Einzelbild herunterladen
 

sie vesektigt werden. Mer dnS öffentliche Stimmrecht ist auch unmoralisch. EZ ist die Verleitung zur Gesiimungs- spionage, zur Gesiiminigscrprcssmig in Permanenz. Unsere Gegner klagen soviel über«sozialdemokratischen Terrorismus". Wir wissen, es sind Verleumdungen. Aber gibt es eine stärkere Verleitung der Arbeiter, diejenigen, die sich bei Wahlen als ihre schlimmsten Gegner gebärden, dies auch wirtschaftlich fühlen zu lassen, als das öffentliche Stimmrecht? Gehört nicht der hohe Respekt, den der Sozialdemokrat vor jeder ehrlichen lieber- zcngung hat, dazu, daß die Arbeiter diesen Versuchungen wider- stehen? Und zeigt irgend etwas anderes deutlicher als gerade das Festhalten am öffentlichen Stimmrecht, dasi unsere Gegner ihre eigenen Behauptungen über sozialdemokratischen Terrorismus nicht glauben, sie dafür halten, was sie sind, für Lügen und Ver- leumdungcn? Aber unseren Gegnern fehlt der Respekt bor fremder Ueberzeugung. der uns alle beseelt, s i e erliegen den Ver- suchungen und werden zu Erpressern an den von ihnen Wirt- schastlich abhängigen Existenzen, freilich ohne andere Wirkung, als dasi sie um so g r ö tz e r e Erbitterung. Wut und Em- p ö r u n g bei ihnen wecken. Sie bewirken dadurch nur, daß ihre wertlosen und momentanen Erfolge bei der öffentlichen Wahl sich in ebensoviele, aber dauernde Mißerfolge bei der geheimen Wahl zum Reichstag umwandeln. Das geheime Wahlrecht ist so wenig eine politische Forderung, als eine Erfüllung des politischen AnstandeS und der politischen Klugheit. ES wäre übertrieben,, die Abschaffung des öffentlichen Wahlrechts eine«Reform" zu nennen. Sie ist eine wenig be- deutende, längst fällige Maßregel. Ihre Erfüllung in der nächsten Session des preußischen Landtages ist -ine Selbstverständlichkeit, die geschehen muß. ohne daß damit viel Aufhebens gemacht wird. Steueelchraube gegen Melier. Der Steuerbeutel geht um. Schon jetzt werden in Preußen von den Magistraten und Gutsvorständen Vorbereitungen getroffen, damit das Einkommen des Angestellten und Arbeiters, der weniger als 3000 Mark jährliches Einkommen hat, im Jahre 1908 nur ja bis auf den letzten Pfennig besteuert werde. Es werden die Arbeitgeber um Auskunft über Namen, Wohnort, Wohnung der bei ihnen in ihrem Beruf oder Gewerbe gegen Gehalt oder Lohn dauernd beschäftigten Personen sowie über die Höhe des Ein- kommcns befragt, das diese Angestellten und Arbeiter seit dem 1. Januar bis zum 30. September dieses Jahres hatten. Diese Befragung zwecks Steuerschnüffelei nach Ar- beitSlohnen erfolgt auf Grund derselben Einkommen- steuergesetz-Novelle, die zugunsten des Großgrundbesitzes und Groß. kapitals eine Reihe neuer Steuerprivilegicn einführt. Der Mittel- stand und die Arbeiter sind durch dies Gesetz viel schlechter als vordem gestellt. Vor allem ist gegen die Angestellten und Arbeiter mit Einkommen bis 3000 Mark eine Art Denunziations - Pflicht der Hausbesitzer und der Arbeitgeber ein- geführt. Es seien die Grundzüge dieser Einkommensteuergesetz- Novelle nochmals dargelegt, um vielfachen SsZünschcn aus unserem Leserkreise nachzukommen. Das Deutsche Reich hat bereits im Jahre 1877 ein Jahres- einkommen bis 1500 Mark als unentbehrlich und in der Regel unpfändbar bezeichnet. Trotzdem steht es aber den einzelnen Bundesstaaten frei, derartige Jahreseinkommen noch mit Steuern u zwicken. Und Preußen macht ausgiebigsten Gebrauch von iesem Recht. Bekanntlich verlangen die Sozialdemokraten, alle Einkommen bis mindestens 3000 Mark sollen steuerfrei bleiben und bei den höheren Einkommen soll proportional der Höhe