n' ch t. Jedenfalls hat kein ausländischer Genossedas Recht, die deutschen Parteigenossen zu Sammlungenaufzurufen. Wir bemerken dazu, daß in der Schweizdie Unter st ützung politischer Flüchtlingeorganisiert ist und es schon deshalb gar nicht angängigist, einer bestimmten ausländischen Organisation hier einebevorzugte Stellung einzuräumen, ohne daß vorher Fühlungmit den betreffenden Schweizer Komitees gesucht wurde. Wirersuchen deshalb die Parteigenossen keine Sammlungenzu veranstalten und die Parteipresse den Aufruf desHerrn Dr. Nonscheff nicht nachzudrucken._ Der Parteivorstand.Die Berichtcrstattnng über den Internationale« Kongreß.In Frankfurt a. M. berichtete Genosse ParteisekretärD i t t m a n n zur Kolonialfrag e: Die Arbeiterklasse hat keinInteresse an der Kolonialpolitik, sie stellt der kapitalistischen Kolonial-Politik S o zia l p o liii k gegenüber. Wir konnten uns nicht aufeine s o z i a l i st i s ch e Kolonialpolitik festlegen, denn von einersolchen kann keine Siede sein. Ob wir unter einem sozialistischenRegime Kolonialpolitik treiben, ist eine utopistische Frage. Kultur-Politik und Zivilisation kann nicht verglichen werdenmit der heutigen Kolonialpolitik, die kapitalistische Raub-Politik ist.— Die in Stuttgart gefaßte Resolution istzu begrüßen. Wir als Deutsche hätten keine Ver-anlassung, den in dieser vertretenen Standpunkt zu ändern. Wennwir ein prinzipielles Zugeständnis an die kapitalistische Kolonial-Politik gemacht hätten, dann würden wir unsere frühere Haltung indieser Frage verleugnen. Für Reformen in der Kolonialpolmkwerden wir immer eintreten.— Man beruft sich gern auf Bebelsbekannte Reichstagsrede im Dezember vorigen Jahres. Bebel hatsich aber auch nicht verhehlt, daß die kapitalistische Gesellschaft denvon ihm aufgestellten Idealen, denen er. Bebel, zustimmen könne,nicht einmal nachstreben kann, wenn sie sich nicht selb staufgeben wolle. Eine Kolonialpolitik im Bebelschcn Sinne isterst möglich, wenn der Sozialismus den Kapitalis-muS abgelöst hat.Arbeitersekrctär Genosse Heiden kann den Standpunkt, der dieKolonialpolitik prinzipiell ablehnt, nicht teilen. Diese Frage werdedie deutschen Genossen noch lange beschästigen. Es habe keinenZweck, sich darüber zu unterhalten, ob die sozialistische GesellschaftKolonialpolitik treiben werde. Die Frage sei die: ob K o l o n i-sierung im Interesse der EntWickelung zumSozialismus liegt. Wir müßten die Produktivität derfruchtbaren Kolonien haben. Als Sozialisten seien wirdoch der Meinung, daß die Steigerung der Produktivkräfte diesozialistische Entwickelung fördert. Durch die Ausbeutung der frucht-baren Kolonien würde die Produktivität eine erheb-liche Steigerung erfahren, und somit das Eintretendes Zeitpunktes beschleunigt werden, in dem d i eProduktivkräfte der kapitalistischen Gesellschaftüber den Kopf wachsen und zur sozialistischenProduktionsweise drängen.Genosse Eisermann meint, der erste Absatz in der Mehrheits-resolutton hätte fallen muffen, denn wir könnten nicht sagen, daßdie Arbeiterklasse irgend welche» Nutzen von der Kolonialpolitik hätte.Die Naturschätze werde» nur für den Kapitalismus dienstbar ge-inacht.