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it. 220. 24. i.iw i Keilllge des Jörn) arte" Kerliller iollislilatt. 20 s--«» m?. Der Parteitag in Liien. (Telcgraphischer Bericht.) (Schluß der Mittwoch-Sitzung.) Tie letzten ReichStitgswahlen und die Politische Lage. Bebel(fortfahrend): Man will die fetten Pfründen haben, man will Schwiegersöhne tzaben. man will seine Töchter entsprechend versorgen.(Sehr gut!) Ach! Wie manche Frau eines Zentrumsmanns mag jetzt ihrem Ehemann unausgesetzt Gardinenpredigten halten.(Große Heiter- keit.) Und nun gar die Töchter! Wenn die auf die Bälle kommen und der Herr Leutnant sie schneidet, weil er nicht vergessen kann, saß ihr Vater jetzt von der Regierung geächtet ist.(Große Heiter- reit.) Ihr lacht darüber! Aber das wirkt in diesen Kreisen ganz kolossal! Und die große Zahl der katholischen Wähler begreift immer noch nicht, daß sie dieselben Interessen haben wie Ihr. Nicht umsonst hat bei den letzten Wahlen der hohe katholische Adel und die hohe Geistlichkeit gegen die Zentrumspolitik Front gemacht und alles aufgeboten, um die Gunst der Regierung wieder zu erlangen. (Sehr richtig!) So erklärt es sich ganz von selbst, daß das Zentrum danach trachtet, wieder in Regierungsgnaden aufgenommen zu werden. Man hat ja gerade den Führer des Zentrums, Herrn Spahn, damit geächtet, daß man ihn zum Reichsgerichtsrat machte, und dann schickte man ihn als Präsident des Oberlandes- gerichts nach Kiel  . Ihn, den Führer des katholischen Zentrums, in ein rein protestantisches Land!(Hu! hu!) Das scheint Ihnen nichts zu bedeuten. Ja, wissen Sie denn, wer� in Kiel   wohnt? Da wohnt der Ehef der deutschen   Flotte. Prinz Heinrich, da wohjnt 'die ganze Admiralität. Herr Spahn mühte sich geradezu Watte in die Ohren stopfen, um nicht zu hören, was da über die Notwendig- keit einer Vergrößerung der Flotte gesprochen wird. Jetzt fallen ihm alle diese Lehren ein und da betont er die Notwendigkeit einer größeren Flotte. Nun kommen die Nationalliberalen und sagen: Wir müssen noch mehr bewilligen. Und da geht das Wettrennen los zwischen Zentrum und Blockparteien. Aber wenn die alte Re- gicrungsmehrheit mit Konservativen und Zentrum wieder her- gestellt werden sollte, dann könnte Fürst Bülow   sein Köfferchrn packen und auf Reisen gehen.(Heiterkeit und Sehr gut!) Auf der anderen Seite kommen Fragen, wie eine Partei, wie die Liberalen, eine solche Selbstprostitution betreiben kann, wie ich sie geschildert habe. Sie muß doch aus alter Erfahrung wissen, daß, wenn sie mit den Konservativen aus einer gemeinsamen Schüssel ißt, die Konservativen den großen Lössel haben, so daß die Freisinnigen immer zu kurz kommen.(Sehr gut!) Es ist ein politisches Gesetz das sollten auch wir uns merken, wenn Parteien zusammen­kommen, die nicht zusammengehören, so ist es immer die Linke, die dabei einbüßt, die dann die Opfer an ihrer Ueberzeugung bringen muß, nicht aber die Rechte. Die Rechte gibt nicht nach, die Herren sind selbständig. Ich habe Respekt vor den Junkern. Das sind Männer, die treten für ihre Ueberzeugung ein und erklären uilster Umständen der Regierung den Krieg. Die Minister können uns sonst was, sagte Herr von Diest  -Daber und klopfte an eine gewisse Körperstelle.(Heiterkeit.) A la banne heure, die Leute lasse ich mir gefallen, die haben Rückgrat; aber die Liberalen nicht!(Sehr wahr!) Sie winseln vor allen Fürstenthronen und überbieten sich in Loyalität. Wenn der Kaiser darüber nicht gelacht hat, er muß zu Tränen gerührt sein.