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111.222. 2u.>w i. Keilllge des Jormiitts" lerliiier iollislilsti Oer{Parteitag in Cfien. (Telegraphischer Bericht.) Effe», den 21. September. Sechster Verhandlungstag. Bormittagssttzung. Den Vvrsitz führt Singer. Aus Antwerpen ist Genosse MilieS, der Vertrauensmann der Antwerpener Hafenarbeiter eingetroffen. Singer heißt ihn herzlich im Namen des Parteitages willkommen und erteilt ihm das Wort. Milies: Vorerst meine herzlichsten Grüße von den belgischen Sozial demokroten, die stets mit großem Interesse die Verhandlungen der Parteitage in Deutschland verfolgen, weil sie aus ihnen zu lernen denken. ES ist ein großer Streik in Antwerpen ausgebrochen und das Syndikat der Antwerpener Hafenarbeiter und der Parteivorstand von Belgien haben mich hierhergeschickt, um Ihre Hülfe zu erbitten. Im Hafen von Antwerpen verdienen 25 ODO Arbeiter ein kärgliches Brot: 4, 5 6 M. pro Tag. Ein täglicher Zustrom von Tausenden von Landarbeitern und Schwierigkeiten aller Art haben bis 1834 eine Organisation sozusagen unmöglich gemacht. Aber keine Mühe war uns zu schwer. Ende 1894 setzte die Agitation aufs neue ein und Anfang dieses Jahres zählten wir zirka 2333 Mitglieder, deren Beiträge 33 Centimes pro Woche betrugen. Ende Juli hatten die Arbeiter in der Getreideverladung, unterstützt vomjungen Syndikat*, eine Lohnerhöhung von 1 Zr. pro Tag den Unternehmern ab- gezwungen. Aber gerade dadurch haben sie uns den großkapitalistischen Riesen, den Morganschen Ozeantrust, auf den Leib gezogen. Der Ozeantrust, der mit einem Kapital von 733 Millionen Frank arbeitet, hat bereits in London . Rotterdam und in diesem Jahre auch in Hamburg gezeigt, wie verhaßt ihm die Organisation der Arbeiter ist. In Antwerpen ist er durch die sogenannte Fsdsration maritime vertreten. Diese Föderation maritime ist es, die jetzt die Löhne niederzudrücken sucht, die die Arbeiter zwingen will, sich einer unter ihrem Einfluß stehenden Organisation anzuschließen. Mit beispielloser Einmütigkeit und entschiedenstem Protest haben die Arbeiter diese Forderung abgelehnt und nun hat die Föderation maritime alle auf die Straße geworfen. Bereits acht Wochen dauert dieser Riesenkampf und Tausende von Arbeitern leben mit Frau und Kindern von Brot und Hering. Der Bürgermeister, der Gouverneur, der Arbeitsminister und andere einflußreiche Männer haben vergeblich zu vermitteln gesucht. Was noch folgen wird, ist nicht abzusehen, aber wir wissen, daß die Ant- ivcrpener Hafenarbeiter sich nicht an Händen und Füßen gefesselt dem Unternehmertum unterwerfen werden. Es ist ein Krieg auf Leben und Tod, und darum appellieren wir jetzt an Eure Solidarität. deutsche Brüder. Die Föderation maritime hat Tausende von Streik- blechern nach Antwerpen geschleppt. Unter diesen gab es viele Deutsche . Das war eine Schmach und eine Schande für die große deutsche Nation. Die deutsche Sozialdemokratie kann die deutsche Ehre retten, wenn sie mit den Kassen ihrer Organisationen uns zu Hülfe kommt. ES lebe die Internationale!(Lebhafter Beifall.) Singer: Ich kann wohl im Namen des Parteitages erklären, daß wir volle Sympathie mit den Antwerpener Genossen empfinden und ihnen selbstverständlich soweit möglich Unterstützung in ihrem schweren Kampfe werden zu Teil werden lassen.