— Der Standpunkt von David, Südekum, Heiden usw. seiwohl infolge der ReichStagstvahl nach dem 25. Januar entstanden.Wenn Heiden sage, daß wir ein Recht hätten, zu verlangen.daß auch diese V ö l k e r a r b e i t e n. so sei er der Ansicht, daßwirdasRechtnichthätten. in derenSchicksalein-zugreifen und diese zu bevormunden.— Heiden er-widerte darauf, er habe nicht von der deutschen, sondern von derallgemeinen Kolonialpolitik gesprochen. Die höhere Zivilisation habedas Recht, niederenZivilifationenPflichtenauszu-erlegen. Das sei ein unüberbrückbarer Gegensatz zwischen ihmund den anderen Rednern. Man sage, nur der Kapitalismus habeVorteile von der Kolonialpolitik, das stimme, habe aber der Kapita-lismuS nicht auch von allen technischen Entwickelungen in den zivili-sierten Ländern den größten Nutzen?—Auf Vorschlag Zrelowskis soll der Punkt Kolonialpolitik in denDistriktsversammluugen weiter eingehend behandelt werden.In O f f e n b a ch führte der Berichterstatter Genoffe E i tz n e r taus: Was Genosse David mit seiner Resolution wollte, war nichtsanderes, als was wir bisher schon praktisch betätigten. Nur daß ereS ausgesprochen hat. Bei dieser Frage kann eS sich nicht umRevisionisinus und Radikalismus handeln, sondern lediglich um dieZweckmäßigkeit. In der Kommission wurde die Resolution desGenossen Ledebour, die jede Anteilnahme an der Kolonialpolitik derherrschenden Klassen verwirft, abgelehnt, die deutsche Delegationstimmte dagegen. Im Plenum kam es aber anders, hier wurdedie abgelehnte Resolution mit einigen Abänderungen angenommen.Die Deutschen stimmten diesmal dafür. Das war kein Zeichen vonKonsequenz und muß bedauert werden. Was sollen die Ausländerdavon denken?In der Diskussion stellte sich B ü h l e r auf den Standpunktdes Genossen David, man solle nicht jede Kolonialpolitik verwerfen.Die kapitalistische Gesellschaft kennt nur ausbeutende Kolonialpolitik,aber die Frage müsse untersucht werden, ob wir nicht doch Kolonienin Zukunft brauchten. Jedenfalls sollte der Verein diese Sache be-sonders behandeln. Ulrich betont, daß schon in Bebels Reichs-tagSrcde Anfang Dezember 1906 unsere Stellung zur Kolonialpolitikfestgelegt sei. Es sel ein Streit um Worte, der sich zwischen denbeiderseitigen Anschauungen entspoimen habe. Soviel sei sicher, daßdie sozialistische Gesellschaft viel niehr Kolonialpolitik treiben werde,als jeinalS in früheren Zeiten. Sie werde aber anders beschaffensein, als in der kapitalistischen Gesellschaft.Unangebrachte Entrüstung.Das„Kasseler B o l ks b l a tt" stimmt unseren Bemerkungenzu den Erklärungen des Genossen Noske zu. Dann aber fährt essort:.... Zu unserer Verwunderung aber hat derselbe„Vorwärts'eine mindestens ebenso große Taktlosigkeit, die in der Berliner Ver-sammlung von einem anderen Delegierten begangen worden ist,vollkommen mit Stillschweigen übergangen. Wir meinen eine Takt«losigkeit des Genossen Ledebour. Nach dein„VorwärtS'-Bericht hatLedebour gegenüber unserem holländischen Genossen van Kol gesagt:„... Van Kol soll als Mann der Praxis in Stuttgart ge-sprachen haben. Allerdings war van Kol früher Kolonialbeamterder holländischen Regierung und soll heute noch an kolonialenkapitalistischen Unternehmungen