(Stürmische Heiterkeit.) Hätten die Liberalen ein wenig Geschichte im Kopf, dann müßten sie wissen. daß es jetzt gerade hundert Jahre sind, daß Friedrich Wilhelm III. genötigt wurde, liberalen Männern, die er innerlich Hatzte, die Regierung anzuvertrauen, hundert Jahre, daß der preußische Staat ohne Revolution Forderungen durchgesetzt bekam infolge seiner Niederlage. Es sind hundert Jahre her, da wurden die Stein, die Schön, die Hardenberg, die G n e i s e n a u und Scharnhorst in die Regierung berufen, der alte Staat von Grund auf umgekrempelt; da kam die liberale Aera ohne Kon- stitution, wie Preußen sie nie gehabt hat. Und die Todfeinde dieser liberalen Aera waren die Junker, gegen die dann 1848 das preußische Volk sich erheben mußte, um einigermaßen das wieder zu erobern, was man ihm nach 1806 wieder genommen hatte. Das sollte doch jeder liberale Mann in Preußen wissen. Das sollte tief in die Herzen eingeschrieben sein. Man mag so schlecht denken wie man will über die Ziegler, die Waldeck, die Hovej:- b e ck; aber heute würden sie sich über die jetzigen Liberalen im Grabe umdrehen, obwohl auch sie keineswegs Vertreter radikaler Forderungen waren. Und ist nicht der Kampf im Landtage fort- gesetzt gegen das Junkertum gerichtet gewesen bis auf den heutigen Tag? Was ist denn auf dem Gebiet der Schulpolitik geschehe�? Den Studt hat man weggeschickt, Holle   hat man kommen lassen. Ein neuer Faden, aber die alte Nummer wird weiter ge- spönnen. Die konservative Kirche, die konservative Schule, sie sind die Züchtungsanstalten für die Verherrlichung der Hohenzollerschen Monarchie, und die müssen aufrechterhalten werden. Hier etwas hoffen, das können nur die Leute, von denen Z i e g l e r einmal sagte, sie haben das Denken verlernt. Freilich, die Erklärung ist da: die Liberalen haben alles Selbstvertrauen verloren, sie haben den Mut verloren, sie sind müde �zu kämpfen, sie haben ihren An- hang von Wahlperiode zu Wahlperiode schwinden sehen. Es sind 44 Jahre her, daß das preußische Abgeordnetenhaus unter dem noch heute bestehenden Wahlsystem bis auf 11 oder 13 Konservative liberal zusammengesetzt war. So hat damals die Bourgeoisie ge- wählt. Die Zahl der Liberalen ist kleiner und kleiner geworden. Jetzt sind es noch 29 Freisinnige, abgesehen von den Nationallibe- ralen, die iminer reaktionärer geworden sind. Die ganze preußische Bourgeoisie ist reaktionärer geworden, und je mehr wir wachsbn, desto größer ihre Angst, desto reaktionärer werden sie. Da hat man auf dem frcisinmgen Parteitag eine Resolution zugunsten des allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrechts an- genommen, in d�r es heißt, die Fraktion sollewie bisher" mit allem Nachdruck für die Verwirklichung des allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrechts eintreten. Ja, wer schreit denn da nicht vor Erstaunen laut auf! Das Volk könnte, wenn eS sich auf die Freisinnigen verlätzt, bis an den Sankt Nimmerleinstag warten, und es würde immer noch nicht das gleiche Wahlrecht haben.(Sehr gut!) Nein, diese Liberalen haben alles Streben, alle Liebe, alle Ächtung vor dem Volke verloren. Sie wollen mit dem Volke nichts zu tun haben, weil sie sonst Forderungen stellen müßten, die sie nicht vertreten möchten. Freilich, so ist es ja schon der alten Fortschrittspartei gegangen. Im nächsten Oktober werden es 44 Jahre, da schickte eine große Arbeiterversammlung in Leipzig  F r i tz s ch e und V a h l t e i ch nach Berlin  , um an Ort und Stelle mit den Führern der Fortschrittspartei zu verhandeln und zu hören, was für eine Antwort sie ihnen geben auf zwei Fragen; einmal auf die Frage nach einer Herabsetzung der Beitrittsgelder zum Nationalverein, so daß auch die Arbeiter eintreten könnten, und zweitens auf die Frage, wie sie zum allgemeinen Stimmrecht ständen. Und, verehrte Genossen, wie fiel die Antwort aus? Nach beiden Seiten verneinend! Da hieß eS(ich war ja damals an der ganzen Bewegung beteiligt, ich war eine Zeit lang selbst ein Kommissar): Was fällt Euch ein? Jetzt, wo wir mit Bismarck  im schwersten Kampfe liegen, da sollten wir das allgemeine Wahl- recht fordern? Das wäre ja die größte Torheit. Die Kammer ist ja so oppositionell wie ihr es nur wünschen könnt. Wartet nur, Ihr werdet das Wahlrecht schon bekommen! Ach, wenn nicht Bismarck   aus gewissen Gründen das Wahlrecht für den deutschen Reichstag hätte geben müssen, wir hätten es bis heute noch nicht!