der Einkommen die Steuerschraube stärker angezogen werden. Würde Preußen dementsprechend alle Jahreseinkommen bis 3000 Mark steuerftei laffen und die Steuerschraube bei den höheren Ein- kommen nur um 1 Proz. anziehen, so würde der Staat 40 Mill. mehr herausschlagen als er heute einnimmt. Das preußische Dreiklassenparlament ist aber den umgekehrten Weg gegangen. Konservative und Freisinnige Arm in Arm haben ein Einkommen- steuergesetz geschaffen, auf das man als Motto das Wort aus Ev. Markus 25 setzen könnte: «Denn wer da hat, dem wird gegeben; und wer nichts hat, von dem wird man nehmen auch das, was er hat." Erwähnt seien einige Vorschriften nach dieser Richtung. Die Veranlagung zur Steuer richtete sich bis zum 1. Januar dieses Jahres nach dem dreijährigen Durchschnitte. Dadurch wurde hier und da die Härte vermieden, daß ein zur Steuer Veranlagter das zufällige höhere Einkommen eines Jahres in dem kommenden, mit einer schlechteren Gesamteinnahme abschließenden versteuern mußte. Diese Borschrift ist seit dem 1. Januar dieses Jahres den An- gestellten und Arbeitern gegenüber ausgehoben. Für sie erfolgt die Veranlagung fortan nach den Ergebnissen des dem Steuerjahr unmittelbar vorangegangenen Kalenderjahres oder nach dem mut- maßlichen Jahresertrag: also im Jahre 1908 wird das Einkommen besteuert, das der Angestellte oder Arbeiter 1907 hatte. Hingegen ist das Einkommen aus Handel, Gewerbe, Bergbau und aus Land- und Forstwirtschaft auch künftighin nach dreijährigem Durchschnitt zu veranlagen, falls der Steuerpflichtige in geordneter Weise Bücher führt. So kann es kommen, daß z. B. beim Großgrund- besitzer 2000 bis 3000 Mark, die für persönliche Ausgaben oder für Bewertung der eigenen Arbeitskraft als Ausgaben gebucht sind, von der Steuerpflicht befreit sind. Ebenso liegen Bevorrechtigungen der Wohlhabenden in den Abzügen, die das Einkommensteuergesetz ihnen gestattet. So dürfen vom Einkommen die Beiträge zu öffentlichen Be- und Ent- Wässerungsverbänden, die von dem Grundeigentum» dem Gewerbe- betrieb und dem Bergbau zu entrichtenden direkten Kommunal- steuern bis zur Höhe der staatlich veranlagten Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer in Abzug gebracht werden. Bis zur gleichen Höhe werden in den Gutsbezirken die realen Kommunallasten und die neben ihnen bestehenden Gutslasten als abzugsfähigc Wcrbungskosten angesehen. Die Gntslasten kommen dabei mit 30 Proz. der staatlich veranlagten Grund-, Gebäude- und Gr- Werbesteuern auch dann in Ansatz, wenn die Gutslasten erheblich niedriger sind. Infolge dieser Vorschrift sind eine Reihe Haus- besitzer und Großgrundbesitzer, deren Einkommen sich um mehrere Tausend Mark erhöht hatte, in der Steuer herabgesetzt. Von dem, was ferner abzugsfähig ist, seien hervorgehoben: die Beiträge zu den Berusskammer», z. B. die an eine Landwirtschafts-, Handels-, Handwerks-, Aerzte-, Anwalts-, Apotheker-Kammer zu zahlenden Beiträge(nicht aber die an Gewerkschaften oder Arbeitervereine zu entrichtenden Beiträge); die auf Kirchenpatronats-Verpflich- tungcn beruhenden dauernden Lasten; die auf Grund rechtlicher Verpflichtung vom Steuerpflichtigen zur allmählichen Tilgung eines auf seinem Grundbesitz haftenden Schuldkapitals zu ent- richtenden Beträge, soweit sie 1 Proz. des Kapitals und den Be- trag von 000 Mark jährlich nicht übersteigt(nicht aber Schulden, die der Mittelstand oder Arbeiter ohne Grundbesitz ge- macht hat). Ferner trifft Z 12 des Einkommensteuergesetzes für die Besitzer von Waldstücken, welche nicht nach einem forstmäßigen Plane bewirtschaftet werden, das neue Privilegium, daß die Er- gebnisse von Abtrieben aus diesen Waldstücken als steuerpflichtiges Einkommen nicht anzurechnen sind, wenn und soweit dieselben sich in einem Jahre auf mehr als den zehnten Teil des Wertes des vorhandenen Holzes erstrecken. Neben diesen insbesondere dem Großgrundbesitzer zugute kommenden Geschenken ist die Zulässigkeit der bereits früher für zulässig erklärten Abzüge aufrecht erhalten.