außerordentlich wertvollen, zum Teil auf amtlichem, zum Teil auf dem sorgfältig zusammengestellten und kritisch durchleuchteten Material eines Einzelfalles beruhenden Aufmachungen das gerade Gegenteil hervor. Nach den Feststellungen des Statistischen Amtes der Stadt Frankfurt a. M. betrug von 1896— 1905 die Preiserhöhung für Fleischwaren durchschnittlich 34 Proz. Von da bis zum Herbst 1906 vollzog sich eine abermalige Erhöhung von 18 Proz.(Preis- liste der Innung), zusammen also von 52 Proz. auf Fleischwaren. Kette, Eier und Milch wurden im Mittel um 28 Proz. teurer. Das bedeutet also eine Preiserhöhung, die für die animalischen Nahrungsmittel im Durchschnitt 40 Proz. beträgt. Die v e g e- t a b i l i s ch e n Nahrungsmittel haben eine Erhöhung von min- bestens 10 Proz. erfahren. Da nun nach den Aufstellungen der Nürnberger Arveiterhaushaltungen der Konsum der animalischen sich zu den der vegetabilifchen wie 4 zu 3 verhält, so ergibt sich daraus eine mittlere Preiserhöhung von 28,5 Proz. für den Nahrungskonsum. Der Nahrungskonsum stellt aber, nach derselben Quelle, 54,1 Proz. des Gesamtkonsums im Arbeiterhaushalt dar. Daher müßte, um der hier erwachsenden Mehrausgabe gerecht «Verden zu können» eine Lohnerhöhung um 19 Proz. eintreten. Nun ist aber nicht nur die Nahrung teurer geworden. Be- kanntlich haben auch die'Mieten eine nicht unwesentliche Er- höhung erfahren, während die Kohlenpreise um 22, bezw. 40 Proz. beim großen Kohlenhändler gestiegen sind, was für den kleinen Verbraucher, der im einzelnen einkaufen muß. einen noch weit umfänglicheren und empfindlicheren Aufschlag bedeutet. Und auch alles andere: wollene und baumwollene Webwaren, fertige Kleider, Macherlöhne. Weißwaren, Küchengeschirre, Töpferwaren usw. ist wesentlich teurer geworden. Henriette Fürth bringt für das alles hochinteressante und einwandfreie Daten. Demgegenüber steht eine Lohnerhöhung, die für die städtischen Arbeiter 13—21 Proz., für die übrigen(nach einer auf den Lohn- klaffen der Ortskrankenkasse aufgebauten Berechnung) etwa 10 bis 20 Proz. beträgt. Aber noch von einer anderen Seite her wird das Mißverhältnis zwischen Lohnstcigerung und Lebensverteuerung in ein scharfes Licht gerückt. Im ersten Teil der angezogenen Schrift werden nach den sorglich geführten, über einen zehnjährigen Zeitraum sich erstreckenden Haushaltsbüchern einer mittclbürgerlichen Familie drei physiologische Bilanzen aus den Oktobcrmonatcn drei ver- schiedener Jahre gezogen, aus denen zwingend hervorgeht, daß eine bedenkliche Senkung der Ernährungsverhältnisse weiter Schichten stattgefunden haben muß. Während die dort behandelte Familie im Oktober 1896 mit einem Tagesaufwand von 88 Pf. auf den Kopf deS Erwachsenen eine das physiologische Normalmaß der Nähr- Einheiten um 27 Proz. überschreitende Ernährung erzielte, finden imr im Jahre 1900 bei einem Verbrauch von 87 Pf. pro Tag und Kopf des Erwachsenen nur noch ein Mehr von 1,4 Proz., das im Oktober 1905 bei einem Aufwand von 84 Pf. ein MinuS von 2,5 Prozent ergibt. Dieses Minus beträgt für Eiweiß sogar 13,4 Proz. und für Kohlehydrate 29 Proz., so daß nur der 35 Proz. be- tragende Mehrverbrauch von Fetten den Gesamtfehlbetrag geringer erscheinen läßt. Danach beträgt die Spannung zwischen den Jahren 1890 und 1905 29,5 Proz. oder, unter Berücksichtigung der Minder- ausgäbe von 4 Pf. pro Tag und Kopf des Erwachsenen. 