(Sehr gut!) Ich habe schon in Stuttgart   gesagt: Ist es wahr, daß wir niedergeritten sind? Ich frage weiter: Ist das wahr, daß das steigt �at. daß& Wt dxx SpzigldWve kratie fertig werden kann? Ei! Dann gebt doch das allgemeine Stimmrecht zum Landtag! Aber das lassen sie schön bleiben, Man sucht mit allgemeinen Redensarten betrunken zu machen! Ich fürchte, daß der Wahlrechtskampf, den wir in Preußen her- vorrufen, den Herren gründlich zeigt, daß sie auch in bezug auf die eigenen Anhänger sich geirrt haben. Es ist von großer Wichtig- keit, unser Verhalten so einzurichten, daß wir in diesem Kamps auch die liberalen und katholischen Arbeiter auf unsere Seite bekommen und ihnen zeigen, daß sie von ihren Führern nichts zu erwarten haben. Auch das Zentrum ist nicht für das allgemeine gleiche, direkte und geheime Landtagswahlrecht zu haben; das haben die Erklärungen verschiedener Zcntrumsführcr bewiesen. Das Zentrum kennt keine Prinzipien, es kennt nur Zweckmäßig- keitsgründe. In Bayern   und Baden ist es für das allgemeine Stimmrecht. Warum? Weil nur dadurch seine Herrschaft dort gesichert werden kann. In Württemberg  , wo das allgemeine Stimmrecht besteht, sang der Führer des Zentrums, G r o e b e r, bei der BerfassungSreform ein anderes Lied. Da empfahl er die Wahl nach Berufsständen, um dem Bürgertum die Mehrheit zu sichern. Und wie stehen die Dinge in Preußen? Ach, sehr ein- fach. Das Zentrum hat auf Grund des Dreiklassenwahlsystems erlangt, was es erlangen kann. Das Verhalten des Zentrums zur Wahlrechtsfrage ist nicht ehrlich, aber ich halte es angesichts der Taktik, die das Zentrum einschlägt, doch für geboten, zu er- klären, daß vor einigen Monaten in der ersten Session des neuen Reichstags einer der konservativsten Leute im Zentrum, Frei- Herr von H e r t l i n g, eines Tages an uns herantrat und erklärte: Ich will Ihnen hiermit sagen, daß ich ein entschiedener Anhänger des allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrechtes bin." Ich sagte, das würde mich sehr freuen, und ich würde nur wünschen, daß seine engeren Kasscngenossen denselben Standpunkt einnehmen, aber bisher haben wir davon in Preußen sehr wenig zu sehen und zu hören bekommen. Also es ist der Lebenszweck des Fürsten   Bülow. der Kampf um seine Stellung: alles aufzubieten, daß er den Block erhalten kann, daß er ihn für seine Heeres- und Kolonialpolitik behält. Es werden für diese Zwecke in Zukunft ungeheure Mittel er- forderlich sein. Schon jetzt erklärt das Zentrum: Wir gehen auf keine Reichseinkommensteuer, aus keine Reichsvermögenssteuer ein, wir lassen uns nicht darauf ein, daß die Erbschaftssteuer so aus gebaut wird, daß auch die Kinder und die Aszendenten heran gezogen werden, wir sind für eine Wehrsteuer, die auch wieder zuerst die Armen drückt, die unglücklichen Krüppel oder die, die als überzählig ausgelost werden. Man denkt an die Besteuerung des Bieres, des Tabaks, an alles Mögliche, nur nicht daran, die- jenigen zu belasten, die in allererster Linie diese Politik vertreten Um so größer ist die Aufgabe, die wir zu erfüllen haben. Wir haben Tag und Nacht auf dem Posten zu sein, wir haben nach allen Richtungen hin zu arbeiten. Wie man nicht nur in Deutsch  - land, sondern in der ganzen Welt den Ausfall der Wahlen an- sieht, das beweist das Telegramm, das der Kaiser von Oesterreich an den deutschen Kaiser schickte, das