interessiert sein. Er sei ein sehrvermögender Mann und könne eS sich deshalb leisten, auf eigeneKosten in die Kolonien zu reisen."Da Ledebour gegen diesen Bericht nicht Einspruch erhob, mußangenommen werden, das; er wirklich in einer großen Versanun-lung den Genossen van Kol in recht häßlicher Weise verdächtigthat. Daß van Kal ein Menschenalter in den Kolonien als Be-amter gewesen ist, kann doch dem Genossen Ledebour nicht wenigerbekannt sein, wie die Tatsache, daß er seit langen Jahren in sehrenergischer Weise als Sozialdemokrat die holländische Regierungwegen ihrer Kolonialpolitik angegriffen hat I Wenn Ledebour daseine sagte, hätte er das andere' nicht vergessen dürfen; aber dieWendung, daß van Kol an kapitalistischen Kolonialunternehmungenbeteiligt sein„soll"— nichts gewisses weiß man nicht I—übersteigt wirklich alles, was bisher in der Polennk unterParteigenossen dagelvcsen sein dürfte. Wir würden von derbedauerlichen Berliner Episode nicht geredet haben, wenn der„Vorwärts" dem Geuoffen Noske� gegenüber nicht alle Register derEntrüstung gezogen, die Ledebonrsche Leistung aber mit einein weitenMantel radikal zugedeckt hätte."Der„Vorwärts" hatte nicht nötig, die„Ledebonrsche Leistung"mit einem weiten Mantel radikal zuzudecken. Denn ein Grund zurEntrüstung über LedebourS Aeußerung besteht nicht. Wenn das„Kasseler Volksblatt" den Bericht des„Vorwärts" aufmerksamgelesen hätte, so würde es wissen, daß Genoffe Ledebourmit der angezogenen Stelle seiner Ausführungen auf einenAngriff eines Deoatteredners geantwortet hat, der ihm van Kol,der in die Kolonien gegangen sei, um sie zu studieren,als nachahmenswertes Muster vorgeführt hatte. Darauf hatLedebour lediglich auf die Umstände verwiesen, die van Kol denBesuch der Kolonien ernröglicht haben. Dem Genossen van Koleinen Vorwurf daraus zu machen, daß er Kolonialbeamter gewesenist und in den Kolonien Interessen hat, so geschmacklos ist GenosseLedebour nicht gewesen— das haben erst Genosse Eduard Bernsteinsin seiner Breslauer Rede) und das„Kasseler Volksblatt" hineinlegenmüssen. Auf die Verdienste van Kols in der Kolonialstage hinzuweisen,konnte sich Genosse Ledebour ersparen, da das von anderer Seite inder Versammlung bereits geschehen war.Die Jugendorganisation macht in Bayern Fortschritte. Jetztwurde auch in Schweinfurt ein Fortbildungsverein für die Arbeiter-jugend unter dem Namen„Jugendbund" gegründet. Der liberaleStadwiagistrat nahm die Geburtsanzeige des Vereins mit süßsaurerMiene entgegen, da er zu seinem Lerdwesen gar keine Handhabefand, die unangenehme Gründung sofort wieder aufzulösen. Mansann hin und her und erwog, ob man ihn nicht etwa mit der Be-stimmung des Polizeistrafgesetzbuches, das den Sonntagsschul-Pflichtigen den Wirtshausbesuch verbietet, zu Leibe gehen könne.Aber auch da war nichts zu machen. So muß die gute StadtSchweinfurt daS schreckliche Unheil über sich ergehen lassen.Vermehrung der Arbeitersekretariatc. Das Gewerkschaftskartell inHof a. S. hat sich schon wiederholt mit der Errichtung einesArbeitersekretaciatS beschäftigt, das bei der starken, hauptsächlich derTextilindustrie angehörigen Arbeiterschaft von Hof und Umgebungals ein sehr