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Dahnen zur Erschließung des Innern zu informieren. Die Bahnbauten würden in der künftigen Session des Reichstages den H a u p t g e g e n st a n d der Kolonialdcbatte bilden. Der Vau einer Z e n t r a l b a h n sei auch für die Küste und die Ansiedelungen am wich- tigsten, weil sie den Pflanzungen die nötigen Arbeiter zuführen solle(speziell durch Brotlosmachung von 50 000 Karawaneuträgern!) Uebrigens werde Dernburg auch den N 0 r d e n der Kolonie noch einer zehntägigen Inspektion unterziehen. Um was dreht sich nun der Streit zwischen den Pflanzern des Nordbezirkes, die die Usanibarabahn ausgebaut sehen möchten, und den Bankinteresscnten, die mit Dernburg für eine große Zentralbahn nebst Abzweigelimen schwärmen? Die U s a m b a r a b a h n ist von Tanga bis Mombo fertiggestellt, eine Strecke von zirka 100 Kilometer. Um sie mit Mombo am Kilimandscharo zu verknüpfen, wären noch weitere zirka 200 Kilometer zu bauen. Die Zentralb a hn, DernburgsLieblingsprojekt, will die Linie Dar es Salam Morogoro über Tabora bis Muansa am Viktoria Nyansa ausgebaut wissen. Das ist eine Strecke von 800 Kilometer, wozu dann noch die Zweigbahn Tabora U d j i d j i mit ebenfalls annähernd 300 Kilometer känie I Man sieht, Dernburgs lind Rathenaus Projekt geht gleich aufS ganze, gibt dem Börsenkapital mehr zu verdienen."Daß diese Bahn weit über 100 Millionen kosten würde, ist Neben- fache; dafiir hätten ja die deutschen Steuerzahler auf- zukonimen. Nun sagen die Verteidiger der Zentralbahn: Die Usambara- Bahn wird sich nicht rentieren, da bereits eine englische Konkurrenzlinie besteht. Umgekehrt sagen aber die Usambarabahn-Interessenten, daß Dernburgs Bahn ja eine Wüstenbahn sei, die für Siedelungen nicht in Betracht komme. Und beide haben sicherlich recht I Die Börseaner verweisen demgegenüber auf die Hebung des Handels mit dem Binnenlande."Wie wenig sie selbst aber von der Rentabilität der Bahn überzeugt sind, geht daraus hervor, daß wieder einmal das Reich, nicht aber das Privatkapital, das Risiko übernehmen soll I Ausschlaggebend ist aber sicherlich daS militärische Moment. Es wird auch im Reichstage den Ausschlag geben! Auch die streitenden Jnteressentengruppen werden sich schließlich einigen. Wenn es nicht anders geht, so dadurch, daß eben beide Bahnlinien bewilligt werden l ein nenez Sozialistengesetz. Dem Jntelligenzblatt der Landbündlcr ist eS an- scheinend höchst schmerzlich, daß weder der internationale Kongreß in Stuttgart , noch der Essener Parteitag den prophezeiten Zerfall der sozialdemokratischen Partei gebracht haben; und es hält deshalb wieder mal die Zeit für geeignet, sich der in bestimmten einflußreichen militärischen Kreisen propagierten Forderung eines schärferen Vorgehens der preußischen StaatSregierung gegen die Sozialdemokratie hüls- reich anzunehmen. Nachdenl das Blatt mit jener aus Bos- heit und Naivität gemischten Unverfrorenheit, die derDeutschen Tageszeitung" eigen ist, über diegefährliche Ver- w i r r u u g" philosophiert hat, die durch die Gcstattung des internationalen Kongresses in Stuttgart , die Ueberlassung eines Bureauzimmers im Stuttgarter Bahnhof an das sozial- demokratische Lokalkomitce und den Fall Roßhaupter in Bayern angerichtet sein soll, heißt es wörtlich: Wir stehen aber nicht an, offen zu erklären, daß eine Wiederholung solcher Vorgänge nicht im Jnter- esse des Reiches und des Reichsgedankens liegt. Die Selbständigkeit der Einzelstaaten und ihrer Maßnahmen soll nicht im entferntesten angetastet werden. Einen solchen Rat zu geben, würde uns ganz unmöglich sein, da niemand peinlicher darüber wachen kann, daß der föderalistische Charakter des Reiches gewahrt werde, als wir. Was aber möglich, geboten und notwendig ist, daS ist eine Verständigung der deutschen Einzel st aaten über ihre Stellung und ihr Vorgehen gegen die Sozialdemokratie. Rur durch eine