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Verständigung geebnet. Daß sie schließlich gelang, ist nicht zum wenigstens der besonnenen und ruhigen taktischen Haltung unserer Genossen Bebel und Wollmar   zu danken." Schwäbische Tagwacht": Die Stuttgarter Militärresolution ist eine geschichtliche Ur- �kunde, sie zieht nicht nur die Summe sozialistischer Erkenntnis, sondern sie ist selbst ein Mittel, diese Erkenntnis in die Wirklich- keit überzuführen. Sie ist inhaltreicher, kräftiger und zielklarer geworden, als die Uerschiedenen Anregungen, auf denen sie beruht. In der gemeinsamen Verständigung lösten sich nicht nur die Gegen- sähe, sondern steigerte sich auch die Kraft dieses Gesetzes der Völker- Verbrüderung. In der Resolution, mit deren Annahme der Stuttgarter  Kongreß sein Werk beschließen wird, vereinigen und durchdringen sich die Anträge Bebels, Vaillant-JaureS und der Russen. Und diese logische und sachliche Verschmelzung führte so wenig zu einer Verdünnung des antimilitaristischen Geistes, daß selbst Herve ihr zustimmen konnte."_ Hus der Partei. Ein sozialdemokratischer Kreistag, so berichtet man uns unterm 8. September aus Halle a. S., fand am Sonntag imVolkspark" statt. Anwesend waren 70 Delegierte aus Stadt und Land des Saalekreises, sowie die Vertreter der Parteiinstitute. Trotz allen Niederritts" wurde ein kräftiges Vorwärtsschreiten der Bewegung ' konstatiert. DasVolksblatt", oaS bekanntlich von dem Auge des Gesetzes sehr scharf beobachtet wird, hat im letzten Jahre um rund 5000 Abonnenten zugenommen. Genosse K u n e r t- Berlin referierte unter Beifall über den Tagesordnungspunkt:Was lehren uns die letzten ReichStagswahlen?" und kam zu dem Schluß, es liege kein Anlaß vor, wegen des Ausfalls der letzten Reichstagswahl den Mut sinken zu lassen oder gar das Programm beziehungsweise die Taktik zu ändern. Tue ein jeder seine Pflicht, dann habe man den Aus- gang der nächsten ReichstagSwahl nicht zu scheuen. Der Monatsbeitrag für den sozialdemokratischen Verein wurde von 25 auf 30 Pf. erhöht. Als Delegierte zum Parteitag in Essen  wurden die Genossen Bezirkssekretär Drescher und K u n e r t- Berlin, zum Preußentage Genosse Parteisekretär Tabert gewählt. Ein wissenschaftliches Organ der deutschen   Sozialdemokratie in Oesterreich  , llnsere tschechische und polnische Bruderpartei besitzt schon seit Jahren ein wissenschaftliches Organ neben den Tages- und Wochenblättern. Die deutschen   Sozialdemokraten Oesterreichs  entbehrten bisher einer solchen Zeitschrift, die lvor allem der Be> sprechung der spezifisch österreichifchen Fragen dient, denen die im Deutschen Reiche erscheinenden Zeitschriften nur selten Raum ae- währen können. Unsere Genossen Otto Bauer  , der Verfasser vonDie Nationalitätenfrage und die Sozialdemokratie", Adolf Braun  , sozialpolitischer Redakteur der Wiener  Arbeiter-Zeitung  . und Reichsralsabgeordneter Karl Renner  , der unter den Pseudo- nymen Rudolf Springer und O- W. Patzer bekannte Schriftsteller, haben sich vereinigt, ein solches populär- wissenschaftliches Organ heraus zugeben. Es erscheint vom l. Oktober an unter dem Titel:Der Kamps", Sozialdemokratische Monatsschrift. Ver lag und Verwaltung: G. Emmerling, Wien   VI, Maria« Hilferstraße 