25 Proz. Schließen wir nun aus dem, einen sparsam und praktisch gc- führten Haushalt darstellenden Einzelfall auf die Allgemeinheit, so ergibt sich uns das Folgende: Im Jahre 1896 brachte eine TagesauSgabe von 88 Pf. eine Ueberernährung von 27 Proz., im Jahre 1900 reichte ein Betrag von 87 Pf. noch eben hin, um eine erwachsene Person in Gemäßheit der Anforderungen der Er- nährungshygiene zu erhalten, und im Jahre 1905 hätte man. um das Ergebnis von 1896 zu erlangen. 110 Pf. ausgeben müssen. Die 87 Pf. deS JahreS 1900 aber ergeben den im Jahre 1905 für die sachgemäße Ernährung einer erwachsenen Person zu machenden Aufwand. Seitdem hat eine weitere nicht unbeträchtliche Erhöhung aller Lebensmittelpreise stattgefunden, die, wie oben nachgewiesen wurde, in Frankfurt einen 18 prozentigen Aufschlag der Fleischpreise innerhalb der Zeit vom Oktober 1905 bis September 1906 brachte. Die darauf im Frühjahr 1907 eingetretene Verbilligung hat im Laufe des Sommers zum größeren Teil wiederum anziehenden Preisen weichen müssen. Dabei gehen wir einer Kohlenteuerung entgegen, die die des Kohlennotjahres noch übertrifft. Wenn wir die Teuerung vom Jahre 1906 unberücksichtigt lassen und uns lediglich auf den Boden des im Jahre 1905 zur Erhaltung einer erwachsenen Person erforderlichen NahrungS - bezw. Gelb- guantums stellen, kommen wir zu folgenden Ergebnissen: Unter- stellen wir eine Arbeiterfamilie von nur 6 Personen, gleich 4 Er- ivachsenen, und nehmen wir an, daß sie ohne jeden Alkoholkonsum auskäme, so bedeutete das immerhin noch eine Ausgabe zu Er» nährungszwecken von 4mal 84 Pf. oder von 3,36 M. Den durchschnittlichen Nahrungskonsum mit 60 Proz. der Gesamtausgaben angesetzt, verlangte das ein Tageseinkommen von 5,00 M. Wieviele unserer Arbeiter verfügen wohl über ein solches? Ein kleiner Prozentsatz in den Großstädten. Für die übrigen bedeutet der gegenwärtige Stand der Preise der wichtigsten Gebrauchsgüter Unterernährung und Rückschritt statt Fortschritt in bezug auf die Anteilnahme an den sonstigen Errungenschaften der Kultur. Ein neues Riesen-ElektrizitätSwerk in der Schweiz . Der Große Rat des Kantons Basel st adt hat auf Antrag der Regierung einstimmig einen Kredit von 9 600 000 Frank zur Erstellung eines neuen Elektrizitätswerkes am Rhein bei Augst-Wyden bewilligt, durch das 30 000 Pferdekräfte gewonnen werden können und das auf 40 000 Pferdekräfte erweitert werden kann. Der Kanton Basel erstellt das Werk gemeinschaftlich mit den Kraftwerken Aktien-Gc- icUschaft Rheinfelden. Mit dem Bau des Werkes dürfte noch im Laufe dieses Herbste» begonnen werden, nachdem die dazu nötigen Vorbereitungen bereits getroffen sind. Die wirtschaftliche Entwickclung Japan ? macht in den letzten Jahren Ricsenfortschritte. Das ersieht man auf jedem Gebiete kapitalistischer Betätigung. Zu Ende des Jahres 1890 betrug die Länge der im Betriebe befindlichen Eisenbahnen 2333 Kilometer. so daß auf 100 Quadratkilometer Gebietsfläche durchschnittlich 0,7 Kilometer