WIW kleine Gruppe von Zeitungen verlangt, unter anderem die „Dortmunder SIrbeiter-Ztg.", die das Desaveu möglichst scharf auS- gedrückt haben wollte und auch die Erklärung Bebels desavouiert haben Wollte. Meiner Ansicht nach liegt auch gar kein Wider- spruch zwischen der Haltung der Stuttgarter Delegation und zwischen der von uns im Reichstag und in der Agitation bisher eingenommenen Haltung. Wir befinden uns im völligen Einklang mit dem, was wir seither gesagt und getan haben.(Bravo !) Laufenberg-Düsseldorf : Es ist nicht notwendig, daß wir uns gegenseitig in großen Eifer hineinreden. Es handelt sich in der Hauptsache darum, daß wir zu einer Klärung über diese Differcnzpunkte kommen, die über die Kolonialpolitik doch unbcstrittcuermaszen vorhanden sind. Ich habe den Eindruck sowohl von den Ausführungen Singers als auch Bebels gehabt, daß beide in der Sache der Minorität in Stuttgart recht gegeben haben, sich aber trotzdem gegen diese Minorität wenden. Diesen Widerspruch kann ich mir nacht recht erklären. Genau so wie Singer hat auch die Minorität in Stuttgart den Standpunkt vertreten, daß die sozialdemokratische Kolonialpolitik Zukunftsmusik sei, und daß cS noch gar nicht an der Zeit sei, uns den Kopf darüber zu zerbrechen, was wir etwa m tun hätten, wenn die Sozialdemokratie zur Herrschaft gelangt. Diese Zukunftsmusik wurde nicht von uns angestimmt, sondern oon den Gciwssen, die in Opposition zu u»S standen. Auch darin stimmt die Stuttgarter Minorität mit Singor übercin, daß die schließlich angenommene Resolution der Mainzer Resolution ent- spricht; aber nicht wir sind cS gewesen, die dagegen Sturm liefen. Wenn die Worte von Singer«inen Sinn haben, dann bedeuten sie, dgß die Haltung der Majorität in Stuttgart mit der Mainzer Resolution nicht in Einklang zu bringen ist.(Sehr richtig» David mag sagen was er will, er ist den positiven Beweis dafür schuldig geblieben, daß die Haltung� der Stuttgarter Majorität dem Mainzer Beschluß entspricht. So lange dieser Beweis von David nicht vollgültig gegeben ist, behaupte ich, daß zwischen der Stuttgarter Resolution der Majorität und der schließlich an- genommenen Resolution ein klasfrndcr Widerspruch besteht. Daß eS sich um einen Streit um Kaisers Bart, um einen Streit um Worte handelt, ist eine recht optimistische Auffassung. Wenn wir zu einer klaren Agitation im Lande kommen, wenn wir uns selbst verständigen wollen, dann müssen wir Beschlüsse fassen, die durch- »uS eindeutig sind, die jeder von uns in gleicher Weise auslegt. Bebel meinte, seine Auslassung im Reichstage sei gar nicht programmatisch gewesen. Das freut mich; denn auch wir in Stuttgart haben uns mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, saß man der Bcbelfchen Auslassung einen programmatischen Eharakter gibt. Wie ist cS denn gekommen, daß überhaupt das Wort von dem programmatischen Charakter der Bebel schcn Auslassung entstanden ist? David erklärte in Stuttgart , daß diese Auslassung vorder dem Sinne nach in der Fraktion vereinbart gewesen sei, dag es sich hier um eine grundsätzliche Aeußerung des �raktionSstandpunktes handelt, und daß infolgedessen dieser Bebelschen Auslassung ein programmatischer Charakter zu- kommt. Wenn Bebel das jetzt bestritten hat, so freut mich das, weil darin unser Standpunkt, der der Minorität in Stuttgart , sich auch hier wieder als der richtige erwiesen hat. Dann soll man aber nicht sagen, das ganze ist ein Streit um des Kaisers Bart. Der erste Satz des ersten Absatzes der van Kölschen Resolution lautete dem Sinne nach, daß der Wert der Kolonialpolitik, auch der Wert der kapitalistischen Kolonialpolitik im allgemeinen und für die Arbeiterklasse im besonderen beträchtlich übertrieben worden sei. Wenn>nan aber sagt, daß die jetzige kapitalistische Kolonial- Politik für die Arbeiterklasse noch einen Wert hat— mag man diesen Wert auch noch so gering anschlagen—, dann ist in ver- stccktcr Weise ausgesprochen, daß die gegenwärtige kapitalistische Kolonialpolitik für die Arbeiterklasse nützlich ist.