dringendes Bedürfnis betrachtet wird. Nunmehrkann die Schaffung eines solchen Instituts als beschlossene Sachegelten.Unsere Toten. Die„Sächsische Arbeiter-Zeituna' meldet:Gestern ist in der Irrenanstalt Sonnenstein der vielen Genossen inDresden bekannte Genosse S ch u r i g, langjähriger Metteur der„Sächsischen Arbeiter-Zeitung", gestorben. Schurig hat viele Jahreseine Arbeitskraft unserem Parteiblatt gewidniet. Die DresdenerGenossen und seine Arbeitskollegen werden Schurig ein ehrendesAndenken bewahren!polizciUches, Gerichtliches ufw.Ein Nachspiel zur Maifeier beschäftigte daS SchöffengerichtBamberg.. Die dortigen Genossen hatten den heurigen ersten Maidadurch gefeiert, daß sie einen Ausflug nach deni benachbarten Gau-stadt über den Michelsberger Wald machten. Einer von ihnen, derGenosse Lauser, hatte unterwegs ein einen halben Meter langesrotes Tuch an einem Stock befestigt und wie eine Fahne getragen.Ein Schutzmann ersah die Gelegenheit, den Staat vor dem Unter-gang zu retten und machte Anzeige. Die Folge Ivar eine Anklagewegen Veranstaltung eines nicht genehmigten„öffentlichen Auf-zuges", zur Vorsorge hielt man auch noch den Groben Unfug-Paragraphen in Reserve. In der Verhandlung beschwor der an-zeigende Schutzmann, daß die Leute in geschlossenem Zugemarschiert seien und daß das Tragen der„roten Fahne"die gute Bevölkerung der Stadt Bamberg in Aergernis" versetzthätte. Der Beklagte hatte jedoch als Ärtlastnngszeugen den—zweiten Staatsanwalt von Bamherg laden lassen, der vonungefähr dem„Zuge" begegnet war. Entgegen den Aussagen desSchutzmanns beumdete er, die Leute seien truppweise, nicht in ge-ordnetem Zuge, ruhig und in ernster Haltung, teils auf der Straße.teils auf dem Trottmr gegangen. Wenn auch sonst ein schwörenderSchutzmann unfehlbar ist, mußte das Gericht hier doch dem Staats-anwalt mehr glauben. Es erkannte auf Freisprechung, da es sichum keinen.genehmigungspflichtigen Aufzug gehandelt habe, auchgrober Unfug liege nicht vor. Wenn einige Leute Aergerins an demroten Tuch genommen hätten, so seien dies wohl politische Gegner,die das Rot nicht sehen könnten. Das sei aber noch kein groberUnftig._Sozialed.Boykott und gute Sitte.Daß der Boykott seit mindestens bald 40 Jahren ein reichs-gesetzlich gewährleistetes Kampfmittel ist. dessen Anwendung demGesetz entspricht und auch nicht über den Umweg deS ZivilprozeffeSund falscher Auslegung deS Begriffs„gute Sitte' fortinterpretiertwerden darf, will manchem Landgerichte trotz der bekanntenReichsgerichtsentscheidung noch immer nicht einleuchten. DaStrifft insbesondere für Gegenden zu, in denen Jndustriemagnatenin der Oeffentlichleit eine ausschlaggebende Stellung einnehmen.DaS zeigt eine dieser Tage vom Düsseldorfer Landgericht gegen die„Düsseldorfer VolkSzeitung" erlassene einstweilige Verfügung.Am 3. August hatte die Stern-Brauerei München-Gladbach beidem Düsseldorfer Amtsgericht den Antrag auf Erlaß einer einst-weiligen Verfügung gestellt, mit welcher der„VolkSzeitung"alle auf Boykottierung der genannten Firmazielenden Veröffentlichungen verboten werden sollen. DasAmtsgericht hatte dieses Ansinnen abgelehnt mitder Begründung, daß der Boykott in erlaubtenGrenzen