Gleis lagen. Pro 10 000 Einwohner des Landes waren 0,6 Kilometer Eisenbahn zur Verfügung. Zu Ausgang des viechnungSjahrcS 1903/04 betrug die Gesamtlänge der japanischen Bahnen 7200 Kilometer. Der Jahresbericht deS Eisenbahnamtes res japanischen Verkehrsministeriums für das Jahr 1905/06 er- gibt nun, daß an, Ende dieses Jahres schon insgesamt 9030 Kilo- nieter Eisenbahnen in Betrieb standen. DaS macht pro 10 000 Ein- wohner 1,9 Kilometer Gleis, oder pro 100 Quadratkilometer 2,36 Kilometer Gleislänge. Tie Verdichtung des Eisenbahnnetzes hat e-lfo große Fortschritte gemacht. Von den 9030 Kilometer Eisenbahnen waren 3370 Kilometer Staatsbahnen und 5660 Kilometer Privatdahnen. Der Bestand an rollendem Material umfaßte 1717 Lokomotiven� 5340 Personen- und 27 183 Güterwagen. Befördert wurden in dem genannten Jahre 113675 400 Personen, das sind etwa 9 Proz. mehr als im Vorjahre, und 21 530 064 Tonnen Güter oder reichlich 10 Proz. mehr als im Vorjahre. Auch der wegen der gebirgigen Natur des Landes vorhandene außerordentliche Reichtum an Wasserkräften findet steigende Aus- nuyung für industrielle und andere Zwecke. Mehr als 100 klein« Vagcrkraftwerke sind bereits eisgerichtet, und einige bedeutsame größere sind im Bau begriffen. Ilnter letzteren ist das WassZer- kraftwerk für Kioto mit einem Kanal von 11 Kilometer Länge und einem Gefäll von 34 Meter zu nennen; es wird eine Leistung von 4400 Pferdekräften erhalten. Ein Kraftwerk für Tokio , am Tama- gava-Fluß gelegen, WM 20 000 Kilowatt(27 000 Pferdekräfte) mit 40 000 Volt Hochspannung auf eine Entfernung Won mehr als 40 Kilometer übertragen. Ein weiteres großes Kraftwerk wird zwischen. Kioto und Osaka erbaut. Die beiden Städte liegen 64 Kilometer voneinander entfernt. Die Leistung dieses Werkes wrrd auf 32 000 Kilowatt(43 500 Pferdestärken) geschätzt. Auch in Korea hat der japanische Unternehmungsgeist, der sein Land mit vollen Segeln in den Großkapitaliswus hineinsteuert, schon einige Wasscrkrastanlagen geschaffen. SemKts- Leitung. Ein schlagfertiger Arbeitgeber. Eine Anklage wegen Frei- heitSberaubung, Körperverletzung. Bedrohung und Beleidigung führte vorgestern den Zigarettenfabrikanten I a st r o w vor die 7. Strafkammer des Landgerichts I . Es handelte sich um eine sehr erregte Szene, die der Angeklagte mit einem seiner Angestellten aufgeführt hat. Der Kaufmann Emil Cohn war Reisender für das Geschäft des Angeklagten und aus geschäftlichen Gründen mit diesem in Differenzen geraten. Der Angeklagte war der irrigen Ansicht, daß er von seinem Reisenden systematisch benachteiligt werde, und eS bildete sich bei ihm ein tiefer Groll gegen diesen aus. Als Herr Cohn am 20. Juni den Expcditionsraum betrat, schickte der Angeklagte das sonst noch anwesende Personal weg, so daß er mit dem Reisenden allein in dem Raum blieb. Alsdann schloß er die Tür ab, so daß Herr Cohn nicht mehr entweichen konnte, und schlug mit seinem mit Blei gc- füllten Spazierstock auf ihn ein, wobei er ausrief:„Sie Lump: Und wenn es mein Leben kostet, so schlage ich Sie nieder!" Der Angeklagte stellte die Sache so dar, daß er infolge der von ihm be- haupteten großen Verluste, die er durch den Reisenden erlitten