solche Verständigung kann der sonst unausbleib- liche» Verwirrung und ihren bedrohlichen Folgen gesteuert werden. Was soll daS Volk denken, wenn in einem Staate ein Sozial- demokrat Stadtrat werden kann, während in einem andern Staate die Wahl eines Genossen zum Gemeindevorsteher grundsätzlich nicht bestätigt wird wenn in einem Staate die radikalsten Vertreter der ausländischen Sozialdemokratie ruhig reden und schimpfen dürfen, während in einem anderen Staate das rednerische Auftreten eines verhältnismäßig besonnenen fremden Sozialisten» sührerS nicht geduldet wird, wenn in einem Staate der in den Landtag gewählte sozialdemokratische Staatsarbeiter nicht nur Urlaub, sondern auch Lohn erhält, während in dem anderen Staate der in ein Stadwerordneten-Kollegium gewählte Genosse mit Recht vor die Alternative gestellt wird, entweder seine Staats- stellung oder sein Mandat aufzugeben? Hier kommennicht einzelstaatliche Interessen in Betracht, sondern die LebenSinteresfen deS Reiches. Darum ist Einheitlichkeit des Vorgehens gewissermaßen eine Pflicht der Selbsterhaltnng. Wie dieses einheitliche Vorgehen zu gestalten sei, bedarf keiner Auseinandersetzung, sondern nur einer knappen Andeutung. Die Sozialdemokratie stellt sich, weil sie die inonarchische Grundlage der Verfassung nicht anerkennt, sondern zu unterwühlen bemüht'ist, selbst außerhalb der Ver­sa s s u u g. Das ist so klar und so selbstverständlich, daß daran nicht zu rütteln und zu deuten fft. Eine Partei aber, die sich außerhalb der Verfassung stellt, muß ,nuß dementsprechend behandelt werden. Sie hat auf Gleich- berechtignng nicht den mindesten Anspruch. Sie ist die geschworene Feindin der bestehendeu Staats« ordnung, der StaatSregierung, der Autorität. Daraus folgt von selbst, wie sie von den Trägern der Autorität, von der Regierung, die für die vufrechterhaltung der Verfassung und für die Sicherung der StaatSzukunft verantwortlich ist, behandelt werden muß." Danach zu urteilen, wünscht daS Blatt, das, wie schon gesagt wurde, sich in diesem Falle nur die Ansichten bestimmter militärischer Kreise zu eigen macht, ein neues Sozialisten- gesetz. Wir nehmen diesen Wunsch nicht allzu tragisch, denn wir wissen ganz genau, daß der Versuch der Ausführung eines solchen Vorschlages die Kon- sistenz deS neuen Deutschen Reiches weit mehr schwächen würde, als die der Sozialdemokratie, die heute auf einer ganz anderen EntwickelungSstufe steht als 1878. Und das Deutsche Reich hat bei seiner notorischen isolierten Stellung im europäischen Konzert, falls es sich seine Stellung nach außen wahren will, nicht allzuviel Kraft an zwetfel- hafte Experimente zu vergeuden. Sie UshreiZtväiche. Leipzig , 21. Sept.(Privatdepesche desVorivärtS.) Vor dem hiesigen Schöffengericht kam heute unter dem Vorsitz des Amtsgerichtsrats Körner die Beleidigungsklage des Peters gegen den ehemaligen Verantwortlichen derLeipziger Volkszeitung ", unseren Genossen Hermann Müller , zur Verhandlung. Die Verteidigung hatte Rechtsanwalt Dr. Bern- Heim-München übernommen, während Peters, der nicht er- schienen war, von Dr. Rosenthal-München vertreten wurde. Die beiden Gegner des Münchener Peters-Prozesses standen also wieder einander gegenüber. Inkriminiert war die Ueberschrift der Berichte vom Münchener Prozesse in derLeipziger Volkszeitung ":Hänge- Peters vor Gericht" und ein Artikel derLeipziger Volks- zeitung" vom 29. Juni, in Ivelchem dem Peters unter anderem Brutalität, Renommisterei, schrankenlose Sinnlichkeit vor- geworfen wurde. Während er sich jahrelang seiner Schand- taten gerühmt habe so hieß es in dem betreffenden Artikel, wolle er jetzt mit einem Male nichts von alledem wahr haben; er klagte, weil dieMünchener Post" ihn einen feigen Mörder" nannte anscheinend wolle er also wohl'als mutiger Mörder gelten; vielleicht hätte Peters mehr Glück gehabt, wenn er seine Klage einige Breiten- grade nördlicher abgegeben