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werden die Gegner nicht lange Abhandlungen bringen, sondern sie werden sagen:Im Reichstage haben zwar ein paar sozial- demokratische Abgeordnete gesagt, dah die Sozialdemokraten ihr Vaterland verteidigen wollen, wenn es angegriffen wird, aber das ist alles Rederei, dafür ist ihnen hinterher von ihren Genossen der Kopf gewaschen." Diese nackte Tatsache halten die Gegner Ihnen vor und was wollen Sie darauf antworten? Sie haben nicht ein- mal die Möglichkeit zu sagen, daß das nicht wahr ist. Ich betone nochmals, daß kein Anlaß zu solcher Kritik vorlag. Wenn Kritik geübt werden soll, dann müßte sie sich dagegen richten, daß wir in so unverantwortlicher Weise angegriffen werden und daß unseren Gegnern Material gegeben wird, das sie uns bei den nächsten Wahlen um die Ohren schlagen werden.(Vereinzelter Beifall.) Dr. Lensch- Leipzig: Eine bessere Empfehlung für den Antrag 36 und einen besseren Beweis für die Notwendigkeit, ihn anzunehmen, als die eben ge- hörte Rede des Genossen N o s k e kann ich mir nicht denken.(Sehr gut!) Noske begann damit, daß er sagte, die Diskussion über seine Rede fei so außerordentlich verschieden gewesen, das eine Parteiblatt habe dies, das andere jenes ausgesetzt, das eine habe gegen die Aeußerung Bebels protestiert, das andere gegen die Aeutzerung NoSkes. In diesem Punkte mag er recht haben; aber er hätte hinzufügen sollen, daß in einem Punkte die gesamte Parteipresse einig war und dieser eine Punkt war: NoSke hat Unrecht gehabt mit seiner Rede im Reichstag; er hat dort die Grundsätze der Sozialdemokratie nicht so vertreten, wie er es hätte tun müssen. Mit der einzigen Ausnahme derSächsischen Arbeiter- zeitung", um auch das zu erwähnen, war die gesamte Parteipresse darin wie gesagt einig. DieChemnitzer Volksstimme" begann ja sofort von einer unangebrachten Anrempelei derLeipziger Volks- zeitung" zu sprechen. DieLeipziger Volkszeitung " ist bekanntlich für solche Zwecke immer ein höchst brauchbares Karnickel(sehr richtig! und Heiterkeit), wenn man sonst nichts zu erwidern weiß. Wenn Genosse NoSke sagte, ich hätte es mir aus den Fingern gesogen, daß der Kriegsminister, nachdem NoSke gesprochen hatte, die Erklärung des sozialdemokratischen Redners akzeptiert habe, daß die Partei mit derselben Treue und Hingabe im Falle eines Krieges für daS deutsche Vaterland eintreten werde, wie die bürger- lichen Parteien, so mutz ich darauf hinweisen, daß nach dem Presse- bericht die Rede des Kriegsministers genau wörtlich so begann, wie dort ausgeführt war.Ich akzeptiere die Erklärung des sozial- demokratischen Reichstagsabgeordneten, daß im Falle eines An- griffstriegeS die Sozialdemokratie mit derselben Treue und Hin- gäbe antreten werde, wie die bürgerlichen Parteien." Und wenn das falsch war, dann hatte eben Noske die Pflicht, sofort in der Presse dagegen zu protestieren und zu sagen:So ist es nicht ge- Wesen, so sind meine Ansführungen und die Ausführungen des Kriegsministers von Einem nicht gewesen." Aber was hat er denn getan? Die Rede deS Genossen NoSke hat geradezu einen Jubelsturm in der gesamten bürgerlichen Presse hervorgerufen und dieChemnitzer Volksstimme", das Blatt deS Abgeordneten NoSke, hat sich gewissermaßen dies Bukett an den Hut ge- steckt.