(Sehr richtig» Wir haben aber den letzten Wahlkampf unter der grund- sätzlichen Parole geführt, daß die jetzige Kolonialpolitik für die Arbeiterklasse nicht nur keinen Nutzen hat, sondern ihr Schaden zufügt.(Sehr richtig!) Dieser Standpunkt wurde durch den ersten Satz des ersten Absatzes der Resolution van Kol grundsätzlich dcS- avouiert. Ich frage: Wo nahm die Mehrheit der deutschen Dcle- gation in Stuttgart das Recht und das Mandat her, die Haltung der deutschen Partei im letzten Wahlkampf in dieser Weise zu des- avouieren, wie eS durch die Resolution van Kol geschehen ist? (Beifall.) Riem- Dresden : Ich bcdaure, daß die Frauen, deren Mandate in Stuttgart für ungültig erklärt sind, sich nicht an das Internationale Bureau gewandt haben. Vielleicht hätten sie ebensolchen Erfolg gehabt, wie leider die Lokalisten. Wir haben die Mandate aus rein for- malen Gründen kassieren müssen. Ich gebe allerdings zu, daß unser Organisationsstatut den Verhältnissen der einzelnen Staaten nicht Rechrrring trägt. Davon, daß wir in Dresden der Frauen- bewegung nicht sympathisch gegenüberstehen, kann keine Rede sein. Wurm- Berlin : Die Darstellung LedebourS über die Vorgänge in der Kom- Mission in Stuttgart sind vom ersten bis zum letzten Wort richtig. tHärt! hört!) Die Diskussion in der Presse, die sich nachher an- geschlossen hat, hat ja auch bewiesen, daß olle Befürchtungen, die Lcdebour und ich gegen die Fassung der Davidschen Resolution hatten, vollauf begründet waren. In der Davidschen Resolution, die nun auf einnial so unschuldig sein soll, daß sie sich mit den früheren prinzipiellen Erklärungen der Partei deckt, heißt es, daß die Kolonialpolitik unter sozialistischem Regime nutzbringend sein kann, und in seiner Erklärung im„Vorwärts" vom 3. September sagt David: Wir verwerfen nicht jede Kolonialpolitik prinzipiell, sondern nur die und die. Ferner sagte Fischer in einer Versamm- lung vom ö. September in Berlin laut Bericht des„Vorwärts" (Fischer: Laut Bericht des„Vorwärts"! Sehr richtig!) Laut Bericht deS„Vorwärts"! Fischer erinnert sich wohl, daß ich selbst zugegen war und ihm bereit? in jener Versammlung entgegentrat. Der Bericht stimmt in diesem Punkte, wenn auch nicht buchstäblich, so doch dem Sinne nach überein, und da Fischer Veranlassung nahm, einiges richtig zu stellen, was sonst in dem Bericht stand, diesen Punkt aber nicht richtiggestellt hat, so nahm ich bis zu diesem Augenblick an, daß er sich mit dem Wortlaut einverstanden erklärt, und der lautet:„Der negative Standpunkt Ledcbours führt zu dem Gedanken, die Kolonien aufzugeben." Ich habe in der Versamm- lung den Zwischenruf gemacht: Das ist auch ganz richtig, wir wollen unsere Kolonien auch aufgeben I Es ist darauf hingewiesen, daß sogar Capri»! gesagt hat, er wäre froh, wenn er die deutschen Kolonien los wäve. Ich führe das nur an, um zu zeigen, wie berechtigt unser Kampf in Stuttgart gegen die sinnverwirrende Art war, wie hier Schaukelpolitik getrieben ist.(Sehr richtig!) Man kann aus dieseni Dinge alles herauslesen; wie der Wind weht, so wird das Segel gedreht.(Sehr gut!) Wir wollen doch nicht in da? Meer der Vergesseinheit versinken lassen, daß David mit der größten Hart- näckigkert in der Kommission gekämpft hat gegen Lcdebour und mich, auch für den ersten Satz dieses unsinnigen Amendements van Kol.