den Vertretern einer nach Millionen zählenden Partei weist Herr Holle die Tür. Glaubt er dadurch dem«Seelenfrieden' im Volle und der«Zuftiedenheit* zu dienen? Da wird er sich irren. Herr Holle hat sich als williges Werkzeug der preußischen Willkürherrschaft er- wiesen und er kann überzeugt sein, daß sein Verhalten uur das eine bewirkt hat: uns anzuspornen in dem Kampfe gegen das preußische Wahlrecht. Insofern hat es sein Gutes, daß er glaubte, der roten Woche den blauen Sonntag als Trumpf aufsetzen zu können. Verschleppen! Die«Deutsche Tagesztg/' wiederholt ihre Mitteilung, daß in der kommenden Landtagssession von einer Ausdehnung des Wahlrechts keine Rede sein könne. Sie beruft sich dabei auf die„Verl . Polit. Nachr.". daß eine weitergehende Acnderung in der laufenden Legislaturperiode nicht beabsichtigt sei. Das Blatt meint höhnisch, die«Herren Stürmer und Dränger mögen und müssen sich damit abfinden, daß die Wahlrechtsänderung den Landtag in seiner nächsten Tagung nicht beschäftigen wird." Uns scheinen die Nachrichten beider Blätter nicht ganz in Uebcreinstimmung. Dies ist übrigens für uns nicht sehr wichtig. Ob gar keine oder keine „weitgehende" Reform für den nächsten Legislaturabschnitt geplant ist. die wirklichen Stürmer und Dränger werden sich nicht abhalten lassen, die Agitation für das gleiche Recht energisch zu führen. Wir glauben schon, daß es dem Block am liebsten wäre, die Reform nicht nur für die n ä ch st e Tagung zu verschieben. Aber die Herren mögen sich nicht täuschen. Was immer in den Räumen des Geldsackparlaments, von dem 83 Proz. des preußischen Volkes ausgeschlossen sind, verhandelt werden mag, auf die Tagesordnung der Volkspolitik wird nur ein Gegenstand gesetzt werden: Das allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht!_ Die Blockbrüder. Die konservative„S chle fische Morgenzeitung" schreibt dm Freisinnigen, die sich ebenso wie ihre Blockbrüder so gern in der Rolle des Anstandslehrers gefallen, folgendes ins Stammbuch: „Daß wir diese Blockpolitik nicht gern sehen, daraus haben wir nie ein Hehl gemacht. Das kann man uns schlefischen Kon- servativen auch nicht verdenken. Wir leben seit Jahr- ?ehnten mit dem Fortschritt, späteren Freisinn, noch päteren Freisinnigen Volkspartei in bitterer Fehde. Daß diese Kämpfe der Konservativen mit dem Liberalismus bei uns erbitterter sind als anderwärts, mag seinen Grund zumeist wohl darin haben, daß im Osten des Reiches das jüdische Element politisch stark hervortritt und in den linksstehenden Parteigruppen, besonders im Freisinn, die wort- und federführende Leitung hat. Anders ist es uns wenigSstens nicht verständlich, mit welcher Gc< hässigkcit, Heye, Verdrehung und direkter Lüge seitens des Freisinns in manchen schlefischen Wahlkreisen die politischen Kämpfe geführt werden. Wenn wir uns nun denken sollen, daß unsere Ab- geordneten im Reichstage und wohl gar auch im Landtage Hand m Hand mit Leuten wie Hermes, Kopsch, Müller- Sagan Politik treiben sollen, mit Männern, die auch noch ini letzten Wahl- kämpfe zum mindesten diese elende Kampfrswrise geduldet und durch Stillschweigen gutgeheißen haben, dann erscheint uns die Blockpolitik als eine geradezu unnatürliche. Denken wir dann noch an die grundsätzlichen Gegensätze au wirtschaftlichem und ideellem Gebiet, so werden nicht bloß die Zweifel an dem Zusammenhalt der Blockparteien auch nur für einige kurze Spannen parlamentarischer Arbeiten sehr be- rechtigt erscheinen, sondern auch die Bedenken