-Dahin gehören zum Beispiel die Deichlastcn, die indirekten zu den Geschäftsunkosten zu rechnenden Abgaben, die regelmäßigen jährlichen Absetzungen für Abnutzung der Gebäude, Maschinen und des sonstigen toten Inventars. Nach wie vor sind dem Arbeiter Abzüge für die zur Erhaltung seiner Arbeitskraft gemachten Aufwendungen nicht ge- stattet: er kann weder für Lebensunterhalt, noch für Bekleidung, noch für Miete Abzüge machen. Für die Abzüge, die er vom Ein- kommen machen darf, gelten nur folgende allgememe Bestim- mungcn: Es sind abzugsfähig: 1. die von dem Steuerpflichtigen zu zahlenden Schulden- zinsen; 2. Renten und dauernde Lasten, die auf Privatrechts- titeln(z. B. Vertrag, Verschreibung, letztwilliger Verfügung) beruhen; 3. die von dem Steuerpflichtigen für seine Person gesctz- oder vertragsmäßig zu entrichtenden Beiträge zu Kranken-, Niifall-, Alters- und Jnvnlidenversicherungs-, Witwen-, Waisen- und Pciisionskassen, soweit diese Beiträge zusammen die Höhe von 000 Mark nicht übersteigen; 4. Versicherungsprämien, welche für Versicherung des Steuerpflichtigen oder eines nicht selb- ständig zu veranlagenden Haushaltungsangehörigcn auf den Todes- oder Lebensfall gezahlt werden, soweit die Prämien den Betrag von 000 Mark jährlich nicht übersteigen. In Betracht kommt für den Mittelstand und Arbeiter noch folgende Vorschrift des Z 19 zugunsten solcher Steuerzahler, welche Kinder oder Angehörige zu unterhalten haben: Gewährt ein Steuerpflichtiger, dessen Einkommen den Be- trag von 3000 Mark nicht übersteigt, Kindern oder anderen Familienangehörigen auf Grund gesetzlicher Verpflichtung Unter- halt, so wird ihm von dem steuerpflichtigen Einkommen für jedes derartige Familienmitglied de» Betrag von 50 Mark in Abzug gebracht mit der Maßgabe, daß in jedem Falle eine Ermäßigung stattfindet um eine der im§ 17 vorgeschriebenen Steuerstufcn bei dem Vorhandensein von drei oder vier, um zwei Stufen bei den: Vorhandensein von fünf oder mehr derartigen Familien- Mitgliedern." Aber mit diesen Ungleichheiten noch nicht genug? Damit auch nicht ein Pfennig des Einkommens unversteuert bleibt, das der Mann oder die Frau erwirbt, ist eine TcnunziationSpflicht für Hausbesitzer und Arbeitgeber solchen Angestellten und Arbeitern gegenüber eingeführt, die weniger als 3000 Mark Jahreseinkommen haben. Auf Betreiben nationalliberaler und konservativer Ab- geordneter und des freisinnigen Abgeordneten Gerschel ist nämlich durch eine besondere Novelle vom Mai dieses Jahres dem Z 23 des Einkommensteuergesetzes folgender Wortlaut gegeben: Jeder Besitzer eines bewohnten Grundstückes oder dessen Vertreter ist verpflichtet, der mit der Aufnahme des Personen- standes betrauten Behörde die auf dem Grundstücke vorhandenen Personen mit Namen, Berufs- oder Erwerbsart, Geburtsort, Geburtstag und Religionsbekenntnis für Arbeiter, Dienstboten und Gewerbcgehülfen auch den Arbeitgeber und die Arbeitsstätte anzugeben. Die HaushaltungSvorstände haben den Hausbesitzern oder deren Vertretern die erforderliche Auskunft über die zu ihrem Hausstande gehörigen Personen einschließlich der Unter- und Schlafstellenmieter zu erteilen. Arbeiter, Dienstboten und Gewerbcgehülfen haben