daß sie die Maßregeln zur SiKerung des Publikums ihren erprobten Arbeitern hätten überlassen dürfen, denen alle erforderlichen Geräte, auch Laternen, an deren Lagerorte zur Verfügung gestanden hätten. Die Laternen hätten am Arbeitsplatze vorhanden sein und auäi zur Verwendung gelangen müssen. Liege darin, daß dies nicht geschehen, eine Fahrlässigkeit der Beklagten , so sei es unerheblich, daß der Beklagte K. die Arbeilcn am Unfalltage kontrolliert habe, da diese Kontrolle eben ohne Erfolg geblieben sei. Ein eigenes mitivirkendes Verschulden des Klägers wird vom Berufungsgericht nickt angenommen. Das Urteil des Oberlandesgerichts hatten die Beklagten durch das Rechtsmittel der Revision beim Reicksgericht angegriffen, indem sie sich auf die falsche Anwendung deS§ 831 des Bürgerlichen Gesetz- buckes beriefen und geltend machten, daß sie zuverlässige Arbeiter besäßen und auch einem Angestellten den Auftrag erteilt hatten, die nötigen Vorsichtsmaßregeln anzuwenden. Der VI. Zivilsenat des Reichsgerichts erkannte jedoch auf Zurückweisung der Revision._ Was schwere Urkundenfälschung sein kann! Ein Arbeiterdrama spielte sich am Dienstag vor dem Schwur- zericht in Halle ab. Der Arbeiter Karl G r a h l von Schkeuditz , ein Familienvater von sechs unerzogenen Kindern, besaß eine Arbeiter- wockenfahrlarte nach seiner Arbeitsstelle in Leipzig . Als am IS. Juni seine Frau daS siebente Kind gebar, mußte der Mann wegen schwerer Erkrankung seiner Frau drei Tage zu Haus bleiben. Da er nun seine Wochenkarte nicht ausnutzen konnte, änderte er den Ausstelluilgstag der Karte vom 19. Juni in den 22. Juni um. Damit wollte er die Geltungsdauer um drei Tage verlängern, da er durch die Entbindung seiner Frau Schaden gehabt. Bei der nächsten Fahrt entdeckte aber der Bahnsteigschaffner die in bitterster Not begangene Fälschung. Der Eisenbahn- fiSkuS vertrat den Standpunkt, es sei der Versuch ge- macht worden, ihn um ganze 72 Pfennig zu schädigen und Ar- beiter Grahl, der mit seiner Frau unter Tränen sein Schicksal be- klagte, kam wegen schwerer Urkundenfälschung und versuchten Be- trugcs vor das Schwurgericht. Man empfahl dem Unglücklichen die Beschreitung des Gnadenweges, verurteilte ihn aber zunächst zu der niedrigst zulässigen Strafe von drei Monaten Gefängnis, weil eS das Gesetz so verlangt._ Begegnung mit einem Schutzmann. Eine Anklage wegen wissentlich falscher Anschuldigung führte gestern den Ma urer Nicolaus Gries vor die 2. Straf- kammer des Landgerichts IL Der Angeklagte hatte am 29. De- zember v. I. an den Polizeipräsidenten v. BorrieS eine Be- schwerde über den Schutzmann Kalläne gerichtet. Er behauptete darin, daß er am 9. Dezember an der Haltestelle der Hochbahn in der Bülowstraße den Schutzmann um Auskunst gebeten habe, wie er auf dem kürzesten Wege nach der Goltzstraße komme. Der Schutzmann habe ihm aber gar nicht geantwortet und als er sich darüber beschwerte und seinen Nanien verlangte, habe ihn der Schutzmann ins Genick gepackt und ihm gesagt, er solle sofort mit zur Wache kommen. Unterwegs habe ihm der Schutzmann eine Ohr- feige gegeben und ihn mit den Worten beschimpft: „Dem Schöncbcrgcr Strolch werden wir eS schon besorgen!' Auf der Treppe zur Wache habe er nochmals einen Stoß ins Genick bekommen, so daß er hingefallen sei. und dann habe ihm der Schutzmann noch einen Fußtritt gegen den Leib gegeben. Diese Angaben des Angeklagten sollen wissentlich falsch sein. Sie wurden auch durch die Bekundungen