(David: Ist ja nicht wahr!) Ich spreche von der Kom. Mission, in der Sie sich mit der Resolution van Kol einverstanden erklärten und im Gegensatz zu unS beiden Sätzen zustimmten. (Erneuter Widerspruch von David.) Sie können doch nicht be- streiten, daß Sie auf der einen Seite standen und wir auf der anderen. Diese Sätze sind doch nachher mit Zustimmung Davids der deutschen Delegation vorgelegt worden. Sind nicht diese beiden Sätze in der ersten Sitzung der deutschen Delegation auf Zureden Davids gegen LedebourS Protest angenommen worden?(Sehr richtig!) Ich kam nicht mehr zum Wort. Wenn nicht Laufenberg im Namen der rheinischen Delegierten erklärt hätte, er mache einen öffentlichen Skandal, er würde öffentlich beim Kongreß Protest er- heben, dann wäre doch überhaupt keine zweite Sitzung zustande gekommen. In dieser zweiten Sitzung bekam ich denn endlich das Wort zur Geschäftsordnung. Ich konnte nachweisen, wie töricht dieser erste Satz war und daß auch David und seine Freunde das gar nicht gewollt haben und sich gar nicht überlegt haben können, was darin steht. ES wurde dann gnädigst von der deutschen Dele« gation gestattet, daß David und ich uns zusammensetzen und möglichst in ein paar Minuten eine Acnderung dieser Resolution herbeiführen sollten in bezug auf den ersten Satz. Aber an dem zweiten Satze durfte ich nicht eine Silbe ändern. So ist diese Zwitteraeburt herausgekommen. Der zweite Satz stiftet genau denselben Wirrwarr wie der erste.(Sehr richtig» Alle Mitglieder der Fraktion haben hier dasselbe Interesse, und unser lieber Bebel bekommt immer von den Gegnern die ersten Schläge, da hätte er sich auf unsere Seite stellen müssen.(Bebel: Das habe ich getan!) Nein, das haben Sie nicht getan, Sie haben sich mehr auf die Seite Davids gestellt und haben gesagt, daß die Art und Weise, wie in der Kommission gekämpft worden ist, schuld daran ist, daß eS so gekommen ist. Sie haben unser Vorgehen als eine reine Zanksucht bezeichnet. Wenn ich mich dazu hergegeben habe, den ersten Satz mit David zu ändern, so wollte ich nicht einen Kompromiß mit ihm machen, sondern ich wollte vermieden sehen, daß wir im Sinne von Dcrnburg und Bülow sagen, die Kolonien haben doch einen Nutzen. Nein, dagegen protestieren wir. die Kolonialpolitik machen wir nicht mit. Wir mußten dagegen auftreten, daß eine Konzession an die bürgerliche Kolonialpolitik hereingebracht wurde.(Lebhafter Beifall.) KantSky- Berlin : Als ich hierher kani, glaubte ich, daß ich mich gegen heftige Angriffe auf den sachlichen Standpunkt zu verteidigen haben würde, den ich in Stuttgart entwickelt habe. Ich bin sehr erstaunt, daß gegen unseren Standpunkt bisher kein Wort gesagt worden ist, und ich habe daher gar nicht die Aufgabe, meinen Standpunkt, den ich in Stuttgart eingenommen habe, zu verteidigen. Ich habe mich nur dagegen zu wenden, als hätten wir einen Wortstrcit auf- gebauscht. Das ist nicht der Fall. Ich bin vollständig mit Singer darin einig, daß die Mehrheit der Partei über die Kolonialfragc vollkommen einig ist und daß die Stuttgarter Differenzen vielfach nur dem zuzuschreiben sind, daß unter der sozialistischen Kolonial- Politik nichts anderes verstanden wird als Zivilisationspolitik. Damit ist doch aber nickt gesagt, daß es sich in Stuttgart nur um einen Wortstrcit gehandelt hat. Schon Laufcnbcrg und Wurm haben darauf hingewiesen, daß die MehrhcitS-Resolution gleich- zeitig den Satz von der Nützlichkeit und Notwendigkeit der Kolonien für die Arbeiter enthalten hat. Das war ein Fingerzeig, daß die MehrhcitS-Resolution ein Hintertürchen bilden solle, alle möglichen Konzessionen an die bürgerliche Kolonialpolitik einzuschmuggeln, und dagegen mußten wir