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Nr. 210. 24. Jahrgang.

3. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt. Sonntag, 8. September 1907.

Der Kampf im Bäckergewerbe

hat den Bäckerinnungen von Berlin   und den Vororten Ver­anlassung gegeben, dem Kaiserlichen Statistischen Amt eine Dent­schrift einzureichen, welche die Ursachen und den Verlauf der dies­jährigen Lohnbewegung nach der Auffassung der Innungsmeister darstellt. Diesem Beeinflussungsversuch des Statistischen Amtes durch die Jnnungen glaubt der Bäckerverband dadurch zu be­gegnen, daß er dem Statistischen Amt gleichfalls eine Darstellung der Lohnbewegung einreicht. Der Behörde soll dadurch Gelegenheit gegeben werden, auch die andere Seite, nämlich die Vertretung der an der Lohnbewegung beteiligten Arbeiter zu hören und sich so ein objektives Urteil zu bilden, was nach der einseitigen Darstellung der Meister natürlich nicht möglich ist.

Die ziemlich umfangreiche Denkschrift des Bäckerverbandes reiht die Tatsachen aneinander. welche die Lohnbewegung veranlaßt haben, und widerlegt durch die einfache Wiedergabe dieser Tat­fachen alle Behauptungen, welche über die Lohnbewegung seitens der Innungen in der Presse und in Versammlungen verbreitet worden sind und noch fortgesetzt verbreitet werden. Nach der Denkschrift des Bäderverbandes hat sich die diesjährige Lohn­bewegung folgendermaßen entwickelt:

Im Jahre 1904 schloß eine Anzahl von Bäckermeistern mit dem Bäckerverband vor dem Berliner   Gewerbegericht einen Tarif ab, der bis zum 1. Oktober 1906 gelten sollte, falls es dem Bäcker­verbande nicht vorher gelingen sollte, mit den Bäckerinnungen von Berlin   und Umgegend einen für die Gesellen günstigeren Vertrag abzuschließen. Es gelang dem Bäckerverbande, am 3. Mai 1906 nach voraufgegangenen Verhandlungen einen Vertrag mit den Innungen abzuschließen. An den Vertragsverhandlungen hatten außer den Vertretern des Bäckerverbandes und der Gefellen­ausschüsse auch einige Vertreter von Gesellenvereinen, die von Meistern gegründet und geleitet wurden, teilgenommen. Die Be­teiligung dieser Vereine, die sich später zu einem Bund der Bäcker­und Konditorgehülfen vereinigten, geschah auf Betreiben der Innungen, die sich dadurch einige Vertreter in der Schlichtungs­femmission sichern wollten, welche allen Maßnahmen der Meister zustimmten, so daß die wirklichen Gesellenvertreter immer in der Minderheit blieben. Um den Vertrag nicht scheitern zu lassen, willigte der Bäderverband trot schwerer Bedenken unter Protest in die Beteiligung der meistertreuen Gesellenvereine ein.

Der abgeschlossene Vertrag wäre zweifellos geeignet gewesen, die Wünsche und Forderungen der Gesellen auf Jahre hinaus zu befriedigen und das Gewerbe vor wirtschaftlichen Kämpfen zu be­wahren, wenn die Innungsmitglieder den Vertrag gehalten und die Innungsvorstände sich so, wie sie es bei den Verhandlungen wiederholt versichert hatten, bemüht hätten, den Vertrag überall zur Durchführung zu bringen. Das ist jedoch nicht geschehen.

Zunächst setzten die Innungsvertreter in der Schlichtungs­Kommission den Tag, an dem der Vertrag in Kraft treten sollte, auf den 3. Juni fest, während es im Vertrage selbst heißt, daß er mit dem Tage der Unterschrift in Kraft tritt. Die Gefellenvertreter fügten sich, wenn auch nach heftigem Sträuben. Auch der 5. Juni ging vorüber, ohne daß die Innungsmitglieder Anstalten trafen, Das Koft- und Logiswesen zu beseitigen, wie es der Vertrag besagt. Nur in vier bis fünf Fällen stellten die Meister den Gesellen frei, fich ein eigenes Logis zu beschaffen. Als sich die Gesellenvertreter in der Schlichtungskommission darüber beschwerten, stellten die