der vernommenen Zeugen nicht voll bestätigt. Die Zeugen haben nur gehört, daß der An- geklagte den Schutzmann nach der Goltzstraße fragte und dann gesehen, daß der Schutzmann den Angeklagten am Genick packte und ihn mit zur Wache nahm. Ein Zeuge hat wahr- genommen, daß der Angeklagte dem Schutzmann sehr schroff entgegen- getreten ist. Er habe dem Beamten sehr laut zugerufen:.Ich habe Sie anständig gefragt und Sie haben mir anstandig zu antworten", dann habe er gedroht, sich über ihn zu beschweren und schließlich verlangt, daß ihm der Schutzmann zur Wache folge. Darauf habe ihn der Schutzmann ins Genick gefaßt und mit- genommen. Von einer Ohrfeige, die dem Angeklagten auf der Straße verabfolgt sein soll, haben die Zeugen nichts gesehen. Ein Zeuge hat bemerkt, daß der Angeklagte, als ervonder Wache wieder herunterkam, Kratzwunden hatte, die- selbe Bemerkung hat ein Maurer am nächsten Tage gemacht, der mit dem Angeklagten auf demselben Bau arbeitete. Der Schutz- mann Kalläne bestritt entschieden, den Angeklagten geohrfeigt oder sonst irgendwie gemißhandelt zu haben. Der An- geklagte habe ihn in sehr lauter Welse nach der Goltzstraße gefragt und obgleich er die gewünschte Auskunft erhalten, noch randaliert und ihm Vorwürfe gemacht, sodaß er ihn schließlich zur Wache haben bringen müssen. Auf dem Wege dorthin habe sich der Angeklagte heftig seiner Fortführung widersetzt und sich aus der Treppe zur Wache auf die Erde geworfen. Dies wurde von einem Kollegen des Schutzmannes Kalläne bestätigt, ebenso daß letzterer von dein Angeklagten am Anne blutig gekratzt worden sei. Nach dein Gutachten des Nervenarztes Dr. Kemper, der den Angeklagten schon längere Zeit behandelt und als ruhigen, anständigen Menschen kennt, liegt die Möglichkeit vor, daß der Angeklagte infolge der Arteriosklerose des Gehirns im Dämmerzustande sich befunden und die Anzeige eine Folge einer Erinnerungsfälschung sein könne. Der Staatsanwalt beantragte trotzdem einen Monat Gefängnis. DaS Gericht erkannte auf Freisprechung, weil nachdem Gutachten des Sachverständigen nicht feststehe, daß der Angeklagte die Anzeige in dem Bewußtsein, daß sie falsch ist, geniacht habe. Durch Erhebung einer Anklage gegen den Beschwerdeführer in einem Falle wie dem verhandelten, wird das Beschwerderecht deS Bürgers arg gefährdet, die Ermittelung etwaiger Uebcrgriffe von Beamten erschwert und der Willkür von Beamten bedenklich weit Tür und Tor geöffnet.__ DaS unleSbare Rezept. Ein durch die UnleSbarkeit eines ärztlichen Rezepts entstandenes Mißverständnis, welches schon einmal Gegenstand eines Strafprozesses vor dem Schöffengericht war, beschäftigte gestern nochmals die sechste Strafkammer des Landgerichts I in der Berufungsinstanz. Wegen fahrlässiger Körperverletzung und Uebertretung der Apotheken- Betriebsordnung vom 18. Februar 1992 mußte sich der Apotheker- gehülfe Max Friedländer vor dem Sftasrichter verantworten. Die Anklage ist die Folge einer Kette von Mißverständnissen, die durch die fast sprüchwörtliche UnleSbarkeit ärztlicher Rezepte entstanden sind. Ein Kaufmann Leser war im April d. I. an Furunkulose erkrankt. Von seinem HauSarzt wurde ihm ein auS Bierhefe bereitetes Präparat verordnet, welches offiziell den Namen.Furunkulin" trägt. Auf dem staglichen Rezept war das Wort.Furunkulin" so undeutlich geschrieben, daß man nur die erste und die letzte Silbe mühsam entziffern konnte, während die übrigen Buchstaben ,mr aus Grundstrichen