auftreten. Aber nicht nur daS. Dieser Satz von der sozialistischen Kolonialpolitik wurde in einer Weise begründet, die ganz unglaublich war. Nicht bloß Bernstein allein hat den Satz ausgesprochen, daß eS notwendig sei, daß die höher kultivierten Völker eine Herrschaft über die niedriger kultivierten ausübe». David hat in dieselbe Kerbe gehauen und hat sich gegen das Aufgeben unserer Kolonien ausgesprochen, er sagte auch: Wenn Ihr nicht die Notwendigkeit der Kolonialpolitik anerkennt, dann seid Ihr außerstande, positiv zur Verbesserung der Kolonialvolitik bei» zutragen. In diesem Sinne hat sich auch van Kol geäußert, der das Wort geprägt hat von der bewaffneten Macht, mit der wir in die Kolonien zu gehen hätten. Wenn jetzt David sagt, er stehe auf dem Standpunkt der Mainzer Resolution, so verstehe ich das nicht. Da wird die Unabhängigkeit der Völker gefordert, und eS steht klar darin, daß die Naturvölker nur durch die Förderung der Kultur gehoben werden sollen. Dagegen aber hat David in Stuttgart mit Heftigkeit gekämpft. Wenn David allein für sich gesprochen hätte, so hätte es keine Bedeutung gehabt, weil er aber als Vertreter der deutschen Sozialdemokratie austrat, war eS seine Pflicht, zu zeigen, daß in der deutschen Sozialdemokratie sein Standpunkt nicht allein herrscht. Man hat mir noch Bruch der Disziplin vorgeworfen. Aber wenn Verteidigung der Grundsätze unseres Programms Disziplinbruch ist, dann bin ich stets bereit, die Disziplin zu brechen. (Lebhafter Beifall.) Nach dem Stuttgarter Kongreß wurde gesagt. die Minoritäts-Resolution sei unhaltbar, sie müßte sofort vom nächsten Internationalen Kongreß umgeworfen werden. David hat dagegen heute von dem Standpunkt, den er in Stuttgart verteidigt hat, kein Wort gesprochen. Er forderte unS auf, die deutsche Dele- gation nicht zu desavouieren. Das ist aber auch nicht notwendig, denn im Gegensatz zu David hat unsere Delegation die Minorität?- Resolution angenommen, und ich hoffe, daß Sie diese Resolution mit erdrückender Mehrheit zu der Ihren machen.(Bravo !) Dr. Liebknecht: Die Frage scheint mir im wesentlichen geklärt zu sein, besonders nach den Ausführungen von Wurm und Kautsky . Ich möchte nur auf eins hinweisen. Wenn man sagt, eS komme auf die Worte nicht an, sondern auf den Sinn, den man den Worten unterlegt, so trifft daS nickt-ohne weitere» zu. Es können Worte einen ganz traditionellen Sinn bekommen, und sie sagen dann nicht mehr das, wa» sie vielleicht sonst bedeuten. Wenn wir da» Wort Militarismus anwenden wollten auf die allgemeine Volksbewaffnung, so würden wir doch mit Fug und Recht auf Widerspruch stoßen. So ist es auch mit dem Worte Kolonialpolitik. Im Zukunftsstaate soll die Zivilisationspolitik betrieben werden, die das Wort Kolonialpolitik enthält, den Inbegriff der Bevormundung und Abhängigkeit, und diese Kotonialpolitik wollen wir ablehnen. Es hat sich da nicht nur um einen Streit um Worte gehandelt, denn das Wort ZivilisationS - Politik steht im Widerspruch mit der Anwendung von Waffengewalt, und damit ist klargestellt, daß es sich um einen recht ernsten Kampf gehandelt hat, daß wir unS beglückwünschen können zu der Haltung der deutschen Delegation in Stuttgart . Ich habe mich zum Worte gemeldet, um einige Ausführungen über die Frage der Ein» und Auswanderung zu machen, die in der Diskussion etwas kurz weggekommen ist, während die Kolonial- fragen naturgemäß im Vordergrund gestanden hatten. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf die eminente Wichrigkeit der Behnndlmig der Ein- und Auswandcrerfrage lenken. Ich habe viel Gelegen- heit, die Misöre der Einwanderer und insbesondere ihre Ab- hängigkeit von der Polizei zu beobachten, und ich weih, mit welchen Schwierigkeiten diese Leute zu kämpfen haben. Die Vogelfrciheit dieser Leute sollte uns besonders veranlassen, uns mit der Frage des Rechtes der Ausländer zu beschäftigen. Es ist ja bekannt. daß die gewerkschaftlich organisierten Ausländer mit Vorliebe aus- gewiesen werden. In jüngster Zeit habe ich in meiner PragiS folgenden Fall erlebt: Ein russisch-polnischer Verkäufer nimmt in RummelSburg Stellung und kurz darauf erhält er vom Amts- Vorsteher eine Verfügung, er solle sich innerhalb 14 Tagen der Landwirtschaft widmen, sofern er dem nicht nachkomme, werde er sofort ausgewiesen werden.(Hört! hört» Ich habe dagegen alle zulässigen Rechtsmittel ergriffen, ich habe gesagt: Ihr wendet daS Gesetz falsch an. Man hat aber gar nicht daraus reagiert. Namentlich die russischen Auswanderer befinden sich in einer sehr schwierigen Position. Die Resolution auf dem Internationalen Kongreß entscheidet diese Frage mit, sie wird aber mißverstanden. Wir verlangen die Abschaffung aller Beschränkungen, welche be- stimmten Nationalitäten den Aufenthalt im Lande erschweren und sie von den sozialen und ökonomischen Rechten ausschließen, und >oir verlangen ferner eine Erleichterung der Naturalisation. Hier» zu war ein Antrag gestellt worden, wonach daS Recht der Aus» Weisung nur unter bestimmten gerichtlichen Garantien gestattet sein sollte. Diesem von Ungarn gestellten Amendement gegenüber wurde aber die Beseitigung des ganzen AuSweisungSrcchteS ver- langt. Wir verlangen, daß die Ausländer im Inland« genau dieselben Rechte genießen wie die Inländer selbst. Nur wenn das Damoklesschwert der Ausweisung über den Häuptern der AuS- länder fortgenommen wird, werden diese daran gehindert werden. Streikbrecher zu sein. Ich bin der Ansicht, daß die Beschäftigung mit dieser Frage ein Ruhmesblatt für den Internationalen Kongreß ist. Das Problem ist noch nicht entschieden, die Stuttgarter Re» solution ist nur ein erster Schritt aus diesem Gebiet: ich bitte Tie aber alles Ihnen zugehende Material in der Presse zu ver- öffentlichen, damit wir eine der wichtigsten Fragen im wirtschaftS - politischen Kampfe dcS Proletariat» rn einer angemessenen Weise lösen können. DaS Bürgertum hat bisher nicht daran gedacht, diese Frage ernstlich anzufassen, wohl aber das Proletariat in Stutt- gart, und ich bitte Sie, den Ernst der Frage nicht zu verSennen. (Beifall.) Etadthagen-Berkin? In der Ein- und Auswandererfrage stehen wir akke auf dem« selben Standpunkt. ES kann keinem Zweifel unterliegen, daß nach den bestehenden Staatsverträgcn auch die Ausländer ein Recht ans Aufenthalt und auf Beschäftigung haben, und daß ein Ausweisungs- recht im flagrantesten Widerspruch mit den Staatsverträgcn steht. Dem steht allerdings die Praxis gegenüber. Die Verordnung, die Liebknecht im Auge hat, ist eine alte preußische Verordnung, die dahin geht, daß ausländische Arbeiter in landwirtschaftlichen Be« trieben bis zum November beschäftigt werden dürfen. Diese Ver- ordnung verstößt gegen die StaatSvcrträge, und dieser Verstoß kann gar nicht hart genug gegeißelt werden. Meiner Befriedigung möchte ich darüber Ausdruck geben, daß der internationale Kongreß d i e Resolution zur Kolonialsrage angenommen hat, die von uns in Mainz angenommen worden ist. ES ist eine Reihe von Miß« Verständnissen aufgetaucht, und eS ist bedauerlich, daß es heute noch Genossen gibt, die meinen, eine entgegengesetzte Haltung zu jener Resolution wäre richtiger gewesen. Das letzte Mal auf dem inter - nationalen Kongreß in Amsterdam war in unserer Delegation kein Zweifel darüber, daß genau in der Resolution, der auch die Deut- schcn zustimmten, das Richtige liege. ES war