89. DaS Blatt, das im Einvernehmen mit der Partei vertretimg und Gewerkschaftskommission herausgegeben wird und an dem alle in der Partei und Gewerkschaftsbewegung bewährten Vor känipfer der österreichischen Sozialdemokratie mitarbeiten werden, lvird die kämpfende Arbeiterklasse Oesterreichs   auf all ihren Wegen begleiten und den Problemen des gewerkschaftlichen Kampfes und der genossenschaftlichen Organisation nicht weniger Anfmerksamkeit schenken als den großen Aufgaben des politischen und kulturellen Befreiungskampfes des Proletariats. Alle wirtschaftS- und sozialpolitischen Fragen, die Probleme der demokratischen Umgestaltung des Staates und der Regelung der nationalen Verhältnisse im Staate sowohl wie in den Organi sationen sollen von Sachkundigen besprochen werden. Eine Hcuipi aufgäbe des Blattes soll es sein, den in der Agitation tätigen, allen geistig mitstrebenden und aus ihre Weiterbildung bedachten Genossen oaS wissenschaftliche Material für den TageSkampf zu liefern. Die Zeitschrift erscheint zu Beginn jeden MonatS im Umfang von S8 Seiten und kostet per Nummer 50 Heller, per Jahrgang ö Kronen. polkieilicftes� Herlcfttlicdea ukw, Noch nicht ganz verpufft. Vor einigen Tagen haben wir nach öem. Volksblatt sürGotha" gemeldet, daß fünf Genossen im Herzogtum Gotha  , gegen die auf Antrag des Staatssekretärs der Kolonien Dernburg   seinerzeit eine Untersuchung wegen Be leidigung von Kolonialbeamten und Schutztruppler eröffnet war, die sie angeblich durch Reden bei der ReichstagSwahl begangen haben sollten, die Nachricht zuging, das Verfahren sei eingestellt. Die Untersuchung aber hatte sich auf weitere drei Genossen erstreckt. Diese, die Genossen Bock. Zentgraf und Keller, haben jetzt die Anklageschrift erhalten. DasVolkSblatt" bemerkt dazu: Wir sind sehr gespannt darauf, ob das hiesige Landgericht wirklich beschließen wird, das Hauptversahren wegen Wahlreden zu eröffnen, die jetzt neun Monate hinter unS liegen und wegen Wenßeningen, die, wenn sie überhaupt gefallen sind, nur hypothetisch »braucht wurden und in ReichStagSbenchten, sowie in fast der ge- »mten Presse, die bürgerliche eingeschlossen, unbeanstandet vor« gebracht wurden. Die ganze Anklage steht nach alledem ans sehr wackeligen Füßen und dürfte bei der öffentlichen Verhandlung in sich selbst zu- sammenfallen."_ Stipendiat des ReichSliigenvcrbandeS 300 M. Geldstrafe. In Bernburg  (Anhalt  ) fanden im März d. I. die Vertreter- wählen zur Ortskrankenkasse statt. Die ReichSverbandSpresse be- trachtete diese Wahl als eine willkonunene Fortsetzung der Jagd auf Rotwild vom 25. Januar. DaS allgemeine Niederreiten wurde in neuer Auflage betneben und in den Mitteln war man keineSivegS wählerisch. Eins eigens aus Lieblingen der Unternehmer zu diesem Zwecke gegründete gelbe Gewerkschaft sollte die bisherige Vertretung auS dem Sattel heben. In der Abwehr verbreitete das Kartell ein Flugblatt, in welchem derAnhalter Kurier" als Preisfechter der Gelben, als Stipendiat des ReichslügenverbandeS bezeichnet wurde. Dadurch fühlten sich der Verleger sowie der Redakteur des genannten Blattes beleidigt und der Kassierer des hiesigen Kartells, Genosse Heil, welcher das Flugblatt verantwortlich gezeichnet hatte, wurde vor den Kadi