beweist das Telegramm König Eduards an seinen Neffen, das beweist die ganze bürgerliche Presse, die darüber gejubelt hat, daß durch die Wahlniederlage der deutschen Sozialdemokratie die internationale Sozial- demokratie getroffen sei. Sie haben sich zu früh gefreut! ES ist ein sonderbarer Widerspruch, wie ja überhaupt die ganze bürgev liche Welt sich in Widersprüchen bewegt, daß die Diplomaten im Haag zusammensitzen, daß die Fürsten   und Minister sich gegen- seitig Besuche abstatten und daß trotz alledem die Situation so ge spannt ist, wie ich es mir kaum jemals vorstellen konnte. Die Rüstungen gehen weiter. Im Haag ist bisher nur leeres Stroh gedroschen worden; die Diplomaten wissen nicht, wie sie die Zeit totschlagen sollen.(Heiterkeit und Sehr gut!) An demselben Tage, wo König Eduard und Kaiser Wilhelm   in Kassel   zusammen- gekommen waren, um sich brüderlich zu umarmen, bestellt die eng fische Regierung drei neue Panzer vom Muster desDreadnought". Der französische Senat läßt neue größere Panzer bauen, die Waffen werden verbessert, als wenn morgen der Krieg in Europa   losgehen würde, und dabei immerfort die öde Phrase trotz aller Rüstungen: Wir sind friedliebend, wir wollen keinen Krieg! Man motiviert die Rüstungen damit, daß man rüste, um den Frieden aufrechtzu erhalten. Allmählich gewinnt es den Anschein, als rüste man nur, um den Flotten- und Waffenfabrikanten aller Art fortgesetzt neue Beschäftigung zu geben und ihnen neue Millionen als Gewinn zuzuführen.(Lebhafte Zustimmung.) Daß dieser Zustand auf die Dauer nicht aufrechterhalten werden kann, brauche ich Ihnen nicht erst zu sagen. Dort, wo man im letzten Frühjahr wirklich den Frieden gestiftet zu haben glaubte. Ivo man alle Weltmächte unter einen Hut gebracht zu haben wähnte, in Marokko  , da geht es auf einmal los. Meiner festen Ueberzeugung nach ist das pro- voziert durch das französische   Kapital, durch die Interessenten, die dabei gewinnen würden. Merkwürdigerweise ist das gerade der Staat, auf den unsere Chauvinisten schon seit Jahren ihr Auge geworfen haben als geeigneten Stützpunkt für die deutsche Flotten- und Weltpolitik. Es versteht sich ganz von selbst, daß wir eine Politik, wie sie uns neuerdings Jaures   in dieser Frage zumutet. unter keinen Umständen machen können.(Sehr richtig!) DaS hieße, den kleinen Finger reichen, damit man uns die beiden Hände nimmt.(Sehr richtig!) Da könnten wir uns eine schöne Suppe einbrocken. Nein, wir wollen wünschen, daß man in Berlin  in dieser Frage anderer Meinung ist. Freilich sind unsere Freunde in Frankreich   in einer ganz unangenehmen Situation, und ich ver- stehe es, daß sie uns beteiligen möchten, weil sie sagen: Geteilter Schmerz ist halber oder Viertclschmerz.(Heiterkeit.) Aber wenn erst einmal die Häsen von Marokko   unter die verschiedenen Staaten aufgeteilt, dann beginnt nach kurzer Zeit das Zanken. Es ist ganz undenkbar, daß wir in dieser Beziehung auch nur das geringste nachgeben und auf eine Politik eingehen, wie sie unS da zugemutet wird.(Zustimmung.) Es stehen uns also große, schwere, aber auch erfolreiche Auf- gaben bevor. Wir haben ein Feld der Tätigkeit, wie wir es schöner, allerdings auch opferreicher, nicht wünschen können, aber ich bin fest überzeugt, daß mit der Opferwilligkeit, mit der Hingabe, mit der Begeisterung, mit der die Partei bisher gearbeitet hat, und feit Jahrzehnten von Schritt zu Schritt vorwärts marschiert ist, sie auch. heute diesen Weg marschieren wird, wenn wir alles das tun, was uns unsere Kräfte und Fähigkeiten zu tun befehlen. Wir sind das Kommende, uns gehört die Zukunft, unsere Arbeiten, unsere Anstrengungen, sie werden gelohnt werden durch den Sieg. An die Arbeit, Parteigenossen! Unser die Zukunft trotz alledem! (Stürmische, begeisterte Bravorufe und wiederholtes Hände- klatschen.), Die Diskussion wird auf Donnerstag 9 Uhr vertagt. Singer teilt mit, daß der aus Württemberg   ausgewiesene eng- lische Genosse Queich   dem Parteitag seine brüderlichen Grüße und Wünsche für erfolgreiches Arbeiten übersendet.