hochcrfreulich, daß diesmal die öffentliche Kritik eingesetzt hat. Die Behauptung, daß die Kolonialpolitik dem Arbeiter Vorteile bringt, ist eine Unwahr- heit, wie sie größer nicht sein kann. Daß die sog. sozialistische Ko- lonialpolitik abgelehnt ist, darüber besteht kein Streit. An der großen Erregung ist eigentlich David selbst schuld. Nachdem die Mehrheit in Stuitgart der Resolution zugestimmt hatte, war es eigentümlich, daß David mit nein stimm»«. Es muhte Erregung her- vorrufen, wenn ein Delegierter sagt, die Mainzer Resolution, die von unS angenommen war, solle nicht angenoinmen werden— und die Stuttgarter Resolution sagt dasselbe wie die Mainzer —, nachdem daS Kuckucksci beseitigt war. David hat ja schließlich dafür gcstimmc und wir wollen unS darüber freuen, da ja auck im Himmel mehr Freude über einen bekehrten Sünder als über 29 Ge- rechte ist.(Heiterkeit.) Die Ausführungen Wurms darüber, daß es sick in dem von Fischer erwähnten Falle nicht um eine korri- gierte Rede gehandelt hat, entsprechen der Wahrheit. Es ist eine eigentümliche Art von Fischer, sowie ihm einer etwas sagt, da- zwischen zu rufen und von Fälschnngen usw. zu reden. Ich drücke nochmals meine Freude darüber aus, daß die prinzipiell richtige Stellung, die die deutschen Arbeiter in der Gesannheit einnehmen, in Stuttgart schließlich zum Durchbruch gekommen ist, und ick ver- wahre mich dagegen, daß man wieder versucht, der freien Kritik Zügel anzulegen und so tut, als ob lvir Autorftätcn hätten, die alle Weisheit geschluckt haben. Ich möchte noch darauf hinweisen, daß nicht von der Partciprcsse, sondern von der Gegenseite es so dargestellt worden ist, als ob nun eine neue Aera der kolonial- politischen Taktik bei unS eintreten soll. ES ist festgestellt worden, daß unsere bisherige Taktik die richtige ist.(Beifall.) Block- Berlin : DaS unglückliche Wort Bebels von dem Streit um Kaisers Bart wirkt in der Parteipresse weiter. Wir müssen dagegen pro- testieren, daß die Auscinandersehungen eigentlich ein blinder Lärm gewesen seien. Es ist zur Genüge klargestellt worden, daß es sich bei der in Stuttgart von der Mehrheit der Kommission for- mulierten Resolution nicht um die Kolonialpolitik in der sozia- listischen Gesellschaft handelt, sondern um die Stellung der Partei zur jetzigen Kolonialpolitik. Daß aber die abgelehnte Resolution einen großen Wirrwarr hervorgerufen hat, zeigt sich darin, daß die„Frankfurter Volksstimme" in diesen Tagen eine Pariser Korrespondenz veröffentlichte, in der allen Ernstes der Vorschlag gemacht wird, die Häfen von Marokko unter die Mächte zu ver- teilen. Zu diesem Pariser Kuckucksci hat die Redaktion nicht den geringsten Einwand veröffentlicht.(Hört!) Der größte Teil der Partciprcsse hat auch nicht? gegen den Vorschlag Jaures , eine Internationale Konferenz aller Signatarmächte einzuberufen, gesagt, nur der„Vorwärts" hat dazu Stellung genommen, wie es seine Pflicht war. Also es ist wohl eine Verwirrung da, und da war es notwendig, daß die Partciprcsse das Wort ergriff und daß wir den Parteigenossen zugerufen haben, es handelt sich nicht um Zukunftsprobleme, sondern um eine aktuelle Frage, und die Parteigenossen im Lande haben allen Anlaß, auf der Hut zu sein. (Bravo l) David-Berlin: Ich muß meine Zeit wieder damit verbringen, Richtigstellungen vorzubringen. Genosse Wurm hat erklärt, die Angaben LedebourS seien richtig. Unrichtig-ist zunächst, daß ich in der Kommission an dem ersten Satze der van Kölschen Resolution festgehalten habe. Unrichtig ist auch, was Lcdebour gesagt hat über Terwagne. Ter- wagne hat einen Antrag eingebracht, der den ersten Satz der van Kölschen Resolution über die Nützlichkeit der