ein wirtschaftliches Kampfmitteldarstelle und im vorliegenden Falle besondereUmstände nicht gegeben seien. Die Strafkammer desLandgerichts hob auf die Beschwerde der Brauerei den Beschluß aufuud verbot der„VolkSzeitung" durch ein st weiligeVerfügung bei Vermeidung einer Geldstrafe von övv Mark fürjeden Fall der Zuwiderhandlung, öffentliche Aufforderungen irgendwelcher Art zu verbreiten, die auf eine Boykottierung der Stern-Brauerei abzielte»,— weil, wie das Landgereicht ausführt, seitensder Brauereiarbeiter der Boykott in einerderartig hartnäckigen Weise geführt, daß dadurch nicht nur die eigene.sondern auch die wirtschaftliche Existenz beteiligter Kreise schwer ge-fährdet, wenn nicht untergraben werde. Die Arbeitseinstellung seinicht durch ihr Verschulden verursacht, sondern durch das Ver-halten der Arbeiterschaft. Der auf die Brauerei aus-geübte Zwang der Arbeiterschaft gehe über daS Maß des Erlaubtenhinaus, er verstoße daher gegen die Vorschriften der jj§ 823 und 826deS Bürgerlichen Gesetzbuchs und begründe dadurch einen Anspnichauf Unterlassung auch gegen denjenigen, der die Arbeiter inihrem unerlaubten Kampfe unter st ütz t.—DaS Oberlandesgericht wird wohl diesen gegen den GebrauchdeS gesetzlich gewährleisteten Boykott-KampfmittelS gerichteten Land-gerichtsbeschluß aufheben. Die Möglichkeit deS landgerichtlichenBeschlusses zeigt aber die Notwendigkeit eineS klaren Schutzes desKoalitionsrechts auch gegen Gerichte.)Zus Indiiftm und HandelErnte!Nach den bisher vorliegenden Ausweisen hat die Zahl der Un-glllcksfälle im Jahre 1906 beträchtlich zugenommen. DaS Ueber-anspannen der ArbeitSkrast durch Ueberzeitarbeit usw. wird jeden-falls auch noch ein Anziehen der Krankenziffern im Gefolge haben.Dazu hat daS verflossene Jahr den Arbeitern eine schmerzhafte Ver-teuerung der Lebenshaltung gebracht. Allerdings, die Stockschlägeauf den Magen werden erst recht fühlbar, wenn mit Ab-schwächung der Konjunktur auch der Begehr nach Arbeits-kräften nachläßt. Hohe Warenpreise werdet! den Arbeitern für dieZeit ungünstigerer Erwerbsverhältnisse treu bleiben. Die Ernte derLohnftonder! Anders schließt die Bilanz für den Dividenden-arbeiter. In den letzten Tagen sind wieder mehrere Geschäftsergebniffe bekannt geworden, die erneut von der goldenen Ernte derPapicrinhaber zeugen. Dabei sind Unternehmen, deren Dividenden-plus genügte, den schlechten Abschluß einer ganzen Reihe kleiner Ge-sellschasten, die nicht gut prosperieren, in einen sehr günstigen zuverwandeln. Wir stellen die Dividenden einiger Gesellschaften, derenGeschäftsjahr am 30. Juni schließt, vergleichend zusammen.Dividende1903/04 1904/0ö 1903/06 1906/0ftEs läßt sich nicht leugnen, den Papierinhabern hat die Hoch-konjunkwr hochbefriedigende Gewinne gebracht. Außer den statt-lichen Dividenden haben die meisten Gesellschaften aber auch nochenorme Rücklagen, Spargroschen, aufbringen können. Die HarpenerBergbau-Gcsellschaft hat z. B. diesmal 9 Millionen Mark zu Ab-schreibnngen verwendet gegen 3 422 930 M. im Vorjahre. DerBetriebsgewinn ist von 17 Millionen Mark auf 18 263 500 M. ge-stiegen._Fufion von Zellstofffabriken. Wie berichtet wird, finden dem-nächst Vorbesprechungen