bestanden. DaS Rezept Ivuroe zur Anfertigung der Apotheke.zum weißen Schwan" in der Spandauerstratze übergeben. Der dort angestellte Angeklagte versuckte das hieroglyphenähnliche Wort mit Hülfe einer Lupe zu enträtseln und erkannle, da außerdem von dem ausstellenden Arzt.Foriin- kulin" anstatt»Fürunkulin" geschrieben worden war, nur die erste Siibe.Fo" und dann den Schluß deS Worte ,lin". Mit Hülfe deS ApothekcrhandbuchS stellte er fest, daß es nur ein einziges pharmazeu- tifcheS Präparat gab, welches diese Anfangs- bezw. Endsilbe trug. Es war dieS.Formalin", welches nur zu einer äußerlichen Anwen- dung bestimmt ist. Obwohl dies nicht besonders in dem Rezept an- gegeben war. klebte der AngeNagte, da ihm nur die äußerliche An- Wendung bekannt war. einen Zettel mit der Bezeichnung»Beutzer- lich" ans die Flasche. Vorher aber übergab er daS unleserliche Rezept noch dem mit ihm in der Apotheke beschäftigten Ge- hülfen Bauermann, der jedoch, wie er selbst, anstatt.Furunkulin" das Wort.Formalin " daraus las. Trotz des Zettels„Aeußerlich" nahm wiederum Leser daS falsche Medikament teelöffelweise ein. Dies hatte zur Folge, daß er erst recht erlrankte und längere Zeit an daS Bett gefesselt war. Das Schöffengericht erkannte auf Freisprechung. Da? Landgericht ging jedoch von der Ansicht aus, daß sich ein Apotheker unbedingt an die überaus klare Bestimmung des§ 33 der Apothekenbetriebsordnung vom 18. Februar 1902 zu halten habe. In diesem werde ausdrücklich angegeben, daß bei einem Zweifel über die Bedeutung eines Wortes in einem Rezept in jedem Falle der ausstellende Arzt zu Rate gezogen werden müsse und erst nach Aufklärung dürfe das Rezept angefertigt werden. Diese Bestiinmung. die keinesweas durch einen eingeführte» Brauck umgangen werden dürfte, müsse streng durchgeführt werden, da selbst mehrere Personen über die Bedeutung eines Wortes einem Irrtum unterliegen können und dadurch unter Umständen das allergrößte Unheil herbeigeführt werden kann. Da dem Angeklagten in dem vorliegenden Fall die weitgehendsten Mildcrungsgründe zuzu- billigen seien, habe das Gericht unter Aufhebung des freisprechenden Urteils wegen fahrlässiger Körperverletzung und Uebertretung der Apothekenbctriebsordnung auf 20 Mark(Geldstrafe erkannt. Für Kraftfahrräder kein Chaiisseegeld und kein Halten am Chausscchause. Für alle Benutzer von Krastfahrrädern von Bedeutung ist eine jetzt vom Kammergericht gefällte Entscheidung. Herr Maske aus Breslau war mit seinem Motorsahrrad an der Chausscegeldhebestelle i» OSwitz vorbeigefahren und hatte in der Meinung, es koste für Motorfahrräder 10 Pf., dem Chausseeaelderheber 10 Pf. zugeworfen. Dessen Anruf, er solle halten, es koste 1b Pf., hatte er nicht beachtet, weil er nicht halten wollte, da sein Motorrad fchwer anzulassen ist. Die sehlenden 5 Pf. schickte er dem Erheber ju. Von der Anklage einer Chaussee- geldhinterziehung wurde M. frergesprochen. Dagegen verurteilte ihn das Landgericht Breslau zu einer Geldstrafe wegen Ueber- tretung des Z 2 des preußischen Chansieegeldtarifes vom 29. Februar 1840, wonach jeder Fuhrwcrklenker usw. an der Chausseegeldhebestelle zu halten hat. Diefe Bestimniung habe neben dem Gesetz vom 2. Mai 1900 noch Rechtskraft. Das Kammergericht hob jedoch daS Urteil auf und sprach den Angeklagten gänzlich frei. Be- gründend wurde auSgefiihrt: ES sei allerdings richtig, daß das Ge- fetz vom 2. Mai 1900 alle die Bestimmungen des Chausseegeldtarifs von 1840, welche der Sicherung des Eingangs der VerkchrSabgaben diene, also auch die hier angezogene Bestimmung aufrechterhalten habe. Für Kraftfahrzeuge sei nun der allerhöchste Z u f a tz- erlaß zum Chausseegeldtarif maßgebend.