(Zustimmung.) Von dem Genoffen Calwcr ist mir ein Telegramm zugegangen mit dem Ersuchen, den Inhalt des Telegramms dem Protokoll unseres Parteitages einzuverleiben. Ich bin nicht der Meinung, daß Erklärungen in das Protokoll kommen könne», die nicht hier auf dem Parteitag abgegeben sind(Sehr richtig!), aber ich halte mich für ver- pflichtet, dem Parteitag kurz den Inhalt dieses Telegramms mit- zuteilen. Calwcr verwahrt sich gegen die Ausführungen Riekes, die er hier in bezug auf Calvcr gemacht hat; er erklärt dieselben für unwahr und teilt mit. daß er die ihm in den Mund gelegten Aeußerungen über den Genossen Bebel und über die Saalabtreiberei nicht gemacht hat. Zur Ergänzung der Berichte der Mandatsprüfungskommission erhält das Wort Stubbe-Hamburg: Seit Dienstag sind»och zwei Mandate ein- gegangen und ein Mitglied des Reichstags nachtraglich eingetroffen, so daß sich die Zahl der Teilnehmer des Parteitags auf 313 erhöht. Beschwerden sind gegen die Mandate nicht eingegangen; ich bitte Sie, dieselben für gültig zu erklären. Der Parteitag beschließt demgemäß. Stubbe: Ferner habe ich im Namen der Mandatsprüfungs- kommission noch folgende Erklärung abzugeben: Erklärung: Die Mandatsprüfungskommission ist durch Beschluß des Partei- tages mit der Untersuchung der dem Parteitage unterbreiteten Beschwerden beauftragt worden. Unter diesen Befchwerden befand sich diejenige, die den sogenannten Fall W i e s e n t h a l betrifft. Die Kommission hat ihren Austrag erfüllt und sich nach zeit- raubenden Aktenstudien, Erhebungen und Beratungen einstimmig auf einen dem Parteitag zu machenden Vorschlag geeinigt. In dem Augenblick aber, als der Referent der Kommission Bericht über den Fall W i e s e n t h a l erstatten sollte, hat der Parteitag auf einen Antrag Bebel beschlossen, diesen Bericht nicht entgegenzunehmen, sondern die ganze Erörterung des Falles Wiesenthal, bis zum nächsten Parteitag zu ver- tagen. Die Mitglieder der Kommission empfinden diese? Ver- fahren einmütig als eine Brüskierung.(Unruhe.) Wenn der Partei- tag ohne Rücksicht auf die Vorschläge der Kommission den� Fall W i e s e n t a l vertagen wollte, so hätte er davon absehen sollen, der Kommission eine Arbeit aufzubürden, die nunmehr trotz ein- gehender und ergebnisreicher mündlicher Vernehmung des Be- Ichtildigten und zweier Zeugen zu einer nutzlosen gestempelt ist. Nachdem aber der Kommission der erwähnte Auftrag von: Partei- tag erteilt worden war, hätte zuvor deren Bericht angehört werden müssen, ehe ein weiterer Beschlutz gefaßt wurde.(Unruhe.) Die Kommission legt daher Verwahrung ein gegen daS ungewöhnliche Verfahren, das der Parteitag mit der Annahme des Antrages Bebel beliebt hat.(Unruhe.) Die Mitglieder der MandatsprüfungSkommission. H. Stubbe, Wilhelm Keil , Otto Wels , K. Kniriem, S. Vetterlein. MaxKönig. K. Linchen B a u m a n n. H. Beime und H. Hüttmann. Singer: Diese Erklärung wird zu Protokoll genommen._ Ich habe Ihnen nunmehr daS Resultat der Wahlen für die neue Parteileitung mitzuteilen. Bei der Wahl zum Partcivorstande sind abgegeben 291 Stimmzettel. ES haben erhalten als Vorsitzende: Bebel 293, Singer 293, als Kassierer: G e r i s ch 289, als Sekretäre: E b e r t 293, Molkenbuhr 288, Müller 286, P f a n n k u ch 283, Noske 1, David 1, Honrath 1. Stadt­hagen 1, Ernst 1 Stimme. Gewählt sind also: Bebel und Singer zu Vorsitzenden, G e r i s ch zum Kassierer und E b e r t, Molkenbuhr, Müller und P f a n n k u ch zu Sekretären. Bei der Wahl zur Kontrollkommission sind abgegeben 286 gültige und 5 ungüttige Stimmzettel. Es haben Summen erhalten: Bock- Gotha 262, Kaden- Dresden 261. Geck- Offenburg 266, Klara Zetkin 244, E h r h a r t- Ludwigshafen 24t, B r ü h n e- Frankfurt a. M. 221, B r a u n-Königsberg 217, Ernst-Berlin 216, Koenen- Hamburg 197, Sachse 82, K n i r i em- München 73, B l u m e- Hamburg 53, Kleemann- Leipzig 43, Kühn 41, Fischer- Zittau 29, Geyer 