den Haushaltungsvorständcn oder deren Vertretern die erforderliche Auskunft über ihren Arbeitgeber und ihre Arbeitsstätte zu er- teilen. Wer für die Zwecke seiner Haushaltung oder bei Ausübung eines Berufes oder Gewerbes andere Personen dauernd gegen Gehalt oder Lohn beschäftigt, ist verpflichtet, über dieses Ein- kommen, sofern es den Betrag von jährlich 3000 Mark nicht übersteigt, dem Gemeinde-(Guts-)vorstande seiner gewerblichen Niederlassung oder in Ermangelung einer solchen seines Wohn- sitzes auf deren Verlangen binnen einer Frist von mindestens zwei Wochen Auskunft zu erteilen. Die Auskunftspflicht erstreckt sich auf folgende Angaben: a) Bezeichnung der zur Zeit der Anfrage beschäftigten Per­sonen nach Namen, Wohnort und Wohnung; eine Verpflichtung zur Angabe von Wohnort und Wohnung besteht jedoch nur, so- weit diese dem Arbeitgeber bekannt sind; d) das Einkommen, welches die zu a) bezeichneten Personen' seit dem 1. Januar des Auskunftsjahrcs oder seit dem späteren Beginn ihrer Beschäftigung bis zum 30. September desselben Jahres tatsächlich an barem Lohne (Gehalt) und Naturalien aus dem Arbeits- oder Dienstverhältnisse bezogen haben. Dem Arbeitgeber ist jedoch gestattet, statt dessen für diejenigen Per- sonen, welche bei ihm schon in dem ganzen der Auskunft- erteilung unmittelbar vorangegangenen Kalenderjahre beschäftigt waren, das in diesem Jahre tatsächlich bezogene Einkommen an- zugeben. Naturalbezüge, insbesondere freie Wohnung oder freie Station, sind ohne Wertangabe namhaft zu machen. Diese Pflicht liegt auch den gesetzlichen Vertretern nicht» physischer Personen ob." So haben die Herren im Dreiklassenparlament es durchgesetzt, daß dem Reichsten Steuerbevorrechtungen, dem Mittelstand und der gesainten Arbeiterklasse neue Lasten auferlegt werden; ins- besondere Verheiratete werden durch diese Neuerung besonders schwer betroffen. Der Steuerzettel des Jahres 1908 wird die Steuererhöhungen schwarz auf weiß zeigen. Und doch gibt es noch Handwerker, Geschäftsleute, Angestellte, ja selbst Arbeiter, die solchen Gesetzgebern ihre Stimme bei der Wahl geben! Ein Gutes hat die Neuerung: sie ist geeignet, noch Vertrauensseligen das Leitmotiv der besitzenden Klasse erkennbar zu lassen: Wer da hat, dem wird gegeben, und wer nicht hat, von dem wird man nehmen auch das» was er hat." poUtifebe Qcb erficht, Berlin , den 15. Oktober 1907. Der bedrohte Militärstaat! Der«Kons. Korresp." ist die Ankündigung des Partei- Vorstandes, die Verhandlungen des Leipziger Hochverrats- Prozesses als Broschüre verbreiten zu lassen, in die Glieder gefahren. Sie zetert über diehochverräterische" Absicht des Parteivorstandes, Stellen der Liebknechtschcn Broschüre, deren Vernichtung das Reichsgericht beschlossen hat, im Rahmen des Prozeßberichtes verbreiten zu wollen, eine Absicht, die übrigens der Parteivorstand noch mit keiner Silbe zu er- kennen gegeben hat! Man sehe daraus, daß esganz be- sonderer Mittel" bedürfe,um der hochverräterischen Agitation der Sozialdemokratie den Weg zu verlegen". Die offiziöseN o r d d. A l l g. Z t g." erbarmt sich der ge- ängstigten Konservativen, indem sie ihnen folgenden Trost spendet: Dazu reichen unseres Erachtens schon die gegen- wärtigen Gesetze auS. Berichte, auch wenn sie wahrheitsgetreu sind. sind verfassungsmäßig nur über Parlamentsverhandlungen völlig straffrei. Berichte über Gerichtsverhandlungen dagegen können, wenn sie strafbaren oder gerichtlich mit Strafen belegten Inhalt wiedergeben, bei öffentlicher Verbreitung sehr wohl unter Strafe gestellt werden und sind es auch wiederholt. In diesem Falle