(Von 1904.) Wenn dieser nun auch in der Ucberschrist von Kraft- fahrzeugen spreche, was Kraftwagen und Kraft- fahrräder umfasse, so bezögen sich seine Bestimmungen nach ihrem Inhalt doch nur auf Kraft wagen. Als Kraft w a g e n könnten aber Kraftfahrräder nicht gelten. Wenn der Mirnster in einer nachträglichen Deklaration daS Gegenteil sage, fo ändere dies daran nichts. Nach dem Ausgeführten finde der Chausseegeld- tarif auf Kraftfahrräder überhaupt keine Anwendung. Daraus folge die Freisprechung._ Huö der f rauenbewegung* Die Frau als Kämpferin. Eine Frage von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist die Stellung der weiblichen Arbeiterin im wirtschaftlichen Leben. Sie ist ein Faktor, dessen eminente Wichtigkeit unbestreitbar feststeht. Besonders, wer im praktischen Leben steht, wird den Wert der systematisch betriebenen Ausklärung und Heranziehung der Weib- lichen Leidensgefährten, die unter den Härten des blutsaugendcn Kapitalismus viel mehr leiden wie der männliche Proletarier, nicht verkennen. Die hochentwickelte Produktionstcchnik, die sich mit jedem Tage vervollkommnet, dazu die raffiniert und sinnreich ausgeklügelte Methode der Teilarbeit, ermöglichen es dem Unternehmer, fast in jeder Branche ungelernte weibliche Arbeitskräste nach Bedarf zu verwenden. Auf diese Weise ist er nicht nur in der Lage, der teueren, männlichen Arbeiter zu entbehren, nein, ihm bietet sich auch noch die verlockende Aussicht, willige und anspruchslose Ar- beitSmaschinen zu erhalten; nach seinem Ideal unterwürfige, duld- same Geschöpfe, die mit jenen unzufriedenen, männlichen Elementen, die durchdrungen von ihrem Macht- und Klassenbewußt- sein, an den Schranken seines Selbstherrschertums rütteln und energisch ihr Recht verlangen, nichts gemein haben und somit sein Traum von Ruhe und Zufriedenheit innerhalb seines Betriebes in Erfüllung gehen kann. Aber Träume sind bekanntlich Schäume und beim nüchternen Erwachen bleibt nichts zurück, als das kläg- liche Gefühl des Getäuschtseins. Und dies trifft gerade im Hin- blick aus die industriell tätige Frau zu. Es gibt wohl heute keinen Gewerkschaftler mehr, der nicht bis ins Innerste von der Not- wendigkeit der Organisierung des weiblichen, arbeitenden Prolc- tariats durchdrungen wäre. Selbst die christlichen und bürger- lichen„Arbeiterfreunde und-Freundinnen" haben, allerdings erst nachdem die Erfolge der freien Gewerkschaften sie auf. scheuchten und ihnen das Feuer auf den Nägeln brannte, wie in allen Dingen, schrille Warnungsrufe ausgestoßen und in fieberhafter Eile zur Gegenagitation gerüstet. Heute, wo die Klassengegensätze mit einer Schärfe und Erbitterung auS- gekämpft werden, wie die Geschichte aller Zeiten kein Beispiel auf- zuweisen hat, wo über 7 Millionen erwerbstätiger Frauen allein in Deutschland vor den wirtschaftlichen Kampf gestellt sind, tritt uns die enorme Bedeutung der sozialistischen Frauenbewegung geradezu in bengalischer Beleuchtung vor Augen, deren Ernst und Gewicht sich niemand verschließen kann. So arbeiten denn auch die Arbeiterorganisationen, bei denen die Arbeiterinnen infolge ihrer Anzahl und technischen Arbeitsleistung eine wesentliche Rolle spielen, in intensiver Weise an der Heranbildung der Frauen und Diädchcn