hätte.... Diese letztere Ansicht derLeipziger Volkszeitung " hat sich nun freilich heute nicht bewahrheitet. Der Vorsitzende zeigte sich durchaus objektiv und ließ den Wahrheitsbeweis im vollsten Umfange zu. Zunächst kamen die Urteile des Disziplinarhofes vom April 1897 zur Verlesung. Und sie verfehlten ihre Wirkung nicht, die noch verstärkt wurde, als die Stelle eines Artikels des Peters aus demTag" verlesen wurde:E i n M a n n w ie i ch, d er seinem Vaterl and e einen halben Erdteil erobern soll, aber um Gotteswillen keinen Paragraphen deS Strafgesetzbuches verletzen möchte...1" So fand alsoder st i l l e, ernste Pa st orensohn" diese schöne Selbstbezeichnung des Peters tauchte in der Verhandlung mehrfach auf seine volle Würdigung. Peters Verteidiger, Dr. Rosenthal, war aufgeregt, ungeschickt, und sein Plaidoyer mehr als schwach. Er schloß natürlich mit dem üblichen Dithyrambus auf denSchöpfer des deutschen Kolonialreiches". In meisterhafter, schar pointierter Rede streckte Dr. Bernheim seinen Herrn Gegner völlig in den Sand. Er führte aus: das Urteil des Disziplinar- Hofes sei in München nicht in einem einzigen Punkte erschüttert worden. Die Feststellungen des Disziplinarhofes würden dem Peters denn auch bis in alle Ewigkeit anhängen. Damals habe Peters übrigens seine Entrüstung ins Ausland ge- tragen und gegen dienationalen" Blätter nicht ge- klagt, obwohl diese doch nicht minder scharfe Ausdrücke gegen ihn gebraucht hätten als jetzt dieLeipziger Volkszeitung ". Damals habe Peters auch das in jener Zeit geprägte WortHängepeters" unwidersprochen auf sich sitzen lassen. Zehn Jahre schwieg er erst, als ein neuer Wind wehte und Dr. Kayser aus dem Kolonial- amt hinausgeärgert war, sei Peters tvieder aufgetaucht! Eingehend und schlagend legte der Verteidiger an Hand der Erkenntnisse des Disziplinarhofes im weiteren dar, daß die scharfen Wendungen derLeipziger Volkszeitung " durch- aus den Kern der Sache getroffen hätten. Und nun rückte Dr. Bernheim zum schärfsten Angriff vor: Zweimal erhob er gegen Peters die schwere Anklage, daß er ein zuchthauswür» diges Verbrechen begangen habe:§ 343 des Strafgesetzbuches drohe jedem Beamten Zuchthaus bis zu 5 Jahren an, der Zwangsmittel anwende, um Geständnisse oder Aussagen zu erpressen. Das habe Peters aber getan, indem er alle seine Diener durchpeitschen ließ, um das Eingeständnis eines Dieb- stahls zu erzwingen. Der gute Peters habe eben das Glück gehabt, daß sich kein deutscher Gerichtshof, kein Staatsanwalt seinerannahm". Auf diesen Vorwurf des zuchthauswürdigen Verbrechens wußte Dr. Rosenthal kein Sterbenswörtchen zu entgegnen er betonte nur immer wieder und wieder, daß er sich ohne die Akten vom Münchener Prozesse aus dieEinzelheiten" nicht einlassen wolle. Zum Schluß hob Dr. Bcrnheim hervor, daß zwar f o r- male Beleidigung vorliege; bei Peters allerdings sei sie mit 3 Mark Geldstrafe ausreichend gesühnt. Das Urteil lautete auf 3 09 Mark. Das Gericht ver- sagte dem Angeklagten an sich den Schutz des 8 193 nicht, da es zu den Obliegenheiten des Redakteurs gehöre, das Pu- blikum auf dem Laufenden zu erhalten. Aus der F o r m aber gehe Beleidigungsabsicht hervor. In politischen Kämpfen würden ja andererseits häufig Ausdrücke beleidigender Natur gebraucht: außerdem sei der Angeklagte Redakteur einer sozialdemokratischen Zeitung, und gerade gegen die sozialdemokratische Partei sei Dr. Peters stets scharf vorgegangen. * So ist denn auch diese Mohrenwäsche völlig mißglückt, und es scheint, daß Peters nach seinem allerletzten Prozeß gegen einen sozialdemokratischen Redakteur schwärzer aus dem Bade steigen wird als je zuvor. IllaroKltanilche flankett-IPolitik. Aus Casablanca wird vom 21. September gemeldet: Der frapzös'ische Gesandte Regnault ver» anstaltete gestern für die französischen und spanischen Land- und Seeoffiziere in dem Hofe deS französischen Konsulats ein Bankett. Regnault brachte