(Lebhafter Beifall.) Schluß 7% Uhr. Essen, 18. September 1907. Die Kommission für das Presiburea« hat am Dienstag und Mittwochnachmittag getagt. Nach der er- schöpfenden Generaldebatte beschloß die Mehrheit, dem Parteitag die Errichtung des Bureaus vorzuschlagen, zwei Stimmen wurden für die Vertagung der Angelegenheit abgegeben, bis eine Redakteur- kouferenz die noch auseinandergehenden Ansichten über die Aufgabe des Bureaus mehr geklärt habe. In der Spezialdiskussion wurde der Entwurf der Parteileitung im wesentlichen genehmigt, im einzelnen präziser gefaßt und redaktionell verbkliert. Wichtig ist, daß es in dem Paragraphen über die Kostendeckung nicht mehr heißt, daß die beteiligte Partei» presse nach Maßgabe ihrer Leistungsfähigkeit zu den Kosten heran» gezogen werden soll. Die Beitragspflicht i st vielmehr auf die ganze Parteipresse ausgedehnt worden. Der Entwurf der Kommission lautet: Errichtung eines PressbureauS für die sozialdemokratische Partei-. tz 1. Die Partei errichtet ein Preßbureau in Berlin  . tz 2. Aufgabe deS Bureaus ist: 1. Die"llebermittelung wichtiger Nachrichten und Mittet» lungcn politischer, sozialer und wirtschaftlicher Natur an die Parteipresse; 2. die Beschaffung gesetzgeberischen und statistischen Materials für die Parteipresse; 3. die Herausgabe derParteikorrespondenz". tz 3. Zur Erfüllung dieser Ausgabe wird ein Bericht« erstatter- und Mitarbeiterdienst eingerichtet. Ausgeschlossen von der Tätigkeit des Preßbureaus ist die Liefe» rung politischer Leitartikel, sowie die Behandlung parteitaktischer und parteithcoretischer Fragen. tz 4. Der Nachrichtendienst erfolgt telephonisch, tele­graphisch und brieflich. tz S. Die Einrichtung des Bureaus, die Anstellung der Redakteure, der Berichterstatter und des Hülfspersonals obliegt dem Partcivorstand, welchem zu diesem Zwecke 5 Redakteure der Parteipresse als Beirat zur Seite stehen. Der Beirat hat in allen das Preßbureau betreffenden Ange- lcgenheiten beschließende Stimme. Ein Mitglied des Beirats kann nicht Angestellter des Bureaus sein. tz 8. So oft Angelegenheiten des Bureaus zur Beratung kommen sollen, hat der Parteivorstand die Mitglieder des Beirats rechtzeitig mit Angabe der Tagesordnung zu dieser Sitzung einzn» laden. In der Regel sollen diese Sitzungen alle drei Monate statt- finden. tz 7. Die in dem Bureau angestellten Redakteure haben daS Recht, zu jeder Sitzung einen ihrer Kollegen als Vertreter mit be» ratender Stimme zu senden. tz 8. Die Mitglieder des Beirats werden alljährlich durch die Parteileitung gewählt. tz 9. Die Einrichtungskosten des Preßburcaus werden von der Parteikasse getragen. Die lausenden Unterhaltungskosten des Nachrichten- und Mittcilungsdienstes sind mit Ausnahme der auf dieParteikorrespondenz" entfallenden Kosten dermaßen aufzn. bringen, daß die Parteipresse nach Maßgabe ihrer Leistungsfähig. keit herangezogen wird. Parteiblättcr, die tclegraphischen und telephonischen Dienst beanspruchen, haben die Gebühren zu er» statten. Essen, den 18. September 1997. Für die Kommission des Parteitages: Herm. Müller, Vorsitzender. f Adolf Geck  , Schriftführer. *** Vom Solinger Industriearbeiter-Verband ist an das Bureau des Parteitages folgende Zuschrift gerichtet worden: Solingen  , den 18, Sept. 1007.