geschleppt. Obwohl in einem zweiten Flugblatt wie auch vor Gericht ausgeführt wurde, daß mit dem WortStipendiat" keineswegs der Empfang von Geldmitteln ausgedrückt werden sollte, sondern damit die Verwendung derReichsverbandS-Korrespondenz" gemeint sei, fühlten sich beide Kläger  schwer beleidigt" und Genosse Heil wurde zu 300 Mark Geldstrafe oder 100 Tage Gefängnis verurteilt. Bezeichnend für die Kläger ist, daß sie zugaben, dieseReichs- verbauds-Korrespondenz" zu verwenden, wie auch, daß derAnhalter Kurier" wenige Tage später dem Genossen PeuS vorwarf, er besäße eine chamäleonartige Gesinnung und würde seine Schreibweise »ach der Höhe der Bezahlung einrichten. Gewiß würdige Vertreter »er Libertgarde. Huq Industrie und Kandel  . Nebenerzeugung im Bergwerksbetricbe. Welche Bedeutung die Erzeugung von Nebenprodukten im Berg- werksbetricbe erlangt hat, zeigen folgende Angaben desGlückaus" über die Gewinnung von Ammoniak, Teer und Benzol im Ober« bergamtsbezirk Dortmund  . Die Erzeugung von schwefelsaurem Ammoniak erhöhte sich im letzten Jahre von 98 990 Tonnen in 1906 auf 144 300 Tonnen, d. h. um mehr als 45 Proz. Da auf 1 Tonne Ammoniak im Durchschnitt 2>/z Tonnen Teer entfallen, wurden 1906 im Oberbergamtsbezirk Dortmund   r. 360 000 Tonnen Teer erzeugt gegen r. 247 000 Tonnen im Vorjahre. Die Benzolgewinnung erhöhte sich von 19 800 Tonnen auf 26 400 Tonnen. Im Jahre 1899 wurden erst 45 761 Tonnen Ammoniak gewonnen, im Jahre 1904 rund 82 000 Tonnen. Die Teerproduktion erbrachte im Jahre 1904 158137 Tonnen, während die Benzolerzeugung dieses Jahres 16 104 Tonnen ergab. Biehpreise. Ein Vergleich der am letzten Viehmarkttage(7. d. M.) auf dem städttschen Viehhofe geforderten Preise mit den am gleichen Tage des Vorjahres gezahlten Preisen zeigt, daß mit Ausnahme der für Hammel, die Preise niedriger sind. Jedoch ergibt sich gegen den gleichen Markttag iin Jahre 1905 mit Ausnahme für Bullen und Schiveine ein Hinaufgehen der Preise. Die Durchschnittspreise waren am letzten Sonnabend für Ochsen 146,00 M.(1906 153,00 und 1005 137,00 M.) für 100 Kilogramm Schlachtgewicht, für Bullen 134,00 M.(1906 152,00 M. und 1906 135,00 M.), für Färsen und Kühe 127,00 M.(1906- 132,00 M. und 1905 125,00), für Kälber 146,00 M.(1906 161,00 M. und 1905 143.00 M). für Hammel 161,00 M.(1906 156,00 M. und 1905 152,00 M.). für Schweine(100 Kilogramm Lebendgewicht mit 20 Proz. Tara) 122,00 M.(1906 138,00 und 1905 134,00 M.). Der Kruppsche Staat. Die Zahl der auf den K r u p p s ch e n W e r k e n beschäftigten Personen betrug nach der Aufnahme vom 1. Januar d. I. einschließlich 5739 Beamten 64 351.(Am 1. April 1906 waren es einschließlich 5065 Beamten 62 553). Bon diesen 64 351 entfallen auf die Gußstahlfabrik Essen mit den Schieß- Plätzen 35 745(35 377), das Grusonwerk in Buckau   4768(4603), die Germaniawerft   in Kiel   3510(3961), die Kohlenzechen 9302(8364). die Hüttenwerke bei Rheinhausen 5006(4226). das Stahlwerk Annen 881(870) und auf die Eifensteingruben 4638(3823.) Berstaatlichungspläne. Wie uns auS Chemnitz   berichtet wird, hat das sächsische Finanzministerium mit der Direktion der Gußstahl- fabrik Döhlen bereits eingehende Berhandlunaen gepflogen zwecks Berstaatlichung des Werkes. Eine Basis für die