26, LipinSky- Leipzig 25, Nieke4, Ulrich ll, Dornke2, David 1, Bömelburg l, Stadthagen 1. Gewählt sind demnach: Bock. Kaden, Geck. Klara Zetkin , Ehrhart, Brühne, Braun, Ernst und Koenen. Der Parteitag tritt nunmehr in die Tagesordnung ein. Die Diskussion über die Anträge 28 bis 31 und 81*) wird fortgesetzt. Pfannkuch: Mir sind keine Fälle bekannt, in denen Genossen, die nach einem anderen Parteiort zogen, dort zur Zahlung von Eintrittsgeld angehalten wurden, wenn sie vorher bereits organisiert waren. Gegen die Anträge ist nichts einzuwenden, nur eine Einheitsmarke können wir bei der heutigen Vereinsgesetzgebung nicht einführen. Einheitliche Mitgliedsbücher haben die Frankfurter Genossen in dankenswerter Weise bereits geschaffen, ihr Beispiel empfiehlt sich zur Nachahmung. Besondere Beschlüsse sind nicht notwendig, die Parteileitung wird es sich angelegen fein lassen, den Wunsch der Antragsteller zu erfüllen. Es genügt, die Anträge dem Partei.- vorstand zu überweifen Hüttmann- Frankfurt a. M.: Nach der Erklärung von Pfannkuch können wir damit einver- standen sein, daß die Anträge dem Parteivorstand überwiesen werden. Von der Einführung einheitlicher Beiträge müssen wir vorläufig noch Abstand nehmen. Linde-Königsberg: ES muß auch darüber Beschluß gefaßt werden, von welchem Zeitpunkt ab einheitliche Mitgliedsbücher eingeführt werden sollen, das vorhandene Material muß doch verbraucht werden. Einheitliche Beiträge können wir nicht einführen, die Landarbeiter können doch nicht so viel zahlen wie die Arbeiter in Industriezentren. Pankok- Schötmar: Durch eine Beitragserhöhung wäre es uns in ländlichen Be- zirken noch schwerer, Mitglieder zu werben, als eS schon jetzt der Fall ist. Man darf auch nicht vergessen, daß die Löhne sehr niedrig sind; ich bitte den Einheitsbeitrag abzulehnen. Haupt- Magdeburg: Solche Anträge müßten wegen ihrer Wichtigkeit eigentlich unter einem besonderen Punkt der Tagesordnung behandelt werden. Die Partei arbeitet auf diesem Gebiete zu schwerfällig. Man mutz doch bedenken, daß das Jnverbindungsverbot schon seit langen Jahren gefallen ist. Den veränderten Verhältnissen haben wir aber trotz- dem noch keine Rechnung getragen. Wenn wir nicht einen Ein- heitSbeitrag einführen, sollten wir wenigstens einen Mindestbeitrag einführen. 13 Pf. pro Woche können auch die Landarbeiter zahlen. Am praktischsten ist es, den Antrag 31 anzunehmen. Dann haben wir wenigstens Aussicht, daß die Frage auf dem nächsten Parteitsg ausgiebig diskutiert wird. Wenn eS so lange gegangen ist, wird es auch noch ein Jahr gehen. Aber dem Drängen der Genossen müssen wir einmal Rechnung tragen. Scharping- Stettin: Einheitliche Mitgliedsbücher können wir einführen, aber von einem Einheitsbeitrag müssen wir mit Rücksicht auf die Verhältnisse der ländlichen Arbeiter Abstand nehmen. Schmalfeldt - Bremerhaven : spricht sich gleichfalls für einheitliche Mitgliedsbücher auS. Zu einem Einheitsbeitrag könnte man später auch kommen. Hoppe-Forst warnt vor der Einführung eines einheitlichen Beitrags. Man müsse die Verhältnisse in den einzelnen Orten berücksichtigen. Daß die Genoffen die Notwendigkeit der Aufbringung höherer Mittel einsehen, habe ja die Opferwilligkeit gezeigt, mit der nach den Wahlen vielfach die Beiträge erhöht seien. Hierauf wird die Debatte geschlossen. Der Parteitag spricht sich für die Einführung einheitlicher Mitgliedsbücher und einheitlichen Abrcchnungs- und Verwaltungs- Materials auS, lehnt aber einen Einheitsbeitrag sowie einen Mindestbeitrag von 13 Pf. pro Woche ab. Die Ausführung des Beschlusses wird dem Parteivorstand übertragen. Die Anträge 