befreiung der heimischen Arbeiterklasse inner- halb der kapitalistischen   Gesellschaft nach den Auffassungen deS wissenschaftlichen Sozialismus absolut ausgeschlossen ist weshalb erstrebten wir denn sonst die s o z i a l i st i s ch e Gesellschaftsordnung?! so ist erst recht die kulturelle Bc- freiung der Eingeborenen der Kolonien eine platte Un» Möglichkeit. Daß trotzdem die Sozialdemokratie für die möglichste Besserung der Lage der Unterdrückten und Ausgebeuteten auch schon im Gegenwartsstaate eintritt, versteht sich ganz von selbst: aber nimmermehr kann diese praktische Gegenwartsarbeit zur Anerkennung des Kapitalismus in allen seinen Erscheinungsformen führen l" Dazu sagte da« Solinger Partciblatt: Die kapitalistische Kolonialpolitik ist der Humanitären Wandlung ebensowenig fähig wie der Kapitalismus   überhaupt. Trotzdem tritt die Sozial&emokratie für die möglichste Besserung der Lage der Ausgebeuteten. und Unterdrückten auch schon im G e g e n w a r t s st a a t e ein. Besserung der Ver- hältnijse ist n i ch t m ög.l i ch, trotzdem suchen wir zu besser n. Wer's ergründet, d«r mag'S v ar tr e t e nl Un« erscheint mehr und mehr, daß die große theoretisch« Aufklärung zu einer großen praktischen Konfusion führt!" Daß das Solinger Parteiblatt unser« Auffassung nicht zu er- gründen vermochte, lag einfach an seinem Mangel an Fähigkeit� unsere Sätze korrekt lesen zu können! Was lehnten wir ab? Die Anerkennung der kapitalistischen  Kolonialpolitik, wie sie v a n K o l und B e r n st e i n befürworteten. Und weshalb lehnten wir sie ab? Weil die kapitalistische Kolonialpolitit abgesehen von allen sonstigen Gründenl auch durch die eifrigste Reformarbeit niemals ihr Wesen abstreifen, niemals zurkulturellen Befreiung" der Eingeborenen führen könne. Diesekulturelle Befreiung" könne hier, wie überhaupt, erst durch Beseitigung deS Kapitalismus herbeigeführt werden. DaS war ein so eminent und gemeinverständlich sozialistischer Gedankengang, daß ihn jeder Sozialdemokrat verstehen mußte. Wa» sagte aber daS Solinger Partetblatt: Welches Rätsel! Trotzdem an, Wesen des Kapitalismus nichts geändert, trotzdem diekulturelle Befreiung" der Ausgebeuteten nicht da- durch erzielt werden kann, treiben wir praktische Gegen- wartSarbeit? Eine solche Frage beweist nur, daß der Verfasser vom Wesen des Sozialismus und unserer Taktik überhaupt noch nicht viel kapiert hat! Und weil der Verfasser de« Artikel» solch bedenkliche Lücken in seiner elementarsten politischen Bildung aufweist, behauptet er, der.Vorwärts" schreibeQuatsch"! Diese anmutige Tonart verzeihen wir gern dem betreffenden Redakteur des Solinger ParteiblarteS. Wo die Wegrisse fehlen, stellt sich ja zur rechten Zeit ein Schimpfwort ein.. Im eigensten Interesse des betressenden Redakteurs möchten wir ihm jedoch den Rat geben, baldmöglichst an einem Kursus der Parteischule teilzunehme». Doch möchten wir ihm gleichzeitig raten, als Befähigungsnachweis für feine Bewerbung nicht diese Polemiken gegen denVorwärts" einzusenden, da sonst seine Auf nähme nicht ganz stcher wäre I Bewundernswerte Schulung der Massen" durch die Sozialdemokratie! Die zentrumsagrarische«Rheinische VolkSstimmc' liest den Bauern den Text, weil sie sich zu wenig um die Presse kümmern: eine derartige Jnteressinlosigkeit sei heutzutage einzig im Bauernstande zu finden. In dieser Zeit des Kampfes aller gegen alle müsse sich endlich auch der Bauer darauf besinnen, zur Trhaltung und Stärkung seines Standes etwas zu tun. DieRhei- nsche VolkSstimme" weist zu diesem Zweck auf die Sozial. emokratie hin, die den Wert der Zeitung zu schätzen wisse, te der Bericht des Parteivorstandes über den Stand und das lachStum der sozialdemokratischen Presse beweise: Die Folge davon zeigt sich einmal an den gewaltigen Ueber- schüssen, an denen allein derVorwärts" 