statt, die eine Fusion der ZellstofffabrikWaldhof und der Zellstofffabrik Tilsit zum Ziele haben. Die Zell-stofffabrik Waldhof arbeilet mit einem Aklienkapital von 16 MillionenMark. Tie Gesellschaft verteilte von 1894 bis 1905 je 16 Proz.Dividende, 1906 und 1906 20 und 25 Proz. Der Kurs der Aktien,die auch in Frankfurt und Mannheim notiert werden, war ani10. September 1907 837,90 Proz. Die Zellstofffabrik Tilsit, die imMärz dieses Jahres ihr Kapital von 3 auf 6 Millionen Mark er-höhte, verteilte 1906 eine Dividende von 13'/, Proz., 1906 von20 Proz.Die staatliche Mobiliarversicherung in der Schweiz. Die Ge-bäudeversicherung ist in der Schweiz verstaatlicht und zwar wird sievon den Kautonen betrieben. Die Mobiliarversicherung hingegen istmit Ausnahme des KantonS GlaruS noch auf private Gesellschaftenangewiesen. In der schweizerischen Mobiliorversicherungsgeiellschaftin Bern besteht aber bereits ein Unternehmen, das um 40 bis60 Prozent billigere Prämien hat als z. B. die bekannten deutschenVersicherungsgesellschaften und das auf dem Prinzip der Gegen-seiligkeit der Versicherten beruht. Seit einiger Zeit sindverschiedene Kantonsregierungen am Werke, auch die Mobiliar-Versicherung zu verstaatlichen, interkantonal oder am bestenauf eidgenössilchem Boden. Es ist zweifellos, daß durch die obliga-torifche staatliche Mobiliarversicherung dem Schweizervolke Jahr fürJahr Hunderttausende und Millionen an Prämien erspart werdenkönnten, die heute den Aktionären der privaten Verstcherungsgesell-fchaften als 20, 30. 36prozentige Dividenden als niühelose Beute inden Schoß fallen und daß ferner durch das Obligatorium der Ver-sicherung zahlreiche Familien, die unversichert sind, vor der völlige»Verarmung infolge eines Brandfalles bewahrt werden könnten. Dieseit 1896 bestehende staatliche Mobiliarversicherung des KantonSGlaruS. die aber leider nicht obligatorisch, sondern nur fakultativist. erhält Beiträge aus der kantonalen Gebäudeversicherung, diein den elf Jahren inNusive 1906 insgesamt 626 008 Fr. ausmachten.Die Rechnung pro 1906 schloß mit einem Ueberschuß von 24 668,60 Fr.Der Reservefonds beträgt 627 432.90 Fr. Die Bevölkerung ist mitder Wirksanlkeit der staatlichen Mobiliarverstcherung zuftieden. wiefolgende Bemerkung der bürgerlichen„Glarner Nachrichten" beweist:„Im Glarner Land sind infolge der guten Erfahrungen die einstigenGegner mit der StaatSversicherung ausgesöhnt. Gegenteilige Be-haupwngen beruhen auf Unkenntnis oder bösem Willen."Agrarverhältnisse in Rumänien und Rußland.Auf dem Ende August in Kopenhagen stattgefundenen KongreßdeS Internationalen statistischen Instituts berichtete Ceweanga überdie Agrarverhältnisse in Runiänien. Er kam zu dem Ergebnis, daßin keinem Lande der ländliche Grundbesitz in den Händen eines sobeschränkten KreiseS von Individuen liege wie in Rumänien.Daraus ergebe sich eine ganz außerordentlich ungünstige Lage deSBauernstandes, die eine um so größere Beachtung verdiene,als dieser Stand allein über vier Fünftel der Gesamtbevölke-rung des Königreichs ausmache(fast fünf Millionen). Diesergroßen Zahl von kleinen Landwirten, die zusammen etwa dreiMillionen Hektar an Grund und Boden