haben will, sich in großer Erregung, im übrigen aber in der Not- wehr befunden habe, da sein Gegner zuerst auf ihn eingedrungen sei. Die Beweisaufnahme bestätigte diese Behauptung nicht; und so hat denn der Angeklagte das Aufbrausen seines Temperaments mit 1 Monat Gefängnis zu büßen. DaS Gericht hielt sein Vorgehen seinem Reisenden gegenüber für ganz unzulässig und strafwürdig. Ein Hauswirt hatte gegen eine Mieterin auf Schadenersatz ge- klagt, weil sie die gekündigte Wohnung einigen Mietlustigen nick't gezeigt hatte. Die Mieterin war auch vom Landgericht verurteilt worden, dagegen hat das Kammergcricht den Vermieter mit seiner Klage abgewiesen und nach den„Bl. f. Rpfl." bezüglich der An- forderungen an den Schadensbeweis unter anderem folgende Aus- führungen gemacht: ES ist nur erwiesen, daß die Beklagte zweimal nicht zu Hause war, als Damen ihre Wohnung besichtigen wollten. Unstreitig ist aber die Wohnung von Mietlustigen besichtigt worden, ohne daß sie vermietet wurde. Es fehlt daher an jeder Wahrschein- lichkeit, daß sie in einem der beiden Fälle, in denen die Wohnung suchenden Damen an der Besichtigung behindert waren, vermietet worden wäre. Dieser Wahrscheinlichkeit bedarf es aber doch mindestens, wenn ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Handlung der Beklagten und dem Schaden des Klägers angenommen werden soll. Die Wahrscheinlichkeit wird auch nicht dadurch herbei- geführt, daß ein Herr, der die Wohnung besichtigte, gesagt haben soll:„Die Wohnung gefalle ihm sehr und er werde seine Frau schicken, die gleich den Vertrag schließen solle, wenn auch ihr die Wohnung gefalle." Eine solche Erklärung könnte nicht ernst ge- nommen werden; denn nach den Erfahrungen des gewöhnlichen Lebens werden die Mietsvcrträge nicht von den Ehefrauen sondern von den Ehemännern geschlossen und begnügen sich die Wirte in der Regel auch nicht mit einem Vertrage der Ehefrau allein. Uebrigens hätte ja auch der Hausverwalter den Damen, die mit der Vollmacht des Ehemannes zum Vertra�sschluß erschienen, eine gleichartige Wohnung des Hauses zeigen können, wie es in Berlin und Umgegend so häufig geschieht. Mangels nachweisbaren Ur- sachzusammenhanges zwischen der Handlung der Beklagten und dem Schaden des Klägers ist daher die Klage abgewiesen worden. Wegen strafbaren Eigennutzes mußte sich gestern der Freiherr Alexander von F r e Y b e r g vor der 2. Strafkammer des Land- gerichts II. verantworten. Der Anklage lag eine schon längere Zeit zurückliegende Vorgeschichte zugrunde, die schon mehrfach die Strafgerichte beschäftigt hatte.— Im Jahre 1904 lernte der Angeklagte die Tochter eines in der Bredowstraße wohnhaften Kauf- manns F. kennen. Zwischen den beiden jungen Leuten entspann sich ein Liebesverhältnis, aus welchem ein Kind hervorging. Von dem Augenblick an, in dem der Angeklagte in Erfahrung gebracht hatte, daß seine Liebelei mit der Tochter cineS durchaus ehren- werten und anständigen Mannes Folgen hatte, war es auf feiten des Freiherrn mit der Liebe aus. Er ließ es sogar zu einem Alimentationsprozeß kommen, in dem er zwar die Vaterschaft nicht in Abrede stellte, jedoch für sein Kind keinen Pfennig hergeben wollte. Der Vater