wäre die M ö g- lichteit um so mehr gegeben, als daS Reichsgericht die Vernichtung des Liebknechtschen Buches ausdrücklich be- schloffen hat." Das offiziöse Organ will also die Wiedergabe von Stellen der Liebknechtschen Broschüre b c st r a f t sehen, die in Leipzig selbst vor der breitesten Oeff entlich keit verlesen worden sind l Wie kläglich muß es um unseren Militärstaat bestellt sein, wenn er nicht einmal die wahrheitsgetreue Wiedergabe einer Prozeßverhandlung vertragen kann. DerStörer des Blockfriedens". DieDeutsche TageSztg." ühxrschüttct Herrn Theodor Barth mit einem Wuterguß, weil er eS gewagt hat. vom Freisinn zu fordern, der Regierung die Bedingung zu stellen, noch im gegen­wärtigen Landtag ein Notgesetz für Einführung deS geheimen Wahlrechts einzubringen. Es liege auf der Hand, daß der Reichs- kanzler auf diesen Plan nicht eingehen könne. Herr Barth verfolge aber offenbar keinen anderen Zweck, als die Zerstörung des Blockfriedens, er kenne kein schöneres Ziel, alsMiß- trauen zwischen den einzelnen Teilen(des Blocks) zu Pen. die ohnehin nicht gerade mit eisernen Nägeln zu- sammengefügt" seien. Dieser Zornerguß, der den Freisinn einschüchtern soll, ist überaus dumm. Denn Barths Forderung ist doch so un- geheuer bescheiden, daß gerade das Agrarierorgan daS be- gründctste Mißtrauen sät, wenn es behauptet, daß Bülow auf Barths Vorschlag nicht eingehen könne. Wer soll ihn denn daran hindern? Die Junker?! Wenn deren Macht über den Reichs- kauzler so groß ist, dann ist allerdings jede freisimnge Hoffuuug selbst auf die bescheiden st e Flickreform eine kindische Illusion! Der Freisinn wird deshalb gar nicht umhin können, nun erst recht die Probe auf das Exeinpel zu machen, will er nicht den Vorwurf auf sich laden, sich dem kaudinischen Joch der Junker gebeugt zu haben!-- Gegen die Reichseinkommensteuer wendet sich mit aller Schärfe die halbamtlicheLeip- z i g e r Z t g.". In Deutschland sei die Ouelle der direkten Besteuerung schon jetzt in ziemlich erschöpfender Weise in Anspruch genommen. Wenn zu den direkten Stenern für Zwecke des Staates, der Gemeinde, der Kirche usw. noch direkte Reichs steuern treten würden, so würde dasin weiten Kreisen starken Unmut erregen". Ein Festhalten an dem Grundsatz, daß den E i n z e I st a a t e n die direkten Steucrquellen vorbehalten bleiben müßten, seiuner- läßlich". DieNordd. Allg. Ztg." gibt diese Polemik gegen die demagogischen Ausführungen der Bassermann und Osann ohne Kommentar, also offenbar zustimmend, wieder. Der Freisinn weiß also, daß alle Mehrausgaben, die er für Heer, Flotte und Kolonien bewilligt, schließlich aus indirekte» Steuern aufgebracht werden! Das wird ihn aber nicht abhalten, jeder Regierungsvorlage für die nationalen" Zwecke der Panzerplattenpatrioten und der Kolonialinteressenten zuzustimmen! Liebert als Beamteninstruktor! Wie dieHess. L a n d e s z t g." berichtet, ist der Gerichtssekretär Werner in Kirchhain (Bezirk Kassel ), nachdem ihm vom Ministerium hierzu ein Urlaub be­willigt worden, zu einem Agitationsausbllduugsknrsus des Reichsverbandes zur Bekämpfung der Sozialdemokratie nach Kassel einberufen worden und bereits dorthin abgereist. Falls diese unglaubliche Nachsicht auf Wahrheit beruht, so beweist sie aufs neue, daß jedes Rechtsgefühl in Preußen aufhört, sobald es sich um den Kampf gegen die Sozialdemokratie handelt. Es ist offenbar ein unerhörter und ungesetzlicher Mis:- brauch der Steuergelder, die überwiegend von der großen Masse des arbeitenden Volkes aufgebracht werden müssen, wenn sie dazu verwandt werden, Apostel des Reichs- lügenverbandes