Uebernahme- bedingungen soll bereits festgelegt sein, nur über die Frage, ob und unter welchen Bedingungen der Staat die Beamten in seinen Dienst übernimmt, ist noch keine Verständigung erzielt worden. DaS Werk hat im Geschäftsjahre 1905/06 für 7 815 747 M. Produkte abgesetzt. Es werden hauptsächlich Schienen für Vollbahnen, Rillenschienen, Grubenschienen, Stangen in Stahl, Schmiede- und Fassongutz, Stahl federn für Eisenbahnbedarf fabriziert. Das Unternehmen arbeitet mit 8 750000 M. Attienkapital und 2 250000 M. Anleihen. lieber die Folgen der Zollcrhöhungen im Wirtschaftsleben sagt der Bericht der Handelskammer zu Straßburg   für das Jahr 1 folgendes: Die Teuerung der Rohstoffe hat überall eine große Steigerung der Preise aller Lebensbedürfnisse zur Folge gehabt. In Deutschland   ist diese Teuerung emp- findlich gesteigert worden durch die ain 1. März 1906 in Kraft getretenen Zollerhöhungen so wohlaufvieleRoh st offe wie vornehmlich auf Nahrungsmittel. Die Fleischprcisr find unter dem doppelten Einfluß der hohen Zölle und der Grrnzsprcrren weiter in die Höhe gegangen. Wenn die Brotpreise im Berichtsjahre noch nicht im gleichen Maße gestiegen sind, so war dies dem Umstände zuzuschreiben, daß die Getre, depreise auf dem Weltmarkt dank reicher Ernten noch niedrig blieben, und andererseits, daß im Hin- blick auf die Zollerhöhung noch vor dem Inkrafttreten große Vor> röte eingeführt worden waren.... Bisher sehr bedeutende Absatz� gebiete, die Schweiz   und Oesterreich-Ungarn  , sind für zahlreiche Produkte der elsässischen Industrie durch unerschwingliche Zölle vollständig verschlossen worden. Der Verlust wird sich beim Nach- lassen der guten Marktlage im Jnlande in erdrückender Weife fühlbar machen." DaS sind alles alte Wahrheiten, die von den Sozialdemokraten schon oft und besonders vor Annahme des Zolltarifs gesagt worden sind, daß eS eigentlich unnötig erscheinen könnte, sie besonders hervorzuheben. ES ist aber angebracht, Beobachtungen aus Fach- kreisen weiter zu verbreiten, weilProphezeiungen" der Sozial- demokraten bei den Regierenden und Besserwissern bekanntlich nicht beachtet werden. Für unausbleiblich erklärt es der Bericht, daß bei diesem Stande der Lebensmittelpreise, der notwendiger- weise auch eine Verteuerung der übrigen Bedarfsartikel nach sich zog, in der Industrie eine allgemeine Erhöhung der Arbeitslöhne eintreten mußte zum Teil nach schweren Lohnkämpfen." Die Handelskammer setzt sich mit dieser Anerkennung, daß eine Erhöhung der Löhne unausbleiblich war und eintreten mußte, in Widerspruch mit dem gewöhnlichen Standpunkt der Unternehmer, die die Forderungen der Arbeiter auf höhere Löhne meist für ungerechtfertigt erklären und die Arbeiter in die Lohn- kämpfe hineintreiben._ Getreidepreise. Noch im Januar dieses Jahre« standen Roggen und Weizen niedriger als im Jahre 1906. Der Februar war dann der erst» Monat, von dem ab das laufende Jahr höhere Preise zeigt als das Vorjahr. Viel rascher und erheblicher als der Preis des Weizens ist der Noggenpreis in die Höhe gegangen. Er stellte sich im Groß- Handel Berlin  ? per Tonne aus 171,93 im Februar 1907 gegen 163,76 im gleichen Monat 1906 und 140,85 im Februar 1905. Im März trat nochmals eine kleine Ermäßigung ein' von da ab geht der Preis unausgesetzt und im Mai sogar stürmisch in die Höhe. Der Tonnenpreis betrug für Roggen in den Monaten März April Mai Juni Juli Mark Mark Mark Mark Mark 1905..... 