an dessen innerer Durchführung.... „Der Kampf um seine politische Existenz, das letzte Ringen um sein Leben... Was seit Jahrzehnten nicht der Fall: Man brauchte ihn. Das Glück war ihm hold: Hier ließ sich der sterbende Körper mit Hülfe der Regierung neu beleben. Mau griff zu, und Bülow erwies sich dankbar. Heute steht der Freisinn als Vaterlandsretter in nächster Nähe der Ministersessel und sonnt unter der Wärme von oben seine steifgewordenen Glieder." Die Freisinnigen werden nicht versäumen, die Vorwürfe als Verleumdung und boshafte Unterstellung zurückzuweisen, aber wie bisher werden sie auch in Zukunft in holder Eintracht mit ihrem Blockschimpfbruder der Sozialdemokratie unnoble Kampfesweise und Maugel an gutem Ton vorwerfen. Wir glauben, daß die Schimpfftohen als ehrliche Brüder sich gegenseitig die Wahrheit sagen— da liegt es nahe, daß sie im Kampfe gegen den gemeinschaftlichen Gegner erst recht die .Tugenden" üben, die sie sich wechselseitig attestieren!— Freisinnige Unterströmungen. Auf der Tagung des Westdeutschen Verbandes liberaler Vereine am 22. September in Marburg wurde nach einem Referat des BerbandssekretärS Ruschke-Marburg über die Reform des preußische» Wahlrechts folgende Resolution ein- stimmig angenommen: «Die Mitgliederversammlung deS Westdeutschen Verbandes erklärt ihr volles Einverständnis damit, daß die von den drei linksliberalen Parteien geforderte Ersetzung des preußischen Drei- klasseuwahlrechts durch daS Reichstags w ahlrecht jetztmit besonderem Nachdruck propagiert werden muß. Sie spricht den liberalen Führern Haußmann, Hormann, Nau- mann, Payer und Träger für ihre entschiedene Stellung- nähme in dieler Angelegenheit Dank und Anerkennung aus und erivartet, daß die liuksliberale Fraktionsgemeinschast im Reichs- und Landtage sofort nach Zusammen- tritt dieser Parlamente entsprechende Anträge ein- bringen wird. Zur Unterstützung dieser parlamentarischen Aktion werden die Bereine des Verbandes aufgefordert, überall Kundgebungen der Landtag« Wähler zu ver- anst alten.für Einführurg deS ReichstagswahlrechtS zum preußischen Landtage noch in der kommenden Session. Den einzelnen Vereinen bleibt es überlassen, mit anderen Parteien, die auf dem Boden der Forderung deS ReichstagswahlrechtS stehen, gemeinsam vorzugehen." Diese Resolution beweist immerhin einigen guten Willen, ob- wohl der Dank an Herrn Naumann etwas unzeitgemäß ist, da dieser Herr ja inzwiichen wieder völlig zusammengeknickt ist. Die Sozialdemokratie wird diese Untelströmungen, ohne ihre Bedeutung zu überschätzen, dazu benutzen können, um auch frei- sinnige Kreiie über den schmachvollen Wahlrechtsverrat ihrer Führer aufzuklären.—_ Die„Germania" gegen die Jugendorganisaiion. Unsere Leser kennen die durch ihren reaktionären Inhalt wie durch den uM-rofsiziersmäßigen Ton gleich hervorragende Stilübung des Lanbrats Stuben rauch, mit der er die Beschwerde des «Verbandes der jugendlichen Arbeiter" abwies. Diese Antwort findet nun den begeisterten Beifall der—«Germania". Sie nennt den Kampf der Behörden gegen den Verband fälschlich einen «Kampf der sozialdemokratischen Jugendorganisationen gegen die � Behörden! und hofft, daß die«erregten Stifte", wie das christliche Blatt geschmackvoll die schwer arbeitenden, ausgebeuteten Kinder des Proletariats nennt, von dem Minister, an den sie sich wenden wollen, «in derselben wohlwollenden Weise an die staatsbürgerliche Ein- richtung der Fortbildungsschulbank erinnert" werden. Ja. ist denn