zu wackeren, überzcugungstreuen Kämpferinnen und Streiterinncn. In Wort und Schrift, wo und wann es nur immer möglich ist, wird zur Hebung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Lage getan, was im Nahmen der heutigen Verhältnisse erreicht werden kann. Hand in Hand damit geht die politische Schulung und Aufklärung und wenn auch tn dieser Hinsicht noch manches zu wünschen übrig bleibt, so sind doch die bisherigen Erfolge mit Ge- nugtuung zu begrüßen. Wesentlich erleichtert wird diese Aufgabe dadurch, daß viele Gewerkschaften die„Gleichheit" in löblicher Weise gratis an ihre weiblichen Mitglieder verteilen, ein Be- ginnen, das nicht hoch genug zu bewerten ist und welches reiche und schöne Früchte zeitigen wird. Zählt doch die„Gleichheit" mit Fug und Recht zu den bestredigiertesten und ausgestaltetsten Zeit- schriften überhaupt und bildet mit ihrem gemeinverständlichen, be-. lehrenden und doch durch und durch von der wissenschaftlichen Er- kenntnis der sozialistischen Weltanschauung getragenen Inhalt eine wahre Fundgrube, eine Schatzkammer für alle, die den Kampf gegen den Moloch Kapitalismus und die Befreiung auS feiner eisernen Umarmung als ihre Lebensaufgabe erblicken. Deshalb wird uns auch bei den heftigen und erbitterten Lohnkämpfen, welche in der heutigen Zeit mit nie gekannter Schärfe und Rücksichtslosigkeit ausgekämpft werden, der erhebende Anblick zuteil, daß die unterdrückten Lohnsklavinnen, wenn der Ruf an sie ergeht, in die KampfeSreihen zu treten, ohne Zögern, mit seltener Entschlossenheit, folgen und oft genug ihre zagenden, pflaumen- weichen männlichen Gefährten beschämen. Man wende nicht ein. -mß dies nicht immer so zutrifft. Das ist ganz natürlich, aber die Ausnahine bestätigt auch hier die Regel. Auch steht fest, daß in vielen Betrieben, wo die Tätigkeit der Frauen ausschlaggebend ist, jede Lohnbewegung ohne deren Unterstützung von vornherein scheitern würde. Als billige Arbeitskraft kommt die Frau zu uns, als Werkzeug der drückenden Konkurrenz bemächtigt sich der Unternehmer ihrer, aber durch systematische Erziehung und Aufklärung wird uns in ihr eine willkommene Bundesgenossin erstehe», eine wackere Streiterin an unserer Seite, die mit klarer Erkenntnis und glühen- der Begeisterung für die Befreiung aller Geknechteten und Eni» rechteten kämpft. ES ist eine alte Erfahrung, daß gerade diejenigen rauen, welche sich in unsere Anschauungen hineingelebt und unsere iele erkannt haben, an dem einmal Erfaßten mit zäher Beharr- lichkeit festhalten und eifrig, weder Zeit noch Mühe schonend, mit aller Hingebung und Aufopferung sich dem EmanzipatwnSkampse widmen. Das Erwachen deS WcibeS auS dunkler Geistesnacht ist ein weltgeschichtliches Ereignis, eine siegverhcißende Epoche! Ohne die Hülfe und Tätigkeit der Frau bleibt daS Ringen und Kämpfen des Proletariats nach endgültiger Erlösung und Befreiung von dem kapitalistischen Joch doch nur erfolg« loS. Das unorganisierte und unwissende weibliche Proletariat ist ein Hemmschuh, ein Bleiklumpen am Fuße der Brbeiterbewe- gung, dagegen eine aufgeklärte, geschulte Fraucnorganisation eine vorwärtstreibcnde Kraft. Deshalb gilt es auch innerhalb der männlichen Arbeiterschaft mit allen rückständigen Vorurteilen zu brechen und trotz mancher Enttäuschungen die mitarbeitenden Ge- nossinncn in unsere politischen und gewerkschaftlichen Bestrebungen einzuweihen und sie zu tüchtigen Vorkämpferinnen heranzubilden. Kein mißlungener versuch