180,84 141,88 151,80 152,14 158,78 1906..... 161,07 162,66 161,54 157,52 155,86 1907..... 170,84 176,88 190,89 203,24 205,05 Im Juli stand also der Rogaenpreis um fast 30 Prozent höher alS im Juli 1906. Nicht ganz so stark, aber doch ebenfalls un- gewöhnlich kräftig ist der Weizenpreis und zwar ohne Unterbrechung von Januar ab gestiegen. Mit 179,83 Mark pro Tonne setzte im Großhandel Berlins   der JanuarpreiS ein und stieg bis auf 208,74 Mari im Juli, während 1906 in der nämlichen Periode der Preis unter Schwankungen von 182,52 Mark auf 181,69 zurückgegangen war. Gegen 1906 beträgt die Julisteigerung rund 15 Prozent, also die Hälfte der Roggensteigerung. Soziales. Zum Kampf gegen die Selbstverwaltung der Krankenkassen. Zu dem unausgesetzten Kampf des Unternehmertums und der Behörden gegen die Selbstverwaltung der Krankenkassen liefert folgender Fall eine Illustration, den wir der Nr. 16 derVolks- tümlichen Zeitschrift für praktische Arbeiterversicherung" ent- nehmen. In der gemeinsamen Ortskrankenkasse Koburg   machte sich bis Anstellung eines Kassenkontrolleur�S notwendig. An der VorstandSfitzung haften trotz Einladung die Arbeitgeber nicht teilgenommen. Mit Krauß wurde ab 1. Juni auf ein Jahr mit dreimonatlicher Kündigungsfrist ein Anstellungsvertrag ab- geschlossen. Gegen die Anstellung protestierten die beiden Arbeit- geber G r e m p e l und B a l z e r. Sie begründeten den Protest wie folgt: Grempel hatte in der Generalversammlung aus- geführt,der Kontrolleur solle von jeder politischen Partei loZ- gelöst und vollständig selbständig sein", B a l z e r hatte betont,»der Krankenkassenkontrolleur solle Bieder Arbeitgeber noch Arbeit­nehmer sein". Krauß sei aber Sozialdemokrat und sei bis zu seiner Wahl Arbeitnehmer gewesen. Der Koburger Magistrat als Aufsichtsbehörde verfügte darauf, den Krauß nicht anzustellen, fondern einen anderen Kontrolleur zu wählen. Die Ausführungen der Arbeitgeber faßte der Magistrat als Beschluß der Generalversammlung auf und erachtete sich, wiewohl das Krankenkassengesetz der Aussichtsbehörde kein Recht gibt, in die Art der Ausführung eines Beschlusses einzugreifen, dies vielmehr allein der Generalversammlung zu- steht, zu diesem Eingriff in die Selbstverwaltung für befugt. Der Gedanke scheint dem Magistrat gar nicht gekommen zu sein, daß selbst ein solcher Beschluß, wie sich ihn die Generalversammlung insinuiert und wie diese ihn nicht gefaßt hatte, so unsinnig und die Arbeiter beleidigend wäre, daß seine Ausführung unmöglich wäre. Der Vorstand der Kasse beschritt darauf den ihm durch § 45 Abs. 6 des Krankenversicherungsgesetzes eingeräumten ver- waltungSgerichtlichen Klageweg. Das Ministerium nahm an, es sei, da die Arbeitgeber be- haupten, die Generalversammlung hätte ihre Ausführungen zum Antrag erhoben, nicht klar, ob das Protokoll nicht irre und traf den minder salomonischen als kurzweiligen Bescheid: Das Ministerium könne zurzeitkeine Entscheidung treffen, sondern es habe dem Magistrat die Sache zur nochmaligen Ab- stimmung seitens der Generalversammlung übergeben: i«««?