das Zentrum noch nicht reaktionär genug, um m den Blockbund als Dritter aufgenommen zu werden? Der Erfolg einer Rede. Großes Aufsehen erregten im Dezember 190ö die Ausführungen des Geschäftsführers des Staats- und Gemeindearbeiter-Verbandes, Genosse» Schönberg, in einer von diesem Verbände ein- berufenen Versammlung über Vorgänge im Staats- kranken hause zuHan, burg -Eppendorf. Er behauptete, es seien nicht allem widerrechtlich Sektionen von Leichen vor- genommen worden, sondern es werde auch ein umfangreicher Handel mit Leichen und Leichenteilen nach auswärts betrieben. Diese„Leichen- schacherrede", wie sie allgemein genannt wurde, führte, wie das so deS Landes Brauch ist, nicht etwa zur Erhebung einer Anklage gegen die Beschuldigten, sondern Genosse Schönberg muhte"aus der Anklagebank Platz nehmen, um seine Anschuldigungen zu beweisen. Er wurde freigesprochen, weil der Wahrheitsbeweis als erbracht galt. Dieser Prozeß hatte zur Folge, daß ein parlamentarischer Ausschuß eingesetzt, dem die Prüfung der Frage überwiesen wurde, in welcherWeise Vorkommnisse, wiesie durch den Prozeß gegen Schönberg festgestellt sind, in den staatlichen Krankenhäusern vermieden werden können. Ferner sollte der Ausschuß die Frage prüfen, wie es ermöglicht werden kann, daß bei Interpellationen in der Bürgerschaft über Verhältnisse in den Verwaltungen einwandfreie und verantwortliche Auskunft erteilt werde. Das Ergebnis dieser Prüfung hat der Ausschuß in folgendem Antrage niedergelegt, der denmächst daS Parlament beschäftigen wird: „Die Bürgerschaft ersucht den Senat um Vorlage eines Gesetzes, in welchem 1. die Sektionen von den in den städtischen Kranken- Häusern verstorbenen Personen in der bisher praktisch geübten Form eine gesetzliche Grundlage erhalten, 2. Bestimmungen über die Ver- sendung von Leidjen und Leichenteilen getroffen werden." Hoffentlich wird die Lex Schönberg ihren Zweck erfüllen.— Clngarn. Der Massenstreik am 10. Oktober. Budapest , 22. September. Die Agitation fiir den Massenstreik am 10. Oktober, dem Tage der Parlamentseröffnung, als Kundgebung für das all- gemeine, geheime Wahlrecht wird im ganzen Lande eifrigst weiter betrieben. Fast sämtliche Organisationen haben sich bereits für die Arbeitsruhe entschieden, und bisher hat die Arbeiterschaft in 34 Städten und Gemeinden ihre Teilnahme am Massenstreik beschlußweise ausgesprochen. Heute finden in 27, am nächsten Sonntag in 43, am 6. Oktober in 23 Städten und Gemeinden Volksversammlungen statt, die sich mit den Wahlrechtsdemoitstrationen am 10. Oktober befassen.— finnland . Die finnische Polizei. HclstngforS, 21. September. (Eig. Bcr.) Infolge einer Interpellation unserer Genossen wurde die Polizeifrage vor der Volksvertretung in einer über 12 Stunden dauernden Sitzung diskutiert. Kaum hatten die jetzigen Re- gierungsmänner im Novembersturm des Jahres 1905 die Gewalt an sich gebracht, so begannen sie auch schon, die damals demokratische Polizei umzugestalten und zu vermehren. Im Frühjahr 1996 liefen nämlich von fast allen städtischen Gemeinden, wie auf Be- stellung, beim Senat Berichte ein, in denen um Vermehrung der Polizei ersucht wurde. Die Berichte waren von den Gouverneuren beglaubigt, die überdies die Polizewerstärkungsgesuche unter- stützten. Der Polizeimeister von Kotka begründete sein Ge- such damit, daß in Kotka verhältnismäßig viele Arbeiter wohnen, so daß die Ruhe der anderen Bcvölkerungsklasscn un- bedingt eine Vermehrung der Polizei erfordere!! So im