darf unS hierin zurückschrecken, oder uns entmutigen. Gut Ding will Weile haben und auf einen Hieb fällt kein Baum. Aber bei einigermaßen gutem Willen und in Erkennt- nis der Sachlage und der zwingenden Notwendigkeit wird unser Be- mühen mit Unterstützung aller zielbewußten Genossinnen auch von glänzendem Erfolg gclrönt sein. So werden wir denn nne eherne Macht bilden, an der jede» Angriff seitens der herrschenden und besitzenden Klassen wirkungS- loS. abprallt, ein unüberwindliches Heer, das mit fester Entschlossen- heit und stolzer Zuversicht seinem Ziele näherschreitet k Eine Dienstmädchenorganisation hat nunmehr auch Breslau . Das dortige GewerkschaftSkartcll hat eS in ganz kurzer Zeit ver» standen, Fühlung mit den Sklaven der Küchen und Kinderstuben zu gewinnen und seine Bemühungen waren von erfreulichem Er- folge. Bereits die erste Versammlung war von über 300 Dienenden aller Art, Wasch- und Scheuerfrauen usw. besucht. Und über 100 von ihnen ließen sich alsbald als Mitglieder einer sofort ins Leben gerufenen Organisation einschreiben. Jetzt zählt der Verein bereits über 100 Mitglieder und wie überall legen sie einen über» raschenden Eiser an den Tag. Die Versammlungen sind stets gut besucht, die letzte von über 1000 Personen. In der bürgerlichen Presse ist man natürlich über das Erwachen der Haussklaven wenig erbaut. Namentlich die freisinnige — natürlich!—„B r e s l a u e r Morgenzeitung" hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Bewegung mit halb getauften, halb rassereinen jüdischen Witzen und Mätzchen„abzutun". Aber die viel zu gesunden Mädchen gehen darüber ebenso ruhig zur Tages» ordnung über, wie über das plötzlich erwachte„Wohlwollen" der — katholischen Frauenvereine, die sie zu kapern versuchen. Auch die Polizei— für Breslau etwas Selbstverständliches— legt eine rührende Fürsorge an den Tag und kann ihr« Neugierde betreffs der leitenden Personen der Bewegung kaum noch zügeln. Eines ist bereits als glänzender Erfolg zu verzeichnen: die „Herrschaften" bezeugen der Bewegung ihren schuldigen Respekt. Eine ganze Reihe Mißstände sind von ihnen aus Furcht vor der öffentlichen Kritik bereits abgestellt und wo das nicht geschehen, beginnt die„gnädige Frau" mit den üblichen Drohungen mit Maß- regelung usw. Ncueinzustellende Dienstmädchen werden bereits gefragt, ob sie„auch nicht etwa dem Verein angehören". Ein schöner Ausblick für die Zukunft! Versammlungen. Die Konsumgenossenschaft Berlin und Umgegend hielt am Sonntag ihre Generalversammlung für daS 8. Geschäftsjahr ab.— Aus dem Jahresbericht, den Geschäftsführer Menzel erstattete, ist zu entnehmen, daß die Genossenschaft einen erfreulichen Fort» schritt macht. Der gesamte Umsatz in den 16 Verkaufsstellen der Genossenschaft belicf sich auf 096 590 M., das sind 30 786 M. mehr wie im Vorjahre. Der Umsatz würde noch größer gewesen sein, wenn nicht durch die verschiedenen großen Aussperrungen die Kaufkraft eines großen Teils der Mitglieder wesentlich geschwächt worden wäre.— Im abgelaufenen Geschäftsjahr wurde ein Reingewinn von 27 349,09 M. erzielt. Davon werden 3� Proz. gleich 26 661,46 M. Dividende verteilt, 400 M. werden dem Reservefonds, 287.63 M. dem Dispositionsfonds zugeführt.