(NoSke: Das ist nicht wahr!) DieChemnitzer Volks- stimme" hat zu einem gewissen Teile diese zustimmenden Er- klärungen der bürgerlichen Presse abgedruckt; statt Protest ein- zulegen, wenn er mißverstanden war, hat Noske geschwiegen und dieChemnitzer Volksstimme" hat, wie gesagt, einen Teil dieser Zustimmungserklärungen abgedruckt. Doch das nur nebenbei. Wenn überhaupt die ganze Sache einer grundsätzlichen Erörterung unterzogen werden soll, so müssen wir nach meiner Empfindung da anknüpfe», wo NoSke mit einem Schein von Recht sagen konnte, das, was ich gesagt habe, hat ja auch früher ein großer Teil der Abgeordneten selber gesagt, das Wort von der Flinte, die auf den Buckel genommen werden soll, habe ich gar nicht gebraucht. Das ist zum Teil richtig. Aber wir werden auch sehen, warum das, was vor V0 Jahren richtig war, jetzt absolut falsch ist. NoSke hätte sich noch auf ganz andere Gewährsmänner berufen können wie auf Bebel. Er konnte sich auf Marx, Lassalle und Engels berufen. Im Jahre l548/-!g war eS dieNeue Rheinische Zeitung ", das revolutionärste deutsche Blatt, das mit Emphase einen Krieg des westlichen Europas gegen Osteuropa , gegen Ostelbien und Rußland proklamierte. 18S9, als wir eine große europäische Krisis hatten, da war der Feind der demokratischen Institutionen, von dem man eventuell wirklich eine nationale Unterdrückung erwarten konnte, Napoleon III. , und damals erklärten Engels wie Lassalle in ihren Broschüren mit großer Energie sich für einen Krieg gegen Napoleon . Engels schrieb damals beinahe wörtlich, waS jetzt NoSke lediglich gesagt haben wollte: Wenn man unS angreift, verteidigen wir uns. Aber das Malheur war, das war 18Sg.(Hcitcrkci?.) Später, noch in den 70cr Jahren, war cS ebenfalls Bebel, der im Deutschen Reichstag häufig sagte: Der Todfeind der gesamten europäischen Kultur und auch der deutschen Demokratie, soweit wir eine solche haben, ist daS russische Zarentum. Wenn es gegen den russischen Zarismus geht, versteht es sich, daß auch die deutsche Sozialdemo- kratie in diesem Kampfe ihre Pflicht tut.(Sehr richtig!) Aber das war in den 70er, 80er, Lver Jahren. Inzwischen aber hat sich eine Tatsache vollzogen, von der Genosse NoSke nichts gemerkt zu haben scheint. Das ist nämlich der Ausbruch der russischen Re- volution. Dadurch ist der russische Zarismus ausgeschieden als Todfeind, als wirkungsvoller Feind; er liegt zerbrochen am Boden. (Widerspruch.) Der russische Militarismus ist keineswegs mehr imstande, einen großen europäischen Krieg zu führen, weil er sich zu einer Schutztruppe des Zarismus im Inland selber verwandelt hat. In einer solchen politischen Situation ist dieselbe Erklärung, bereitwillig einen Krieg zu führen, die früher ein Bekenntnis zur Revolution war, jetzt nach dem Ausbruch der russischen Revolution zu einem Bekenntnis zur europäischen Reaktion geworden. Wenn wir jetzt erklären, wir würden einem solchen Kriege zustimmen, so Vergessen wir. daß inzwischen sich große historische Wandlungen vollzogen haben. Das hat NoSke nicht beachtet, und deshalb ist er jetzt ganz erstaunt, und sagt, was wollt ihr denn, ich habe doch genau dasselbe gesagt, WaS früher Bebel und andere gesagt haben; dann prügelt doch die und prügelt wicht nicht. Aus diesen Gründen ist also schärfster Protest einzulegen gegen diese Auf- fassungen, Anschauungen, die jetzt allerdings so reaktionär sind wie nur irgend möglich. Ich meine, ein sozialdemokratischer Reichs- tagsabgeordneter in dieser Situation wie sie nach den Wahlen war, vor allen Dingen aber jetzt, wo die Marokkoaffäre...(Die Rede- zeit ist abgelaufen, ein Antrag auf Verlängerung derselben wird abgelehnt.) Löfsler-Gelsenkirchen : Ich will nicht den Spuren der Vorredner folgen, sondern die Resolution 97 begründen. Nur so viel will ich sagen: die Genossen, die aus jeder Kleinigkeit eine Staatsaktion machen, sollten einmgl Agitation im Ruhrrevier treiben. Dann würde ihnen die Lust daran ein für allemal vergehen.