170000 M. erzielte. Sie zeigt sich aber auch weiter an der bewundernswerten Schulung der orvisen Mafien, denen immer wieder durch die intensive und weite Verbreitung der Presse neue Rekruten in Scharen zuströmen. Daher auch das riesige Anwachsen der sozialdemokratischen Sttmmenzahl b e i der letzten Reichstags wähl zu Beginn dieses Jahres um mehr als eine Biertelmillion. Es ist das alte Lied: das Ge» > heimnis deS gewaltigen Anschwellen« der sozialdemikratischen Bewegung und ihre Macht beruht auf der klugen Er- kenntnis der Bedeutung der Presse, deren Ein- fluß sich wieder auf die tatkräftige Unterstützung seitens der . Partei gründet..., Riesiges Anwachsen der sozialdemokra» tischen Stimmenzahl bei der letzten Reichstags- » a h l" wir wollen es uns merken für den Fall, daß wir in der Zentrumspresse wiedermal von der sozialdemokratischenNieder- läge" und demStillstand" der Partcibewegung lesen. B e- wundernswerteSchulung der großen Massen" wir wollen dran denken, wenn uns die ultramontanen Blätter wieder von denMitläufern" und demgedankenlosen Gefolge" der Sozialdemokraten erzählen. Born herrlichsten aller Wahlrechte! Für den nach Afrika   ge- sandten Geh. Legationsrat v. Schuckmann, bisher Abgeordneter zum preußischen Landtage für den Wahlkreis Arnswalde-Fricdeberg findet eine Neuwahl statt. In Driescu sollte am 3. September für die ausgeschiedenen Urwahlmänner Ersatzwahl im 1. und 3. Bezirk statt- finden. Die Wahl kam jedoch nicht zustande, da auch nicht ein einziger Wähler erschienen war. Eine Verurteilung des Systems, wie sie schlimmer nicht gedacht werden kann. Ocftcrmch. Ter Kampf um die Wahlreform in Böhmen  . AuS Teplitz   wird derWiener Arbeiterztg." unterm b. Scp- tember gemeldet: Heute fand hier eine Konferenz der deutschen und der tschechischenSozialdemokratie Böhmens   statt, die von den Vertrauensmännern und den Abgeordneten beider Parteien sowie von dem Dele- gierten der deutschen Parteivertretung Genossen Perner» storfer besucht war und die über die Landtagswahlreform be» raten hat. Es wurde einstimmig beschlossen, den Standpunkt der Sozialdemokratie in dieser Frage demnächst in einer gemein» samen Proklamation darzulegen, in einer Reihe von Ver- sammlungen gegen die Verzögerung der Wahlreform zu protestieren und durch eine Abordnung den Oberstlandmarschall von Böhmen  aufzufordern, die Wahlrcform auf die Tagesordnung des Land- tages zu stellen. Die Abordnung soll auch direkt beim Minister- Präsidenten vorsprechen, um ihm die Dringlichkeit der Frage vor- zustellen._ Der Prozeß der ruthenischen Studenten von Lemberg  . Wien  . 7. Septeniber. Der Prozeß gegen die 17 r u t h e- nischen Studenten ist heute beendet. Sieben Angeklagte sind wegen öffentlicher Gewalttätigkeit zu einem Monat Kerker, einer wegen Aufreizung zu einer Woche Arrest verurteilt, zwei freigesprochen worden. Bei sechs Angeklagten hatte der Staatsanwalt am Schluß der Beweisaufnahme die Anklage fallen lassen. ES handelte sich in dem Prozeß um die Gewalttaten, die ruthenische Studenten an der polnischen Universität Lemberg ver» übten, um die Immatrikulation in ruthenischer Sprache zu erzwingen. Die Untersuchung wurde bekanntlich der- artig in die Länge gezogen und die Untersuchungshaft an den Angeschuldigten in derartig schikanöser Weise vollstreckt, daß die Verhasteteten zum Hungerstreik griffen. Er hatte den Cr» folg, daß die galizische Justiz von Wien au« zur Ordnung gerufen und die Untersuchungshaft beendet wurde. Die verhältnismäßig geringen Strafen zeigen, welch ein Mißbrauch der richterliche» Amts» gewalt die Verhängung der Untersuchungshaft war. Englanä. Ein neues Unterseeboot. Londin, 7. September. Die Admiraliät hat ein neue» Unterseebot in Auftraa gegeben, dessen Beschaffenheit und Ein» richtung einen großen Fortschritt gegenüber den bisher bestehenden Shstcmeü bedeuten soll. heißt, daß sich an Bord 8 Torpillan, läncierrohre befinden, anstatt der bisherigen g, und das Unterseeboot doppelschraubig ist. Italien  . Der Polizeiskandal von Neapel  , Rom  , ö. September.