besitzen, stehen aber un-gefähr 4000 Großgrundbesitzer mit einem Gesamtbesitz von fast vierMillionen Hektar gegenüber.Ueber Rußland berichtete Zolosareff. Redner entlvickelte zunächstkurz die Vorgeschichte der seinem Vortrage zugrunde liegenden Er-Hebung aus dem Jahre 1906 und ging hierauf auf ihre Grund-Prinzipien ein. Gegenstand der Erhebungen waren die Grundeigen-tüirer und ihr Grundbesitz. Die ersteren wurden in drei Gruppeneingeteilt; die erste umfaßte die Privaten, die zweite die Bauern-gemeinschaften, die letzte den Staat, die Kirche und andereKörperschaften. Die Privatbesitzer wurden wieder in sozialeKlassen eingeteilt, bei den Bauerngemeinschaften wurde dieArt der Gemeinschaft festgestellt und Gemein- oder Einzel-besitz unterschieden, bei der letzteren Gruppe aber verschiedeneKorporationen neben dem wichtigsten Eigentümer, dem Staat, her-vorgchoben. Das gesamte Land, dessen Eigentumsverhältnisse er-hoben worden waren, betrug 395.192,000 DeSjatinen. Hiervonstanden im Privateigentum 26.8 Proz., im Eigentum von Bauern-gemeinschaften 36,1 Proz., in dem der dritten Gruppe(Staat usw.)39.1 Proz. Allerdings muß dabei beachtet werden, daß das Staats-eigentum in den unfruchtbare» Polargegenden des Landes besondersausgedehnt ist. Scheidet man die„Region du Nord", die sich ausdrei Gouvernements zusammensetzt, aus, so ergibt sich für die ersteGruppe ein Grundeigentum von 36,9 Proz. der Gesamtfläche, für diezweite Gruppe von 47,2 Proz., für die dritte Gruppe von nur mehr16,9 Proz. Die Fläche, die zur Grundlage dieser Berechnung ge-macht worden ist, umfaßt aber 98 Proz. der Bevölkerung uudproduziert 93 Proz. der Getreideernte, bildet also so ziemlich dasganze Ackerland. Unter den Grundeigentümern der ersten Gruppeüberwog die Zahl der Einzeleigentümer mit 84,5 Proz. bei weitem.Der Rest fiel auf Gesellschaften. Mach den sozialen Klassen, denendie Einzeleigentüincr zugezählt werden können, ergab sich ein starkesUebcrwiegen deS adeligen Grundbesitzes(61,9 Proz.), neben demnur noch Bauern und Kaufleute(beide mit etwa 16 Proz.) in Betrachtkamen. Unter der zweiten Gruppe überwog der Gemeinbesitz beiweitem. In mehr als drei Vierteln der gesamten Grundeigentums-fläche dieser Gruppe herrschte Gemeinbesitz vor. Ein auSgebreitetcrerEinzelbesitz findet sich vor allen, in den polnischen Gouvernements,während er in den übrigen Reichsteilen die seltene Ausnahmebildet. In der dritten Gruppe von Grundeigentümern überwiegt dasStaatseigentum bei weitem, was aber hauptsächlich wieder ausseine große Ausdehnung im Norden zurückzuführen ist. Er machtneun Zehntel dieser Gruppe nnd ein Drittel der gesamten FlächedeS europäischen Rußland auS. Das Eigentum der übrigen Gruppen(Kirche. Apanagen, Klöster. Städte. Kosaken usw.) ist Verhältnis-mäßig unbedeutend. Faßt man alle diese Gruppen von Grund-besitzern zusammen und unterscheidet man sie nun noch sozialenKlassen, so ergibt sich, daß der Adel 22,1 Proz., die Bauern61,8 Proz.. Kaufleute und Kosaken ungefähr je 6 Proz. der Gesamt-fläche zu Eigentum haben. Der Rest entfällt auf kleine Gruppen.Dabei ist das bäuerliche Eigentum seit 1874 um 28Vz MillionenDesjadinen von 118 auf 146'/, Millionen) gestieae».