(Sehr richtig.) Der Antrag 97 ist kein Mißtrauensvotum gegen die Fraktion, im Gegenteil. Die Fraktion genießt das vollkommene Vertrauen von uns Berg- arbeitern. Sie ist allein im Parlamente machtvoll für ein Reichs. berggesetz eingetreten. Schon l89S hat sie den Antrag gestellt, daS Wergrecht der Kompetenz des Reiches zu unterstellen. Damals waren alle Parteien und auch daS Zentrum, daS sich sonst so arbeitcrfreundlich gebärdet, einig in der Ablehnung dieses Antrags. Auch 1897 waren sämtliche bürgerlichen Parteien Gegner eines gleichlautenden Antrages der Fraktion. Später sind Sachse und H u e wiederholt für die Notwendigkeit eines NeichsberggesetzeS aufgetreten. Mittlerweile kam das verhängnisvolle Jahr l90S mit dem wuchtigen und elementaren Ausbruch der Erhebung der Ruhr- bergleute. Die Oeffentlichkeit sympathisierte mit den Berg- arbeitern. Diesem gewaltigen Drucke mußte die Regierung nach- geben. Sie versprach wenigstens ein Gesetz zur Regelung der Berg- arbeiterfragcn und ließ sogar durchblicken, daß es, wenn es der Landtag nicht annehmen follte, an den Reichstag kommen werde. Viel Vertrauen hatten die Bergarbeiter ja nicht zur Regierung, sie kannten den Spicgclberg. Aber daß es so werden würde, wie es gekommen ist, dag die xzesetzgeberische Aktion so verhunzt werden würde, das haben sie nicht angenommen. Wie radikal gebärdetc sich die Zentrumspresse. Am 11. Februar des Streikjahres schrieb dieEssener Volkszeitung": ES ist in diesen Tagen deS Kampfes so viel von Kontraktbruch gesprochen worden. Wir sprechen eS aber offen aus, daß es der schnödeste Kontraktbruch wäre, wenn das Versprechen der Regelung der Bergarbeiterfordcrungen nicht in befriedigendem Maße erfüllt würde. Im März drohte dieEssener Volkszeitung" mit einem noch verhängnisvolleren Kampfe. So ging es, bis am 22. Mai der Umfall des Zentrums sich in der Er- klärung des Zentrumsredners im Abgcordnetenhause vollzog, das Berggesetz dürfe unter keinen Umständen im Reichstag erledigt werden. Am 26. Mai wurde vom Landtag die verhunzte RegicrungZ- Vorlage zum Hohn der Bergarbeiter angenommen. Aus ihr war der achtstündige sanitäre Arbeitstag heraus und wichtige Rechte des Arbeiterausschusses beschnitten. Tie christlich organisierten Arbeiter erklärten mit uns, was da? Gesetz unS bietet, sind Steine statt Brot. Ja, in ihrem Organ forderten sie die Ablehnung der Vorlage durch das Herrenhaus. DaS Zentrum hat sich alS die un- zuverlässigste Partei in den Bergarbeiterfragen bewiesen. ES hat nur große Worte, aber mit den Taten hapert eS. Sehen wir, wie unter dem jetzigen Gesetz für Leben und Gesundheit der Berg- arbeiter gearbeitet ist. Im Jahre 1886 kamen auf 1909 Berg- arbeiter 6,69 Verunglückte. 1399 12,19 1996 aber 15,71.(Hört! hört!) Von 1386 bis 1996 sind im Bergbau 22 939 Bergleute zu Tode gekoinmen. Angesichts dieser Zahlen müssen wir mit aller Macht die reichsgesetzliche Regelung verlangen. Nehmen Sie unsere Resolution einstimmig an.(Lebhafter Beifall.) Hvnrath-Aachcn begründet den Antrag 79. Für die gewerblichen Arbeiter haben wir die Gewerbegerichte, für die Dienstmädchen die Gesindeordnung (Zuruf: Leider sogar zwei Dutzend!), für die Theaterarbeiter, für das Personal an Kunstinstituten usw. ist irgendeine ähnliche Ein- richtung nicht vorhanden. Ja selbst der ordentlick?