— Die Mitgliederzahl ist von 4631 auf 5790 gestiegen. Der Mitglieder- bestand hat sich also im Laufe deS Jahres um 1159 vermehrt. Im Vergleich zu früheren Jahren ist eine größere Stabilität des Mit- gliederbestandcs festzustellen. Wenn auch die Konsumgenossenschafts. bewegung in Berlin verhältnismäßig noch recht schwach ist, so ist doch nicht zu verkennen, daß der Genossenschaftsgedanke in Berlin festen Fuß gefaßt hat und erfreuliche Fortschritte macht. Dieser Umstand wird zurückgeführt auf die Tätigkeit der im Oktober vorigen Jahres ins Leven gerufenen Propagandakommission und auf die rege Iktterstützung, welche die GcnossenschaftSagitation in gewerkschaftlichen Kreisen findet. Mücke, der Vorsitzende des AufsichtSratS, schloß sich den AuS- führungen des Vorredners im wesentlichen an und bemerkte unter anderem, zwischen der Verwaltung und den Angestellten der Ge- nossenschaft bestehe ein gutes Verhältnis. Der Mchrumsatz von 30 000 M. habe zur Folge gehabt, daß die Dividende gegen daS Vorjahr um 1 Proz. erhöht werden konnte. Wenn die Agitation einen weiteren Fortgang der Genossenschaft bringe, dann werde die Dividende bald auf 5 Proz. steigen. Wien » auch die Ver- waltung nicht auf dem Standpunkt stehe, daß die Erlangung möglichst hoher Dividenden das Ziel der Genossenschaftsbcwegung sei, so bilde doch die Aussicht auf Dividende immer noch ein kräftiges AgitationSmittcl. Von den gangbarsten Artikeln sind nach Ausweis deS Ge- schäftsbcrichtS im Laufe des Jahres umgesetzt: 11690 Büchsen Konserven, 6630 Kilogramm Margarine, 6172 Kilogramm Reis, 1489 Kilogramm Linsen, 2815 Kilogramm Bohnen, 3810 Kilogramm Erbsen, 10 800 Kilogramm Weizenmehl, 28 780 Kilogramm Diamantmehl, 18 703 Kilogramm Kaffee, 16 621 Kilogramm Seife. 3656 Kilogramm Fruchtsaft, 82 200 Kilogramm Zucker, 8000 Kilogramm Käse, 2600 Kilogramm Hartgries, 1200 Kilogramm Marmelade, 60 853 Kilogramm Butter, 192000 Kilogranim Kartoffeln, 10 207 Schock Eier, 67 Tonnen Heringe, 97 452 Brote, 18 020 Kilo- gram« Schmalz, 56 991 Kilogramm Wurst- und Fleischwaren. 32 Fchf Muß, 22 870 Kilogramm Salz. Der Geschäftsbericht gab zu nennenswerten Ausstellungen keinen Anlaß. Der Vorstand wurde entlastet. Eine längere Debatte rief ein Antrag der Agitationskommission hervor, welcher besagt, daß ein Geschäftsmann, der Waren führt, die auch in der Genossenschaft zu haben stich, nicht Mitglied des Vorstandes oder AufsichtSrats sein darf.' Die Versammlung stimmte dem Antrage grundsätzlich zu, vertagte aber dessen Aus- führung aus praktischen Gründen bis zur nächsten General- Versammlung.— Der Verwaltung wurde Vollmacht erteilt, im laufenden Geschäftsjahre einige neue Verkaufsstellen, soweit dafür Bedarf ist, zu eröffnen. Die Miststände in der A. E.-G., deren Erörterung bereits in einer am 9. d. M. abgehaltenen Betriebsvcrfamnilung vor- genommen, wurden, da die Versammlung vom 9. September ver- tagt werden mußte, am Montag in einer wiederum überfüllten Zusammenkunft der Arbeiter und Arbeiterinnen der Werke in den Germaniasälen erneut an den Pranger gestellt. Der erste Dis» kussionsredner, Franke, bespricht des längeren die von der Gesellschaft errichteten Arbeiterannahmestellen, welche sämtliche an» genommenen oder entlassenen Arbeiter nach berühmtem Muster als Kontrollstation passieren müssen. Welcher Willkür die Arbeiter und Arbeiterinnen in diesen Annahmestellen ausgesetzt sind, beweist er damit, daß über den Kopf einzelner Meister hinweg die Einstellung von Arbeitern und Arbeiterinnen hintertrieben wird. Einer der Herren Annehmer fühlte sich derartig als Herr der Situation, daß er jahrelang, ohne irgend eine ärztliche oder direktoriale
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