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Innungsvertreter den Grundsatz auf: Wenn die Gesellen nicht ein Arbeitsnachweis der Innungen, und unter deren Einfluß ausdrücklich vom Meister verlangen, daß sie sich Kost und Logis stehend, bleiben sollte, während die Gesellenvertreter unter Be­selbst besorgen, so wird angenommen, daß sie mit der Bei- rufung auf den klaren Wortlaut des Vertrages die Errichtung eines behaltung des Kost- und Logiswesens einverstanden sind. Die paritätischen Arbeitsnachweises verlangten. Diese Differenzen Gesellenvertreter beriefen sich auf den Wortlaut des Vertrages: fonnten nicht beseitigt werden, da die Meister von ihrer Aus­ost und Logis darf den Gesellen vom Meister legung des Vertrages nicht abgehen wollten. Aus diesem Anlaß nicht mehr gewährt werden. Ausnahmen sind nur auf kam es dann zum Bruch zwischen den Parteien. Um einen ausdrücklichen Wunsch der Gesellen zulässig. Die Innungsver- Kampf, wenn irgend möglich, zu vermeiden, machten die Gesellen­treter hielten aber an ihrem Standpunkt fest. Natürlich wagten vertreter den Innungen den Vorschlag, die schwebenden Differenzen nicht alle Gesellen, von ihren Meistern die Beschäftigung ohne Koft dem Einigungsamt des Berliner   Gewerbegerichts zu unterbreiten und Logis zu verlangen, denn in den meisten Fällen beant- und dasselbe um Abgabe eines Schiedsspruches zu ersuchen, dem worteten die Meister ein solches Verlangen mit sich beide Teile zu fügen hätten. Die Innungen lehnten diesen sofortiger Entlassung. Eine Beschwerde bei der Vorschlag ab. Sie wollten diese Angelegenheit nicht vor dent Schlichtungskommission konnte den Betreffenden nichts nußen, weil Gewerbegericht, sondern vor dem Innungsschiedsgericht zum Aus­inzwischen ihre Stellen besetzt waren. In einer anderen Arbeits- trag gebracht wissen. Damit fonnten sich aber die Gesellenver­stelle hatten solche Gesellen dann nicht mehr den Mut, die Be- treter nicht einverstanden erklären, denn sie hielten das Innungs­schäftigung ohne Kost und Logis zu verlangen. Die Arbeitsver- schiedsgericht, dessen Vorsitzender ein Angestellter der Innungen ist, mittler der Innung dachten gar nicht daran, in dieser Hinsicht die nicht für eine in dieser Angelegenheit unparteiische Instanz. Bestimmungen des Vertrages zu erfüllen. Hiergegen führten die Da eine Verständigung ausgeschlossen erschien, beschlossen die Gesellenvertreter in der Schlichtungskommission Beschwerde. Die Gesellen von Berlin   und den Vororten, aufs neue in eine Lohn­selbe hatte jedoch nur die Folge, daß ein Meistervertreter, der Vor- bewegung einzutreten, die das hauptsächlichste Ziel hatte, einen fizender des Ausschusses für Arbeitsvermittelung ist, in der Vertrag mit den Innungen abzuschließen, der keiner Auslegung Zeitung der Innung eine Bekanntmachung erließ, des Inhalts, fähig wäre und genügende Garantie für seine Innehaltung biete. daß die Gefellen berechtigt sind, dem Arbeitsvermittler ihren Wieder schlugen die Gesellen vor, daß über ihre Forderungen vor Wunsch, beim Meister in Kost und Logis zu bleiben, auszudrüden dem Einigungsamt des Berliner   Gewerbegerichts verhandelt werde. und daß die Meister berechtigt seien, sich beim Arbeitsvermittler Wieder lehnten die Innungen dieses Einigungsamt ab. Die Ge­solche Gesellen zu bestellen, die Kost und Logis beim Meister sellen versuchten noch einen lezten Schritt, um den Kampf zu ver­nehmen. Gegen diese Bekanntmachung protestierten die Gesellen- meiden, sie ersuchten den Oberbürgermeister von Berlin  , als un­vertreter in der Schlichtungskommission, aber die Meister blieben parteiischer Vermittler zu fungieren. Derselbe erklärte sich bereit, bei ihrer Auslegung des Vertrages. entweder die Innungsvorstände zur Anerkennung des Gewerbe. gerichts zu bewegen oder selbst einen höheren Magistratsbeamten mit der Leitung der Einigungsverhandlungen zu betrauen, falls die Innungen damit einverstanden wären. Die Innungen aber lehnten auch diesen Vorschlag ab, so daß der Oberbürgermeister seine Tätigkeit in dieser Angelegenheit als erledigt ansehen mußte. Die Leitung der Gesellen versuchte nun, mit der Freien Ver­einigung der Bäckermeister, einer kleinen, außerhalb der Innungen stehenden Organisation, eine Verständigung und den Abschluß eines Tarifs herbeizuführen. Vertreter beider Seiten verhandelten auch vor dem Einigungsamt des Gewerbegerichts. Der Schieds. spruch, den das Einigungsamt fällte, wurde von der Freien Ver­einigung der Bäckermeister abgelehnt, von den Gesellen aber an­erkannt und als Forderung für die Lohnbewegung aufgestellt. Am 28. Mai beschlossen zwei Gefellenversammlungen, diese Forde rungen den Meistern zu unterbreiten und, wo sie nicht anerkannt werden, die Arbeit niederzulegen, was denn auch geschehen ist.