« Rechtsweg ist gänzlich oder zum allergrößten Teil für sie ausgeschlossen. Deshalb verlangt der Antrag 79 daS Verbot der Bühnenschiedsgerichte. Diese privaten Schiedsgerichte versperren den Angestellten an Kunstinstituten den ordentlichen Rechtsweg. Die BühnenschiedS- gerichte haben nicht die Berechtigung zur Abnahme von Eiden, ihre Verhandlungen über einen Fall nehmen im allgemeinen eine gange Saison in Anspruch. Nachher ist eS den klagenden Theater- angestellten nicht mehr möglich, den ordentlichen Rechtsweg zu be- schreiten. Die Wahrheit kann, da der EidcSzwang fehlt, vor den Bühnenschiedsgerichten in 99 von 199 Fällen nicht ermittelt werden. Die Zeugen, soweit sie zum Theaterperional gehören, müssen immer befürchten, daß sie von den Bühnenleitern auf die schwarze Liste gesetzt werden oder daß schlechte Auskunft über sie erteilt wird. 12 000 Angestellte an Kunstinstituten leiden unter diesen Zuständen. Die privaten Bühnenschiedsgerichtc müssen untersagt und für die Angestellten ein Gericht geschaffen werden, indem sie dem Gewerbe« oder dem KaufmannSgericht unterstellt werden, das die Garantie bietet, daß die Rechtsprechung für sie schnell und sachgemäß erfolgt. Scharping-Greifenhagen begründet Antrag 73: Gerade in Pommern und in den anderen ländlichen Provinzen ist das Wahlgeheimnis nicht so gewahrt, wie es sein sollte. Als Wahlurnen dienen Zigarrenkisten oder Suppen. schüsseln. Die Zigarrenkisten haben einen Schlitz, und die Wahl- kuvertS liegen dann das eine über dem anderen. Wird eine Liste über die Reihenfolge der Abstimmenden geführt, dann läßt sich sehr leicht feststellen, wie der einzeln« Wähler gewählt hat. Deshalb stellen wir den Antrag, die Fraktion möge verlangen, daß einheit- liche Wahlurnen angeschafft werden. Wie oft ist uns von Land­arbeitern gesagt worden, wir können nicht für Euch stimmen, weil sonst unbedingt unser Arbeitsverhältnis gelöst wird. Bei dem Elend und dem starken Druck, unter dem die Landarbeiter leben, sind solche Antworten begreiflich. An unS ist eS, Abhülfe gu schaffen.(Lebhafte Zustimmung.) Hauschild-Kassel : Dr. Lensch meinte, die gesamte Parteipresse sei wohl darin einig gewesen, daß die Auffassung, die NoSke vertreten habe, nicht mit den bisherigen Anschauungen der Partei übereingestimmt haben. DaS ist ein Irrtum, eine große Anzahl Parteiblätter hat überhaupt nicht Stellung genommen; sie haben sich eben gesagt, da wird wieder ein Geschrei über eine Sache gemacht, die cS gar nicht wert ist.(Sehr richtig!) Im Wahlkampf arbeitet der ReichSvcrband mit seinem Zitatensack, um die antipatriotische Haltung der Sozialdemokratie zu beweisen. Glauben Sie, daß wir dann mit theoretischen Artikeln von Lensch etwa? ausrichten können? Nein, dann greifen wir gu der Rode, die Bebel 1894 gehalten hat und von der die Ausführungen NoskeS nichts weiter sind als ein neuer Ausguß. Die Rede von NoSke hat uns bei der Agitation nicht nur nichi geschadet, sondern genützt.(Widerspruch.) Ich habe mich zum Wort gemeldet, um einen Wunsch zum Ausdruck zu bringen. Sie haben alle den parlamentarischen Bericht vor sich zu liegen, aber Hand aufs Herz, wer von Ihnen hat den Bericht überhaupt gelesen?(Ohol) Millionen draußen im Lande sind nicht genau unterrichtet über unsere Arbeiten im Parlament, und das hat uns veranlaßt, zu beantragen, daß alljährlich nach Schluß der Session eine kurze Ueberficht über die Tätigkeit des Reichstags und die Tätigkeit unserer Fraktion herausgegeben und verbreitet wird. Wir glauben, dadurch ein äußerst wirksames Agitationsmittel zu erlangen. Gewiß wird ausführlich über die Reichstagsverhandlungen in der Parteipresse berichtet, aber die Parteipresse hat nur eine Million Abonnenten, und Millionen und Abermillionen werden heute noch systematisch von der bürgerlichen Presse bearbeitet. Darum bitte ich Sie dringend, den Antrag anzunehmen.