(Eig. Ber.) Wir meldeten bereits, daß der Prozeh gegen die Mörder des Ehepaares C u r c o l i in Neapel   zu der Entdeckung geführt hat, daß ein Teil der dortigen Polizei im Bunde mit per Kamorra steht. Jeder Tag bringt nun neue anmutige Einzelheiten über dieses Bündnis, und am 4. d. MtS. hat der Staatsanwalt dem Untersuchungsrichter die Akten überwiesen zu einem Prozeß gegen sechs Polizcibeamte verschiedenen Grades, die sich wegen Bildung einer verbrecherischen Vereinigung, Diebstahls und Urkunden- fälschnng sAusnahizie falschen Protokolls) zu verantworten haben werden! Ans Licht gekommen ist die ganze Sache durch die Nach» forschungcn der Carabinieri, deren Tätigkeitsgebiet vielfach mit dem der Polizei zusammenfällt. Wegen ihrer eisernen Diszivlin sie unterstehen dem Kriegsminister, während die Polizei dein Minister des Innern untersteht und wegen der strengen A ü S- lese bei der Anwerbung ist das Corps der Carabinieri nicht so leicht verbrecherischen Einflüssen zugänglich wie die Polizisten. Auch genießt es, besonders auf dem Lande, wo ihm hauptsachlich der Sicherheitsdienst zufällt, große Achtung, während die Polizisten in Italien   so mißachtet sind, daß es der Regierung schwer fällt, die nötige Zahl anzuwerben. Infolgedessen ist man nicht gerade wählerisch bei der Anstellung von Polizisten. Das zeitigt dann so herrliche Früchte, wie wir sie jetzt in Neapel sehen. Und hier ist man erst am Anfang der Enthüllungen! NeueProbleme" des Prozesses Nasi. Rom  , 6. September,(©ig. Ber.) Der Prozeß Nasi erwirbt sich immer größere Verdienste um die in der HundStagshitze verdorrende Nachrichtenquelle der italienischen Presse. Er liefert Tag für Tag neuen Stoff zur Füllung der Spalten der Tagcsblättcr. Das neueste Problem ist folgendes: Wer übernimmt die Vorführung Nasis im Senat» gebäude? Bei Schwurgerichtsverhandlungen tun es die Cara. binieri, aber diese dürfen den Senat nicht betreten, ebensowenig wie die Aula des Parlaments.   Die Aufrechterhaltung der Ordnung liegt den von den Senatoren selbst gewählten Q u ä st o r e n ob. Diese alten Herren bedanken sich aber höflichst für dieEhre", einen Gefangenen vorzuführen. Wie löst man nun den grausamen Konflikt? DerAvanti" schlägt vor, Giolittj möge selbst die Vorführung besorgen: sei es doch bekannt, daß der Ministerpräsident halb Jesuit sei und halb Carabiniere...__ Die russische Revolution. Pogrompläne derEcht-Russischen". DieRussische Korrespondenz" erhält folgendes Telegramm: Petersburg  ,?. September. Aus allen Teilen Rußlands   treffen Berichte ein, daß vom Perbande des russischen Volkes und seinen hohen Gönnern während der Wahlkampagne allerorten Pogrome in großem Umfange geplant werden. Auf diese Weise soll ein der Regierung günstiges Resultat der Wahlen erzielt werden. Die schrecklichen Ereignisse in Odessa   bilden nur ein Vorspiel der Greueltaten, die noch bevorstehen. Der Zweck der Pogrome ist, die jüdische und liberale Bevölkerung zu terrori- sieren und sie von der Beteiligung an der Wahl ab- zuhalten. In der letzten Nummer des hochkonservativen BlattesGrashdanin" schreibt der über die Absichten der Hoskreise sehr gut unterrichtete Fürst Meschtscherski, daß es eine Unzahl ge- yeimer Organisationen und vereinzelter Zirkel in ganz Rußland  gäbe, deren Absicht, überall Pogrome zu veranstalten, bekannt ist. Neue Nachrichten aus Odessa   melden, daß die Ausschreitungen noch immer andauern. Erst gestern, also nach fünftägiger D a u e r des Pogroms, wurde aus dringlichen Befehl von Stolypin  eine Haussuchung bei dem Verbände des russischen Volkes veranstaltet, natürlich