des verführten Mädchens ließ zwangsweise den ihm zugesprochenen Alimcntationsbetrag beitreibcn. In der Wohnung der Mutter, bei welcher der Angeklagte seinerzeit wohnte, wurde eine Pfändung vorgenommen, bei der verschiedene ihm gc- hörige Wertsachen gepfändet wurden. Plötzlich traten die Freifrau von Frehberg und ihr älterer Sohn mit eidesstattlicher Versiche- rungen hervor, in denen behauptet wurde, die beschlagnahmten Gegenstände wären ihr Eigentum. Die Sachen nnußten daraufhin freigegeben werden, zugleich aber beschäftigte sich die Staats- anwaltschaft mit der ganzen Familie derer von Frcyberg. Die Freifrau von Freybcrg und ihr Sohn wurden wegen Abgabe wissentlich falscher eidesstattlicher Versicherungen unter Anklage gestellt. Die Strafkammer erachtete zwar objektiv falsche Ver- sicherungen für vorliegend, hielt jedoch nach subjektiver Richtung eine Freisprechung für geboten, da sich die Angeklagten möglicher, weise in einem Irrtum befunden haben mochten. Im Interesse des Kindes Wurde nach weiteren Vcrmögensstückcn von dem Vor- mund geforscht. Eine Pfändung verblieb fruchtlos, da es der An- geklagte in geschickter Weise verstanden hatte, verschiedene Ver- mögensstücke, wie Hypothekenantcile und Rentenbriefe, seiner eigenen Mutter zu cedieren, um sie vor dem Zugriff der Gläubiger —> in dem vorliegenden Falle sein eigenes Kind— zu bewahren. Das Schöffengericht verurteilte den Frciherrn wegen strafbaren Eigennutzes zu 4 Monaten Gefängnis. In der Urteils- begründung wurde ausgeführt, daß mit Rücksicht auf die überaus niedrige und frivole Gesinnung deS Angeklagten, der sich in rück- sichtslosester Weise gegen sein eigene? Kind vergangen habe, eine empfindliche Strafe geboten sei. Gegen diese? Urteil legte von F. Berufung ein. Sei» Verteidiger hatte den Antrag gestellt, den Kreisarzt Medizinalrat Dr. Elten als psychiatrischen Sach- verständigen zu laden, da eS den Anschein habe, als ob der An- geklagte nicht vollständig zurechnungsfähig sei. Der Sach. verständige begutachtete, daß der Vater deS Angeklagten infolge einer Geisteskrankheit verstorben sei, so daß möglicherweise eine schwere erbliche Belastung vorliege. Zu einem abschließenden Gut- achten könne er jedoch erst nach einer langen Beobachtung in einer Irrenanstalt kommen. Der Sachverständige stellte deshalb den Antrag, de» Angeklagten zwecks Beobachtung seines Geistes- zustandeS auf die Dauer von sechs Wochen einer öffentlichen Irren- anstalt zu überweisen. Das Gericht beschloß die Vertagung der Sache und Ueberweisung des Angeklagten an die Beobachtungs- station der kgl. Charite auf die Dauer von 6 Wochen» Vermischtes» Wellmann über seine mißglückte Norbpolfahrt. Ueber seinen mißglückten Versuch, mit dem Ballon den Nord- ol zu erreichen, schreibt Wellmann dem Pariser„Matin* unter em 13. September aus Tromsö u. a. folgendes- Der„Amerika " wurde von 40 Mann unker Leitung Voss Dr. Fowler und Herben aus dem Schuppen gezogen. Ich befand mich in der Gondel mit dem Ingenieur Vaniman und dem Luft- schiffer Riesenberg. Das Manöver ging gut vonstatten, und das Lustschiff blieb am Halteseil zur Regulierung der Kompasse, welche gut in Ordnung zu sein schienen. Der Lenkbare wurde