Noch andere Differenzen haben die Vertreter der Meister heraufbeschworen. Obgleich der Vertrag eine Zentralisierung der gesamten Arbeitsvermittelung vorsieht, bestand nicht nur eine er­hebliche Zahl von Arbeitsvermittelungsstellen der Innungen, sondern die meistertreuen Gesellenvereine gründeten auch mit Wissen der Innungen zu ihren bisherigen Arbeitsnachweisen noch bier neue und trafen mit der Meisterschaft das Abkommen, daß diese, wenn sie Gesellen einstellen wollen, solche bei den genannten Vereinen zu bestellen haben und daß die Vorsitzenden dieser Ver­eine den Arbeitsvermittlern der Innungen diejenigen Gesellen zu bezeichnen haben, die in die zu besetzenden Stellen geschickt werden sollen. Die Innungen, denen diese Dinge bekannt waren, haben nichts getan, um dem vertragswidrigen Treiben ihrer Mitglieder ein Ende zu machen. Besondere Beschwerden der Gesellen richteten sich gegen den Arbeitsvermittler Vogel, von dem gesagt wird, daß er eine Günstlingswirtschaft im großen Maßstabe betreibe.

Im weiteren gibt die Denkschrift eine Darstellung vom Ver Auf Grund dieser Vorgänge kamen die Gesellenvertreter zu lauf des Streiks, sie schildert den Kampf der Innungen gegen dies der Ueberzeugung, daß die Innungen den Vertrag abgeschlossen jenigen Meister, welche die Forderungen der Gesellen bewilligt in der Voraussetzung, sie brauchten ihn nicht zu halten. Nochmals hatten, verweist auf das bekannte Eingreifen der Polizei im Blakat versuchten die Gesellenvertreter, die Innungen zur Durchführung friege zugunsten der Innungen und konstatiert, daß infolge des des Vertrages zu bewegen. Sie stellten in der Schlichtungskom- Streits für 3500-4000 Gesellen die Forderungen mission Anträge, durch deren Annahme die Vertragsbestimmung bewilligt sind, welche sich bekanntlich neben der Erfüllung durchgeführt werden sollte, welche besagt:" Für Berlin   und die der Bestimmungen des alten Vertrages auf die Gewährung eines Vororte wird ein zentralisierter Arbeitsnachweis errichtet. Dieser freien Tages erstreckt, der, den Forderungen entsprechend, je nach ist einer aus gleichen Teilen von Meistern und Gesellen gewählten der Größe der Betriebe jede Woche, jede zweite oder jede vierte Kommission zu unterstellen. Die Schlichtungskommission hat die Woche zu gewähren ist. Weiter wird darauf hingewiesen, daß Vorarbeiten zur Errichtung dieses Arbeitsnachweises einzuleiten. eine Bewegung eingeleitet ist, um die gesetzliche Festlegung des Derselbe muß spätestens am 1. April 1907 in Kraft treten." Ruhetages zu erlangen. Ueber die Auslegung dieser Bestimmung entstanden neue Differenzen. Die Meister wollten, daß der Zentralarbeitsnachweis

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