wurde nichts Kompromittierendes vorgesunden, genau so natürlich wie die Polizeiberichte melden, daß es.nicht gelungen ist, Verhaftungen vorzunehmen", Der neue Stadthalter General Nowitzki hat zwar versprochen, nunmehr für Ruhe zu sorgen, aber er kann den finsteren Plänen von KaulbarS nicht entgegenarbeiten, wenn er nicht seine Stellung verlieren will Eue der Partei. Zum Essener Parteitag. Am Donnerstagabend beschäftigte sich eine Miigliederbcrsamm« lung des Sozialdemokratischen Vereins in Kiel   mit dem Partei» tag. Genosse Brecour, der von der Kieler   Mitgliedschaft dem Kreise als Delegierter vorgeschlagen ist, hielt das einleitende Referat. Er wandte sich scharf gegen die Sonderbündclei der Lokalisten. die mit dem Parteiprogramm im Widerspruch stehe Und der endlich ein Ende gemacht werden niüsse. Auch gegen die militärische Haltung der Fraktion, die der Stimmung der prolc- tarischcn Massen schroff widerspreche, müsse der Parteitag Front machen. Der Beschluß der deutschen Delegation zur Maifeier, der diese zu einer bloßen Untcrstützungsfrage mache, sei nicht gerade erhebend, aber immerhin sei die darin bekundete und nunmehr glücklich in dieser Sache erreichte Einigkeit von Partei und Ge« werkschaften wichtiger als die Maifeier selber. Redner wandte sich gegen die von den Kieler   Genossen zum Parteitag gestellten. An- träge, soweit sie die Stichwahltaktii betreffen und verlangen, daß daS Wahlrecht der Einzellandtage auf die Tagesordnung des Parteitages gesetzt werde: die Anträge werden indessen aufrecht- erhalten. Ferner entspann sich eine lebhafte Diskussion über den Antrag: Der Parteitag möge beschließen: Bei Beratung des Militär- ctats sind nur solche FraktionSrcdner zu bestimmen, die die völlige Garantie dafür bieten, daß sie entschieden Stellung gegen den Militarismus nehmen und im Sinne der Resolution des Stutt- garter internationalen Kongresses sprechen. Der Antrag wurde vom Genossen Adler, der ihn mit unter- schrieben, u. a. damit begründet, seine Teilnahme am Stuttgarter  Kongreß habe ihn gelehrt, wie nötig cS sei, daß der Fraktion ein Rückhalt gegeben werde, damit sie nicht aus den Erfahrungen, die sie mit der revisionistisch gefärbten Stuttgarter   Delegation gemacht, falsche Schlüsse aus die Stimmung der Parteigenossen im Lande zu ziehen verleitet wird. Schließlich wurde der Antrag ange- n o m m e n gegen eine erhebliche Minorität, von deren Rednern jedoch kein einziger das gerügte Verhalten der Fraktionsredner billigte; nur über die formale Frage, ob der Parteitag der Fraktion eine solche Direktive geben könne, hatten sich Zweifel erhoben._ Eine ganz faule Ausrede bringt Genosse Noske-Chemnitz in derVolkSstimme" als Entschuldigung für seine Behauptung vor, daß persönliche Motive die deutsche Delegation zum Stuttgarter   Kongreß veranlaßt hätten, das Mandat der Ge« nossin Luxemburg für ungültig zu erklären. Er sagt in seiner Erklärung: .. Ich habe den Eindruck gehabt, daß das Resultat der Abstimmung auch als ein Protest eines große» Teiles der Dele- gierten gegen die von der Genossin Luxemburg   vertretene Richtung in der Partei aufzufassen war. DaS habe ich in der Chemnitzer   Parteiversammlung rein referierend ausgesprochen. Darüber zu streiten, ob ich die Vorgänge richtig beurteilt habe, empfinde ich kein Bedürfnis. Bei ruhiger Ueberlegunn hätten die aufgeregten Partetblätter sich wohl ihre Entrüstung darüber, daß ich mich über den empfangenen Eindruck offen auesprach, geschenkt... Genosse Noske ist selbst Miiglied der. deutschen   Delegation geivescn und hat natürlich in der �acfye auch cm Votum abgegeben und Motive gehabt. Von sich selbst hat er aber vor allen Dingen den Eindruck gehabt, daß er aus persönlichen und nicht aus fach- lichen Gründen für die Kassierung gestimmt hat. Die Richtigkeit dieses Eindrucks wollen