einen Trinkspruch aus, in welchem er sagte, er sei glücklich gewesen, die prächtigen Land- und Scetruppen zu besichtigen. Er hege den Wunsch, daß dke französische und die spanische Regierung gemeinsam vorgehen möchten, um die Gegend zu beruhigen und nur daS zu unter- nehmen, was notwendig sei, um denen den Frieden aufz» zwingen, die es gewagt hätten, zu morden, zu plündern und den Fanatismus gegen daS Werk der Zivilisation(?) auf- zureizen. Er hoffe, daß dank der Tapferkeit der französischen und spanischen Truppen diese Aufgabe in Bälde vollendet sein werde. In einem Lande wie Marokko sei die Entfaltung militärischer Machtmittel ein unumgäng- licheSHülfSmittelzufriedlichemFortschritt(?) und eine notwendige Sicherstellung deS Handels der Nationen. Er spricht dann den Konsuln seinen Dank aus. Sie hätten durch ihre Gegenwart einen Beweis des Gefühls der So- lidarität, das die Mächte auf marokkanischer Erde verbinde(?) gegeben. Trotz des Widerstreites der Sonder- intcreffen seien die Kolonien der Ausländer in Marokko natur- gemäß auf wirtschaftlichem Erbiet geeinigt und arbeiteten in gemeinsamer Anstrengung an der Entfaltung der allgemeinen Wohlfahrt. So kämpften auch französische und spanische Soldaten zusammen, um der Zivilisation ein weiteres Feld zu erschließen. Regnault brachte zum Schluß die Gesundheit des Admirals Philibert, des Generals Drude und des spanischen Oberbefehls- Habers Avila Santa Ollala aus, die so würdig die Marine und das Heer Frankreichs und Spaniens verträten. A d m i r.a l Philibert dankte dem Gesandten, dessen Worte die Freund- schaftsbande zwischen der französischen und der spanischen Armee und Marine noch fester knüpften bei der Aufgabe, dem Lande die Sicherheit zu gewährleisten und den Handel zu ent- wickeln. Philibert trank auf daS Einvernehmen aller Europäer(?) Uor dem Feinde. General Drude dankte für das den Offizieren und Mannschaften gespendete Lob, die in hohem Matze bemüht seien, die ihnen anvertraute Aufgabe zu erfüllen; Drude sprach die Hoffnung aus, daß die Armee ihre Aufgabe beenden und Casablanca dem Wohlergehen und der Ruhe wieder zurückgegeben werde. Der englische Konsul dankte im Namen seiner Regierung den tapferen Streitern zu Lande und zu Wasser, welche in Casablanca einen friedlichen Zustand wiederherstellen und die Wiederausnahme deS Handels bewirken werden. Der Konsul gedachte der Teilnahme Spaniens , welches die gleichen Anstrengungen mache und die gleichen Hoffnungen hege. Zum Schluß trank er auf das ein- mütigc Zusammengehen Frankreichs und Spaniens . Der s p a- nische Konsul beschloß die Reihe der Trinksprüche; er er- innerte daran, daß der Krieg ein notwendiges Hebel für die Zivilisation sei, doch manchmal der eherne Mund der Kanonen für das Recht sprechen müsse. Der Konsul erhob sein Glas auf das Wohl Frankreichs , welche? im Namen der Zivilisation diesen Kampf unternommen habe., Die Bankettredner beherrschen die diplomatische Phraseo- logie ganz gut. Die faden Redensarten von demWerk der Zivilisation", derSolidarität der Mächte", dem«Einver- nehmen aller Europäer" gehen ihnen leicht von den Lippen, so wenig das Herz davon wissen mag. Denn in Wirklichkeit hat es mit der Unterstützung Frankreichs durch Spanien sehr gehapert, ganz abgesehen von der systematischen Hetze engli- scher Kreise gegen Frankreich . Inzwischen sammelt Mulay Hafid seine Truppen um gegen den Sultan, diese Marionette der Mächte, den ent- scheidenden Schlag zu führen. Der Kronprätendent soll Frankreich seine Loyalität feierlichst versichert und nur ge- beten haben, demGottesurteil" durch das Kreuzen der Waffen, das bei R a b o t erwartet wird, in keiner Weise vorzubeugen. Auch Mulay Hafid ist also ein den Regnault Philibert, Drude und Konsorten ebenbürtiger Diplomat! poUtifcbe debcrHcbt. Berlin , den 21. September 1307. Neue Bedürfnisse des Militarismus. Ausmilitärischen Kreisen" bringt eine Korrespondenz