23 31 und 81 sind dadurch erledigt. Den Antrag 24**) begründet Wetzker-Bochum : Ich gebe zu, daß unser Antrag nicht ein Ergebnis tiefster Weisheit ist, er entspringt den Bedürfnissen in Bochum . Nach der alten Organisation vor Erlaß des Sozialistengesetzes war dem Parteivorstand alles, was mit der Aufnahme usw. zusammen- hing, überlassen. Nachher überließ man die Bestimmung über Ausnahme und Ausschluß den Kreisorganisationen. Dann wurden die Schiedsgerichte geschaffen und die Berufung gegen deren Urteile an den Parteivorstand. Der Mißbrauch, der damit ge- trieben wurde, führte zur Bildung des jetzigen komplizierten Ver- fahrens, wonach die Kreisorganisation beim Parteivorstand den Antrag auf Ausschluß von Genossen stellen kann. Nach den Er- fahrungen, die wir in Bochum gemacht haben, empfiehlt es sich, ein weniger kompliziertes Verfahren als das jetzige für die Er« ledigung kleiner Fälle zu schaffen. Es ist für den Parteivorstand (ftwitz nicht angenehm, alle Augenblicke ein Schiedsgericht zu be- rufen, das eine Kleinigkeit zu erledigen hat, die ihm außerordent- lich fern liegt. Um den Vorstand zu entlasten, wäre wohl zu erwägen, ob man nicht den Kreisorganisationen in erster Instanz die Möglichkeit gibt, derartige kleine Fälle zu erledigen. Ich würde zufrieden sein, wenn sich der Parteitag entschließen könnte, unseren Antrag dem Vorstande zur Erwägung zu überweisen. Auf seine Annahme rechne ich nicht. Pfannkuch- Berlin : Der Vorredner hat zu erkennen gegeben, daß er für eine ver- lorene Sache kämpft, er hat aber doch das jetzige Verfahren kriti- siert. Wir im Vorstande geizen nicht danach, das Ausschlußver- fahren in der Hand zu haben, denn es legt dem Vorstande eine größere Arbeit auf, die wohl auf andere Weise zu erledigen wäre. Bei der Schaffung des jetzigen Verfahrens ging man davon aus, daß gerade die kleinen Streitigkeiten, die oft zur Verbitterung an einzelnen Orten führen, dort nicht erledigt werden können, weil meist ein objektives Verfahren da nicht möglich ist. Nach§ 2 des Organisationsstatuts niuß der Parteivorstand ein Schiedsgericht einberufen, lvenn die Anschuldigung ehrloser Handlungen, oder der Verletzung von Parteigrundsätzcn in gröblicher Weise vorliegt. In den Fällen, die Wetzkcr im Auge hat, hat der Parteivorstand, wenn nicht die Möglichkeit ausgeschlossen war, die Geister am Orte zu versöhnen, den Versuch gemacht, die Streitigkeiten am Orte durch ein Schlichtungsverfahren zum Austrag zu bringen, und das ist uns schon in mehreren Fällen gelungen, in allen nicht. Ich möchte *28. Bant: Einführung von einheitlichen Mitgliedsbüchern und Mitglicderbeiträgen für ganz Deutschland . AI. Kassel und Verden : Der Parteivorstand wird beauf- tragt, die Ausgabe einheitlicher Mitgliedsbücher und die Einführung einer Einheitsmarke für daS ganze Reich, vorzubereiten und dem nächsten Parteitage eine Vorlage zu machen. 8t. Kiel : Der Parteivorstand wird beauftragt, ein einheit- licheS Mitgliedsbuch(Musterbuch) herauszugeben, das die Benutzung in allen Parteiorganisationen des Deutschen Reiches ermöglicht. **) 24. B och u m- G e l s e n ki r ch e n: Im Falle deS ß 2 entscheidet über die fernere Zugehörigkeit zur Partei die Kreis- organisation. Dem Ausgeschlossenen steht das Recht der Berufung cm den Parteivorstand, alsdann an die Kontrollkommission und in letzter Linie an den Parteitag zu. bei der Gelegenheit darauf hinweisen, daß die Schiedsgerichte viel- fach über den Nahmen ihrer Tätigkeit, den das Organisationsstatut zieht, hinausgehen. Der Vorstand hat noch nicht Gelegenheit ge- habt, sich damit zu beschäftigen, weil keine