wir nicht anzweifeln. Inwieweit sonst der Eindruck NoSkeS den Tatsachen entspricht, wollen, wir nicht untersuchen. Wir halten cS aber für eine blamable Tatsache, daß ein deutscher Delegierter, wie es NoSke in seinem Bericht getan, es ganz natürlich und richtig hingestellt hat, daß man sich in Parteiangelcgenhcltcn von persönlichen an Stelle von sachlichen Gründen. leiren läßt. Warnung. Die Vorstände, Sekretäre und Kassierer der Partei« vereine werden hierdurch vor einem angeblichen russischen Studenten gewarnt, der am Dienstag von Aachen  , angebliches Reiseziel Rußland  , abreiste. Der Betreffende trägt einen hell- karrierten Anzug, ist etwa LS 2S Jahre alt, von schlanker, nicht großer Figur und blassem Gesicht mit kleinem blonden Schnurr- bart. Sein Empfehlungsschreiben ist rot unterstempelt, doch kann man bei genauer Betrachtung die Fälschung des Stempels (Herbergsarbeit) erkennen. Auch hat das Schreiben keine Unter. scht'ft. Der sozialdemokratische Berein des Wahlkreises Aachen  . Parteiliteratur. Sozlalbemokratie und Arbeiterversicherung. Unter diesem Titel ist soeben auf Veranlassung des Parteivorstandes von der Buchhandlung Vorwärts in Berlin   81V. 08, Linden- straße 09, das erste Heft einer Flugschriften serie heraus- gegeben. In dieser Serie sollen in leicht verständlicher Form Fragen des öffentlichen Lebens behandelt werden, die für die Arbeiter und für unsere Parteigenossen von besonderer Bedeutung sind. Jede dieser für die Massenverbreitung bestimmten Flugschriften ist für sich abgeschlossen und wird zu einem billigen Preise ab» gegeben. Einzelne Exemplare kosten 10 Pf. und sind von jeder Parteibuchhandluiig zu beziehen. DaS erste Heft der Serie wendet sich gegen die im letzten Wahlkampf von den Gegnern wieder mit besonderem Nachdruck aufgestellte Behauptung, daß die Sozialdemokratie im Deutschen Reichstage gegen die Arbeiter-Versicherungsgesetze gestimmt habe, um dadurch eine Aussöhnung der Arbeiterklasse mit den be- stehenden GesellschaftSzustanden zu verhüten. Der Verfasser der Flugschrift weist durch die einfache Mitteilung der Tatsachen die Unsinnigkeit dieser Behauptung nach und zeigt, welche Gründe die damalige Fraktion zu ihrer Stellung bewogen haben, daß aber auch andere Parteien und warum diese gegen einzelne der Ver- sicherungsgosetze gestimmt haben. Er erläutert ferner die Forde- rungen, welche die Sozialdemokratie als notwendig zum Ausbau der Arbeiterversicherung erhebt, pollreittcdes» Verkektllcdea ukw. Ein klassisches Dokument von hoher kulturhistorischer Be« bevtuna, so schreibt dasVolksolatt>ur Harburg", ist am DienStag dem Genossen Z i e l k e(verantwortlicher Redakteur des BlatteS  ) überreicht worden. Der Absender der Schrift ist der Vorsitzende der Ferienstrafkammer des königl. Landgerichts, der Verfasser vermutlich der Erste Staatsanwalt in Stade  . Genosse Zielke wird darin beschuldigt, sich gegen Z 184 des Strafgesetzbuches vergangen zu haben. Dieser Paragraph lautet: Wer unzüchtig« Schriften, Abbildungen oder Darstellungen verkauft, verteilt oder sonst verbreitet, odex an Orten, welche dem Publikum zugänglich sind, ausstellt oder anschlägt, wird mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft. Die Straftat wird darin gefunden, daß Genosse Zielke in Nr. 104 und 10b desVolksblatt" eine kulturgeschichtliche Skizze des Schriftstellers Franz Laufkötter-Hamburg, betitelt:«Mittel» alterlicher Humor" veröffentlicht hat. In dieser durchaus seriösen Abhandlung waren u. a. auch Kapitel aus dem jedem Gebildeten bekannten VolksbuchSchimpf und Ernst" von Bruder Johanne» Pauli enthalten und als Bei» spiele herangezogen worden. Unsere Leser können dieses Volksbuch, das im Jahre 1322 zuerst erschien und von namhaften Autoren wiederholt bearbeitet und neu herausgegeben worden ist. für 40 Pf. in der bekannten