- halb vier Wochen soll dazu eine Generalversammlung einveruscn werden, anderenfalls würde der Magistrat sie einberufen, in welcher abgestimmt werden solle, o b es sich um einen Antrag oder bei.der Formulierung des Antrages oder nach der Ab- stimmung die Aeuherung des pp. Grempel zum Antrag er- hoben sei." Bislang glaubten wir, Schöppenstedt liegt nicht in Koburg. Wir scheinen uns geirrt zu haben, wenigstens soweit Ent- schließungen in Frage kommen, die über das Selbstverwaltungs­recht der Kassen ergehen sollen. Es wäre ja ein entsetzliches Unglück für Koburg, wenn als Kasscnkontrolleur ein simpler ehe- maliger Böttchergeselle, und gar noch einer mit sozialdemokra- tlscher Gesinnung und der Fähigkeit zur Ausübung des Kon- trolleurpostens eingestellt würde. Lehrermangel. Zum Lehrermangel in Preußen schreibt dieKorrespondenz des deutschen LehrervcreinS": Auf keinem anderen Verwaltungsgebiete herrscht ein der- artiger Mangel an Arbeitskräften als auf dem Schulgebiete. Post, Eisenbahn  , Steuer, Regierung, kommunale'Verwaltungen haben stets mehr Anwärter zur Verfügung als sie brauchen; ja, hier übersteigt oft das Angebot die Nachfrage in solchem Maße. daß in der letzten Zeit, um dem Andränge zu steuern, von der BildungSschraube Gebrauch gemacht werden mußte. Was diesen Ueberflutz an Bewerbern hervorgerufen hat, das deutet der Geh. Reg.-Rat Th. Voigt in seinem in Nr. 3 der Zeit- schriftVom Fels zum Meer" erschienenen Artikel:Teuerung und Beamtcngehalt mit den Worten an:Darin, daß der Beamte nicht genötigt fein soll, dem Geld nachzulaufen, daß er der Sorgen ums Dasein überhoben sein soll, beruhen der Glanz der Bcamtcnstellung und die Hauptursache des starken Zudranges zu ihr." Und in der Tat haben Staat und Gemeinden, Rc- aierung und Parlament stets rechtzeitig Vorsorge getroffen, daß dieserGlanz" den Beamten erhalten blieb und so auch jeden: etwaigen Kandidatenmangel vorgebeugt. Wie steht'S aber mit diesemGlanz" bei den VolkSschullehrern, von denen die vielen Tausende, die auf daS Mindesteinkommen gesetzt sind, jährlich 800 biS 2100 M. weniger als die VerwaltungS-, 500 bis 1720 M. weniger als die GerichtSsekretäre erhalten, mit denen sie sich hinsichtlich ihrer Vorbildung und ihrer Arbeit doch wohl ohne Ueberhebung vergleichen dürfen? DieS Mißverhältnis ist cS, was die denkenden, für das Wohl ihrer Kinder besorgten Familienväter entmutigt, ihren männlichen Nachwuchs dem Lehrerberuf zuzuführen. Für sie ist die Frage: WaS soll der Junge werden? ein einfaches Ncchcnexempel. Sie sagen sich mit vollem Recht: Die Ausbildungskosten für den Lehrerberuf sind trotz der namhaften Unterstützungen, die den angehenden Lehrern zuteil werden, nicht geringer als die für die mittlere Beamten- laufbahn, bei der es auch nicht an Unterstützungen fehlt. Hier wird den Beamten ein standesgemäßer Lebensunterhalt gewährt, während die Lehrer mit ihrem niedrigen Einkommen kaum den notdürftigsten Lebensunterhalt bestreiten können und deshalb gezwungen sind, auch nach ihrer Anstellung aus der Tasche ihres Vaters zu leben oder Jagd auf Nebeneinnahmen zu machen, die ihre Kräfte frühzeitig aufreiben. DaS Amt er- nährt hier nicht den Mann, und darum nehmen sie als»insichtige Berater ihrer Kinder Abstand, ihre Söhne Lehrer