Beschwerden darüber an ihn gekommen sind. Wenn man in die ganze Sache eine prozessuale Ordnung hineinbringen will, so würde das ganze Schiedsgerichts- verfahren einer Neuorganisation zu unterwerfen sein. Wenn der Vorschlag gemacht wird, daß der Vorsitzende des Schiedsgerichts ein juristisch gebildeter Parteigenosse sein soll, so meine ich, Sie können, so lange der Parteivorstand sich nicht über die ihm auf- gehalste Arbeit beschwert, es bei dem jetzigen Verfahren belassen. Damit schließt die Debatte. Der Antrag Wetzker auf Ueberweisung deS Antrages 24 an den Parteivorstand zur Erwägung wird abgelehnt, ebenso Antrag 24 selbst. Singer teilt mit, daß die Kontrollkommission die Genossen Eberhardt und Wengels zu Beisitzern des Parteivorstandes gewählt habe. Weiter teilt Singer mit, daß Kontrollkommission und Partei- vorstand gemeinsam als Mitglieder des B i l d u n g S a u s» schusseS gewählt haben: David-Mainz, Heimann-Berlin , Korn- Kiel, Mehring- Leipzig , Schulz-Berlin(zugleich als Geschäfts- führer), Wollmar- München und Klara Zetkin - Stuttgart . Es folgt die Beratung des nachstehenden Antrages des Partei- Vorstandes und der Kontrollkommission: Der Parteitag wolle beschließen: 1. Das Mindestgehalt der Bezirksparteisekretäre wird von 2333 M. auf 2233 M. erhöht. 2. Alle zwei Jahre tritt eine Erhöhung des Gehalts um 233 M. em. 8. Die bereits zurückgelegte Dienstzeit wird den Bezirks- Parteisekretären bei Erhöhung des Gehalts angerechnet. 4. Die Ortszulagen, die die örtlichen Organisationen ihren Sekretären gewährten, sollen unverkürzt bleiben. 5. Den Bezirkspartei. sekretären sind jährlich 14 Tage Ferien zu gewähren. Bebel: Die Bezirksparteisekretäre haben gestern in einer Konferenz beschlossen, Anträge bezüglich ihrer Besoldung an den Parteitag zu bringen. Sie sind aber zunächst an uns herangetreten, wir haben uns mit ihnen ins Einvernehmen gesetzt und das Resultat ist der vorliegend« Antrag. Als in Bremen beschlossen wurde, Parteibezirkssekretäre anzustellen, wurde ihr Minimalgehalt auf 2333 M. festgesetzt. Daß inzwischen die Verhältnisse, insbesondere die notwendigen Lebensmittel wesentlich teurer geworden sind, wissen alle. Es ist ferner eine Tatsache, daß auch andere Arbeiter- organisationen. wie z. B. die Gewerkschaften, die Gehälter ihrer Beamten inzwischen erheblich erhöht haben. Schon aus diesem Grunde sind wir gezwungen, dem zu folgen, wenn wir nicht Gefahr laufen wollen, daß uns die guten Kräfte von den Gewerkschaften und anderen Arbeiterorganisationen weggekapert werden. Wir be- antragen also, das Minimalgehalt um 13 Proz. zu erhöhen. Ferner schlagen wir vor, die bisherige Frist für weitere Er- Höhungen von drei auf zwei Jahre herabzusetzen. Die Anrechnung der bisher zurückgelegten Dienstzeit ist wohl nur selbstverständlich. Der Parteivorstand kann natürlich nicht Rücksicht nehmen auf die örtlichen Verhältnisse, die Bedeutung der einzelnen Persönlich- leiten usw.; das würde zu den größten Ungerechtigkeiten führen; er kann nur eine allgemeine Grundlage vorschlagen. Die Rücksicht- nähme aus die erwähnten besonderen Verhältnisse ist vielmehr Sache der örtlichen Verwaltungen, die erfreulicherweise die Rücksicht auch bisher geübt und teilweise erheblich über die allgemeinen Sätze hinausgegangen sind. Natürlich sollen diese Ortszulagen auch jetzt nicht wegfallen. Eine allgemeine Regelung der Ferien haben wir beschlossen, weil sich in dieser Beziehung teilweise Differenzen an einzelnen Orten ergeben haben. Ich bitte Sie, diesem Antrage zuzustimmen.