dann von dem Dampfer„Erpreß" etioa drei Meilen weit bis zu einer Eis- bank geschleppt. Die Spitze des Ballons wurde gegen Norden gc- richtet, wir ließen den Schleppdampfer los und das Luftschiff er- hob sich in die Lüfte. Die eigene Geschwindigkeit betrug 12 Meilen pro Stunde, trotzdem der Motor nur mit zwei Drittel seiner Kraft arbeitet» und das sehr schwere Schleppseil auf dem Eise nach- schleppte. Der von den Franzosen hergestellte mechanische Teil ar- beitctc vorzüglich, dank der ausgezeichneten Installation des Inge- nieurS Vaniman. Ein ziemlich starker Nordostwind erhob sich nun und trieb den Ballon auf die Berge zu, die die Küste einfassen und an denen er sicherlich zertrümmert worden wäre. Nach einem verzweifelten Kampf zwischen dem Motor und dem Winde blieb der erstere Sieger und wir umfuhren Foul-Island. Die Lenkbarkeit und Stabilität des„Amerika " waren so voll« kommen, daß wir beschlossen, zum Nordpol aufzubrechen, trotz des widrigen WindeS, der stark wehte. Ich gab die Order:„Heaä her North". Da kam ein Schneegestöber über uns, begleitet von einem heftigen Winde von 10— 12 Meilen in der Stunde. Das Gestöber war so dicht, daß wir nicht 400 Meter vor uns sehen konnten. In- folge eines nicht vorhergesehenen Konstruktionsfehlers blieben die Kompasse stehen und wenige Augenblicke später war es uns nicht mehr möglich, die Erde unter uns zu erkennen: das Gestöber trug uns dem sicheren Schiffbruch entgegen. Wir entschlossen uns des- halb, umzukehren, unsere Kompasse in Ordnung zu bringen und dann aufs neue fortzufahren. Aber der Wind wurde noch stärker, und nur durch ein Wunder entgingen wir dem Zusammenstoße mit den Bergen. Vaniman ließ den Motor mit aller Kraft arbeiten, der„Amerika " fuhr mit voller Geschwindigkeit und brachte uns bald außer Gefahr. Ein drittes Mal noch drängte der Sturm mtS gegen die gefährlichen Berge, ein drittes Mal schlug der Lenkbare den Wind. Einen Augenblick konnten wir den„Expreß" sehen, aber dann ver» koren imr ihn aus dem Gesicht. Ilnter diesen Umständen ging unser einziger Gedanke dahin, das Luftschiff zu retten. Wir stellten den Motor ab und ließen den Ballon init Hülfe des Schleppseils und der Leiter, die sehr gut funktionierten, über einen Gletscher treiben hinter einer Bai von Foul-Jsland, wo wir das Ausströmungsventil öffneten. Wir find dann etwas heftig auf das Eis, 800 Meter vom Meere ent- fernt, abgestiegen, aber der Abstieg von 300 Fuß Höhe erfolgte doch unter günstigen Umständen, denn daS schwere Material hat dabei keinen Schaden erlitten, bis auf einige verbogene Stahl- röhren. Der„Amerika " war drei Stunden lang in der Luft geblieben und der Motor hatte IV* Stunde gearbeitet und dem Ballon eine Geschwindigkeit von 15 Meilen gegeben, einschließlich dreier Wen- düngen gegen den Wind. Die Kraft und die Stabilität des „Amerika " ist somit bewiesen und in jeder Hinsicht ist er vielleicht das mächtigste und dauerhafteste lenkbare Luftschiff, daS bis jetzt gebaut ist. ES hielt daS Gas bewundernswert. Am selben Tage noch brachte der„Expreß" vom Lager Mann- schaften und Schlitten. Die Besatzung des„Amerika " lebte drei Tage in bequemster Weise in der Gondel des Ballons, sie