(Bravo !) Molkenbuhr: Die Anträge, soweit sie auf die Tätigkeit der Fraktion Ein- fluß haben sollen, werden am besten dadurch erledigt, daß sie der Fraktion überwisen werden. Der Genosse, der den Antrag bezüg- lich des BcrgarbeiterschutzeS gestellt hat, hat anerkannt, daß die Fraktion ihre volle Pflicht erfüllt, daß dagegen das Zentrum sehr unzuverlässig gegenüber den Bergarbeitern ist. DaS Zentrum ist aber nicht nur gegenüber den Bergarbeitern unzuverlässig, nein, es gibt keine Partei, die äoerhaupt in Arbeiterfragen un- zuverlässiger ist als das Zentrum.(Lebhafte Zustimmung.) Ich erinnere nur an den Widerstand dcS Zentrums gegen die AuS- dehnung der VersicherungSgcsetze auf die Landarbeiter.(Sehr gut!) Bisher haben wir uns in unserer ganzen Arbeiterschutz- gesetzgebung mehr an das englische Vorbild gehalten; daS englische Vorbild war für unsere Anträge maßgebend, weil wir England alS Vorbild in der Entwickelung der Produktion ansahen. Zweifellos ist nun die deutsche Produktion über die englische hinausgewachsen, wir haben bei unS Kapitalkonzentrationen, wie sie selbst' in Eng» land noch unbekannt sind. Für solche Fälle muß man auch in der Arbeiterschutzgesetzgebung über daS englische Vorbild hinausgehen. Ich erinnere an die zahlreichen Monopolbetriebe, an daS Kohlen. syndikat und den Stahlwerksverband. Nun läßt sich ja nicht leugnen, daß der Jahreslohn der Hütten, und Walzwerkarbeiter seit zehn Jahren um 899 M. gestiegen ist. aber auf die Tonne fertiger Produkte berechnet, ist der Lohn zurückgegangen, also der Mehrwert, der auS den Arbeitern herausgeschunden wird, ist ganz enorm gestiegen.(Sehr richtigl) Wir haben etwa 699 999 Bergarbeiter, 899 999 Hütten« und Walzwerkarbeiter, dann kommen die Arbeiter der Gaswerke, zu- sammelt also weit über eine Million Arbeiter, die in Monopol. betrieben beschäftigt sind. Da ist eS absolut notwendig, einmal oie Leute zusammenzufassen, die in Monopolbetrieben arbeiten, und für sie mit einheitlichen Arbeiterschutzgesetzen vorzugehen. Es kommen hier kontinuierliche Betriebe in Frage, wo die Regelung deS Schicht- systems, ob Zwei- oder Dreischichtsystem, vielleicht später auch daS Vierschichtsystem, von Wichtigkeit ist. Bei diesen Betrieben fallen die Kvnturrenzrücksichten, die sonst immer angeführt werden, fort. Ich habe schon bei verschiedenen Kollegen angeregt, mit einem Sondergesetz vorzugehen, unter daS also nicht nur die Bergarbeiter, sondern alle Leute in Monopolbetrieben fallen. DaS wird um so notwendiger sein, weil diese Gebilde ja eine gewisse Macht gegen- über den Arbeiterorganisationen geworden sind. Viele Voraus- sctzungen, die sonst bei den gewerkschaftlichen Organisationen in Frage kommen, fallen bei den Sudikaten fort. Ter Kleinmeister muß beim Streik den Verlust seiner Kundschaft fürchten, das Kohlcnsyndikat und der Stahlwerksverband dagegen können ihre Kundschaft nicht verlieren, sie werden durch Streiks niemals in Verlegenheit gebracht, weil in ihren Verträgen überall die Streik- klauscl enthalten ist, und meist ist ja auch der Streik für sie die Ursache mir, daß sie ihre Preise erhöhen können. Ohne den großen Bcrgarbeitcrstreik 1995 hätte das Äholensyndikat seine Preise nicht halten können, eS ist dadurch eine Marktlage geschaffen, die ihm Millionen zuführt. Bei Berücksichtigung der tatsächlichen Verhält- nisse werden wir sehr leicht dazu kommen, ein neues System der Arbeiterschutzgesetzgebung aufzubauen, und zwar ein System, unter dem auch