(Bravo !) Katzenstein- Berlin regt an, diese Grundsätze auch sinngemäß anzuwenden auf die Re- dakteure der Parteizeitungen. Die kleineren Parteizeitungen, bei denen die Redakteure gerade am meisten zu tun haben, sind oft nicht in der Lage, ihre Redakteure in der hier für die Parteibezirks- sekretäre beantragten Weise zu besolden. Es wäre wohl angebracht, daß die Ueberschüsse der großen Parteiblätter dazu verwendet würden, um auch die Redakteure an den kleineren Parteiblättern besser zu stellen.(Bravo !) Bebel: Den Grundsätzen Katzen st eins stimme ich selbstverständlich zu. Ich möchte mich nur gegen den Gedanken wenden, daß die Ueberschüsse der großen Blätter für diesen Zweck benutzt werden. Ueber diese Ueberschüsse hat der Parteivorstand nicht zu verfügen. Ich stelle im übrigen fest, daß wenn solche Wünsche im Sinne der Ausführungen Katzen st eins an den Parteivorstand gekommen sind, er ihnen stets bereitwilligst entgegengekommen ist. Der Antrag der Parteileitung wird hierauf angenommen. Singer erklärt, daß der Antrag 66 nicht zur Beratung kommt, da es kein Antrag an den Parteitag ist, sondern ein Auftrag an die Frankfurter Delegierten. Es folgt die Beratung der Anträge, die sich auf die A g i t a t i on beziehen(313, 26, 43. 75. 82, 84. 88. 89). Hiervon finden nur die Anträge 9, 88 und 89 die genügende Unterstützung. Zunächst wird über den Antrag 38*) verhandelt. Liebknecht -Berlin : Wir haben bereits in Mannheim einen Antrag angenommen. der der Partei die Förderung der Jugendorganisationen zur Pflicht macht. Auch in der Stuttgarter Resolution über den Militarismus ist ein Passus enthalten, der die Partei und die Gewerkschaften ver« pflichtet, dahin zu wirken, daß die Jugend im Geiste deS Sozia­lismus erzogen und mit Klassenbewußtsein erfüllt wird. Damit ist die formelle Legitimation der Jugendorganisationen geschaffen, aber in weiten Kreisen macht sich noch ein recht beträchtlicher passiver Widerstand dagegen geltend, man betrachtet die Jugendorganisation als eine Art Steckenpferd, als eine Spielerei, die man duldet, weil sie Mode ist, aber überzeugt von ihrer Notwendigkeit sind viele maßgebenden Genossen nicht. Das zeigt sich in der Passivität und Stetigkeit, wenn man die Frage der Jugendorganisation in gewissen Krcifen Zur Sprache bringt.(Eberl: WaS find das für Kreise?) Ich Ipreche nicht vom Pcirteivorstand, der befindet sich gewissermaßen auf dem Wege der Besserung.(Heiterkeit.) WaS nützen uns alle schönen Beschlüsse, wenn sie nur auf dem Papier stehen? Mit der Jugendorganisation ist eS genau so, wie mit der Frauenbewegung. Der Appell, den Genossin Baader hier auf dem Partei« tage zur Untersttitzung der Frauenbewegung an die Genossen gerichtet hat, könnte dreimal verstärkt werden in bezug auf die Jugendorganisation. Augenblicklich haben lvir ganz be- sondere Veranlassung, der Jugendbewegung unsere Sympathie aus- zusprechen. Wahrscheinlich wird sich der Reichstag schon in der nächsten Session mit dem Reichsvereinsgesetz zu befassen haben. Es ist ja nicht neu. daß die Förderung der deutschen Einheit die Verpreußung für Deutschland bedeute, und wenn die Zeitungs- Nachrichten richtig sind, dann müssen wir unser schärfste« Augen- merk auf das neue Gefetz richten, denn eS enthält eine 88. Delmenhorst : Die Schaffung von Jugendorganisa- tioncn intensiver wie bisher zu betreiben, und zwar in der Weise, daß einige Parteigenossen beauftragt werden, in möglichst allen Orten des Reiches Versammlungen abzuhalten, in denen der Zweck» und die Notwendigkeit der Jugendorganisationen erläutert und die Gründung eventuell in die Wege geleitet wird. Gleichzeitig die Parteipresse zu veranlassen, in dieser Richtung aufklärend zu wirken.