hätte, wenn eS nötig gewesen wäre, mehrere Monate darin zubringen können. nötig gewesen wäre, mehrere Monate darin zubringen können. Dann wurde das Luftschiff mit seiner Füllung in gutem Zustande zum Lager transportiert. Die Schuvpen und das Material werden für den Winter in Stand gesetzt und drei Mann werden zu seiner Bewachung bis zum nächsten Sommer dort bleiben. Während dieser außerordentlichen Reise waren meine beiden Kameraden sehr ruhig und besonnen. Sie haben großen Mut be- wiesen. Nach diesem Beweise der Fähigkeiten des„Amerika " kann man volles Vertrauen dazu haben, daß er zum Pol gehen kann. Wir sind alle überzeugt, daß das Projekt praktisch ausführbar ist." Zum Mord im Odenwald . Wie aus Frankurt a. M. berichtet ivird, verhaftete die Polizei gestern früh in Bockenheim den Georg Martin, der verdächtig ist, in der Nacht vom Sonntag auf Montag die Bluttat im Odenwald ausgeführt zu haben. Martin, der sich bei der Verhaftung Mohr nannte, leugnet die Tat, durch eine Tätowierung auf dem Arm wurde seine Identität festgestellt.— Wie der„Darmstädter Tägliche Anzeiger' meldet, ist die dreizehnjährige Tochter deS MühlenbesitzerS Neuroth von der Schnakenmühle bei Dieburg im Odenwald heute früh den schweren Verletzungen, die ihr bei dem Ueberfall in der Mühle zugefügt worden sind, erlegen. Der Typhus i»„Antonieuhütte" scheint, wie daS„KönigShütter Tageblatt" meldet, iin Abnehmen begriffen zu sein. Sonntag und Montag kamen keine neuen Erkrankungen vor, gestern sind zwei neue Fälle zu verzeichnen. Die Gesamtzahl der Erkrankungen beträgt bis jetzt achtzig. Vom Schnellzug getötet. Amtlich wird unter dem 16. Sep- tember aus Marburg gemeldet: Heute abend rannte unweit Kirchheim ein führerloses Bierfuhrwerk gegen die geschlossene Schranke bei Posten 35,2 der Strecke Cassel— Frankfurt . Der Schrankenwärter Rhein aus Allendorf wollte es anhalten, kam aber durch den Anprall gegen die geschlossene Schranke mit dem Pferde auf dem Wegübcrgange zu Fall unb wurde von dem gerade hcrbeibrausendcn Schnellzuge 74ck Cassel— Frankfurt überfahren. Wärter und Pferd wurden getötet. Das Fuhrwerk wurde zer- trümmert. Weiterer Schaden ist nicht entstanden. Der Wärter ist Vater von 6 unversorgten Kindern und ist ein Opfer seiner Pflicht- treue geworden. Ein NedaktionsgebLudr eingeäschert. In Lille wurde gestern abend das erste und zweite Stockwerk des RedaktionSgebäudcs des Blattes„ProgreS du Nord" durch eine FeuerSbrunst eingeäschert. Die Ursache des Brandes ist unbekannt. Der Materialschaden ist bedeutend. Automobil-Unfall. Infolge Radreifenbruchs stürzte vorgestern abend in H e n d a y e ein mit mehreren Personen besetztes Auto- mobil um, wodurch sämtliche Insassen, darunter die Gattin deS Senators Strauß, deren Schwester und zwei andere Damen ver- letzt wurden. Großfeuer brach vorige Nacht 3 Uhr in einer Pariser Wagen- banerei aus. Da« Feuer griff auf mehrere anstoßende Geoaud« über. Der angerichtete Schaven beträgt zirka 1 Million Frank. (t ff c ¥ f i o ti b d* 92 ft d) vi(6 1 c n der LandeSanslalt s>1r Wewässerkund«, mitgeteilt vo« Berliner Wetterbureau. U+ bedeutet Wuchs,— Fall.—•) Unterpeget.
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