die Bergarbeiter größere Vorteile erlangen können, als wenn man sich nur auf ein einzelnes Gewerbe beschränkt (Beifall.) Weißman»- Karlsruhe : Ich bitte die Genossen dringend, den Antrag 96 abzulehnen. der in gewissem Sinne zweierlei sozialdemokratische Reichstags- abgeordnete will. Genosse NoSke ist zu Unrecht so schliinw be- handelt, eS lag kein Grund vor, die Frage zu einer Kardinalfrage zu machen, NoSke konnte angesichts der Situation gar nicht anders sprechen, seine Ausführungen haben uns in der Agitation nicht nur nicht geschadet, sondern genutzt. Aber selbst wenn er zu weit gegangen wäre, durfte ihn dieLeipziger Volkszeitung " nicht Jp behandeln, lieber koloniale Fragen herrscht noch keine Klarheit, auch durch den Stuttgarter Liongreß ist keine größere Klärung herbeigeführt. Wir müssen dieser Frage eine erhöhte Aufmerksam- keit zuwenden. Ich bitte nicht etwa zu glauben, daß ich die Kritik an Bebel und Ledebonr einschränken will, aber vielleicht wäre es ratsam, daß die Fraktion sich einen Beirat für koloniale Fragen schafft.(Lachen.) Ich war aus Widerspruch gefaßt. Es komnit darauf an, auch die kolonialen Fragen anderer Länder zu studieren, daS Material zu sammeln und auch an Ort und Stelle Studien zu machen. Ich bitte, diesen Vorschlag in Erwägung zu ziehen. Wir kommen nicht um eine praktische Prüfung der Kolonialfrage herum. Von diesem Gedanken ausgehend, habe ich meinen Vorschlag ge- macht. Eingegangen ist der Antrag 98: Der Parteitag wolle beschließen: Sofort nach Schluß jeder Reichstagssession ist eine in knapper Form gefaßte agitatorisch wirksame Zusammenstellung der Tätigkeit deS Reichstages und der sozialdemokratischen Fraktion während der jeweils verflossenen Session herauszugeben. H a u s ch i I d t- Kassel. Brccour- Kiel: Der Unwille über die Rede NoskeS beim Militäretat ist doch in weitere Kreise als nur in die derLeipziger Volkszeitung " gedrungen. Man kann die Art und Weise, wie dieDortmunder Arbeiterzeitung" ihren BcgrüßungSartikel abgefaßt hat, scharf ver- urteilen und oraucht doch nicht a«f dem Standpunkt NoSkes zu stehen. Die Bemerkung gegen dieLeipziger Volkszeitung ", man solle nicht auS jeder Aeußerung eine Staatsaktion machen, ist zedenfalls unangebracht; damit kann man jede Kritik abweisen. (Sehr richtig!) In so pronocierter Form wie Roste hat sich noch lein Parteigenosse für die Teilnahme der Sozialdemokratie an einem Kriege ausgesprochen. ES ist überhaupt die Frage, ob wir Ursache haben, über dies Thema lange Ausführungen zu machen und Erklärungen abzugeben. Mögen sich doch unsere Gegner über die Haltung der Sozialdemokratie in einem Kriege den Kopf zcr- brechen. Es genügt, wenn wir erklären, unsere Stellungnahme im Kriege mutz diktiert sein von den Interessen des gesamten Prole- tariatS. Wir müssen auch bedenken, welche Wirkung derartige Reden auf unsere ausländischen Parteigenossen und ihre Aktionen ausüben können. Für unS kommt eS vor allem darauf an, die Wirkungen der Kriege klarzulegen, darauf hinzuweisen, daß daS Proletariat eS ist, das in erster Linie die Kosten an Gut und Blut dabei zu tragen hat.(Lebhafte Zustimmung.) Wem die Erklärung im übrigen nicht genügt, daß wir im Falle eines Krieges uns von den Interessen deS gesamten Proletariats leiten lassen werden. der wird sich sicher vom ReichSlügcnverband gefangen nehmen lassen.(Sehr richtigl) Ich bitte Sie, den Antrag Kiel an- zunehmen, er wird eine Mahnung sein für künftige Fraktions- redner beim Militäretat.