auszubilden! Es ist bezeichnend, daß just ein beim Gericht angestellter Beamter dazu aus- gesucht wird, gegen die Sozialdemokratie dressiert zu iverden. Sollte man nicht noch weiter gehen und Justizbeamte, die später als Richter urteilen sollen, in solche Hetzapostelschulen demnächst schicken? Mit welchem Recht verausgabt die Regierung die Gelder für die Ber� tretungskosten solcher Beamten? I Die Regierung wird freilich darauf garnichtantwortenl Ist sie doch in der Tat unverantwortlich, so lange 85 Proz. des preußischen Volkes entrechtet sind. Das Geldsacksparlament bedeutet eben die Willkürherrschaft der Regierung! Uebrigens wieder eine Schwalbe, die denliberalen" Frühling ankündigt!_ Romen. Herr Romen hetzt in einem Artikel imTag" weiter gegen die Sozialdemokratie. Er betrachtet das Urteil gegen Liebknecht als eine Handhabe gegen die sozialdemokratische Agitation und speziell die Jugendorganisationen: «Der Staat darf, will er sich nicht selbst aufgeben, den Be- strebungen und Wühlereien der antimilitaristischcn Agitatoren, die auf die Zersetzung seiner s e st e st e n Stütze losarbeiten, nicht untätig zusehen. Und darum muß er auch ein besonders wachsames Auge haben auf die sozial- demokratischen Jugendorganisationen, deren Hauptziel nachgewiesenermaßen(I) darin besteht. Kopf und Herz der unreifen Jugend anzufüllen mit Haß und Verachtung gegen das Heer und alle seme Einrichtungen, die jungen Leute, wenn sie zum Heeresdienst einberufen werden, systematisch zum U n- gehorsam und zur Disziplinlosigkeit auf- z u st a ch e l n.(II) Den antimilitaristischen Jugeudorganisatoren k la Liebknecht kann nunmehr auf Grund der Entscheidung deS zweiten und dritten Strafsenats deS Reichsgerichts das Handwerk endgültig gelegt werden. Inwieweit dieses Urteil zu einer sonstigen allgemeinen Bekämpfung der sozialdemokratischen antimilitaristischen Propaganda eine Handhabe bieten wird, muß abgewartet werden, bis seine Gründe in authentischer Form vorliegen." Schade, daß der wackere Romen nicht an OlshausenS Stelle stand: er hätte eine noch viel tollere Anklage zustande gebracht. So mußte er sich mit der Rolle des Souffleurs begnügen. Den vornehmen Charakter des Herrn Romen offenbaren auch die unanständigen Ausfälle gegen die Person Liebknechts. Liebknecht sei«von glühendem Ehrgeiz geplagt", habe vor Gericht ein«großes Maul" gezeigt usw. Es lohnt nicht, Herrn Romen im gleichen Stile zu antworten, da er ja Sozialdemokraten nicht beeidigen kann!_ Ein Freisinniger für die WahlrechtSaktion! Reichstagsabgeordneter Hormann- Bremen sprach am Sonn- abend in einer von 1000 Personen besuchten Wahlversammlung in Geestemünde über«Das preußische Wahlrecht und der Liberalismus". Im Gegensatz zu den verschiedenen Fischbecks sprach er wirklich liberal. Seinen Ausführungen entsprechend wurde folgende Resolution angenommen: «Die beute in Geestemünde tagende öffentliche Volks­versammlung fordert für Preußen die Einführung deS all« gemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrechts und erwartet von den Parteien der Linken, daß sie auf der Einführung desselben bestehen und zu diesem Zwecke eine große freiliritliche BoltSbewegung erwecken." Aehnlich lautende Kundgebungen wurden in Versammlungen liberaler Vereine in K ö S l i n und Landsberg a. W. beschlossen. ES wird innner klarer, daß die jämmerliche Haltung der meisten freisinnigen Führer zu den Wünschen ihrer eigenen Wähler in Wider- spruch gerät._ Ein sachverständiges Urteil k Die preußische Lehrerschaft zieht in ihrem Organ, derPS da» gogischen Zeitung aus den kürzlichen Verhandlungen einer