Kolonialpolitik für die Arbeiter streichen wollte. Zweitens habe ich den Antrag eingebracht, von dem weder Ledebour noch Wurm geredet haben, der den ganzen Einleitungssatz van Kols ausmerzen wollte, ein Antrag, der nachher zur Hälfte in den Antrag der deutschen Dcle» gation aufgenommen worden ist, und der den zivilisatorischen Zu- kunftSgedanken aussprach. Erst nachdem mein Antrag abgelehnt war und erst nachdem der Antrag Terwagne, der den ersten Teil der van Kölschen Einleitung streichen wollte, abgelehnt war, erst dann habe ich schließlich auch der van Kölsche» Fassung zugestimmt. Nennt man das etwa hartnäckig daran festhalten, wenn man zwei versuche unterstützt, ihn zu beseitigen? Ich habe ihm zugestimmt, weit durch de» ganzen Wortlaut der van Kölschen Resolution allen Mißverständnissen, allen Entstellungen dieses Satzes vorgebeugt wird, die ihm nachher gegeben worden sind. So ist es also mit meinem angeblichen Festhalten an dem ersten Satz der van Kölschen Resolution bestellt.(Zuruf: Zweiter Satz» Sie haben vom ersten Sah gesprochen!(Sehr richtig!) In der Presse habe ich die Sache bereits richtig gestellt, und jetzt werde ich gezwungen, die Zeit des Parteitages und meine kurzbemessene Diskussionszeit mit diesen Dingen zu verschwenden. WaS nun den zweiten Satz betrifft, dem auch Wurm nachher zugestimmt hat, so lautet der: In der Er- wäguna, daß wir auf dem ganzen Erdball Kultur verbreiten und die Völker auf die höchste Stufe haben wollen, verwerfen wir nicht prinzipiell jede Kolonialpolitik, da sie unter sozialistischem Regime zivilisatorisch wird wirken können. An dem Satz beschloß aller- dingS die Delegation festzuhalten, und zwar weil er ganz mit dem übereinstimmt. WaS in der Erklärung Bebels steht, die dem Kon- areß als Standpunkt der deutschen Sozialdemokratie in der Ko- lonialfrage vorlag. Wenn ich daran festhielt, so hielt ich eben, glaube ich, fest an unserer Auffassung in der Kolonialfrage über- Haupt, wie sie auch sonst vertreten worden ist, und wie sie auch in der früheren Mainzer Resolution zum Ausdruck kommt. So ist der Sachverhalt und nun frage ich Sie: ist denn nun wirklich diese große Gefahr vorhanden, wenn wir diesen Gedanken in der Weise festlegen als Spitze, als Einleitung zu einer Resolution, die sich dann ganz der derzeitigen Raubpolitik widmet.— Kautsky hat zunächst eine Unrichtigkeit ausgesprochen, indem er sagte, der erste Satz der van Kölschen Resolution, der ursprüngliche, rede von der Nützlichkeit und Notwendigkeit der Kolonialpolitik. ES steht aber einfach da» die Nützlichkeit werde übertrieben, von Notwendigkeit ist da überhaupt nicht die Rede. Zweitens hat Kautsky gesagt, wir hätten die Notwendigkeit betont, in den Kolonien eine Herrschafts- Politik zu etablieren, eine Bevormundiino im gewaltsamen Sinne. DaS ist nicht wahr, ich habe das ausdrücklich zurückgewiesen. Wenn von Bevormundung die Rede gewesen ist, so kann daö nur in dcni Sinne verstanden werden, wie es Bebel gesagt hat, daß wir die noch nicht zivilisierten Völker erziehen sollen. Das Wort„Erziehen" steht darin, und das habe ich als Grundlage für den Begriff der Bevormundung schon d»rt bezeichnet. Es ist zum dritten nicht wahr, daß ich erklärt hätte, wir müssen den Kapitalismus in die Kolonien tragen. Ich habe vielmehr gesagt, der Kapitalismus etabliert sich auch in den Kolonien, das ist die ganz allgemeine Ent- Wickelung, daS sind die Außenforts des Kapitalismus, und so wenig wir den Kapitalismus hier etablieren, so wenig ist es unsere Mission auch dort. DaS ist also eine unsinnige Verdrehung dessen, WaS ich gesagt habe. Nun ist van Kol in der Presse nachgesagt
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