Frühjahr. Im Herbst ersuchte derselbe Polizeimeister, nachdem sein Frühjahrsgesuch genehmigt war, abermals um eine Verstärkung! Jetzt begründete er seinen Antrag mit den häufigen Streiks der Arbeiter! Der Senat fand«nach sorgfältiger Prüfung der Sachlage", daß die Polizei von Kotka wiederum ver- stärkt werden müsse. In Helsingfors wurde im Sommer 1996 eine Polizei- schule eingerichtet. Diese erhielt vom Senat eine Unterstützung von 12 999 M. Die damaligen Konstabler— in den Novcmber- tagen aus den Reihen der Arbeiter nach sorgfältiger Auswahl an- geworben— sollten in jener Schule zu gewissenlosen Drauf- gängern„erzogen" werden, damit sie auf den leisesten Wink gegen die klassenbewußten Arbeiter losgelassen werden könnten. Dieser Polizeidrill war den Konstablcrn zuwider, und durch einen ein- tägigen Streik versuchten sie, ihren verhaßten„Lehrer", den Leutnant S ch a u m a n n, los zu werden. Das gelang ihnen nicht. Die„Schuldigen" wurden von dem neuen Polizeimeister von Berg entlassen, nachher auch die Unschuldigen, d. h. solche, die sich als Anhänger der Arbeiterpartei bekannt gemacht hatten und daher den Gewalthabern„unzuverlässig" waren. In derselben Zeit fanden viele rätselhafte Verbrechen, Dieb- stähle an Waffen und Dynamit, Brandstiftungen und Explosionen statt, welche sorgfältig registriert und der Arbeiterbewegung aufs Konto geschrieben wurden. Viele dieser Taten sind Nachweis- l i ch von denselben sogenannten„A k t i v i st e n" verübt worden, die unter Bobrikoff den aktiven Kampf gegen die Unterdrückung organisiert hatten, während bei anderen die Provokateure der Polizei die Führerrolle spielten. Diese Vorkommnisse nun wurden als Grund für die weitere Vermehrung der Polizei ins Treffen geführt. Mit Leichtigkeit ward in St. Petersburg die Ge- nehmigung erlangt, die Polizei im ganzen Lande„stark", in HelsingforS gar von zirka 399 Mann auf über 999 zu ver. mehren, die alle mit Säbel und Browningpistole bewaffnet sind. Einige hundert Mann bilden die Reitergarde der Helsingforser Polizei. Die regelmäßigen JahresauSgaben der Polizei von HelsingforS sind infolge dieser Vermehrung auf 3 896 568 M. angewachsen und machen pro Kopf der Einwohner— Kinder mitgerechnet— 17,69 M. aus! Bei der Anwerbung neuer Konttabler und Polizeikommissare wird jetzt hauptsächlich darauf Gewicht gelegt, daß sie Gegner der Sozialdemokratie und der modernen Ar- beiterbewcgung seien.... Als Bobrikoff seinerzeit allerlei unehrliche Elemente in die finnische Polizei aufnahm, protestierte das ganze Volk, und die Konstitutionalistcn nicht zuletzt, dagegen, daß das Volk durch solche Polizei demoralisiert und außerdem das Geld geradezu verschleudert werde. In der Novemberrevolution war es daher eine der ersten Aufgaben, die Polizei zu säubern. Das gelang, und Finnland erfreute sich über sechs Monate einer demo- kratischen Polizei. Die Konstitutionalistcn beeilten sich aber nur zu sehr, ihre Proteste zu vergessen und bezüglich der Polizei bald wieder genau nach der Methode Bobrikoff vorzugehen. Die also demoralisierte Polizei hat in vielen Fällen das Publikum, natürlich Arbeiter, in ganz unerhörter Weise an- gegriffen. Ein solcher Fall ereignete sich erst wieder im Juni d. I. in Helsingfors , wo vier sozialdemokratische Volksvertreter nur mit Not einer Durchpeitschung entgingen! Dieser Fall diente als Grundlage für die Interpellation, bei der dann gleich die ganze Polizeifrage aufgerollt wurde» Der Senator LiliuS begründete die Vermehrung der Polizei» gewalt genau wie seinerzeit Bobrikoff. Er trug eine lange Reihe Verbrechen vor, welche alle beweisen sollten, daß die Vermehrung der Polizei eine„unerläßliche Notwendigkeit" gewesen sei.