| Werte Genossen! st In der Nachmittagssitzung vom 16. September hat der Dele- gierte Thabor nach den in diesem Punkte übereinstimmenden Be» richten der gesamten Presse von Solinger Lotalorganisationen gesprochen, die nicht anerkannt werden könnten. Außerdem hat Thabor die Befürchtung ausgesprochen, daß, wenn nicht General. kcmmission und Parteivorstand Remedur schaffen würden, der begrabene Solinger Parteistreit neu aufleben werde. Wir erwarten von dem Parteitage, daß derselbe seine Ein» willigung zur Aufnahme folgender Erklärung in das Protokoll gibt: 1. Mit dem AusdruckSolinger Lokalvereine" kann Thabor nur die Zentralverbände der in der Solinger Stahlwaren» industrie beschäftigten Personen gemeint haben. 2. Die sogenannte Solinger Stahlwarenindustrie erstreckt sich über den größten Teil des Belgischen Landes und nicht etwa bloß auf Solingen  . 3. Jeder der von den verschiedenen Handwerkern unserer Industrie seit dem Jahre 1871 errichteten Fachvereine hat vom ersten Tage seines Bestehens an die Berufskollegen in allen Städsten und Dörfern des Verbreitungsbezirkes unserer Industrie nach einheitlichem Statut mit einheitlichem Beitrag unter einer Zentralleitung organisiert. 4. Wir behaupten daher, daß es in Solingen   niemals Lokal- vereine gegeben hat, sondern von allem Anfang an nur Z e n t r a l. verbände. 6. Diese Behauptung haben wir im Mai 1907 mit dem nötigen Beweismaterial der Generalkommission mitgeteilt und den Anschluß des Jndustriearbeiterverbandes, in dem sich inzwischen die einzelnen Fachvereine verschmolzen hatten, an die General. kommission beantragt. 6. Die Generalkommission hat bis heute unsere Behauptung, daß es in Solingen   nie Lokalvereine gegeben habe, n i ch t w i d e r- legt. Sie ist vielmehr sofort im Mai in Unterhandlungen wegen unseres Anschlusses eingetreten, hat aber diese Unterhandlungen bis jetzt nicht zu Ende führen können. 7. Der Delegierte Thabor war zwei Tage vor Beginn des Parteitages in unserem Bureau und hat sich hier über den Stand der Dinge informiert. Er hat bei uns die Erklärung abgegeben, dafür sorgen zu wollen, daß in Essen   über die Solinger Gcwert» schaftsstreitigkeiten nicht gesprochen werde. Thabor hat aber da» Gegenteil von dem getan, was er laut seiner Erklärung tun wollte. 8. Für die Notwendigkeit und Existenzberechtigung unserer Organisation bürgt wohl allein schon die Tatsache, daß wir während der letzten 13 Wochen tausend Mitglieder gewonnen haben und daß unser Mitgliederstand von 3999 seit Beginn des Jahres auf 9499 gestiegen ist. 9. Die Kerntruppen des Jndustriearbeiterverbandes, die Tafel- messerschleifer, Scherenschleifer, Nasiermesserschleifer und andere haben seit Jahrzehnten 96 Proz. der Berufsangehörigen in der Gewerkschaft. Das beweist, daß der Kern der Solinger Arbeiter- bewcgung gut ist. 19. Es ist richtig, daß es in Solingen   Mitglieder der Partei gibt, die bestrebt sind, eine Neuauflage des toten Streites herbei- zuführen. 11. Im Jndustriearbeitervcrband können diese aber unmöglich zu suchen sein, weil dieser unter seinen 9499 Mitgliedern Hunderte von Anhängern der beiden ehemaligen Richtungen hat. Würden wir es dulden, daß der Streit neu auflebe, so würde das die Selb   st zerfleischung unseres jetzt so schön empo�ühenden Verbandes bedeuten. .>2. Der Jndustriearbeiterverband hat also im ureigensten Interesse darüber zu wachen, daß die Partei vor einem zweiten Solingen  " bewahrt bleibt. Daran und an dem gesunden Kern unserer Arbeitcrbeweguna wird jeder Versuch auf Neuanfachen des Parteistreites scheitern. -M- Der Mannheimer   Parteitag hat einem Vertreter der Lokal- organisationcn ohne Mandat das Wort erteilt. Von dem Ge- rechtigkeitsgcfühl der Delegierten in Essen   erwarten wir, daß sie, nachdem sie es zugelassen haben, daß Thabor uns in schärfster Weise angreifen konnte, uns die Möglichkeit der Verteidigung nicht nehmen.» Die Aufnahme unserer Erklärung in das Protokoll ist um fo notwendiger« gls glich der Genosse Eberl wieder von Solinger