allerlei Mitteilungen über neue militärische Bedürfnisse. Tie Erfahrungen der letzten Kaisermanöver sollen die Notwendig- keit einer Ausgestaltung des militärischen Automobilwesens ergeben haben. Es sollten zunächst Versuche mit Automobilproviantkolonnen ge- macht werden, die den Truppen leichter zu folgen vermöchten, als die Trainkolonnen, die bei 50 60 Kilometermärschen zurückblieben. Die Gewaltmärsche, die viele Regi- mentcr zusammenschmelzen ließen, sollen also nicht bewiesen haben, daß solche Märsche künftig unterbleiben haben, son- dern daß man Automobile einführen muß, um die Pferde zu schonen und die liegen gebliebenen Mann- schaften aufzuladen! Weiterhin soll das A u t o m o b i l für den M e l d e- dienst allgemeine Verwendung finden. Das freiwillige Automobilkorps komme nur für die höheren Kommandostäbe in Betracht. Für die unteren Führer vom Oberst ab ständen für Meldungen nur Pferde und Radfahrer zur Verfügung. Bei den großen Distanzen, die häufig von den Ueberbringern von Meldungen zurückzulegen seien, sei das Automobil not- wendig; für j e d e s R e g i m e n t müßten mindestens zwei Motorräder beschafft werden. Wenn diese Projekte durchgeführt werden sollen, wird das natürlich diverse Millionen kosten. Aber beim Mili- tarismus darf ja nicht gespart werden! Eine feine Firma. Recht charakteristisch für die moderne Ethik der von derPost", derRhein.-Westf. Ztg." und anderen Blättern gleichen Kalibers glorifizierten großen Unternehmer ist ein jüngst vom Reichsgericht entschiedener Rechtsstreit der bekannten Firma Thyssen u. Co. in Mülheim a. R. Ein bei dieser feinen Firma beschäftigter Ober- ingenieur war tödlich verunglückt, als er im Verein mit einem Arbeiter zwei durch GaSau-sströmungen in einer Grube bewußtlos gewordene Arbeiter retten wollte. Die Hinterbliebenen verlangten auf Grund des§ 2 deS Reichshaftgesetzes von der Firma Thyssen u. Co. eine Schaden- ersatzleistung, da ein Betriebsunfall vorläge. Die beklagte Firma lehnte jedoch jede Bezahlung ab, da der§ 2 des Reichshaftpflichtgesetzes keine Anwendung finden könne und außer- dem ein Verschulden de» Ingenieur? vorgelegen habe, denn er habe sich s e l b st sagen müssen, daß er in der mit Gas gefüllten Grube ersticken würde. Die Angelegenheit ist vor dem Landgericht in Duisburg und dem Oberlandgericht in Hamm und schließlich vor dem Reichs- gericht jedesmal zu Ungunsten der beklagten Firma entschieden worden. Von den Entscheidungen verdient besonders die des Reichsgerichts Interesse, die kein Verschulden für vorliegend er- achtet, da bei dem Unglück eine Hülfeleistung auf schnellstem Wege erforderlich gewesen sei. Nach Ansicht der reichen Firma hat demnach der Oberingenieur höchst leichtsinnig gehandelt, als er, um einfache Arbeiter zu rettsn, sein eigenes Leben gefährdete. Ein vernünftiger Unter- nehmer macht doch solche Dummheiten nicht! Was liegt denn am Leben einiger Arbeiter? Gegen Lohn sind ja tag- lich hundert andere zu haben. Auf dem Wege zur Erkenntnis. Bisher wollten die Christlichen von dem Vorhandensein ver- chiedener Klassen mit gegensätzlichen Interessen und von der Not- wcndigkeit deS Klassenkampfes nichts wissen. Der Klassen- kämpf war nach ihrer Auffassung weder berechtigt noch notwendig; Die Sozialdemokraten hatten ihn ins Werk gesetzt, um die Masse» aufzuwühlen und unzufrieden zu machen. In diese Anschauung ist unter der belehrenden Wirkung der tatsächlichen Verhältnisse doch mit der Zeit ein arger Riß gekommen, und so lesen wir in der christlichen Arbeiterpresse heute Dinge, die noch vor kurzem als sozialdemokratische Ketzereien galten. Die., We st deutsche Arbeiter-Zeitung"(M.-GIadbach) bringt z. B. in ihrer letzten Nummer einen Artikel über die Entwickelung von der Klasseneinheit zum Klassenkampf, wo wir nicht? mehr davon hören, daß der Klassenkampf eine sozialistische Erfindung sei, sondern wo klar und deutlich verkündet wird, daß