— Hatte der Senator gezeigt,„daß der Senat zur Herstellung der Ordnung im Lande über genügende Polizeigewalt verfügen müßte", so versuchte der Jungfinne Castren zu beweisen, daß die bedeutendsten jener Verbrechen auf die organisierte Arbeiter- bewegung, auf die sozialdemokratische Parter zurückzuführen seien! Zwei Stunden lang las der redegewandte Advokat Zitate aus der sozialdemokratischen Presse vor, die zeigen sollten, daß die Sozial- demokratie die Arbeiter planmäßig zu anarchischen Taten aufzureizen suche. Viele dieser Zitate wurden indessen von sozialdemokratischer Seite sofort als gemeine Fälschungen entlarvt. Genosse Walpas wies nach, daß von keiner anderen Partei der Anarchismus, den die Zustände großgezogen und der von der Bourgeoisie unter Bobrikoff geeignete Nahrung erhalten habe, so bekämpft worden sei, wie von der Sozialdemokratie. Gerade die Bourgeoisie verherrliche diejenigen anarchistischen Taten, die von ihren Angehörigen in Gestalt von politischen Morden begangen werden; gerade sie gebe damit dem Volke ein Beispiel dafür, daß Morde bisweilen Me rechtfertigt sein könnten. Die Sozialdemokratie habe für die Herstellung der Ordnung ge- arbeitet, indem sie dafür eintrat, daß das Volk das allgemeine Stimmrecht erhalte, damit es zur Verbesserung seiner Lage die Hand anlegen kann, was die sicherste Bürgschaft für die Herstellung der Ordnung sei. Die Regierung dagegen wandelt ganz andere Wege: Anstatt die Rechte des Volkes zu vermehren, vermehrt sie die Polizei, um das Volk in der Unterdrückung zu erhalten. Das allgemeine Stimmrecht ist noch nicht auf die Gemeindewahlen ausgedehnt, die Regierung hat in dieser Frage noch nichts getan. Aber sie sorgt dafür, daß sie eine möglichst arbeiterfeindliche Polizei zur Verfügung hat. Die Genossen Nuorteva, Walavaara, Hämäläinen, af Ursin. Tainio, Sirola, Genossin P ä r s s i n e n und andere wiesen nach, wie die Begründungen der bürgerlichen Redner eitel Dunst waren, und die einzige Ursache der Vermehrung der Polizei und der Ausbildung der Helsingforser Mannschaft zu einer Armeeabteilung einzig darin zu suchen ist, daß der Senat die Ar- beiterbewcgung unterdrücken will. Während der Senat der Alt» fenomanen unter Bobrikoff der Ausbreitung der Gewerkschaften mit allen Kräften entgegenwirkte, tut der Senat der Kon» st itutiona listen dasselbe auf eine andere Art: die ver. stärkte Polizei wird vor allen Dingen als Sicherheitswache für die Streikbrecher benutzt. Die Verteidiger der Polizei betonten, daß schon da? Auflesen Betrunkener von den Straßen eine Verstärkung der Polizei erforderlich gemacht habe.— Darauf wurde ihnen er» widert, daß die Regierung durch die Einführung des ge- forderten Alkoholverbotsgesetzes diese Arbeit hätte unnötig machen können. Aber der Senat habe ja ein Projekt ausgearbeitet, welches dem allgemeinen Verlangen nach dem VerbotLgesctze schnurstracks entgegengesetzt sei. Genosse Turkia , der Parteisekretär, erläuterte mit be» sonderem Geschick, wie die AufklärungSversuche bezüglich einiger von den Bürgerlichen besonders betonter Verbrechen in recht rätsel- hafter Weise einfach eingestellt worden seien, so z. B. die Unter» suchung wegen Sprengung einer Eiscnbahnbcücke, jenes Ver- brechcns, bei dem man am Tatorte ein Taschentuch mit dem Namenszeichen