(Bravo I) Hartmann-Rotthausen spricht für den Antrag 96. Die Versprechungen der Regierung bei dem Berggesetz sind nicht gehalten worden. Auch der einzige Arbeitervertreter im preußischen Abgcordnetenhause hat, obgleich er von der Picke auS gedient hat, cS nicht verstanden, dil Jnter- essen der Bergarbeiter wahrzunehmen. Beweisen Sie mit der einstimmigen Annahme dieses Antrages, daß die Sozialdemokratie allein es ist, welche ein Herz hat für die Bergarbeiter und daß sie ?ewillt ist, für ihre Menschenrechte mit aller Entschiedenheit zu ämpfen.(Bravo !) Lensch-Lcipzig: Ich wurde vorhin durch den Ablauf meiner Redezeit daran verhindert, meinen Gedankengang zu Ende zu führen. Ich be- mühte mich. Ihnen auseinanderzusetzen, daß früher allerdings nationale Gefahren für uns innerhalb der gesamten europäischen Politik vorlagen, daß früher der Zarismus und eine Zeitlang Napoleon III. in der Tat eine nationale Gefahr für das deutsche Volk bildeten und daß in jener Zeit die Erklärung, einen An- grifsSkrieg von draußen abwehren zu wollen, die Erklärung zu einem revolutionären Kriege war. Jetzt aber, nach dem AuS- bruch der russischen Revolution, ist Ruhland als moderne mili- tärische Großmacht ausgeschieden, daS russische Heer ist nicht mehr diese drohende Lebensgefahr für die europäische Demokratie. In einer solchen Situation ist es völlig verfehlt, überflüssig, sogar schädlich, was in früheren politischen Situationen notwendig und berechtigt war. Diese Wandlung der historischen Situation hat NoSke nicht beachtet, und daher ist seine Rede auf große Eni- rüstung und Ablehnung innerhalb der Partei gestoßen. Jetzt gibt eS überhaupt keinen Staat mehr, von dem wir eine Gefahr für die nationale Unabhängigkeit der deutschen Nation befürchten könnten. ES war, wie ich betonen muß, bei früheren Gelegen- heiten immer eine spezielle Gefahr, auf die man hinwies, man wies auf Rußland hin, auf Frankreich , aber man kam nie dazu, gewissermaßen den herrschenden Klassen einen Blankowechsel auS- zustellen für jeden möglichen Angriffskrieg, gewissermaßen so, daß die Arbeiterklasse sich zu einer Lebensversicherung für die herrschenden Klassen entwickelt hat. In der jetzigen Situation ist ein Krieg nicht denkbar, dem die Sozialdemokratie zustimmen könnte. Da war die Erkläruna NoSkcö ebenso überflüssig wie schädlich. Ich glaube. eS war Brccour. der sagte, ob denn jevt unsere Reichstagsabgeordneten nicht» besseres zu tun hätten, als im Reichstag derartige Erklärungen abzugeben und überhaupt über derartige Fragen sich den Kops zu zerbrechen, ob wir unS im Falle eines Krieges den herrschenden Klassen zur Verfügung stellen wollen oder nicht. Genosse Noske sagte, als die bürgerlichen Diplomaten am BundeSratStisch und als die Vertreter der bürger. lichen Parteien versicherten, sie seien überaus friedliebend, da habe er sich verpflichtet gefühlt, zu sagen: Nun gut, wenn man Euch angreift, werden wir Euch verteidigen. Ich bin der Meinung, er hätte antworten müssen, auf eine solche Erklärung pfeifen wir; da» versteht sich ganz von selbst, daß Ihr Friedensliebe bekundet. Er hätte als Vertreter der deutschen Arbeiterklasse sagen müssen: Wenn Ihr verlangt, daß wir mit unserem Blut, mit unseren Knochen Eure Politik verantworten, so verantwortet mal erst Eure Politik vor uns. Darauf kam es an. diesen Punkt hat NoSke unter den Tisch fallen lassen. DaS wollte ich vor allem ausführen. Genosse Südckum hat dann noch längere Ausführungen über die Notwendigkeit der Lohnerhöhung für die Soldaten gemacht. Nach meiner Empfindung hat in diesem Falle die ReichStagSfraktion völlig korrekt gehandelt. Die ersten und arößten Opfer des Militarismus sind die deutschen