werden zu lassen. Wenn der Lehrerberuf in rechten Schwung kommen soll, wenn er so begehrenswert gemacht werden soll, daß die tüchtigsten Kräfte sich ihm zuwenden, so kann eS nur dadurch geschehen, daß bei der bevorstehenden Neuregelung der Lehrerbesoldung ganze Arbeit gemacht wird, daß hierbei die Grundsähe zur Richtschnur dienen, die für die Besoldung der mittleren Staats- beamten maßgebend sind. Hoffentlich gelingt e» dem neuen Kultusminister, auf diesem Gebiete etwas Durchgreifendes fchaffen. Dann, aber auch nur dann, wird es ihm möglich fem, den Lehrermangel bald zu beseitigen und dasagitatorische Schlagwort vom Lehrermangel' zum Verstummen zu bringen." Die Ausführungen des Organs des LehrervereinS sind durch­aus zutreffend. Aber ist nicht der Lchrerstand selbst an den fchlechten Bcsoldungsverhältnissen und an der Tiefstellung der Lehrer nach sozialer und geistiger Richtung hin schuld? Hat er nicht in zu ganz überwiegendem Teil den konservativ-liberalen Block gestützt, der den Lehrer so tief wie denkbar ganz im Sinne der Siudtschen Auffassung oder seine» Nachfolgers achtet und die Aufgaben eine? PferdewarterS für sozial wichtiger hält alS die eines Bildners der Jugend des Volkes? KinberauSbeutnng auf dem Lande. Besonder» eindringlich weisen die Verhältnisse Ostelbien» auf die Notwendigkeit eines reichsgesetzlichen Verbotes der Be- schäftiaung von schulpflichtigen Kindern in land- und forstwirt» schastlichcn Betrieben hin. Die in diesem Sommer herrschende regnerische, die Erntearbeiten sehr erschwerende Witterung hat vielfach zu Anträgen an die Aufsichtsbehörden Veranlassung gegeben, daß die Sommerferien verlängert werden möchten. Diesen Anträgen ist auch meist unter der Bedingung stattgegeben worden, daß die Sommer, und Herbstferten nicht über sich» Wochen betragen dürften. Dagegen hat die A l l e n st e i n e r> Regierung die Ortsschulinspektoren ermächtigt,in unmittelbarem Anschluß an die Sommerferien zur Hülfeleistung bei der Ernte, soweit ein dringendes Bedürfnis hervortritt, den über zehn Jahre alten Schulkindern ihrer Inspektion bis zu zehn Tagen Urlaub zu erteilen". Da in manchen Forsten die Nonnenraupe in bedrohlichem Maße aufgetreten ist, so werden die Schulkinder vielfach in die Wälder gcsandt, um diese schädlichen Insekten zu sammeln und zu töten. Die geistige und körperliche Ausbildung der Kinder leidet ungeheuer unter dem schädlichen Mißbrauch der kindlichen Arbeitskraft. Nicht selten weisen be- dauerliche Unglücksfälle darauf hin» daß Staat und Gesellschaft in diesem Punkte eine nicht langer aufzuschiebende Verpflichtung zu erfüllen haben. So kamen in letzter Zeit, wie wir der Korrespondenz des deutschen LehrervereinS" entnehmen, zwei elfjährige Schüler in Ostpreußen   umS Leben: der eine stürzte beim Ziegelfahren vom Wagen und geriet mit vem Kopfe unter ein Rad. der andere ertrank beim Pferdetränken in einem Teiche. Ferner erlitten zehn Kinder, die tagsüber auf einem wcstprcußlschen Gute mit Rüben ziehen beschäftigt waren und abends nach dem Städtchen Kulmsee   gefahren wurden, dadurch, daß der Wagen umfiel, mehr oder weniger starke Verletzungen, wie Rippen-, Arm- und Beinbrüche; eine» der Kinder ist sogar gestorben. ES dürfte endlich«n der Zeit sein, nicht nur