des örtlichen Polizisten gefunden hatte! Alles vergebens— die Suometarianer, die Alt» fenomanen, die sonst die jetzige Regierung wegen der über- mäßigen Polizeiverstärkungen anzuklagen pflegten und durch Scheinvolkstümlichkeit die Massen an sich zu locken suchten, zeigten jetzt ihre bürgerliche Blässe, indem sie die Re- gierungsmaßnahmcn sanktionierten: die bürgerlichen Abgeordneten stimmten geschlossen für die einfache Tagesordnung, während die Sozialdemokraten Kommissionsberatung gefordert hatten. Auf jeden Fall ist es unseren Genossen gelungen, dem Volke zu zeigen, daß die bürgerlichen Parteien für die Interessen der oberen Klassen geschlossen eintreten und daß ihre augebliche Volksfreundlichkeit leerer Schall ist. Ueber Finnlands Grenzen hinaus aber sind diese Vorgänge von Wichtigkeit, weil sie zeigen, auf welchem Umwege ein Klassen» staat, dem kein Militär zur Verfügung steht, sich ein Heer gegen den.inneren Feind" zu schaffen weiß.— Hu9 der Partei. BildungSarbeit. Der sozialdemokratische Verein für den 12. sächsischen Reichs- tagswnhlkrcis j L e i p z i g- S t a d t) hat am 17. September mit der Abwickelung eines umfassenden Winterprogramms be- tonnen. Am ersten Abend sprach Genosse Pfarrer Eduard Nieder- Zresden über Sozialdemokratie und Kunst. Nach ihm werden im Winterhalbjahr sprechen: Genosse Dr. Georg Gradnauer« Dresden über: Die Klaffen in der modernen Gesellschaft. Genosse Heinrich Schulz - Berlin über: FichteS Reden an die deutsche Nation. Eine Jahrhuudert-Erinnerung. Genosse Dr. Paul L e n s ch- Leipzig über Sachsen vor 299 Jahren. jAugust der Starke.) Genosse Reichstagsabgeordneter Gustav Hoch- Hanau über: Sozialdemokratie und die Sozialpolitik. Genosse Julian B o r ch a r dt-Berliu über: Was ist und zu welchem Ende studiert man Weltgeschichte? Genosse Hermann Wendel- Leipzig über: 1348 bis 1371.--- Ein Stück deutsche Geschichte. Außerdem veranstaltet der Verein ein großes Gesangskonzert seiner beiden Sängerabteilungen, zwei Lichtbildervorträge deS Instituts Kosmos(Im Lande der Mitternachtssonne und Em AuS- flug in den Himmelsraum), einen Theaterabend der dramatischen Abteilung, zwei Theateraufführungen für schulpflichtige Kinder, am Weihnachtssest ein Instrumental- und Gesangskonzert und einen Rezitationsabend, auf dem Richard D e h m e l seine Gedichte vor- tragen wird._ Personalien. Genosse Ouessel ist aus der Redaktion deS Stettiner.Volksboten" ausgetreten, da er die Leitung des neugegründeten Darmstädter Parteiorgans über- nimmt. An seinem letzten WirkungSorte war er 4 Jahre tätig. In L e i p z i g ist der Genosse Motteler, der„rote Post» meister" der sozialistengesetzlichen Zeit, ReichstagSnbgeordneter für Zwickau von 1874/78 und fiir Leipzig -Stadt von 1903/97, ernstlich erkrankt. Ein Mandat für Genosse DaSzynSki . Die Wiener„Arbeiter» ? Leitung" berichtet: Genosse Thaddäus Reger, der im 5. schlefischen Wahlbezirk gewählt ist, hat, wie der„Raprzod" mit- teilt, fein Mandat zum Abgeordnetenhause nieder» gelegt. Genosse Reger, dessen wertvolle Arbeitskraft auch im Ab- geordnetenhause in der Budgetdebatte hervorgetreten ist. legt sein Mandat zurück, um die Möglichkeit zu schaffen, daß Gen o s s e Daszynski in den Reichsrat gewählt werde. Für die Selbstlosigkeit, die sich in der MandatSniederlegung ausspricht und die ein Beweis sozialdemokratischer Solidarität ist, ist Genosse Reger der Anerkennung und des Dankes aller Parteigenossen sicher.
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